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Quellenangaben |
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Eigen-Liebe, ist derjenige natürliche Trieb, da ein
Mensch
sich in seiner Dauerhafftigkeit
glückselig
zu erhalten suchet, und dahero alles dasjenige, was ihm dazu zuträglich ist,
verlanget, und hingegen, was ihm daran hinderlich seyn könnte, flühet. |
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In dem
Griechischen heist sie philautia,
welches aber nicht von der Eigen-Liebe überhaupt sondern nur von der verderbten
Eigen-Liebe
gebraucht
wird. |
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Es sind allen Menschen von
Natur
gewisse
Begierden
eingepflantzet.
Ridiger Philos. Pragm. ...
theilet
diese natürlichen Triebe also ein: Er
nennet
dieselben entweder animalische oder menschliche Triebe. |
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Die Animalischen betreffen entweder die Erhaltung
des lebendigen
Cörpers,
als erstlich überhaupt: Die Liebe des
Lebens,
hernach insonderheit der Adpetit nach Speiß und Tranck, darauf die
Erhaltung des Blutes, und der Schlaff, der auf die Erhaltung derer
Lebens-Geister seine Absicht hat. |
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Oder sie betreffen die Fortpflantzung des
Geschlechts; als nemlich die Buhlen-Liebe, die auf den
Zweck
der
Zeugung,
und die Kinder-Liebe, die auf den Zweck der
Erziehung
derer
Kinder
gerichtet ist. |
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Die
vernünfftigen
Triebe betreffen
Theils
den
Verstand,
nemlich die Curiosität |
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{Sp. 511|S. 271} |
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zum Zweck der
Erkenntniß
der
Wahrheit; Theils den
Willen, zu
Ausübung
der
Tugend
und zwar Theils gegen andre Menschen, dahin die
natürliche
Menschen-Liebe gehöret; Theils gegen sich selbst, nemlich die natürliche
Selbst-Liebe; welche letztere aber in der
That
nichts anders als der
Grund
von denen obigen erwehnten Trieben ist. |
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Die Eigen-Liebe ist also ein natürlicher Trieb. Menschen
und Thiere haben diesen mit einander gemein. Wie wir uns aber alle in dem
Stande
der Verderbniß befinden, und jeder von der Unordnung seiner Eigen-Liebe aus der
eigenen
Empfindung
versichert seyn kann, ein jeder aber auch zugleich
Ursache
hat an eine bessere Einrichtung seiner Eigen-Liebe zu gedencken; so giebt
solches
Gelegenheit,
daß wir die Eigen-Liebe nach einem dreyfachen Stande betrachten können. |
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Der erste ist der Stand der
Natur,
wie die Eigen-Liebe, da sie
GOTT denen Menschen eingepflantzt, beschaffen gewesen.
Hierbey können wir sie nach der
Vernunfft nicht anders als einen blossen Trieb ansehen,
darbey das göttliche Absehen gewesen, daß der Mensch dadurch zu seiner Erhaltung
und Beförderung seiner
Glückseligkeit
angetrieben werde. |
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GOTT hat ihm zu dem Ende
gewisse
Sachen
vorgelegt, deren er sich als
Mittel, zu seinem
End-Zwecke
bedienen kann. Wir
müssen
also bey diesen Trieben so wohl auf die göttliche Absicht, als auf die Mittel
sehen. |
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Vermöge
dieses Triebs
sollte
der Mensch
alles dasjenige suchen, was ihm
angenehm und zu seiner Erhaltung dienlich;
hingegen alles dasjenige flühen, was ihm unangenehm, und der Erhaltung zuwieder. |
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Ist die Eigen-Liebe an sich selbst ein von GOTT
eingepflantzter Trieb, so folget daraus, daß sie auch nicht schlechter
Dings zu verwerffen; Und wenn bey denen menschlichen
Verrichtungen
das
Gesetz
nichts ausdrückliches bestimmet, alles erlaubt, was dieselbe in ihrem ersten
natürlichen Stande mit sich bringet. |
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Sind also diejenigen alle Narren, welche darwieder handeln,
als wenn geitzige
sich nicht satt essen und trincken, ein
ehrgeitziger
gelehrter
nicht gnug schläfft. Salomon
sagt
im Prediger 4, 5. Ein Narr schläget die Finger in einander, und frisset
sein Fleisch. |
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Der andere
Stand
der Eigen-Liebe ist der Stand des Verderbens, welcher auch allgemein und
natürlich,
in so fern allen Menschen, nachdem einmahl die Verderbniß entstanden, eine
verderbte Eigen-Liebe angebohren, und also fortgepflantzet wird. Die
Vernunfft kann von dem ersten
Ursprunge
dieser Verderbniß nichts
wissen. |
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Wenn man sich gleich die
Sache
so
vorstellet,
daß GOTT dem Menschen diesen Trieb, als eine Fähigkeit
mitgetheilet.
