|
Text |
Quellenangaben |
|
Archiv ist nichts anders, als ein
gewisser
Ort,
da die
Instrumenta publica und andere
wichtige und geheime
Sachen, die den
Staat und
Jura
des
Fürstens
und seines Landes
anbetreffen, verwahret werden. |
|
|
Dann was
Privat-Acta und Parthey-Sachen, die sonst zwischen denen
Unterthanen ventiliret, und in denen
Cantzeleyen
aufgehoben werden, betrifft, wird der hierzu bestimmte Ort eine Registratur
genannt,
in einigen Cantzeleyen aber mit dem
Wort
Archiv confundiret. |
|
|
Wer nun die Jura
superioritatis
besitzet, kann auch ein Archiv aufrichten. Woraus leicht zu
schliessen,
wem das
Recht,
Archiva aufzurichten, zukomme, nemlich allen denen, welche
Stände des Reichs
sind, und einfolglich Jura Territorialia exerciren können, oder welche
dieses Recht per concessionem oder praescriptionem erlangt
haben, und werden solchemnach diejenigen ausgeschlossen, welche dem
Reich
mittelbar
unterworffen sind, und werden ihre Scrinia Gerichts-Stuben oder
expeditiones genannt, sie hätten dann solches Recht specialiter concedirt
bekommen, oder durch langwierige
Gewohnheit
adquiriret. |
|
|
Wie es nun respectu derer Stände des Reichs keine Difficultaet
giebt, daß solche ein Archiv aufrichten könne: also entstehet ein
dubium bey der
freyen Reichs-Ritterschafft, ob auch solche dieses Rechts fähig sey? Da dann
insgemein ein
Unterscheid
gemacht wird unter der
gantzen
Ritterschafft, wann sie als ein
Corpus considerirt wird, und unter deren Individuis.
Jenen
will
man ein Archiv zulegen, diesen aber nicht. |
- Fritsch. de Jure archivi tract. ...
- Mulz. P. II. ...
- Ruland. de Commis. ...
|
|
In unserm
Deutschen
Reich kann das Archiv
getheilet
werden in das
Kayserliche und
Reichs-Archiv.
Jenes haben Ihr. Kayserl. Maj. bey dem Hochpreißl. Reichs-Hof-Rath, dem er auch
aus
eigener
Autoritat einen
Cantzler
vorsetzet. Dieses gehört dem Reich, und haben Ihr.
Chur-Fürstl.
Durchl. zu Mäyntz als Ertz-Cantzler in
Deutschland das
Directorium darüber. |
|
|
Und ist das Reichs-Archiv zweyerley, eines, welches die
Acta
publica, welche in denen Reichs-Deputations-Visitations-Tägen, und
anderen
Reichs-Conventen vorgehen. Das andere aber, worinnen die
Judicial-Acta und die von denen
Ständen und
andern deponirte
Privilegia auf
Begehren
aufbehalten werden. |
|
|
Jenes verwahret der Churfürst von Mayntz an seinem Hoff, und wird dahero
öffters in
Reichs-Abschieden
die Chur-Mäyntzische Cantzeley
genannt, |
-
R.I.
An.
1542. §. und zu mehrer.
- R.I. 1548. §. Etliche andere.
|
|
Dieses dirigiret zwar |
|
|
{Sp. 1242|S. 643} |
|
|
auch Chur-Mayntz, jedoch im Cammer-Gerichts-Ort, und ist darüber ein
Cantzley-Verwalter gesetzet. |
|
|
Wer nun einige
Acta aus dem erstern Archiv verlanget, der
muß
es bey Chur-Mayntz suchen, letztern Falls aber bey der Cammer. |
- Otto de I.P. ...
- Fritsch. de I. Arch. ...
