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Text |
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Reformation, wird schlechthin (kat'
exochēn) diejenige
heilsame Handlung des seeligen
D. Martin Luthers
genennet, da er, durch
göttlichen Antrieb und
Beystand, die Christliche Religion von einigen
überhand genommenen
Irrthümern und
Mißbräuchen gereiniget. |
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Denn bey dem Anfangen des 16
Jahrhunderts sahe es mit der Christlichen Kirche
nicht zum besten aus. Die
Geistlichen waren
beynahe
gantz und gar verdorben; der Pabst, als
das Haupt derselben, suchte meistens seine Ehrsucht zu vergnügen, und bekümmerte sich eben
nicht so sehr um das wahre Wohl der
Kirche. |
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Die Lehre bestand mit unter aus vielem
Aberglauben und so zu
sagen abgeschmackten
Grund-Sätzen, von der
Bibel
wuste man so gar viel
nicht. Auf den
Schulen und
Academien
trug man eine
dunckle
Weißheit vor, die zu nichts
dienete, als
Zancksucht unter den Leuten zu erwecken.
Aristoteles war alles, den doch die ungeübten
Lehrer selbst nicht
verstanden, weil sie kein
Griechisch wusten. |
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Alles, was noch
gutes in der Kirche übrig war,
fand sich bey denen so genannten Mysticis,
die |
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{Sp. 1677|S. 848} |
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hier und da in denen
Klöstern steckten, aber
für den Schullehrern (Scholasticis) nicht aufkommen
konnten. |
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Dieser Verfall war so augenscheinlich, daß
schon bey 200
Jahren her viele rechtschaffene
Männer nach einer Reformation sich gesehnet,
und sich über den Pabst und die Clerisey
beschweret hatten. Allein weil alle, die in diesem
Stücke etwas dreiste
gesprochen,
übel gefahren
waren, so hatte niemand das Hertz sich
vollkommen bloß zu geben. |
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Da im 14
Jahrhunderte
die
Gelehrsamkeit
mehr in Deutschland
und den
angräntzenden Ländern
zunahm, so wurden auch die Leute in diesen
Sachen
klüger.
Reuchlin sorgte für die Aufnahme der Grundsprachen in
Deutschland; Laurentius Valla, Erasmus, und viele andere
Italiäner gaben das neue Testament, die Patres, die Griechischen und
Lateinischen
Autores heraus, brachten die
Critic auf einen
guten Fuß, und warffen die
alte
ungeschliffene Schreibart der Scholasticker weg. |
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Da sahe man nun wohl, wie übel man bishero war geführet worden, allein
niemand getrauete sich doch so die
Wahrheit zu
sagen,
daß man den Pabst selbst angegriffen hätte; man blieb in der Ehrerbietung gegen
ihn, und fiel auf einige Nebendinge, oder zog die Mönche und Clerisey durch,
womit aber der Wahrheit wenig geholffen war. |
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Die Ehre
der Reformation war demnach einem unbekannten und unansehnlichen
Augustiner-Mönch aufgehoben, nehmlich Martin Luthern von Eißleben, der dazumahl in
Wittenberg als Professor der Gottesgelahrheit
lehrete. Die
Gelegenheit gab ihm
Johann Tetzel mit seinem Ablaß, in dem er lehrete, es könnten
den Menschen alle und jede, vergangene,
gegenwärtige, und zukünfftige
Sünden erlassen
werden, aus Päbstlicher
Gewalt und
Macht, wenn
nur ein
gewisses
Geld
davor bezahlet
würde. |
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Luther hingegen lehrete, daß diese Weise,
den Menschen die Sünden zu vergeben, der
heiligen Schrifft zuwider, und gegen das
Verdienst Christi, auch gegen die im Göttlichen
Worte deutlich vorgeschriebene
Ordnungen der
Busse und Seligkeit der Menschen sey, fieng
daher an, Tetzeln in einer Predigt, und
öffentlich
angeschlagenen
Academischen
Disputation zu
widerlegen,
wolte auch diejenigen, so bey ihm
beichteten, jedoch, unter dem Vorwand, weil sie
von Tetzel die Ablassbriefe gekaufft hätten, und
sich darauf berieffen, auch einige Besserung ihres
Lebens nicht versprechen wolten, auch von den
Sünden nicht absolviren. |
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Indem nun diese über Luthers sonst
ungewöhnliche Härtigkeit in diesem Stücke bey Tetzeln
sich beschwerten, und dieser noch darzu gar
gefährliche
Dinge drohete; schlug er 95
Sätze
zur öffentlichen Disputation von dieser
Materie, an
der Schloß-Kirche zu
Wittenberg, an, den 31
October 1517, um von denen, die wider seine
Lehre vom Ablaß etwas mit
Grunde zu sagen
hätten, eines bessern
unterrichtet zu
werden. |
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Diese Disputation breitete sich sogleich inn-
und ausserhalb Deutschland aus. Selbst die
Catholischen machten Anfangs kein grosses
Werck hiervon;
Tetzel hingegen, und andere, die
vornehmlich von dem gesammleten Ablaß-Gelde
den Genuß hatten, darunter besonders
Churfürst
Albrecht zu Mayntz, Ertzbischoff zu Magdeburg,
und der Römischen Kirche Cardinal, war, fiengen
hier- |
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{Sp. 1678} |
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über einen grossen Lermen an. Sylvester Prierias,
General der Dominicaner-Mönche, schrieb so bald
dargegen einen Dialogum de potestate Papae ...; es wurde ihm aber, als Luthers hierauf ertheilte Verantwortung nach
Rom kam, ein grosses Stillschweigen
auferleget. |
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Indessen setzte Tetzel Luthern 50 andere
Sätze vom Ablaß und andern Puncten des
Christlichen Glaubens entgegen, kam aber selbst
nicht nach
Wittenberg zu der verlangten
mündlichen Conferentz oder Disputation, sondern erklärte Luthern vor einen Ketzer. Wie
denn auch Johann Eccius sich in diesen Streit
mengete. |
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Luther verantwortete sich in
Schrifften, und
bekam gar bald Beyfall von grossen und kleinen,
Gelehrten und
Ungelehrten, in- und ausserhalb
Wittenberg, appellirte auch zum Uberfluß auf den
Ausspruch des Römischen Pabstes in dieser Streit-Sache. |
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Kayser
Maximilian I ersuchte im
Jahre 1518
den Pabst Leo X, dahin zu sehen, daß der zwischen
Luthern und seinen Gegnern
angefangene Streit möchte mit guter Manier
gehoben werden. Der Pabst bedrohte Luthern,
und alle seine Anhänger, mit dem
Bann, verlangte
auch, erstern ins Gefängniß zu liefern. |
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Luther ward nach Rom citiret, protestirte
aber wieder diese Citation, und
wolte seine Sache in
Deutschland, nicht aber zu Rom, ausgemacht
wissen. Und als man dieses bewilligte, so
reisete er
nach Augspurg, allwo er
Kayserlich sicheres
Geleite bekam, und daselbst mit dem Cardinal und
Päbstlichen Nuntio, Thomas Cajetanus, über die
vorgetragene Puncte,
disputirete. |
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Als ihm aber der Widerruf seiner bisherigen
Lehre ernstlich anbefohlen wurde, er aber
solches nicht
thun wolte noch konnte; so
appellirte er nochmahls an den Pabst, jedoch
dergestalt, daß derselbe von der
gantzen
Sache
besser, als bißher geschehen, informiret
würde. (a Pontifice male informato ad melius informandum.) |
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Ferner, als er
erkannte,
daß vor ihn ein
schlechtes
Urtheil zu
Rom ausfallen würde, so
appellirte er von dem Pabst an das künfftige
Concilium. Und so bekam seine Sache eine gantz
andere
Gestalt. |
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Es traten auch viele
gelehrte
Männer
Luthern bey, und unter andern setzte Zwinglius in
der
Schweitz
dasjenige fort, was Luther in
Deutschland angefangen hatte. |
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Indeß versuchte der Pabst in eben diesem
Jahre
noch einen andern Weg, Luthern auf
andere
Gedancken zu bringen. Er schickte 1518
seinen Cammerherrn Carl von Miltitz nach
Sachsen:
dieser war so schlau, daß er Luthern bey nahe zum
wancken brachte, und ihn beredete, an den Pabst
ein demüthig
Schreiben abgehen zu lassen.
