Titel: |
Schüler, Scholar |
Quelle: |
Zedler Universal-Lexicon |
Band: |
35 Sp. 1348 |
Jahr: |
1743 |
Originaltext: |
Digitalisat BSB
Bd.
35 S. 688 |
Vorheriger Artikel: |
Schülein, (Joh. Nic.) |
Folgender Artikel: |
Schüler, (George) |
Siehe auch: |
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Hinweise: |
- Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe
Hauptartikel
- Für die Auflösung der Quellenangaben siehe:
Personen.
Bibel
- Transkribierter griechischer Text der Vorlage
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Text |
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Schüler, Scholar, Discipulus,
Scholasticus,
heisset ein solcher, welcher eine öffentliche oder
Privat-Schule als Lernender besuchet. |
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Vier Stücke werden hauptsächlich von einem
Schüler gefordert, daß er sie besitze: |
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1) |
eine gelehrige Art, |
2) |
der
Fleiß, |
3) |
der
Gehorsam, und |
4) |
die
Danckbarkeit. |
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Die gelehrige Art (docilitas) wird erfordert,
weil er erstlich bey Erlernung guter
Künste und
Wissenschafften nicht anderer Lehre,
Urtheile und
Rath verachten muß: wer sich einbildet, er besitze
schon Kunst und Wissenschafft, der wird niemahls
zu einer gründlichen Gelahrheit gelangen; weil er
anderns auf den gefaßten
Meynungen nicht
halsstarrig bestehen, vielmehr andere auch
anhören muß, ihn eines besseren zu überweisen
sich bemühen; weil er endlich hinwiederum nicht
stracks verwerffen muß, was er nicht
verstehet. |
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Der Fleiß wird erfordert, denn eines Schülers
sein
Zweck soll seyn, gelehrt zu werden; diesen
aber kan er durch
Müßiggang nicht erhalten, es
gehöret darzu ernstes
Studiren, emsiges
Forschen, und dergleichen. |
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Der
Gehorsam wird erfordert, weil, will er
gelehrt werden, er dasjenige in richtiger
Ordnung
lernen muß, was und wie ihm solches seyn |
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{Sp. 1349|S. 689} |
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Lehrmeister vorschreibet, und weil, will er in
guten Sitten zunehmen: welches nach dem
bekannten Vers: Qui proficit in litteris, et deficit in
moribus, plus etc. der andere Zweck eines
Schülers ist, der sich
vernünfftig
regieren lassen
muß. |
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Danckbarkeit wird erfordert, weil eines theils
selbst die guten Sitten erfordern, sich gegen den
danckbar zu erweisen, dem man guten
Unterricht,
als eine der größten Wohlthaten, schuldig ist;
anderntheils auch der Danck den
Lehrer
aufmuntert, seinen Fleiß und Sorgfalt vor seinen
danckbaren Schüler zu verdoppeln. |
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Bey denen Israeliten hatten die Schüler einen
andern Respect gegen ihre Lehrer, einen andern
unter sich selbsten. Wenn sie betrachtet werden
gegen ihre Lehrer, welche sie Rabbi nenneten, so
führeten sie sich anders auf in ihren Synagogen,
anders in andern
Orten. In ihren Synagogen und
Schulen sollen sie auf dem
Erdreich, und also zu
den Füssen ihrer Lehrer, gesessen haben. So
wird auch Paulus bey den Füssen Gamalielis
auferzogen, |
Apost. Gesch. XXII,
3. |
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Christus hat auch in dem 12 Jahre seines
Alters also gesessen in einer solchen
Zusammenkunfft, nicht als hätte er der Information
nöthig gehabt, sondern weil er dadurch die Schul-Gesellschafften mit seiner
Gegenwart hat heiligen
wollen. |
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Hingegen werden viele Jüden gefunden,
welche vorgeben, es haben die Schüler von Mose
an bis auf die
Zeiten des
R. Gamaliels vor ihrem
Lehrmeister gestanden, hernach aber gesessen,
als dieser mit
Tode abgegangen war. Sie können
es auch nicht zugeben, daß die Pharisäer, welche
zur Zeit des HErrn Christi so stoltz und hoffärtig,
ihren Discipuln die
Ehre der
Seßion eingeräumet.
Den Ort Apost. Gesch. XXII, 3 erklären sie also,
daß sie das
Wort
anatethrammenon eigentlich
nehmen, quasi ad fulcra lecti seu mensae
Gamalielis nutritus fuerit, wie dergleichen
Redensart vorkommt 1 Sam.
