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Zedler: Cantzler HIS-Data
5028-5-603-4
Titel: Cantzler
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 5 Sp. 603
Jahr: 1733
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 5 S. 317
Vorheriger Artikel: Cantzley-Stilus
Folgender Artikel: Cantzler (Bernh.)
Siehe auch:
Hinweise:
  • Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe Hauptartikel
  • Für die Auflösung der Quellenangaben siehe: Personen
  • Transkribierter griechischer Text der Vorlage

Stichworte Text Quellenangaben und Anmerkungen
  Cantzler, Cancellarius, Chancelier. Diesen Titel führt derjenige, welcher die oberste Stelle in Regiments-[1] und Justitz-Sachen eines Reichs, oder Fürstenthums bedienet, und sein Amt und Vorzug daher hat, weil er in Abwesenheit und an Statt des Landes-Herrn
[1] HIS-Data: vergleiche Staats-Sachen
 
  • eine Sache
  • bey Verhören und Vorbeschieden thut er den Vortrag, und giebt die Antwort,
  • durchsieht und verbessert alles, was in der Cantzeley ausgefertiget wird,
  • und unterschreibt dasjenige, welches sich nicht der Fürst zur eigenständigen Unterschrifft vorbehalten hat.
 
  Es sind auch die Fürstlichen Siegel in seiner Verwahrung, und beruht allein in seiner Verordnung, was damit bedruckt werden soll.  
  Alle, die so wohl bey der Cantzeley bedient sind, als auch diejenigen, welche das Policey- und Justitz-Wesen bestellen, sind seiner Aufsicht anbefohlen, daß er jeden seiner Pflicht nachzukommen anhalten muß. Daher ist dieses Amt eines von denen ansehnlichsten Ämtern in unterschiedenen Kayserthümern, Königreichen und andern Provintzien.  
Entwicklung Anfangs hat ein Cantzler nicht viel zu sagen gehabt, und wurde als eine von denen allerschändlichsten Thaten dem Kayser Carino ausgelegt, daß er einen von denen Cancellariis zum Praefecto Praetorio gemacht. Vopiscus in Carino 16.
  Es meynt auch Casaubonus ad Vopisc. l.c. daß der Name erst dazumahl aufgekommen, weil in denen Pandecten dererselben nicht gedacht wird, allein Salmasius ad Vopisc. l.c. schreibt, das sey keine Folge, zumahl die Cancelli damahls schon gewesen, von welchen sie ihren Namen sowohl hätten, als die Velarii von denen velis, es wären nemlich die Cancellarii so viel als Thürhüter bey denen cancellis oder gegitterten Thüren vor denen Kayserlichen und vornehmer Leute Zimmern gewesen. Man hatte auch dergleichen vor denen Schrancken, welche zu Abhaltung derer Leute von dem Gerichts-Platze gemacht waren, stehen musten Tit. Cod. ...
  Casaubonus l.c. hält davor, daß nach der Zeit, wiewohl lange nach des Kaysers Carini Zeiten die Cancellarii in grösseres Ansehn gekommen, und so viel als die heutigen Secretarii oder Reqveten-Meister gewesen, wiewohl ihm Salmasius l.c. hierinne auch nicht beypflichtet, sondern zu zeigen sucht, daß Casaubonus die Stelle aus dem Cassiodoro de Form. cancellar. fälschlich von denen cancellariis am Kayserlichen Hofe, die nichts weiter als die heutigen Thür-Hüter gewesen, verstanden, da doch solches auf die Cancellarios in Judiciis gehe, als welche um den Zulauff derer Klagenden zu verhindern, an der Thür gestanden, die Personen angemeldet, hineingelassen, die gesprochenen Urtheile zur Exsecution gebracht, und über dieses das Archiu in Verwahrung gehabt, die Urtheile publiciret, daher sie eben das, was die Griechischen antigrapheis, waren.  
  Man hat aber den Cancellarium auch pro tabellione, das ist, zu Verfertigung derer Instrumente gebraucht. Anianus ad Leg. ...
  Bißweilen werden sie auch Referendarii genennt. Sigebertus ad an. 637.
  Der Name Cancellarius kommt, wie schon gedacht worden, am wahrscheinlichsten her von denen Cancellis, weil der Ort, wo die öffentlichen Documenta geschrieben worden, mit Cancellis, mit Gittern oder  
  {Sp. 604}  
  Schrancken umgeben war. Cocceius J.Publ. X. 4.