Dieses geschahe zu Altenburg: Tetzel aber wolte
nicht erscheinen. Und als dieser auf jenes
Auslieferung drunge, so bekam er von dem
Churfürsten zu Sachsen abschlägige
Antwort. |
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Ferner
disputirten
Luther und
D. Andreas Carlstadt 1519
öffentlich zu Leipzig
mit D. Joh. Eccio, vom
freyen Willen, vom Pabst, vom Fegefeuer, Ablaß,
Busse, und der geistlichen Gewalt; und weil in
diesem Gespräch Eccius den kürtzern zog, so gab dieses
Luthern wieder neuen Muth. |
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Kurtz hierauf
starb
Tetzel zu Leipzig im Dominicaner-Kloster,
fand aber an Hieronymo Emser
einen Vertheidiger. |
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{Sp. 1679|S. 849} |
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Im Jahre 1520 ward Churfürst Friedrich III zu
Sachsen nochmahls vom Pabst ersuchet, entweder Luthern
zum Widerruf zu nöthigen, oder ihn in Verhafft bringen zu lassen. Welcher aber
beydes zu
thun sich weigerte. Hingegen erboten sich etliche
vornehme und mächtige
Edelleute im
Reiche, darunter
Frantz von Sickingen, Ulrich von Hütten,
und Sylvester von Schaumburg waren, Luthern,
auf den Fall, daß der Churfürst zu Sachsen seiner
sich nicht annehmen
wolte, genugsamen Schutz
und Sicherheit zu verschaffen. |
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Luther
schrieb das
Buch von der
Christlichen Freyheit, und didicirte es dem Pabst Leo X mit vieler Ehrerbietung. Allein ehe dieß Buch
nach Rom kam, hatte sein Widersacher Eccius bereits zu
Rom eine Bulle gegen ihn ausgebracht, worinnen
er unter
gewissen Bedingungen in den
Bann
gethan ward. |
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Nachdem auch Marinus Caraccioli und Hieronymus Alexander,
den
Widerruf der Lehre nochmahls vergeblich urgiret hatten,
verbrannten sie, auf
Befehl des Pabsts,
Luthers
Schrifften
öffentlich; dergleichen auch die
Universität zu Löven in Brabant, und andere
Eiferer mehr, thaten. Luther schrieb hierauf an
den kurtz vorher
erwählten neuen
Kayser,
Carl V, ingleichen an die
Stände des Reichs, und bat
um Schutz in seiner
Sache; welche also öffentlich
an das gesammte
Reich Deutscher Nation
anhängig gemacht ward. Zu
Wittenberg
hingegen verbrennete er, in
Gegenwart vieler Leute
vor dem Elster-Thore |
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1) |
Pabst Leo X Bulle, in
welcher Luther, wenn er binnen 60
Tagen nicht
widerrufen würde, in Bann gethan seyn
solte; |
2) |
das Jus Canonicum oder
Päbstliche
Recht; |
3) |
etliche Schrifften seiner
Widersacher, als Ecci, Emsers, u.a. |
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Endlich appellirte er nochmahls feyerlich, vor
Notarien und Zeugen, von dem Pabste an ein
allgemeines Concilium. |
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In dem darauf folgenden 1521
Jahre
that der Pabst Luthern nochmahls in Bann, und
verdammte dessen Lehre. Luther aber ward,
auf erhaltenes sicheres Geleite, durch einen
Kayserlichen Herold, in
Gesellschafft seiner
Freunde, Justi Jonä, Hieronymi Schurffs, und Nicolai
Amsdorffs, von
Wittenberg nach Worms, vor die
versammleten Reichsstände gebracht, und
verantwortete sich ohne
Furcht, in Gegenwart des
Kaysers, 7
Churfürsten, 24
Hertzoge und
Fürsten,
8 Marggrafen, mehr als 30
Prälaten und
Bischöffe,
auch 5 Königlicher Abgesandten, sammt vielen
andern
Standes-Personen. |
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Die Hauptfragen an ihn waren: Ob er sich zu
seinen
Schrifften bekennen? und ob
er selbige
widerrufen
wolle? auf jene antwortete er mit Ja,
und auf diese mit Nein; unterwarff selbige der Gutachtung des Kaysers und der Stände des
Reichs, jedoch mit dem Bedinge, daß sie nach
dem Innhalt der
heiligen Schrifft
examiniret
würden. |
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Er hinterließ auch, bey seiner Abreise von
Worms, eine abermahlige Approbation an den
Pabst, bey dem Cardinal Cajetano, und empfahl die
Gerechtigkeit
seiner Sache in einem unterwegens
abgelassenen
Schreiben, an den
Kayser
Carl, und die gesammten
Reichsstände, dem ohngeachtet
ward er, durch ein
öffentliches
Edict, als ein
Ketzer verdammet, und in die
Acht erkläret,
auch anbefohlen, nach Verflüssung |
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{Sp. 1680} |
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des sichern Geleits ihn allenthalben in Verhafft zu nehmen, seine
Bücher aber zu
lesen und zu drucken verboten. |
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Bey der Rückreise wurde er, auf geheime
Veranstaltung seiner Freunde an des Churfürsten
zu
Sachsen Hofe, ohne daß dieser den
Ort zu
wissen verlanget, zwischen dem Schlosse
Altenstein und der Stadt Waltershausen in Thüringen,
auf der Strasse durch Hans von Berleps und Burckhard
Hund von Wenckheim, unter
dem Schein einer Straßenrauberey, aufgefangen, und in das bey Eisenach liegende
Bergschloß Wartburg bey Nachtzeit geführet,
daselbst jedoch höflich bewirthet, und damit er
desto unbekannter seyn
möchte, insgemein
Juncker Jörge
genannt, auch mit einem
weltlichen
Habit,
Degen, Pferde, und Reitknechte versehen. |
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Zur
nützlicher Anwendung der
Zeit aber
übersetzte er daselbst das
gantze Neue
Testament, wie auch den gantzen Psalter, in die
Deutsche Sprache, nachdem er bereits 1517 die
sieben Buß-Psalmen übersetzet hatte;
arbeitete auch an der
Erklärung der Evangelien
und Episteln, und an etlichen andern
Büchern. |
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Indessen fieng
D. Andreas Bodenstein,
gebürtig von Carlstadt, Professor der Theologie zu
Wittenberg, 1522 in Luthers Abwesenheit eine
gefährliche Unruhe an, indem er die bey dem
Gottesdienst eingeschlichene Mißbräuche nicht
nach und nach abschaffen, sondern alles mit
Sturm und Hefftigkeit auf ein mahl über den
Hauffen werffen
wolte, sonderlich die Ceremonien
bey der Handlung des heiligen Abendmahls, und
dann die Bilder in der Kirche. |
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Darauf kam Luther, zwar ohne des
Churfürsten Vorwissen, von der Wartburg wieder
nach
Wittenberg, und stillete den Lermen; Carlstadt aber machte
sich von dar fort. Sodann hielt er,
eine gantze Woche lang, alle
Tage eine Predigt,
und widerlegte das Pabstthum, predigte auch zu
Jena, mit des Churfürsten Bewilligung, wieder die
Bilderstürmer, wohin
D. Carlstadt sich begeben hatte,
mit dem er auch folgends
disputirte. Gleicher gestalt schaffete er die
eingeschlichenen Wiedertäuffer, Marcum Stubner, und
Martin Cellarium, aus
Wittenberg. |
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Ferner gab er ein Stück des Neuen
Testaments in Druck, und fieng an, auch das Alte
Testament zu übersetzen, antwortete auch in
einer besondern
Schrifft dem
König
Heinrich VIII
in Engelland, welcher, dem Pabst zu gefallen,
wider ihn ein
Buch herausgegeben hatte. |
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Hierauf verfiel er in Streit mit Nicolao Storch,
Thomas Müntzern, und andern, welche der von ihm
gepredigten göttlichen
Wahrheit
schändlich
mißbrauchten, und dabey auch ihre eigene
Träume wolten angenommen
wissen. |
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Sodann fieng er an, das Evangelium im
Fürstenthum Anhalt zu predigen, und ordnete die
Ceremonien bey der Tauffe und heiligen
Abendmahl an, jedoch so, daß er von dem, so
damahls üblich war, noch etwas behielte, und nur
dasjenige, was gantz
unnöthig und überflüßig war,
abschaffete, dieweil hierinne, um des Pöbels
willen, mit Sturm oder auf ein mahl nicht wohl
verfahren werden konnte. |
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Desgleichen drang er auf die Reformation der
Kloster-Güter, und der also genannten
geistlichen Stifftungen. |
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So hielt er auch die letzte
Catholische Messe,
und gab 1523 die in Deutsche |
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{Sp. 1681|S. 850} |
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Sprache übersetzte eintzelne Stücke des
alten Testaments nach und nach in Druck
heraus und recommandirte sich
insonderheit durch den ans Licht gestellten Tractat
von der
Würde und dem
Amte der
weltlichen
Obrigkeit, welches Buch dem Churfürsten zu
Sachsen, und einfolglich auch andern
Landes-Fürsten, sehr wohl gefiel. |
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Daher auch, der Churfürst wenig Reflexion
darauf machte, als Pabst Adrian VI, nebst König
Heinrich VIII, und König Ludwig in Ungarn und Böhmen,
ihn fast hart anklagten, weil er weder Luthern
bestraffet, noch aus dem Lande gejaget hätte.
