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Zedler: Thomasius, (Jacob) … Philosophe HIS-Data
5028-43-1603-2
Titel: Thomasius, (Jacob) … Philosophe
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 43 Sp. 1603
Jahr: 1745
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 43 S. 815
Vorheriger Artikel: Thomasius, (Jacob) Bischoff
Folgender Artikel: Thomasius, (Jenckin)
Siehe auch:
Hinweise:
  • Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe Hauptartikel
  • Für die Auflösung der Quellenangaben siehe: Personen

  Text Quellenangaben
  Thomasius, (Jacob) ein berühmter Philosophe und Polyhistor, war zu Leipzig den 25 August 1622 gebohren.  
  Sein Vater, Michael Thomas, war Erb-Herr auf Troschenreuthe und Wiedersberg, zugleich beyder Rechten Doctor und Practicus.  
  Er wurde von Jugend auf zu guten Künsten angeführet, worinnen zwar der damahlige Krieg, und sonderlich der 1632 und 1633 erfolgte Tod seiner Eltern ihm sehr hinderlich fielen; nachdem sich aber seine annoch lebende Groß-Mutter seiner angenommen, wurde er anfangs zu Leipzig, und hernach nebst seinem Bruder Johann, der beyder Rechten Doctor und Cantzler zu Altenburg worden, in dem Gymnasio zu Gera informiret.  
  Als er von seinen damahligen Lehrern, M. Christoph Richter, M. Gottfried Lindemuth, M. Johann Pfeiffern, vor tüchtig erkannt wurde, daß er mit Nutzen auf die Universität ziehen könnte; so begab er sich 1640 wieder nach Leipzig und wurde unter dem Rectorat D. George Tobias Schwendendörffers immatriculiret.  
  Noch in selbigem Jahre gieng er auch nach Wittenberg, wo er unter dem Vorsitz D. Scharffens de relatione disputirte. Nachdem er daselbst  
 
  • Prof. August Buchnern in der Eloquentz,
  • D. Johann Scharffen in der Logick und Metaphysick,
  • Prof. Johann Sperlingen in der Physick,
  • Prof. Nicolaum Pompejum in der Mathematick,
  • M. Sperlingen im Hebräischen,
  • und M. Albert Güntzeln in der Philosophie
 
  gehöret hatte; kehrte er zurück nach Leipzig, und besuchte die Vorlesungen der damahligen Herren Professoren,  
 
  • L. Corvini,
  • D. Andreas Rivini,
  • L. Philipp Müllers,
  • M. Conrad Bavari,
  • und D. Christoph Preibisii
 
  fleißig.  
  Er wurde hierauf 1642 Baccalaureus der Philosophie, und 1643 Magister, wodurch er denn Gelegenheit bekam, in Collegiis und Disputationen seine Erkänntnis in den schönen Wissenschafften und Philosophie mehr und  
  {Sp. 1604}  
  mehr sehen zu lassen.  
  Nachdem er 2 Collegen-Stellen bedienet, ward er 1650 Con-Rector bey der Niclas-Schule, welches Amt er 1653 mit der Profeßion der Moral- Philosophie vertauschet, bis er 1655 die Profeßion der Disputir-Kunst, und endlich 1659 die Profeßion der Wohlredenheit bekommen. So ist er auch 1654 ein Collegiat bey dem kleinen Fürsten-Collegio, 1659 aber wider seinen Willen Rector Magnificus und 3 Jahre darauf Decemvir der Academie worden. Über dieses hat ihm der Rath in Leipzig 1670 das Rectorat bey der Nikolai-Schule, und 1676 eben dasselbe bey der Thomas-Schule anvertrauet. Allen diesen Ämtern stand er mit eben so viel Treue als Ruhme vor.  
  Überhaupt besaß er eine ausserordentliche und grosse Gelehrsamkeit, welche sich in alle Theile der Wissenschafften erstreckte, sonderlich aber war er in der alten Philosophie der Griechen ungemein erfahren, bemühete sich auch, welches zu den damahligen Zeiten etwas rares war die Philosophische Historie wiederum aus dem Staub der Vergessenheit und Verachtung hervor zubringen, und die Lehren der alten Philosophen zu erläutern, worinnen er umso viel mehr Verdienste hat, je mehr er seine Haupt- Absicht auf die Dogmatische Historie gerichtet, und sich bemühet hat, dieselbige nach dem eigentlichen Verstande der Systematum vorzustellen, und der unnützen, ja wohl schädlichen Vereinigung der Heydnischen Philosophie mit der Christlichen Religion vorzubeugen, wie denn hiervon besonders die Vorrede zu der Dissertat. de exustione mundi Stoica zum Zeugniße dienen kan.
  Zugleich suchte er auch die Wellen der Irrthümer, die aus der Philosophie geflossen, zu entdecken, wie solches aus dem Schediasmate Philosophico de definitione sapientiae.  welches sein Sohn Christian Thomasius unter dem Titel Origines Historiae Philosophiae, zu Halle 1699 in 8 wieder auferlegen lassen, gar deutlich zu ersehen ist.
  Es ist demnach leicht zu erachten, daß er auch die Aristotelische Philosophie aus dem Grunde müsse verstanden haben, wie er denn von Jugend auf zu derselben gewöhnet war, und sein Amt und Beruff ebenfalls erforderten dieselbe fortzupflantzen, welches er auch mit sonderbarem Fleiß und Gründlichkeit that. Hierher gehören  
 