  Andre hingegen wollen das Wort von cancellare herleiten, weil der Cantzler die Priuilegia und Rescripte, ehe sie besiegelt worden, corrigirte, und ausstrich, was falsch wäre. Allein wer betrachtet, was derer Cancellariorum Amt Anfangs gewesen, wird leicht sehen, daß diese Deriuation weit hergeholet ist.  
  Unter denen Fränckischen Königen sind die Cancellarii auch Referendarii, Capellani, Archi-Capellani, Apocrisiarii, Abbates, Diaconi und Sub-Diaconi genennt worden, biß man endlich angefangen, denjenigen kat' exochen einen Cantzler zu nennen, unter welchem alle Secretarii und Referendarii stehen.
  • Sylburg Hist. ...
  • Crusius de Praeced. ...
  • Gastelius de statu ...
  • Bignonius not. ad
  • Marculphi Formulare. ...
  • Schilter de Libert.
  • Aimoinus Hist. ...
  • Lambecius Comment. ...
  • du Fresne voc. Capellani p. 785.
Anforderungen Es wird aber zu dem Cantzler-Amt, als einem derer allerwichtigsten und ansehnlichsten Bedienungen eine gründliche Wissenschafft derer gemeinen und besondern Rechte, Priuilegien, pactorum, praetensionum und Interesse, wie auch eine gnugsame Geschicklichkeit im Reden und Schreiben erfordert, muste deßwegen in denen Zeiten der Unwissenheit von denen Geistlichen verwaltet werden, weil dieselben damahls allein die Feder zu führen wusten, daher auch im Teutschen Reiche die drey geistlichen Chur-Fürsten Ertz-Cantzler sind.  
3 Reichskanzler Weil die Teutschen Kayser ehemahls 3 Reiche besassen, hatten sie auch so viele Ertz-Cantzler. Die Ertz Bischöffe zu Mayntz sollen zu Kaysers Ottonis I. Zeiten diese Würde im Teutschen Reiche erblich erhalten haben. Die Ertz-Bischöffe zu Cölln sind ungefehr zu Kaysers Henrici IV oder V oder Lotharii Zeiten Ertz-Cantzler in Italien, und die Ertz-Bischöffe zu Trier im 12 Seculo ungefehr in Gallien und Arelat solches worden. Nachdem aber Italien und Gallien dem Teutschen Reiche gröstentheils entrissen worden, daher sie wenig zu verrichten haben.  
  Hingegen hat der Chur-Fürst zu Mayntz desto wichtigere Vorrechte; denn ausser dem eintzigen Westphälischen Frieden, welchen der Chur-Fürst von Sachsen, wiewohl nicht ohne starckem Wiederspruch von Chur-Mayntzischer Seite, bey sich hat, verwahret er alle übrigen Reichs-Acten und andere Urkunden, deßgleichen die Reichs-Matriceln.  
  Er muß auch die Reichs-Decreta cognosciren, siegeln und unterschreiben, doch verrichtet das letztere mehrentheils der Reichs-Vice-Cantzler, welchen er an seiner Statt am Kayserlichen Hofe hat; wie man denn dieses unter die sonderbahren Vorrechte des Churfürsten zu Mayntz rechnet, daß er ausser gedachten Reichs-Vice-Cantzler noch zwey, den einen als Hof-Cantzler, und den andern als Cantzler über die Mayntzischen Länder habe. Val. Ferd. de Gudenus Syllog. ...
Reichs-Vize-Kanzler Die Reichs-Vice-Cantzler-Würde hat fast gleichen Ursprung mit denen Ertz-Cantzlern, wiewohl man derselben dieses Praedicat nicht über 150 Jahr zugestanden, weil vorhero nur der Titel: Cantzler des Kayserlichen Hoffs gewoöhnlich war, ausser daß man von dem einigen Bischoffe zu Würtzburg Conrado. findet, wie ihm auf einer Grabschrifft der Name Cantzler des H. Römischen Reichs gegeben werde.  
  Übrigens verwahret der Reichs-Vice-Cantzler die Reichs-Siegel und stellt sie bey der Kayserlichen Crönung einem von denen Ertz-Cantzlern zu. So bald aber solche vorbey, ist der Ertz-Cantzler schuldig, die Siegel durch einen gewissen Mann ihm wieder einzulieffern, da denn der Reichs-Vice-Cantzler das Pferd, worauf der Überbringer geritten, ingleichen den silbern Stab, woran die Siegel gehangen, vor sich behalten darff.  