Dagegen der Churfürst nicht
unbillig in Gegen-Antwort verlangte, man solte zuvor
Luthern vor
einem Concilio sich verantworten lassen, und
alsdenn, nach gefundener
Schuld, ihn
verdammen. |
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Nichts desto weniger wurde auf dem
Reichstage zu Nürnberg 1522, in Abwesenheit
des Kaysers,
das zu Worms 1521 wieder Luthern
ausgelassene
Edict gäntzlich aufgehoben, und
dagegen beschlossen, die Anstalt zu verfügen,
das mit dem ehesten in
Deutschland ein Concilium
solle gehalten werden. Welchen Reichstags-
Schluß zu hindern, oder auch gar unkräfftig zu
machen, weder der Kayser, noch der Päbstliche
Gesandte
vermögend waren. |
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Endlich schaffte Luther den Canonem Missae, oder
diejenige Formel bey der Meße ab, durch welche
das Abendmahl des HErrn in ein Opffer vor die
Lebendigen und Todten verwandelt wird. |
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Er fuhr im folgenden 1524
Jahre in
Verdeutschung der Bücher Altes Testaments fort,
verfertigte zugleich sehr schöne geistliche Lieder
in Deutscher Sprache, welche in nur bemeldtem
Jahre erstlich zu
Wittenberg, und dann 1525 in
Erfurt, durch den Druck gemein gemacht wurden.
So dann
schrieb er wider
Erasmum von
Rotterdam in der
Materie vom
freyen Willen. |
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Ferner legte er die Zeithero getragene
Münchs-Kutte, zusamt dem
Kloster-Zwang,
nunmehro ab, und kleidete sich in andere ehrbare Tracht, nach seinem Gefallen. |
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Die Domherren aber im
Stifft zu
Wittenberg
reformirten dasselbe, und schafften die Winckel-Messen ab. |
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Im Jahre 1525 schrieb er wider
D. Andream Carlstadt in der Materie die Bilder, die Meße und
das heilige Abendmahl betreffend, aus welcher
zwar
gründlichen, doch
übel
verstandenen
Widerlegung ein hefftiger Streit zwischen Luthern
und den Seinigen, eines
Theils, und
Ulrich Zwinglio,
Johann Oecolampadio, und andern, andern Theils entstund, in
dem
Artickel vom
heiligen Abendmahl; welcher
Streit auch nicht wieder gestillet werden können,
indem keine Parthey der andern weichen
wolte. |
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Indessen
starb der fromme,
weise und
gerechte
Churfürst,
Friedrich III zu
Sachsen, und
hinterließ die Churfürstliche
Regierung und
Lande
seinem Bruder,
Hertzog Johann, welcher die
bereits von Churfürst Friedrichen angefangene
Kirchen-Visitationes in seinen
Städten
eintzeln
fortsetzen ließ, inzwischen aber in beschwerlichen
Zustand verfiel, wegen der aufrührischen
Bauern in
Thüringen, Meissen und Francken; gegen welche Luther ein nachdrückliches
Buch
schrieb, und zeigete, theils, wie
schändlich sie die
Lehre von der Christlichen Freyheit
mißbrauchten, und auf die Abschaffung |
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{Sp. 1682} |
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der Lasten, womit sie, als
Unterthanen, ihren
Obrigkeiten verhafftet, appliciret
wissen wolten;
theils, daß die meisten von den Bauern
aufgesetzten Artickel der
heiligen Schrifft gerade
entgegen stünden. |
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Er in dessen predigte in der
Grafschafft
Mansfeld und Stolberg, auch in den Städten
Nordhausen, Weimar, Erfurth, Cala und Jena, das
Evangelium, damit auch zugleich die
aufrührischen
Gemüther der
Bürger und Bauern
gestillet werden
möchten. |
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Folgends führte er die Ordinirung der
Kirchengiener, nach Apostolischer Weise, ein,
und wurde, nach den in seiner Vorschrifft
enthaltenen Ceremonien,
M. Georg Rorarius, Diaconus zu
Wittenberg, als der allererste zum Predigt-Amt
ordiniret; auch fernerhin das, was von den
Meß-Ceremonien noch übrig gelassen war,
nicht mehr in
Lateinischer, sondern durchaus in
Deutscher Sprache, zum ersten mahle in
Wittenberg gehalten. |
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Hierauf hielt er, nach
göttlicher
Verordnung,
und zum Zeugniß, das allen
Evangelischen
Priestern, nach
freyem Willen und Gefallen
ehelich zu werden, von
GOtt erlaubt sey, seine
Hochzeit
öffentlich mit
Catharina von Boren, einer Meißnischen von
Adel,
und ehemahligen Nonne in dem
Kloster
Nimitsch bey Grimma. Wiewohl noch vor Luthern der Probst zu
Kemberg,
bey
Wittenberg, Bartholomäus Bernhard, gebürtig
von Valdkirch,
geheyrathet hat, und also auch
der erste verheyrathete Evangelische Priester
gewesen ist. |
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Ferner gab Luther 1526 ein Formular
heraus, worinne die
vornehmsten
Artickel und
Stücke der reinen Christlichen Lehre enthalten,
damit die Jugend in denselben
möchte
unterwiesen werden, und
nennte dieses Formular
Catechismum. |
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In diesem
Jahre ward auch ein
Reichstag zu
Speyer gehalten, und unterschiedliche
Anschläge
von den
Catholischen gemacht, zu Tilgung
Luthers und seiner Lehre; dawider aber der
Churfürst zu
Sachsen einige Verfassung machte,
und sich mit dem
Landgrafen zu Hessen,
Philipp,
und andern
Fürsten,
vereinigte, eine ordentliche Visitation im Lande anstellete, und denen
Kirchen
gantz eine andere
Gestalt gab. |
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Indessen aber wüteten doch die Catholischen
in andern Ländern gegen die Bekenner des
Evangelii, sonderlich in Holland, Franckreich, und
den anliegenden Ländern, und man hat grosse
Marter-Bücher von denen, die des Evangelii
halber aufs grausamste sind hingerichtet worden.