  • seine Erotemata Logica, Physica, Metaphysica,
  • seine Philosophia practica tabulis comprehensa,
  • seine Dilucidationes Stahlianae in partem priorem regularum philosophicarum Danielis Stahlii.
 
  Ob ihm nun aber gleich das Joch der Sectirischen Philosophie auf dem Halse lag, und die damahligen Zeiten noch nicht so beschaffen waren, daß er dasjenige hätte unternehmen sollen, welches seinen grossen Sohn vorbehalten war; so war er doch weit davon entfernet, daß er die unnütze Art, die Aristotelische Philosophie vorzutragen, hätte beybehalten sollen; vielmehr bemühete er sich nicht nur, so viel möglich dieselbe auf andre Wissenschafften deutlich und ordentlich zu appliciren, sondern auch dieselbe beständig mit der Philosophischen Historie zu verbinden und dadurch gleichsam den Weg zu bahnen, auf welchen sein Sohn Christian die Philosophie in einer gantz erneuerten Gestalt vorgestellet hat. Man lese hiervon die mehrgedachte Vorrede zu den Originibus nach.
  Die Historia litteraria ist  
  {Sp. 1605|S. 816}  
  besonders in dem schönen Tractat de plagio litterario, wie auch in verschiednen Dissertationibus erläutert worden.  
  Zu der Philosophischen Historie hat er aber durch seine Origines u. sein vortreffliches Buch de exustione mundi Stoica ein grosses beygetragen. Insonderheit hat er sich um diese Wissenschafft durch viele Observationes verdienet gemacht, wovon einige in den zusammengedruckten Praefationibus und Orationibus vorkommen, die meisten aber von seinem Sohn ediret worden, auch einige in den Observationibus Hallensibus anzutreffen sind.  
  Unter des Thomasii Schülern hat besonders Leibnitz demselben Ehre gebracht, zumahl da dieser unsern Thomasium für seinen vornehmsten Lehrer in der Philosophie erkannt, und von selbigem geurtheilet hat: Wofern er zu der rechten Philosophie und gründlichen Art zu philosophiren wäre angeführet worden, solte er es darinnen weiter, als kaum jemand gebracht haben.  
  Das rühmlichste ist, daß er bey seiner grossen Gelehrsamkeit, so ihn auch bey den Ausländern in Hochachtung gesetzt, sich der grösten Bescheidenheit befliessen, auch nichts mehr bedauret, als daß die zum Frieden geschaffene Creaturen sich unter einander zanckten und bissen, und nicht fromm und tugendhafft lebten.  
  Nachdem er nun viele Jahre der gelehrten Welt und studirenden Jugend getreulich gedienet, ward er 1684 den 25 August von einem Fieberhafften Schauer, und hernachmahls Hitze überfallen, welches sich in ein viertägiges Fieber, so ihn dergestalt abgemattet, daß er endlich den 9 September im grossen Stuffen-Jahre seinen Geist sanfft und selig aufgab.  
  Er hat sich zweymahl verheyrathet, und in der ersten Ehe 3, in der andern aber 7 Kinder gezeuget. Unter jenen sind Christian, und Gottfried, Doctor der Medicin zu Nürnberg, von welchen beyden besondere Artickel handeln, sonderlich berühmt worden.  
  Von seinen Schrifften deren einige, wie bereits gemeldet, die Aristotelische Philosophie vorstellen, andere, theils die Philosophische Historie, theils die gelehrte Geschichte, theils allerhand merckwürdige Materien erläutern, sind eine grosse Anzahl vorhanden, darunter sonderlich folgende zu mercken:  
 