Erzkanzler der Kaiserin Die Römische Kayserin hat auch ihren Ertz-Cantzler, welches vermuthlich schon von derer Kayser Ottonum Zeiten her derer Gefürstete Abt zu Fulda ist. Seine Verrichtungen besteht darinnen, daß, so offt als eine Kayserin gecrönet wird, oder sonst in ihrem Kayserlichen Habit erscheint, der Abt solcher entweder die Crone von dem Haupte nehme, oder wiederum aufsetze.  
weitere kaiserliche Kanzler Sonst findet man an dem Kayserlichen Hofe wegen des Königreichs Böhmen auch einen obersten Cantzler, welcher einen Cantzler und Vice-Cantzler unter sich hat, und wegen derer Österreichischen Lande einen Hoff-Cantzler; wie denn auch Ungern und Siebenbürgen ihre eigene Cantzler daselbst haben.  
  An dem Päbstlichen Hofe hat einen Cardinal, so dabey Cantzler war, gleichen Rang mit dem Pabste selbst haben wollen; daher die Päbste ietzo nur Vice-Cantzler haben sollen. Freinshemius
  {Sp. 605|S. 318}  
    de Elect. ...
Europa Unter denen Königen von Franckreich ist dieses Amt nicht unansehnlich gewesen, sonderlich unter dem Capetingischen Stamme, da die Cantzler zugleich Cron-Siegel-Verwahrer worden. Ein Cantzler von Franckreich praesidirt in allen Königlichen Raths-Versammlungen, und trägt dem Parlamente des Königs Willen vor, wenn derselbe ein lit de Justice hält, bey welcher Gelegenheit er dem Könige zur lincken Hand unter dessen Thron sitzet.  
  Er kan nicht abgesetzt werden, sondern wenn der Hoff nicht wohl mit ihm zufrieden ist, pflegt man ihm nur die Regel zu nehmen, und einem andern zu geben, der Garde des sceaux ist, wodurch doch der Cantzler in der That alle seine Gewalt verliehrt. Er legt seinen Eid in des Königs Hände ab, darff um niemanden die Trauer anlegen, und hat seinen Sitz und Stimme nächst denen Printzen vom Geblüte, anderer großen Vorrechte zugeschweigen
  • Lanouius de sanctis ...
  • Etat de la France Tom. IV.
  In England hatte der Reichs-Cantzler noch einen neben sich, und führt den Namen eines geheimen Siegel-Verwahrers. In Polen ist ein Cron- und Unter-Cantzler, davon einer Wechsels-Weise geistlich, der andere aber weltlich ist. In Lithauen sind deren auch zwey, können aber alle beyde weltlich seyn. In Spanien ist der Ertz-Bischoff von Toledo Cancellarius natus von Castilien.
  • Kirchner de offic. ...
  • Rutgerus zur Horst de Cancellar.
Universitäten Man hat auch auf Vniuersitäten einen Cancellarium, welcher gleich nach dem Rectore kömmt, und ein Amt ist, so vordem denen Bischöffen zugestanden, dahero es heutiges Tages in Protestirenden Ländern, wo die Vniuersitaeten noch vor der Reformation gestifftet worden, die Besitze derer Bißthümer sich nochzuzueignen pflegen; also ist bey der Vniuersitaet Leipzig der Hertzog und Bischoff zu Merseburg Cancellarius Perpetuus. Er ertheilet die Macht Promotiones in ieder Facultaet anzustellen, und wird deswegen auf gehöriges Anhalten ein Procancellarius verordnet. Brunn. J.E. ...
  Auf manchen Academien haben die Professores Theologiae oder auch zuweilen Juris, das Cancellariat, in welchem Falle es eine Inspection über die Vniuersitaets-Verwandte bey sich führet. Schwed. ...
  Es ist auch von der gleichen Cantzler und dessen Amte unterschiedenes verordnet, in der Vniuersitaets-Ordnung Churfürst Augusti tit. vom Cancellario beyder Vniuersitaeten, allein es ist meistens auf denen Chur-Sächßl. Academien würcklich nicht verhanden.
  • Meibomius Orat. ... in Meibom. Tom. III. ...
  • Pfeffinger ad Vitriar. ...
  • Pfaff. Or. ...
  • Weinrichs Hist. und Theol. Betracht. II.
     

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Stand: 15. Februar 2013 © Hans-Walter Pries