Unter denen Märtyrern, die zu dieser
Zeit sind
berühmt worden, ist insonderheit Bruder Heinrich von Zütphen bekannt, dessen
Historie Luther selbst
beschrieben. |
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Dieses aber hinderte dennoch den Lauff des
Evangelii nicht. Die
Schweitzer
traten grossen
Theils der Reformation bey, und in Preußen ward
in diesem Jahre gleichfalls das Evangelium
eingeführet. Die Händel des Kaysers und Pabst
Clemens VII im Jahr 1527 beförderten die
Fortpflantzung der
Wahrheit noch mehr. |
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Luther widerlegte die Wiedertäuffer, welche
sich damahls sehr vermehreten, die Kinder-Tauffe
verwurffen, sich selbst noch einmahl tauffen
liessen, und die Gemeinschafft der
Güter
einführeten. |
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Es geschahe auch, wie schon gedacht, die allgemeine Visitation der Kirchen
im gantzen Churfürstenthum Sachsen, welcher Luther
selbst beywohne- |
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{Sp. 1683|S. 851} |
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te, nebst etlichen andern Kirchen-Räthen und
Politicis, um alles nach Vorschrifft des
göttlichen
Worts, und guter
Ordnungen, nach Bewandniß
der
Umstände, wohl einzurichten. Zu welchem
Ende auch ein besonderes Visitations-Büchlein
publiciret ward. |
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Luther lehrete auch beständig zu
Wittenberg zur
Zeit
der Pest, der indeß die
andern
Universitäts-Verwandten sich nach Jena in
Sicherheit begaben. |
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Es währete aber 1528 die Kirchen-Visitation
annoch im Churfürstenthum Sachsen, und war
Luthers gröster
Arbeit die Ubersetzung der
Bücher
Altes Testaments, und Widerlegung des
unruhigen Andreas Carlstadts. |
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Ferner ward 1529 einen
Reichstag zu Speyer
gehalten, wiewohl in Abwesenheit des
Kaysers,
um die zertrenneten
Gemüther wieder zu vereinigen;
jedoch nur dem Scheine nach, indem ein sehr
scharffes
Edict herauskam, des Inhalts, daß
man die vorigen wider Luthern und seine
Vertheidiger oder Anhänger ergangenen Decrete
erneuern, und auch die Meße nicht abschaffen
solte.
Gegen welches harte Edict
Churfürst
Johann zu
Sachsen,
Marggraf
George zu
Brandenburg,
Hertzog Ernst und Frantz zu
Lüneburg,
Landgraf
Philipp zu Hessen,
Fürst
Wolfgang zu Anhalt, nebst den
Reichsstädten
Nürnberg und Reutlingen, und andere sich
öffentlich setzten, ihre Protestation an den Kayser und
das
Reich übergaben, und dahero
Protestanten
genennet wurden. |
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Indeß hatte der Kayser mit dem Pabst
einen
gewissen Vergleich getroffen, der zu
Unterdruckung der Protestanten abzuzielen
schiene. Wiewohl man viele
Ursache zu
zweiffeln
hat, ob es Carl V ein Ernst gewesen, die
Evangelische Religion
gantz zu
unterdrücken. |
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Die Protestanten kamen auf der andern
Seiten in der Stadt Schmalkalden zusammen, um
eine Defensiv-Alliantz unter sich, gegen die
androhende
Gewalt
ihrer Feinde, zu beschlüssen. Da hingegen Luther von aller
Thätlichkeit schrifftlich und ernstlich abmahnete, mit
Vorstellung, daß die
Religion, ohne höchstdringende
Noth, nicht müsse verfochten werden,
sondern
GOtt selbst seine
Sache auch allein
durch seine Wege würde zu führen
wissen; hielte
darauf zu Marpurg ein Gespräch mit Ulrich
Zwinglio, über den
wahren
Verstand der
Worte
im heiligen Abendmahl: Das ist mein Leib, das ist
mein Blut, konnte aber mit ihm nicht einig werden.
Dahero die gäntzliche Trennung der sonst in den
meisten andern
Artickeln einmüthigen,
Sächsischen und
Schweitzerischen Theologen zu
grosser Hinderniß in der
Evangelischen
Reformation erfolgte. |
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Folgends
befahl der
Kayser, der 1530 einen
anderweitigen
Reichstag nach Augspurg
ausgeschrieben hatte, es solten die
Protestanten
(von deren Lehrsätzen recht thörichte
Dinge in
Spanien, Italien, u.a.m. waren ausgebreitet worden) ihr
Glaubens-Bekänntniß aufsetzen, und also
schrifftlich auf dem Reichstage übergeben.
Deswegen Luther 17 kurtze Artickel von seiner
Lehre und
Glauben verfaßete, welche
Philipp
Melanchthon, mit Luthers Bewilligung, so fort
erweiterte, und dessen
völlige Approbation aus
dem Schloße zu Coburg erhielte, allwo der Churfürst Luthern in Verwahrung ließ, damit er
von Augspurg nicht allzu weit entfer- |
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{Sp. 1684} |
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net, dabey aber auch von den gefährlichen
Nachstellungen der Gegner befreyet seyn
möchte. |
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Indessen verfertigte er selbst in Coburg ein
Buch, an die auf dem Reichstage versammleten
Bischöffe, und andere von der Clerisey, darinnen
er sie zur
Verbesserung der Kirchen-Mängel
anmahnete, und die
Ubereinstimmung seiner Lehre
mit der
heiligen Schrifft klar
vorstellete. |
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Indessen wurden obbemeldte
Artickel von
den protestirenden
Chur- und
Fürsten,
auch Städten, an den Kayser und übrige
Stände des Reichs persönlich übergeben, in
Lateinischer und
Deutscher Sprache, durch durch den
Chur-Sächsischen
Cantzler,
D. Gregorium Pontanum, oder Brück, nachdem
dieselben von D. Christian Bayer mit
ungewöhnlich lauter Stimme waren abgelesen
worden. |
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So bald nach der Ubergebung ward diese
Augspurgische Confeßion oder Glaubens-
Bekänntniß von den Italiänern, Spaniern,
Frantzosen und Niederländern, in ihre National-Sprache übersetzet, und also in allen
Theilen von
Europa bekannt gemacht. Man widerlegte zwar
dieselbe von
Catholischer Seiten, allein man
wolte
den
Evangelischen diese Widerlegung nicht
schrifftlich geben, die dem ohngeachtet von
Philipp Melanchthon, und andern anwesenden
protestirenden Gottesgelehrten, durch eine
Apologie oder Schutzrede nachdrücklich
beantwortet ward. |
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Als aber die zwischen beyden Partheyen zu
Augspurg angestellten Conferentzien sich fruchtlos
zerschlugen, indem man über die
vornehmsten
Glaubens-Artickel, die Seligkeit der
Menschen
betreffend, (da in dem Ceremonial-Wesen
endlich leicht nachzugeben war) nicht einig
werden konnte; so geschahe, daß der Kayser, und
die ihm samt dem Pabst anhangenden Stände
des Reichs, solche Confeßion durch ein
Edict
verdammeten. Die protestirenden Fürsten, die
man wieder zur Römischen Religion zwingen
wolte, giengen unwillig vom Reichstage weg, und
protestirten gegen das abgefaßte Decret. Und
von dieser
Zeit an
muß man die Evangelische
Kirche als eine besondere Kirche ansehen. |
|
|
Luther
schrieb alsobald, nach
geendigtem Reichstage, eine bewegliche Warnung an
seine liebe
Deutschen, daß sie dem Edict, wegen
Verfolgung der Evangelischen Lehre, nicht
gehorchen
solten. Indem nun die
Gemüther der
Deutschen
Reichsstände durch solches Edict und
itztbenannte
Schrifften
Lutheri, eine mächtige
Alteration bekamen, auch die
Anschläge der
Catholischen
nicht eben heimlich waren; so fiengen 1531 noch
mehrere an, auf der Protestirenden Seite zu treten; da mittler Zeit
Luther in Ubersetzung
der Bücher Altes Testaments fortfuhr, und die
protestirenden Stände sich zu Schweinfurth
versammleten, und ihrer Sicherheit wegen
Rath
pflegten. Es hielten aber damahls
beysammen: |
|
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- Churfürst
Johann zu
Sachsen, und sein
Sohn,
Hertzog Johann Friedrich,
- Marggraf
George
zu
Brandenburg,
- Philipp, Ernst und Frantz,
Gebrüdere und Vettern, Hertzoge zu Lüneburg und
Braunschweig,
-
Landgraf
Philipp zu Hessen,
-
Fürst
Wolfgang zu Anhalt,
- Gebhardt und Albrecht,
Gebrüdere,
Grafen und
Herren zum Mansfeld,
- die
Städte
- Straßburg,
- Nürnberg,
- Costnitz,
- Ulm,
- Biberach,
- Ißny,
- Reutlingen,
- Memmingen,
- Eßlingen,
- Lindau,
{Sp. 1685|S. 852}
- Heilbronn,
- Kempten,
- Wassenburg,
- Winßheim,
-
Lübeck,
- Braunschweig,
- Magdeburg,
- Bremen,
- Goßlar,
- Göttingen,
- Halle in Schwaben,
- Nordhausen
- und
Hamburg.
