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Zedler: Ens |
HIS-Data 5028-8-1255-14 |
Titel: | Ens |
Quelle: | Zedler Universal-Lexicon |
Band: | 8 Sp. 1255 |
Jahr: | 1734 |
Originaltext: | Digitalisat BSB Bd. 8 S. 661 |
Vorheriger Artikel: | En-Rimmon |
Folgender Artikel: | Ens, ein Fluß in Franckreich |
Siehe auch: |
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Hinweise: |
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Stichworte | Text | Quellenangaben | ||||||||
Ens. Es wird dieses
Wort in weitern und
engern Verstande gebrauchet. |
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In dem wei- tern Verstande verstehet man alles darunter, was man sich nur in dem Verstande vorstellen kan, es mag nun würcklich existiren oder nicht. |
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Im engern Verstande bedeutet ens eine solche
Sache, die würcklich existiret, und mithin ihr Wesen hat. |
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In
gantz engern
Verstande wird dadurch das unverweßliche Wesen, das ist GOtt, verstanden, |
wie solches Plato
in Timao p. 526. in Sophisticis p. 163. Phoed. p. 378. gethan. |
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Durch onta werden auch uncörperliche Sachen,
die mit denen äusserlichen Sinnen nicht übereinstimmen, verstanden. |
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Die alten
Philosophen machten unterschiedene Classen derer ontōn. |
Han- schius de Enthusiasmo Platonico S. 7. §. 35. p. 135 |
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Die Peripatetici
erinnern auch noch bey dem
Worte Ens, daß es in zweyerley Verstande, nehmlich entweder nominaliter oder participi- aliter genommen würde. Die participia de- rer verborum sind von denen nominibus dar- innen unterschieden, daß jene nebst denen Haupt- Bedeutungen ihrer Wörter zugleich die Neben- Bedeutung eines Thuns oder Leidens, das durch ihr Verbum ausgedruckt wird, andeuten. Al- le Verba enthalten die Bedeutung eines Leidens oder Thuns in sich z.E. lauffen, schreiben ge- schlagen werden; die Nomina hingegen abstra- hiren von denenselbigen, und stellen die Idee der Sache ohne das würckliche Thun und Leiden vor. Also ist ein Unterschied unter einen Lauf- fenden und einen Läuffer. |
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Wenn demnach das
Wort Ens participialiter, das ist, vor das Participium verbi sum genommen wird, so be- deutet es ein Ding, in so fern es würcklich existiret: Wenn es hingegen nominaliter ge- nommen wird, so bedeutet es ein Ding ohne |
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{Sp. 1256} | ||||||||||
Absicht, ob es würcklich existire. | ||||||||||
Das Ens in solchem weiten Verstande, daß es alles, was wir nur gedencken, unter sich begreiffet, hat nachfolgende Eigenschafften, deren Erkenntniß dazu dienet, daß wir das Ens metaphysicum, als das wahre obiect der Metaphysic, desto genauer erkennen mögen. |
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Ens ist entweder reale oder rationale. Reale ist dasjenige, von dessen existens wir durch die Empfin- dung derer Sinne überzeugt seyn. Ens ra- tionis bestehet nur in unsern Gedancken, und gehet den Verstand an. |
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Das Ens rationis wird wieder eingetheilet | ||||||||||
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Dieses Ens wird von unserem
Verstande
her- vorgebracht, und ist ausser unsrer Einbil- dung nicht. Weil aber dennoch solche En- tia rationis obiectiua, in so fern wir sie, ohne auf ihre Form zu sehen, Ideen nennen, und also Entia realia sind; so muß man nun die- ses recht zu begreiffen, den Conceptum in formalem et obiectiuum eintheilen: |
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Die
Vorstellung eines göldenen
Berges ist eine Gedancke, und in so fern ein Conceptus formalis: Nun sondern wir den Begriff ab, daß es eine Gedancke ist, und betrachten den göldenen Berg alleine, denn ist der Conceptus obiectiuus. |
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Hieraus fol- gen diese Regeln: |
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Scheubler Metaph. I. 2. num. 31. | |||||||||
1. | Das Ens rationis wird wieder von einigen eingethei- let in Ens rationis ratiocinantis et rationis ratiocinatae. |
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Jenes soll dasjenige seyn, das man sich zwar in denen Gedancken vorstel- let, zugleich aber mit denen Gedancken, wenn sie aufhören, verschwindet, z.E. Wenn man sich einen göldenen flühenden Vogel einbildet, so höret mit der Einbildung zu- gleich, wenn ich nicht mehr sagen kan, ego sum ratiocinans, das Ding auf. |
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Dieses aber soll darinnen bestehen, daß man sich zwar |
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{Sp. 1257|S. 662} | ||||||||||