- Ruland. de Commiss. ...
|
|
Unter Particular-Ständen, besonders von
Fürsten
eines Hauses, pfleget auch ein gemeinschafftlich Archiv oder Cantzeley von
einigen aufgerichtet zu werden, welches entweder der
Älteste von der
Familie adserviret, oder es ist der gemeinschafftlichen Inspection
überlassen, und pfleget sodann, wann ein gemeinschafftlich
Instrument heraus zu nehmen ist, irer aller Gegenwart
nöthig
zu seyn. |
|
|
Man macht auch einen
Unterscheid
unter ein geheimes Archiv, wie die Arcana Status, welche die
Jura
und
Regalia des
Landes und
Regentens
betreffen, und ein gemeines, worinn Gerichts- und Parthey-Sachen verwahret, und
ad differentiam des Archivs bey einigen Cantzeley-Registraturen
genannt
werden. |
|
|
Dieses ist noch notable bey dieser
Materie, was die
Dd.
von dem
Glauben,
welche die in den Archivis anzutreffende Scripturen
verdienen, in acht nehmen, wobey dieses zu observiren: |
|
|
1) |
Schrifften
und Briefschafften, die aus einem
öffentlichen
Archiv genommen werden, ob es schon keine Instrumenta publica
sind, verdienen
völligen
Glauben, und probiren plene. |
|
-
Auth.
ad haec
C.
de fid. Inst.
-
Rul. ...
- Nicol. de Passer de Script. priv. ...
- Fritsch. d.I. ...
|
|
|
Wobey aber ein und anderes, wenn das Archiv
solche
Krafft
haben
soll,
von denen Dd. requiriret wird, und zwar |
|
|
|
|
1) |
daß ein
gewisser
Bedienter
dem Archiv vorgesetzet werde, welcher Archivista, oder
Archivarius genannt wird. |
2) |
Daß solcher von demjenigen, der das Jus
Archivi hat, dazu verordnet sey. |
3) |
Daß die Schrifft, davon die Frage ist, unter
andern authentischen Briefschafften anzutreffen. |
4) |
Daß der Archivarius adtestire, es sey
das
Instrument oder Brieff, davon die
Frage
ist, aus dem Archiv genommen. |
|
|
|
|
|
Wiewohl einige mehr, andere wenigere Requisita
erfordern, welches in casibus singularibus dem Arbitrio eines
Richters
überlassen wird, ob schon regulariter dieses einige, was auch dem
Juri
Civ. nach per
auth. ad haec
C.
de fid. instr. ... requiriret werden
mag,
ad Archivum genug zu seyn scheinet, daß selbiges in einem
loco publico, der keinen Verdacht leidet, wohl verwahret gefunden,
und von einer gewissen
Person
demselben vorgestanden wird. |
|
- Rul. ...
- Fritsch. d.I. allwo er dieses
Vorgeben weitläufftig deduciret.
-
Rhet. Inst. I.P. ...
- Brunn. ad L. 50. ...
|
|
|
daß auf den
Ort
allein zu sehen, und daß dadurch der Scriptur der
Glaube
zuwachse, folget, daß auch eine
alte
Abschrifft und Copey, wann nur offenbahr ist, wer es
geschrieben,
ob schon weder Ort,
Tag
noch
Pitschafft dabey zu finden, probire. |
|
- Nic. de Passer ...
- Rhet. ...
- Knipsch. ...
-
Myler. ...
- Klock.
|
|
|
Denn das Archiv authentisirt gleichsam
eine solche an und vor sich des
völligen
Glaubens halben gravirte Schrifft, und werden alle Schrifften, so im
Archiv gefunden werden, in dubio pro authenticis gehalten, so
lang ein widriges nicht probiret |
|
|
|
{Sp. 1243} |
|
|
|
wird. Ja es gehen die Dd. so weit, daß sie
sagen:
Eine alte Copia im Archiv probire so viel, als das Original, wo solches
nicht mehr zu bekommen ist. |
|
- Arg.
C.
ult. de fid. Instr. ibique Mynz. Masc.
...
- Knipsch. d.l.
|
|
|
Gewiß
ist es, daß man denen Privat-Scripturen und Registern, welche in dem
Archiv angetroffen werden, auch bey dem
Kayserlichen Cammer-Gericht Glauben zustellet,
welches mit Praejudiciis
beweiset Knipsch.
... |
|
|
|
|
Wären aber Fragmenta und blosse Stücke
von Scripturen im Archiv zu finden, die weder Anfang noch Ende haben, so
ist denselben, besonders in wichtigen Sachen, kein Glaube beyzumessen. |
|
- Tusch. ...
-
Besold. ...