|
|
|
Worauf 1532
Kayser
Carl die Stände des
Reichs nach Nürnberg berief, und den
Protestirenden die
völlige Lehr- und
Gewissens-Freyheit so lange
verstattete, bisß entweder ein
allgemeines Concilium gehalten, oder sonst auf
einem Reichstage der entstandene Religions-Streit könnte ausgemachet werden. |
|
|
Kurtz hernach
starb
Churfürst
Johann zu
Sachsen, der standhaffte Bekenner der
Evangelischen
Wahrheit, und hinterließ die
Regierung und
Lande dem nicht weniger
beständigen Eiferer vor dieselbe,
Hertzog Johann
Friedrichen, als seinem ältesten
Sohn. |
|
|
So dann fuhr man 1533 in
Berathschlagung
wegen Sicherheit des vergönneten
Friedens, und
Anstellung eines Concilii, fort, welches doch der
Pabst auf alle Weise hinderte; da immittelst
Luther, zu Beybehaltung der Einigkeit, nicht
zwar des
Glaubens
mit den
irrigen Lehren,
sondern der Liebe, und daß man sich einander
dulten
möchte, ernstlich riethe; sich aber hingegen
der Unternehmung Hertzog Georgens zu Sachsen,
welcher seine
Unterthanen mit einem
Eyd
verbinden
wolte, die Evangelische Lehre Zeit ihres
Lebens nicht anzunehmen, mit Nachdruck
öffentlich
widersetzte. Worauf eine nochmalige Visitation der Kirchen in den
Churfürstlichen Sächsischen
Landen erfolgte. |
|
|
Im folgenden 1534
Jahre
reisete Melanchthon,
mit Luthers Instruction versehen, nach Hessen,
um den oberwehnten Streit vom heiligen
Abendmahl, wo
möglich, abzuhelffen. Und so fort
ward der Anfang gemacht, das
gantze,
von Luthern und seinen Gehülffen, in Deutsche
Sprache übersetzte Bibelwerck, so bißhero nur in
eintzelnen Stücken herausgekommen war,
zusammen zu drucken, so auch 1535 vollendet
ward. |
|
|
Im mittelst unterredete sich Luther mit
dem vom Pabst abgeschickten
Bischoff von Justinopoli, Peter
Paul Vergerio, zu
Wittenberg, welcher nach
Deutschland
gekommen war, um die Protestirenden zu
überreden, daß es dem Pabst ein Ernst sey, ein Concilium zu halten, und zwar zu
Mantua, brachte auch denselben auf ziemlich
gute
Meynung von
den Protestirenden, wiederrieth aber dennoch
denen letzt gedachten, solch Concilium, weil es
der Pabst in Italien, und nicht in Deutschland
halten wolte, zu besuchen. |
|
|
Folgends urgirte der Kayser 1536 die
Versammlung eines Concilii nochmahls, worein
aber der Pabst nicht willigen, viel weniger
einräumen wolte, daß selbiges in Deutschland gehalten würde. Da unterdessen
Luther, und
andere, sich mit Martin Bucero, und andern, nach einem
zu
Wittenberg gehaltenen Gespräche, in den
bißhero streitig gewesenen Puncten vom
heiligen Abendmahl
völlig verglichen, und
hierüber eine Vereinigungs-Formul abfassete,
iedoch mit diesem
Effect, daß dennoch die
Schweitzerischen Gottesgelehrten darein nicht
willigen wolten, und sich also von jenen völlig
abtrenneten. |
|
|
Indem nun der Kayser auf der Haltung eines
Concilii beständig beharrete, und deswegen 1537
denen protestirenden Ständen angesonnen
ward, ihre Meynung hiervon deut- |
|
|
{Sp. 1686} |
|
|
lich zu eröffnen; so kamen diese in der
Stadt
Schmalkalden zusammen, wohin auch Luther
selbst, und sehr viele andere Gottesgelehrte sich
verfügeten; wiewohl er, wegen zustossender Unpäßlichkeit, zurückreisen
muste.
Ihre
Verrichtungen daselbst waren: |
|
|
1) |
Die abschlägige Antwort an
den Kayserlichen Gesandten, daß nemlich die
Protestirenden, wegen Beysorge nicht
genugsamer Sicherheit, das Concilium zu Mantua
nicht besuchen würden; |
2) |
Eine Erklärung von der
Gewalt des Pabsts, welche
Melanchthon im
Namen aller
anwesenden Gottesgelehrten
aufsetzte; |
3) |
Die nochmahlige
Approbation des Augspurgischen Glaubens-
Bekänntnisses; |
4) |
Die Verfertigung einiger
andern
Artickel, die dieser Confeßion zu mehrerer
Erläuterung beygefüget, unterschrieben, auch
daher die Schmalkaldischen Artickel
genennet
wurden; |
5) |
Die nochmahlige
Bestätigung des Schmalkaldischen Bundes, welchen,
zur Defension gegen ihre Feinde, die sämtlichen
protestirenden Stände aufgerichtet
hatten. |
|
|
|
Ferner ward 1538 in denen Chur-Sächsischen Landen eine nochmahlige Kirchen-
Visitation gehalten, ob sich schon die
Bischöffe hefftig darwider setzten; dabey denn etliche
Catholische
Fürsten, sonderlich
Hertzog George
zu
Sachsen, und Hertzog Heinrich zu
Braunschweig, nebst dem Kayserlichen
Abgeordneten,
D. Held, in Nürnberg eine besondere
Zusammenkunfft hielten, die kein ander Absehen
hatte, als den Protestirenden einigen
Verdruß zu
machen. |
|
|
Nicht lange hernach, nemlich 1539,
starb
Hertzog George zu Sachsen, ein beständiger
Feind Lutheri, und der reinen Prediger des
Evangelii, und muste, wider seinen
Willen,
Hertzog Heinrichen, seinem Bruder, die sämtlichen
Lande hinterlassen, welcher auch alsobald
dieselben zu reformiren anfieng, und Luthern
zu Leipzig predigen ließ. |
|
|
Nebst dem ward den Protestirenden ein 15
monatlicher Stillstand von den zu Franckfurt am
Mayn versammleten
Reichs-Ständen
verwiliget; da indessen jene zu Arnstadt in
Thüringen nochmahls zusammen kamen, und den
Schluß machten, gegen die
Catholischen, als ihre
geschworne Feinde, zwar keinen Angriff zu
thun,
iedoch auch, wenn sie von ihnen angefallen
würden, ihre
Religion,
Freyheit und
Lande mit
Gewalt
der Waffen zu vertheidigen. Welchen Schluß auch Luther selbst sich nicht gäntzlich
mißfallen ließ. Und als Churfürst Joachim II zu
Brandenburg der Protestirenden Partey beytrat,
erinnerte
Luther gar sorgfältig, daß die
Reformation allein nach Gottes Wort, nicht aber
nach den
Sätzen oder Decreten der alten
Conciliorum geschehen
müsse. |
|
|
Im
Jahre
1540 hatte Luther hauptsächlich
mit Johann Agricola, Schul-Rector zu Eißleben, zu thun,
welcher das Gesetz Mosis durchaus abgeschafft
wissen
wolte, in der
Meynung, als ob solches vor
die
Christen gar nicht gehöre. Dahero er und
sein weniger Anhang Antinomi oder Gesetz-Stürmer genennet wurden. Er muste aber hernach, als er eines
besseren belehret worden, Wiederruff thun. |
|
|
Hierauf ward ein Colloquium erstlich zu
Hagenau im Elsaß, und nachgehends zu
Regenspurg, zwi- |
|
|
{Sp. 1687|S. 853} |
|
|
schen Johann Eccio, eines, und Philipp