XXV, 41. Joh. I,
24. |
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Ausser den Synagogen und Schulen ehreten
die Schüler ihre Lehrer also, daß sie ihnen
nachfolgeten, und aus Liebe sie vielmahls in die
Gefängnisse begleiteten, wie Maimonides de
Asylis … lehret. Drum schickte Johannes seine
Jünger aus dem Gefängniß zu Christo, |
Matth. XI, 2. |
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Ja weil die Schüler die Gesellschafft ihrer
Lehrer liebeten, so waren sie traurig, wenn sie
weggiengen; wurden aber bey ihrer Ankunfft
wieder frölich. Auf diese Ceremonien alludiret
Christus Joh. XVI, 5, wenn er seinen Jüngern viel
von seinem Hingang
saget. |
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Es nahmen auch die Lehrmeister ihre Schüler
mit einem Liebes-Kuß auf; aber die Schüler thaten
solches nicht leichtlich wegen der grossen
Ehrerbietigkeit gegen ihre Lehrer: Darum erklären
sie den Kuß des Judas also, daß es mehr eine
Umfassung als ein rechtschaffener Kuß gewesen.
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Wenn endlich ein Schüler zu dem andern
gebracht ward, so hatten sie wiederum einen
grossen Unterscheid. Denn gleichwie sie nicht
einerley Profectus hatten, so nahmen sie auch
bald höhere, bald niedrige Örter ein, biß sie
endlich durch die Auflegung der Hände denen
Lehrern einverleibet worden. So viel von denen
Schülern bey den Jüden. |
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Wir kommen nun auf unsere Zeiten. Nicht
zwar, daß wir besondere Umstände von den
Schülern beybringen sollten, |
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{Sp. 1350} |
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wie sie sich anjetzo gegen ihre Lehrer
aufführen. Denn da würden wir so viel
Böses als
Gutes angeben können. Wir gedencken nur, daß
auch
Landes-Herren auf die Schüler ein
wachsames Auge haben, und in Zeiten dafür
Sorge tragen, daß solche als tüchtige Glieder in
der
Republick gebrauchet werden mögten. So ist
in der Fürstlich-Sachsen-Gothaischen Landes-Ordnung … dieserwegen gar löblich und heilsam
versehen, daß von denen Schul-Bedienten und
Pfarrern jedes Ortes an die Superintendenten und
Adjuncten, und von diesen ferner an das
Hochfürstliche Consistorium unnachbleiblich
einberichtet werden soll, was eines oder des
andern Orts sich etwa vor sonderbare, treffliche,
zu dem Studiren und andern sinnreichen
Dingen
geneigte und
geschickte
Ingenia befinden, und
was derselben
Zustand und Gelegenheit, Ankunfft
und
Vermögen sey, damit die, so etwas redliches
zu lernen fähig und Vorhabens, auch darzu einer
oder der andern Beförderung benöthiget sind, zu
solchem desto eher gelangen mögen. |
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So sollen auch diejenigen Knaben, so bey
Städten und
Dörffern gute Ingenia haben, und
zum Studiren tauglich sind, wenn sie in denen
niedrigen und deutschen
Schulen oder Classen
das ihrige gelernet, entweder von ihren
Eltern
selbst, oder anderen, so an deren Statt sind, nach
Möglichkeit zu den höhern Stadt-Schulen und
Classen, auch dem dasigen Gymnasio gehalten,
und, nach ihren durch angewandten Fleiß
erlangten Profectibus, von einer Classe zu den
andern höhern und zu rechter Zeit versetzet
werden, bis sie soweit kommen, daß sie endlich
zu noch höhern Orten, mit gutem
Nutzen, erlassen
werden können. |
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Eine juristische Frage mag hier den Beschluß
machen, ob nehmlich ein Schüler wider seinen
Lehrer gerichtlich rügen könne? Es
redet das
Chur-Sächsische Duell-Mandat nur von solchen
Personen, die unter keiner disciplinarischen
Straffe (poena disciplinari) stehen. Nun aber ist
der Lehrmeister gleichsam statt des Unterrichters,
welcher auch seine Schul-Gesetze hat, vermöge
welcher er die Laster der Jugend, als Faulheit,
Nachläßigkeit und Unfleiß,
bestraffen kan und
muß. Zu dem erhellet es auch aus der
Beschreibung einer Injurie, welche nehmlich ein
Privat-Verbrechen ist, so aus einer bösen Tücke
zu des andern Schmach begangen wird; daß hier
keine Injurie statt findet, weil diese schon als
Väter
gegen ihre
Kinder angesehen werden, und sie in
guter Disciplin und Zucht als junge Leute halten
müssen. Vergehet sich aber ein Präceptor wieder
den
Endzweck seiner ob sich habenden
Pflicht,
und schlägt seine Untergebenen zur Unzeit, so ist
er so wohl als ein anderer unter das Duell-Mandat
gehörig. |
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