etwas nur einbilde, die Einbildung aber sey so beschaffen, daß sie nach denen Ge- dancken, quando sum ratiocinatus, übrig bliebe. |
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Es ist diese Eintheilung von keiner grossen Wichtigkeit, indem alle Entia ra- tionis nicht länger bestehen können, als man sie gedencket. |
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2. | Das Ens wird zum andern in das Ens positiuum und negati- uum eingetheilet. Ens positiuum heisset dasjenige, von welchem der Verstand eine gewisse und determinirte Jdee hat, daß es etwas sey. Z.E. ein Cörper. Ens negatiuum hingegen heisset, von welchem der Verstand nur eine Jdee hat, was es nicht seyn, nicht aber determiniret oder zu determiniren weiß, was es sey. Z.E. etwas uncörperliches. |
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Die Entia negati- ua werden wieder eingetheilet in Entia pu- re negatiua et priuatiua. Durch ein Ens pure negatiuum verstehet man ein Ding, dessen Jdee in einer blossen Verneinung eintzig und allein bestehet. Z.E. das nicht sehen eines Steines. Ens priuatiuum heist hingegen ein Ding, dessen Jdee zwar ebenfalls in einer Verneinung bestehet, aber nicht in einer blossen Verneinung, sondern in einer solchen, die zugleich eine verdeckte Bejahung in sich enthält, und diese verdeckte Bejahung bestehet entweder nur darinne, daß das, was in der Jdee verneinet wird, ordentlicher Weise da seyn könte, und sollte, welche Art man priua- tionem simplicem nennet. Z.E. die Blind- heit oder Taubheit eines Menschen, oder in einem der Verneinung entgegen gesetz- ten, und an deren statt existirenden positi- uen Wesen, welche Art man priuationem mixtam nennet. Z. E. der Undanck, die Unverweßlichkeit. |
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3. | Das Ens wird zum drit- ten in Ens actu et Ens potentia eingethei- let. |
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Ens actu heist ein Ding, das würck- | ||||||||||
{Sp. 1258} | ||||||||||
lich existiret, oder wie die Peripatetici
reden, quod est extra caussas, das ist, welches nicht etwa noch in den Kräfften einer Caussae, die es erst noch hervorbrin- gen wird, verborgen lieget, sondern be- reits seine Würcklichkeit erlanget hat. Zum Exempel: die noch lebende Menschen. |
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Ens potentia heist hingegen ein Ding, das zwar zur Zeit noch nicht würcklich existiret, aber doch durch seine Grund-Ursachen existiren kan, oder, wie die Peripatetici gleichfals reden, quod adhuc latet in suis caussis. Zum Exempel: unsere Nachkommen. |
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Was von dem möglichen und unmöglichen hierbey zu erinnern ist, werden wir unter denen gehö- rigen Titeln ausmachen. |
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4. | Das Ens wird viertens eingetheilet in ens per se et per accidens. |
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Ens per se wird ein
Ding ge- nennet, das von Natur von einem einigen Wesen ist. Zum Exempel: Ein Geist, ein Mensch, die Tugend. |
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Ens per accidens hingegen heist ein Ding, in welchem meh- rere Wesen nicht an sich selbst und von Natur; sondern nur äusserlich und zufälli- ger Weise mit einander verbunden sind, und welches also an sich selbst nicht so wohl ein Ens, als vielmehr eine Verbindung etli- cher Entium ist. |
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5. | Fünfftens wird das Ens in incomplexum und complexum einge- theilet. Incomplexum begreifft nur einen ein- tzigen und einfachen Begriff. Complexum, welches mehrere Begriffe mit sich bringt. |
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6. | Sechstens wird das Ens wieder eingethei- let in ens praedicamentale seu disciplinale, und ens transcendentale seu Metaphysi- cum. |
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Ens disciplinale ist, welches nicht nur nach seiner Existentz, son- dern auch nach seiner Essentz oder nach seinen Ursachen, durch die es gewürckt wird, kan erkennet wer- den. |
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Entia transcendentalia aber sind | ||||||||||
{Sp. 1259|S. 663} | ||||||||||
die
Grund-Ursachen aller Dinge, die sich nur nach ihrer Existentz, nicht aber nach ihrer Essenz können erkennt werden. |
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Entia Metaphysica werden wieder in die Entia Increata eingetheilet. Das Ens Increatum ist GOtt. |
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Die Entia Metaphysica aber sind vierer- ley. Es ist |
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Von dem Ente werden noch diese
Re- geln überhaupt bemercket. |
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Stand: 4. Januar 2023 | © Hans-Walter Pries |