Melanchthon, andern
Theils, in
Gegenwart des
Kayserlichen Abgesandten, Nicolai Perotti Granvellani, gehalten, über
die
Materien von der Erbsünde, von der Kirche,
u.s.w. aber vergeblich; iedoch wurde auch 1541 eben so
wenig das damals von einigen zuerst ans Licht
gebrachte und beyden Partheyen proponirte Interims-Buch, welches
sie so lange in Lehre und Ceremonien annehmen
solten, bis alle und jede noch streitige Puncte auf einem Concilio ausgemacht werden könnten,
angenommen; am allerwenigsten aber von
Luthern, ohnerachtet einige Fürsten in hoher
Person von Regenspurg aus nach
Wittenberg
kamen, ihn zu persuadiren, gebilliget, indem er schlechterdings von
der ein mahl wohlbedächtig abgefasseten, und
öffentlich übergebenen Augspurgischen
Confeßion, nicht weichen, noch ausserdem, was
in selbiger enthalten, etwas nachgeben
wolte. |
|
|
Im darauf folgenden 1542 Jahre entstund
eine doppelte Unruhe, als der Catholische
Bischoff Julius zu Naumburg von diesem
Stifft
ausgeschlossen, und an seine statt, auf Churfürst
Joh. Friedrichs zu Sachsen Vorschub, Nicolaus von
Amsdorff durch
D. Luthern eingesetzet wurde. Ingleichen, als
besagter Churfürst mit seinem Vetter, Hertzog
Moritzen, in öffentliche, jedoch bald wieder gestillete Feindschafft verfiel. |
|
|
Dabey folgends auch 1543 Luther die
Absendung einiger Abgeordneten auf das vom
Pabst angestellte Concilium zu Trident den
Protestirenden theils als unzeitig, theils als
gefährlich widerriethe. Als indessen die Parthey
der Protestirenden mehr und mehr durch neue
hinzutretende Stände in Deutschland sich
verstärckete, welche insgesammt die Predigt des
Evangelii annahmen. |
|
|
Und als 1544 Kayser Carl einen Reichs-Tag zu Speyer
anordnete, auch daselbst der
Reichs-Abschied ziemlich geneigt vor die
Protestirenden lautete, hingegen der Pabst sein
Mißfallen über solchen Abschied mercken ließ,
auch denselben vor null und nichtig erklärte, und
dabey ein Concilium von Bischöffen in der Stadt
Trident zu versammlen beharrete; so widerfochte Luther die
Macht und
Gewalt, deren
sich der Pabst anmassete, eifriger als zuvor, zeigete
derselben grossen Mißbrauch und Unbefugniß, und
behauptete, daß das bevorstehende, und von den
Protestanten erbetene Concilium nirgends anders,
als in Deutschland, allwo die Religions-
Streitigkeiten entstanden, gehalten werden könne
und müsse. |
|
|
Hierauf erfolgte 1545 der Reichstag zu
Worms, auf welchem die Protestirenden sich
über die eigenmächtige Päbstliche Anordnung des
Concilii beschwereten; welches aber dennoch, weil
der Kayser den Protestirenden immer abgeneigter wurde, seinen Anfang nahm; da immittelst
Luther die ins Deutsche übersetzte
Bibel
nochmahls übersahe, und zum letzten male, bey
seine Lebzeiten, herausgab. |
|
|
Ob nun wol ein nochmahliges Colloquium zu
Regenspurg angestellet ward, so war doch
dasselbe gantz fruchtloß, zumahl auch beyde
Partheyen sich zum
Kriege rüsteten,
ehe aber derselbige in völlige Flammen ausbrach, Luther
am 18 Februar 1546 selig verschiede. Hierauf nahm sogleich der so genannte
Schmalkaldische |
|
|
{Sp. 1688} |
|
|
Krieg wider dem Churfürsten zu Sachsen,
Johann Friedrich, wider den Landgrafen zu
Hessen, Philipp, und viele andere protestantische
Fürsten, welche mit ihnen in den Schmalkaldischen
Bund getreten waren, den Anfang; wiewohl die
Bewegungs-Ursache zu diesem Kriege, nach des
Kaysers Vorgeben, nicht war die Religion,
sondern die Hartnäckigkeit der verbundenen
Fürsten. |
|
|
Der Churfürst von Sachsen wurde so wohl als
der Landgraf von Hessen den 20 Jul. bemeldten
1546 Jahres von dem Kayser in die
Acht erkläret.
Dahero auch dieselben mit ihren
Völckern an den
Bayerischen
Gräntzen bey Donauwerth
zusammen kamen, und dem Kayser den Krieg
ordentlich ankündigten; welcher ihnen aber diese
Kriegs-Erklärung unerbrochen nebst ihrer Acht
zurücke schickte, und hernach 1547 das
Glück
hatte, sie in seine Hände zu bekommen, den
ersten in einer Feldschlacht bey Mühlberg, und
den andern durch List zu Halle, wohin er auf des
Kaysers Wort gekommen, und nebst dem Hertzog
von Alba zur Taffel eingeladen war. Nach derselben Beendigung
aber muste er im Verhafft bleiben. |
|
|
Indeß war das Concilium von Trient
würcklich angefangen. Der Pabst
Paul III hatte es
bereits 1536 angesaget; es verzog sich aber damit
bis 1545, da es zu Trient angefangen wurde. Es
ward zwar 1552 auf eine Zeitlang nach Bononien gelegt; aber
Julius III brachte es bald wieder nach Trient, wo es
unter Pabst Pio IV 1564 nach 18 Jahren
endlich geendigt wurde. |
|
|
Die Protestanten waren zwar darzu
eingeladen: allein es gieng niemand von ihnen
dahin, weil sie sahen, daß es alles nach des Pabsts
Willen zugehen würde. Und obzwar etliche
Wittenbergische
Gottesgelehrte 1552 dahin giengen, so
kehrten sie dennoch bald wieder zurück. |
|
|
Alles gieng auf diesem Concilio nach des
Pabsts Willen zu. Die Gesandten desselben
präsidirten und litten nicht, daß das geringste
gesetzet würde, welches der Gewalt des Pabsts
entgegen wäre. Das hauptsächlichste auf diesem
Concilium solte eine Reformation der Mißbräuche
seyn, die sich in dem
Römischen Reiche
eingeschlichen. Allein an statt dessen dachte man
an die Reformation nicht, sondern bestärckte alle
bisherigen Lehren des Pabsttums, ja man machte
das Schisma durch die hinzugefügten Anathemata völlig unheilbar. |
|
|
Die Klugen unter den
Catholischen
läugnen
dieses nicht, und haben hier und da einen grossen
Unwillen gegen dieß Concilium bezeuget, da man
schon zu Trident versammlet war, ließ der
Kayser
bey dem Pabst Paul III beständig um eine freye
Kirchen-Versammlung anhalten, weil er aber
sahe, daß dieses keinen grossen Fortgang hatte,
so ließ er indeß 1548 durch Julius Pflugen,
Bischoff zu Naumburg, Michael Heldingen, Bischoff zu
Merseburg, und Johann Agricola, des Churfürsten von
Brandenburg Hofprediger, ein
gewisses
Buch aufsetzen, und ans Licht stellen, welches
einige Glaubens-Artickel in sich enthielte, woran
sich nach seiner
Meynung so wohl die
Catholischen als
Protestanten unterdessen