Diese Fähigkeit sey nachgehends durch den
übeln
Gebrauch
der Vernunfft und durch die offt wiederhohlte unvernünfftige
Begierden
derer Mittel zu einer
Gewohnheit,
Fertigkeit oder zu einem Habitu worden; so verhält sich doch die Sache,
ob man sich gleich natürlicher Weise keinen andern
Begriff
davon machen kann,
gantz
anders, wenn wir die
Heilige Schrifft zu
Rathe
ziehen. |
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Diese weiset, daß so gleich nach der ersten
Sünde
des ersten Menschen ein Habitus des
Bösen
entstanden, welches wir, nach der ordentlichen Beschaffenheit eines Habitus,
für uns nicht
erkennen
können. Mithin macht sich die sich selbst gelassene Vernunfft einen gantz andern
Concept, so wohl von dem |
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{Sp. 512} |
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Stande der Unschuld, als dem
Falle des
Menschen, als wir ihn in der Heil. Schrifft antreffen. |
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Die Eigen-Liebe aber ist dadurch verderbt, daß sie nicht mehr nach dem
Willen GOttes, der auf die
Glückseligkeit
des Menschen zielte, eingereichtet, und mithin in der That auf des Menschen
Verderben gehet. Dieses geschicht auf zweyerley Art: Es ist dieser Trieb dem
göttlichen Willen an einem
Theile
in Ansehung der Absicht, am andern Theile in Ansehung derer
Mittel entgegen. |
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Die göttliche Absicht bey diesem Triebe war, daß der Mensch sich selbst
lieben, und vor seine Erhaltung sorgen
sollte;
jedoch nach gehöriger Proportion und demjenigen Maaß der Liebe, welches
der eigentliche Werth der Sache, oder sein selbst, mit sich brächte. Weil nun
GOTT ein weit vortrefflicher ja das alleredelste
Objectum
ist, so sollte er GOtt mehr als sich lieben, und weil zwischen ihm und seinem
Nächsten eine völlige Gleichheit, so sollte er selbigen als sich selbst lieben.
Weil auch endlich an der Glückseligkeit vieler Menschen mehr als eines eintzigen
gelegen, so sollte er das
gemeine Beste dem Priuat-Nutzen
vorziehen. Hierbey äussern sich nun die drey verkehrten
Arten
der Selbst-Liebe: |
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1) |
da man GOtt weniger als sich liebet,und sich
selbst als einen Abgott verehret, wie denn
Ehr-Geitz,
Wollust
und
Geld-Geitz,
als drey leibliche
Töchter der Eigen-Liebe, in der That
gewisse
Arten der subtilen Abgötterey sind, woraus denn die
Gottlosigkeit entstehet. |
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Daß dieses unvernünfftig sey, erhellet daher,
weil GOtt das allerhöchste
Gut
ist, und deßwegen auch am allermeisten verehret werden
muß. |
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2) |
Wenn man seinen Nächsten
weniger als sich selbst liebet. |
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Der Heiland hat uns diese
Regel
hinterlassen: Liebe deinen Nächsten als dich selbst; und dieses ist der
Vernunfft gemäß. Die natürliche und
moralische
Gleichheit derer Menschen unter einander, nebst der allgemeinen
Vorsehung GOttes vor alle Menschen geben zu
erkennen,
daß GOtt einen wie den andern liebe. Unser
Wille
soll
nach dem
göttlichen Willen eingerichtet seyn. Also soll unsre Liebe
gleich seyn, und wir müssen unsern Nächsten so sehr lieben, als uns
selber. |
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In der
That
gehet uns drunter nichts ab, die Liebe, die ich meinem Nächsten
schuldig
bin, ist er mit gleichfalls zu erweisen
verpflichtet, und was ich ihm
thue,
das muß er mir wieder thun. Woraus denn wiederum flüsset |
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α) |
daß ich meinen Nächsten nicht mehr lieben muß,
als wie mich selbst, denn sonst müste mich mein Nächster auch höher
lieben als sich selbst, da dann solchergestallt unsere
Rechte
und
Verbindlichkeiten nicht mit einander
übereinstimmen
würden. Denn ich wäre
verbunden ihm
Pflichten
zu erweisen, die zu meinem
Schaden gereichten, und die er eben deßwegen,
weil er mich höher als sich selber lieben müste, nicht annehmen könnte.
Indem jederzeit, wo auf einer Seite eine Verbindlichkeit ist, auf der
andern Seite auch eine Verbindlichkeit seyn muß; |
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β) |
folgt hieraus, daß ich meinen Nächsten nicht
weniger, als mich selbst lieben muß. |
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Wenn ich mich höher als ihn zu lieben befugt
wäre, so würde er auch sich höher, als mich, zu lieben, befugt seyn.
Solcher gestallt würde ein jeder von dem andern mehr
praetendiren
zu
dürffen
urtheilen,
als der andre aus eben dem
Principio ihm schuldig zu seyn urtheilen würde. Und mithin
würden die Rechte und die Verbündlichkeit sich gleichfalls niemahls
zusammen schicken. |
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Müller
über Gracians Orac. ... |
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{Sp. 513|S. 272} |
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3) |
So ist es unvernünfftig, wenn man den
Nutzen
vieler
Menschen
dem Nutzen eintzelner
Personen
nachsetzen
will. |
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Auf diese Weise ist die Eigenliebe in Ansehung
der Göttlichen Absicht unvernünfftig und verderbt. Hierzu kommt noch ein
unvernünfftiger
Gebrauch
der Mittel.
Man siehet dieselben nicht vor Mittel, sondern vor Absichten selbst an.
Man suchet nicht ein beständiges Vergnügen, sondern nur einen
gegenwärtigen
Kützel unsrer
Sinnen.
Hierdurch ist die Eigenliebe zu der
Mutter des
Ehrgeitzes, der
Wollust
und des
Geld-Geitzes
geworden, und ist also die Quelle alles
Übels. |
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Der dritte
Stand
der Eigenliebe ist der Stand der
Verbesserung, daß man sie nach dem, durch die
Vernunfft
erkannten
Göttlichen Willen einrichte. Man
muß
die Göttliche Absicht beobachten, und die angewiesenen Mittel
vernünfftig
gebrauchen. Ein
Philosophus
soll
zu einer solchen Verbesserung nichts beytragen können, also muß uns eine höhere
Krafft,
welche die Theologie lehret, zu Hülffe kommen. |
- Vitringa de Concupiscentia recta et
laudabili ...
- Saldenus de Philautia ...
-
Buddeus Instit. Theol. Mor. ...
- Peter Müller in
Dissert. de Philautia.
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