- Fritsch. ...
|
|
|
Es
fragt
sich aber ferner, ob dergleichen aus denen Archiven genommene
Documenta auch ausser dem
Territorio probiren? Oder: Ob ein aus dem Archiv
genommenes Document nicht nur wider die
Unterthanen, sondern auch wider andere Exteros
probire? |
|
|
|
|
Hierinn sind die
Doctores
nicht einerley
Meynung. Den bejahenden
Theil
vermehren diejenigen, welche, wie vor erwehnet, davor halten, daß denen
Scripturen der Glaube aus der Beschaffenheit des Orts zuwachse, dahero,
wo ein Document aus dem Archiv, als einem loco publico
erweißlich kommet, so
verdiene es seinen Glauben, es werde in- oder
ausser dem Territorio produciret. Und sehe man keinen
Unterscheid,
wann das Archiv seine gehörige Requisita hat, warum nicht eine
daraus genommene Scriptur, sowohl ausser- als innerhalb dem
Territorio, Glauben finden soll? Es probiren ja Zeugen
extra Territorium, warum nicht auch die Documenta, da doch
beyde sonst aequipariret werden? |
|
Mehrere rationes pro adfirmativa sind zu finden beym
- Rulando ...
- Klock. de Contrib. ...
- Nicol. de Pass. ...
-
Myler. d. l. in fin.
- Fritsch. ...
|
|
|
Welche aber die verneinende Parthey vertreten,
die argumentiren von der Authoritaet dessen, der das
Archiv aufrichtet, weil nun solche nicht ausser das Territorium
sich erstrecket, so kan auch die daraus genommene Schrifft nichts
probiren. Allein daß dieses und andere Argumenta nicht zu adtentiren,
beweiset
Ruland. d.I. Und distinguiret ... unter die Archiva, ob
solche im
Römischen Reich
aufgerichtet sind, oder ausser demselben. |
|
|
|
|
Erstern Falls,
meynet
er, erstrecke sich deren
Krafft
durch das
gantze
Reich;
letztern Falls aber
müsse
darauf gesehen werden, ob einer ein Freund oder Feind des Römischen
Reichs sey. |
|
Vid. latius de hac quaest. Fritsch.
d. tract. ... |
|
|
Letztlich ist auch diß zu mercken, daß, was in
der Registratur einer
Municipal-Stadt zu finden ist, praesumirlich alle
Bürger
derselben
wissen,
so, daß sie keine Ignorantz vorschützen können. |
|
|
|
Ehedem wurde, ehe noch dergleichen besondere
Örter
errichtet, das gemeine
Geld
und Urkunden in denen Kirchen- oder Rath-Häusern und andern
öffentlichen Örtern verwahrlich aufbehalten. Die gemeinschafftlichen
Urkunden wegen derer
Geschlechter,
Adels-Briefe, werden heut zu
Tage
bey denen
Ältesten
aus der Familie aufbehalten. |
|
|
Archivum civitatis ist derjenige
Ort,
wo der
Stadt
Statuta, Rolle derer
Bürger,
Brieff, Straff- Forst- Saal- Steuer- Raths- und Gerichts-Bücher verwahrlich
aufbehalten werden. |
|
|
{Sp. 1244|S. 644} |
|
|
Archivum regni, das Reichs-Archiv, wo eines
Reichs
Urkunden, Jahr-Geschichten, Memoiren,
Privilegia und Reichs-Gerechtsame verwahrlich beybehalten werden. |
|
|
Mit eins: Archiv heißt ein Behältniß von
Sachen
und Briefschafften, welchen man, des Ortes halben,
Glauben
beyzulegen. Die Römer haben solches Laterculum sacrum
genennet. |
Wovon de Ludevvig in
Justiniano ... |
|
Wer also ein
Recht
oder Amt hat, dem man
trauen und glauben
solle,
(persona publicae fidei) der kan auch dem Ort, wo er seine Papiere
hinleget, dergleichen Glauben machen. |
|
|
Weil aber blosse
Richter
und eintzele
Menschen
ihre Papiere, wo sie
wollen, verwahren; so wird ihnen dieses
Wort
billig
verweigert. |
|
|
Wie aber, wenn zwey Archiva gegen einander streiten? So heisset es:
Quod si testes sibi contradicant, nihil actum. Und deswegen ist im
Rißwickischen Frieden die
Frage
vorkommen: Ob wenn das Reichs-Archiv mit eines
Reichs-Fürsten
Archiv uneinig? Wem hiebey zu trauen. |
|
|
Zu bedauren ist es, daß insgemein die Archiven wie ein vergrabener
Schatz
verborgen liegen: Weil entweder der
Herr
mißtrauisch, oder die
Archivarii faul sind. |
|
|
|
|