halten könnten, bis man in einer freyen
allgemeinen
Versammlung etwas gewisses
fest gesetzet haben |
|
|
{Sp. 1689|S. 854} |
|
|
würde. Dieses Buch wurde von den Leuten
gemeiniglich das Interim
genennet, weil es dasjenige in sich
fassete, was man
unterdessen, bis die Kirchen-Versammlung gehalten werden solte zu
glauben
hätte. Es gefiel aber dasselbe weder den
Römischgesinnten, noch den Protestanten,
daß auch von beyden Seiten dagegen
geschrieben wurde, obgleich der Kayser solches
unter schwerer
Straffe verboten hatte. Dahero
stifftete dieses Buch viel Unruhe. |
|
|
Der Kayser liesse auch dem gefangenen
Churfürsten von Sachsen
vorstellen, daß er das
Interim annehmen, und seinen Printzen
Befehl
geben
solte, dergleichen zu
thun;
iedoch der
Churfürst gab eine sehr nachdrückliche und
gottesfürchtige
Schrifft heraus, worinnen er auf
das kräftigste behauptete, daß es ihnen
Gewissens wegen
unmöglich wäre das Interim
anzunehmen, weil er bey dem Augspurgischen
Glaubens-Bekänntnisse nicht den
geringsten
Zweiffel bey sich
empfände, und folglich auch nichts
gut heissen könnte, als was mit
demselben
vollkommen
übereinstimmte. |
|
|
Der Churfürst zu Sachsen Moritz solte
ebenfalls das Interim annehmen. Er übergab aber
desßwegen eine schrifftliche Protestation, daß er es
nicht annehmen, sondern erst mit seinen
Gottesgelehrten überlegen
wolte. Ob ihm nun gleich
der Kayser zu Augspurg starck zusetzete, so blieb
er doch steif bey seinem Vorsatz. So bald er also
von Augspurg zurück kam, so ließ er die
Landstände und Gottesgelehrten
zusammen kommen, sich mit ihnen zu unterreden,
was man dem Kayser auf das vorgelegte Interim
antworten könnte und solte. |
|
|
Man kam also verschiedene mahl zusammen,
als zu Meissen, zu Pegau, zu Torgau, zu Zelle, zu Jüterbock, zu Leipzig, zu
Merseburg, abermals zu Torgau, und endlich zu
Grimma. Endlich wurde ein
Schluß zu Leipzig
gefasset, welcher den
Titel führete: Beschluß des
Landtags zu Leipzig, so den 22 December des
1548 Jahres von wegen des Augspurgischen
Interims gehalten ist. Die
vornehmsten
Verfertiger
davon waren Philipp Melanchthon,
D. Paul Eber,
D. Johann Pommer, D. Georg Major, D. Pfeffinger. Insgemein
nennet man sie nur die Meißner, weil sie
meistentheils in Meissen sassen. |
|
|
So bald als es nur bekannt wurde, bekam er ungemein viel
Widerspruch, weil die Verfasser
dieses Beschlusses viele
Dinge vor Mitteldinge
angesehen hatten, welche doch keine waren. Man belegte sie mit dem
Namen
der Adiaphoristen, und es
entstand daher der so beruffene adiaphoristische Streit, der so viel
Jahre hindurch
gedauret, und mit hefftigen
Schrifften von beyden Seiten fortgesetzet
worden. |
|
|
Indeß schien es, als wenn es mit der
Evangelischen Religion mit der
Zeit
übel ablauffen,
und die
Catholischen wieder die Oberhand
bekommen würden. Der Kayser ließ
unterschiedliche Befehle gegen die Evangelischen
ausgehen, und verbot unter andern 1549 Luthers
und der übrigen Ketzer Bücher zu lesen. |
|
|
Es ward auch zu Augspurg, Straßburg, und
andern
Orten der Römische Gottesdienst wieder
eingeführet, und auf dem Reichstage zu Augspurg
1551 allerhand gegen die Evangelischen
beschlossen. Allein die |
|
|
{Sp. 1690} |
|
|
Sache gewann bald ein ander Ansehen, da
der Churfürst von Sachsen Moritz 1552 den
Kayser auf den Hals gieng. Denn durch dieses
Herrn Waffen ward der Kayser genöthiget, daß er
1552 zu Passau dem berühmten
Religions-Frieden eingehen
muste, der 1555 auf dem
Reichs-Tage zu Augspurg bestätiget und
festgesetzt ward. |
|
|
Wie es nach diesem ergangen, wird unter
besondern
Artickeln von einer jeden Religion
vorkommen. Siehe dahero
Religion. |
|
|
Schlüßlichen fügen wir eine Specification bey
von den
vornehmsten
Ländern und
Orten, bey
denen die Evangelische Religion Platz gefunden
hat. Und zwar hat man in selbiger der
Jahr-Ordnung gefolget; die
special Nachrichten aber
müssen in jedes Landes und Ortes Special-Historien-Büchern und Chronicken
nachgeschlagen werden. |
|
|
Die zu Ende beygefügten Buchstaben:
L. R. C. zeigen zugleich an, wo entweder die ins
besondere also genannte Reformirte Lehre
angenommen, oder wo zugleich die
Lutheraner,
Reformirte und
Papisten ihre freye Religions-Übung haben. Es ist aber dieses Verzeichniß
folgendes: |
|
|
Im Jahr 1517 u.f. |
|
|
- das
Chur-Fürstenthum
Sachsen, sammt darzu gehörigen
Landen,
Meissen, Thüringen und Francken; Insonderheit.
-
Wittenberg, allwo der erste Anfang war durch
D. Martin
Luther.
- Weymar, durch Friedrich Myconius.
|
|
|
Im Jahr 1519 |
|
|
- Altenburg, durch Luthern, Gabriel Didymus, Wentzel
Lincken, und George Spalatinus. L.
- Zürch, in der
Schweitz,
durch Ulrich Zwinglius, an andern Schweitzerischen
Orten
aber durch Johann Oecolampadius, Conrad Billicanus, Johann Calvinus, u.a.m.
R. C.
- In den Niederlanden, bis die Spanische Inquisition
aufkam, da etliche
Provintzien
Papistisch blieben. L. R. C.
- Im
Königreich
Schweden, durch
König
Gustav Erichson,
D. Lorentz und Olaus Petri. L.
|
|
|
Im Jahr 1520 u.f. |
|
|
- zu Naumburg. L.
- Ost-Frießland, auf
Befehl
Graf
Etzard. L. R.
|
|
|
Im Jahr 1521 |
|
|
- Zwickau durch Nicolaus Haußmann.
L.
- u. 1540 Halberstadt, durch Jodocus
Otto. u.a. L. C.
- u.f. Stadt
Goßlar, durch Johann Kleppen, Johann Wesel, und Nicolaus
von Amßdorff. L.
- Worms, ungeacht der wider Luthern geschehenen
Achts-Erklärung. L. C.
- Joachimsthal, in Böhmen, durch
M. Philipp Eberbach; Es waren auch sonst
die Hußiten oder Böhmischen Brüder annoch in starcker Menge in Böhmen.
L. C.
|
|
|
Im Jahr 1522 |
|
|
- Erfurt, durch
D. Martin Luthern. L. C.
- Arnstadt, durch Caspar Güttel. L.
- Cotbuß, in der Nieder Lausitz, durch
D. Johann
Grießmann. L. R.
|
|
|
{Sp. 1691|S. 855} |
|
|
- Zerbst, im
Fürstenthum
Anhalt, auf Befehl Fürst Wolffgangs, durch D. Martin Luthern. L.
- Breßlau, in Schlesien, durch Johann Hertz. L. C.
- u.f. Liegnitz, in Schlesien, auf Befehl
Hertzog Friedrichs, durch Fabian Eckel, Sebastian Schubart,
und Martin Tectander oder Dachmann. L. C.
- Stadt
Bremen, durch Heinrich von Sütphen. L. R.