1. Origines historiae philosophicae et ecclesiasticae, Leipzig 1665 in 4. so man cum indice ejusdem meditation. MSt. vermehret, und 1699 zu Halle in 8 wieder aufgeleget.
2. Exercitatio de Stoica mundi exustione, ... Leipz. 1674 in 4.
3. Dissertatio philosophica de plagio literario ...
4. Dilucidationes Stahlianae ...
5. Philosophia practica tabulis comprehensa, Leipzig 1667 in Fol.
6. Erotemata physica, metaphysica, logica et rhetorica.
7. Sesqui seculum Anglicanum.
8. Breviarium Nicomocheorum, Leipzig 1658 in 8.
9. Doctrina Imperii Romano-Germanici hodierni, Tabulis comprehensa, Leipzig 1672 in Folio.
 
  {Sp. 1606}  
 
10. Mureti orationes, epistolae et poëmata.
11. Manutii Epistolae.
12. Tursellini Tr. de particulis latinae linguae.
13. Joh. Melführers Historisches Spruch-Buch, darinnen hundert Sprüche, ein jeder mit einer schönen Historie anmuthig gemachet werden; dieses hat Thomasius mit dem andern Hundert vermehret, Leipzig 1682 in 4.
14. Eine Nachricht von den Editionibus der Wercke Epiphanii und einiger Schrifften desselben insonderheit.
15. Viele Disputationen, darunter sonderlich folgende bekannt, als:
  [a. - z. und aa. - kk. lateinische Titel]
 
  {Sp. 1607|S. 817}  
 
 
ll. De mediocritate virtutis moralis, 1683.
 
  In den Observationibus Hallensibus sind folgende Abhandlungen aus seiner Feder geflossen:  
  Im ersten Tomo:  
  [4 lateinische Titel]  
  Im andern Tomo:  
  [7 lateinische Titel]  
  Im vierten Tomo:  
  [6 lateinische Titel]  
  Im sechsten Tomo:  
  [18 lateinische Titel]  
  {Sp. 1608}  
  Im siebenden Tomo:  
  [5 lateinische Titel]  
  Im neunten Tomo:  
  [10 lateinische Titel]  
  Im zehenten Tomo:  
  [1 lateinischer Titel]  
  So hat er auch viele praefationes und orationes geschrieben, welche in beyden nachstehenden Sammlungen enthalten sind:  
 
a. Orationes selectae, Leipzig 1737 in 8.
b. Miscellanea varii argumenti, ebend. 1737 in 8.
 
  Witte, welcher dieses Mannes Schrifften erzehlet, hat sich darinnen geirret, daß er seines Sohnes, des Christian Thomasii erstes Specimen Juridicum, de injusto Pontii Piliati judicio, unserm Jacob Thomasius zugeeignet.  
  Man sehe übrigens von ihm:
  • Progr. funebre
  • Friedr. Caspar Hagen in Memor. Phil. renov. ...
  • Witte in Diar. Biogr. ad ann. 1684.
  • Fabricius in Hist. Biblioth. ...
  • Reimann in Hist. Litter. Germ. ...
  • Stolle Hist. der Gelahrheit ...
  • Ebendesselben Nachricht von seiner Bibliotheck.
  • Alberti Orat. in memor. Thomas in Hagen. mem. philos. T. II
  • Bruckers Philos. Hist. ...
  • Allgemeine Chronicke XII Th. ...
  • Pönmannens Lebens-Beschreibungen etlicher vortreflich-gelehrter Männer ...
     

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Stand: 27. Januar 2013 © Hans-Walter Pries