- Nürnberg, durch Andreas Osiander. L.
- u.f. Augspurg, durch Johann Frosch u.a. L. C.
-
Grafschafft
Kreichgau, durch Erhard Schnepff. L. C.
- Hall, in
Schwaben,
durch Johann Brentius. L.
-
Herrschafft
Sickingen im Elsaß, durch Johann Oecolampadius, Caspar Hedion,
und Martin Bucer. L. C.
- Straßburg, durch Matthias Zell, u.a. L. C.
- Marggrafthum
Mähren, durch Paul Speratus; allwo auch Böhmische Brüder waren.
L C.
- u.f. Riga, und andere
Örter
in Liefland, durch Andreas Cnophius. L.
|
|
|
Im Jahr 1523 |
|
|
- Eisenach, durch
D. Jacob Strauß. L.
-
Hertzogthum
Jägerndorff in Schlesien, auf Befehl Marggraf Georg zu
Brandenburg. L. R. C.
- Hertzogthum Preussen, auf Befehl Marggraf Albrecht zu
Brandenburg, durch Johann Brießmann, Paul Speratus, und Johann Polyander.
L. R. C.
- Landau im Elsaß, durch Johann Boder. L. C.
- Hagenau im Elsaß, durch Wolffgang Capito. L. C.
- Pfaltz Zweybrücken, auf Befehl
Pfaltzgraf Ludewig, durch Johann Schwebel. L.
- u.f. in Franckreich, allwo die Hugenotten im Jahr 1561 ihre erste
Königliche
Vergünstigung ihrer
Religion
erhielten. C. R.
|
|
|
Im Jahr 1524 |
|
|
- Magdeburg, durch Luthern und Nicolaus von Amßdorff.
L. R.
- Costnitz am Boden-See, durch Johann Zwick. L.
C.
- Nördlingen in
Schwaben,
durch Conrad Billican. L.
|
|
|
Im Jahr 1525 |
|
|
- Görlitz und Lauban in der Ober-Lausitz
durch Frantz Ahenobarbus oder Rothbart. L.
- Dantzig, durch
D. Johann Bugenhagen. L. C. R.
- u.f. Hertzogthum Lüneburg, auf Befehl Hertzog Ernsts,
durch Martin Oudermarck, und Urban Rhegius, u.a. L.
-
Grafschafft
Tecklenburg in Westphalen, auf Befehl Graf
Conrad, durch Johann Pollius. L. R. C.
|
|
|
{Sp. 1692} |
|
|
- Franckfurt am Mayn, durch Hartmann Ibach u.a.m.
L. C.
-
Königreich
Dännemarck, auf Befehl König Friedrichs, und Christian
III. L.
- im Königreich Pohlen, ist Luthers Lehre bekannt
gemachet worden, durch Martin Glossa, u.a.m. L. C.
|
|
|
Im Jahr 1526 u.f. |
|
|
- in der
Landgrafschafft
Hessen, auf Befehl Landgraf Philipps, durch Frantz Lambert.
L. R.
|
|
|
Im Jahr 1527 |
|
|
- im Marggrafthum Brandenburg in Francken auf Befehl Marggraf Georgens.
L. R.
- Hertzogthum Hollstein, auf Befehl Hertzog Christians
durch
D. Eberhard Widensee. L.
|
|
|
Im Jahr 1528 |
|
|
- Braunschweig, durch
D. Johann Bugenhagen. L.
-
Hamburg, durch D. Johann Bugenhagen, und Johann
Aepinus. L.
|
|
|
Im Jahr 1529 |
|
|
- Stadt
Minden, durch Nicolaus Cragen. L.
- Marggrafschafft Baaden auf Befehl Marggraf Philipps,
wiewohl er 1532 Römisch-Catholisch ward, und die Lutherischen Prediger
fortjagte. L. C.
|
|
|
Im Jahr 1530 |
|
|
-
Lübeck, durch
D. Johann Bugenhagen. L.
|
|
|
Im Jahr 1531 |
|
|
- Ulm, in
Schwaben,
durch Johann Oecolampadius, Martin Bucer, und Ambrosius Blaurer. L.
|
|
|
Im Jahr 1532 |
|
|
- Hertzogthum Crossen in Schlesien, auf Befehl Marggraf
Johannis zu Brandenburg. L. R.
- Dessau, im Fürstenthum Anhalt, auf Befehl Johann und
Joachim, Fürsten zu Anhalt, durch Nicolaus Haußmann. R. L.
- Stadt
Münster, durch Bernhard Rothmann, so aber hernach,
durch das Wiedertäuferische Unwesen, und andere Zufälle, ins stecken
gerathen. C.
-
Stifft
und Stadt Verden, durch dasigen
Bischoff Georgen. L.
|
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|
Im Jahr 1533 |
|
|
- die Reußischen Herrschafften im Voigtland. L.
- Hertzogthum Jülich, Cleve und Berg,
durch Hertzog Johann. L. R. C.
|
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Im Jahr 1534 |
|
|
- Königreich Engelland, auf Befehl König Heinrichs
VIII. L. R.
- Hertzogthum Würtenberg, auf Befehl Hertzogs Ulrichs,
durch Melanchthon, Camerarius, Schnepff, u.a.m. L.
- Stadt Hannover, durch Urban Rhegius. L.
- Fürstenthum Grubenhagen, auf Befehl Hertzog Philipps,
durch Nicolaus von Amsdorff. L.
- Stadt Schneeberg in Meissen, durch George Spalatin, und
Johann Reichmann. L.
|
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Im Jahr 1537 |
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|
- Stadt Freyberg in Meissen, auf Befehl Hertzog Heinrichs
zu Sachsen. L.
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|
Im Jahr 1539 |
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- Anneberg, durch Heinrich Lindemann, und Friedrich
Myconius. L.
- Leipzig, durch D. Luthern und Justus Jonas. L.
- Meissen. L.
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{Sp. 1693|S. 856} |
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Im Jahr 1540 |
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Im Jahr 1541 |
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- Halle im Hertzogthum Magdeburg durch
D. Justus Jonas.
L. R.
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Im Jahr 1542 |
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Stifft
und Stadt
Zeitz, durch
D. Luthern, George Spalatin, u.a.
L.
- Stifft und Stadt Wurtzen durch George Spalatin. L.
- Stadt Regenspurg, durch Erasmus Zollner, und Johann Förster.
L. C.
- Stadt Hildesheim, durch Johann Bugenhagen. C. L.
- In der Pfaltz-Neuburg auf Befehl
Pfaltzgraf Otto Heinrichs, durch Michel
Diller, und Andreas Osiander. L. C. R.
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Im Jahr 1543 |
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- gefürstete Grafschafft Henneberg, auf Befehl Fürst
Wilhelms, und Fürst Georg Ernst, durch
D. Johann Förster. L.
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Im Jahr 1544 |
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- Stifft u. Stadt Merseburg, durch Fürst Georgen zu
Anhalt, u.a. L.
- Hertzogthum Pommern, durch D. Joh. Bugenhagen; wiewohl
schon vorhin an eintzelen Orten die Reformation angefangen worden.
L. R.
- In der Chur-Pfaltz, auf Befehl Chur-Fürst Friedrichs.
L. R. C.
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Im Jahr 1555 |
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- in Österreichischen Landen ist, auf Anhalten der
dasigen Stände, das freye Religions-Exercitium verstattet
worden. C.
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Im Jahr 1556 |
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- das Marggrafthum Baden nochmahls auf Befehl Marggraf Carls, durch
D.
Jacob Heerbrand, und D. Jacob Andrea. L. C.
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Im Jahr 1559. |
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- Im Königreich Ungarn, da die Stände eine Confeßion, nach Art der
Augspurgischen, an König Ferdinand übergaben, darauf die
Gewissens-Freyheit
erfolget ist. L. R. C.
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Im Jahr 1569 |
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- In Steyermarck, Cärnthen und Crayn,
durch Primum Truberum so aber nicht lange gewähret. C.
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