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Text |
Quellenangaben |
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Thomasius, (Jacob) ein
berühmter
Philosophe
und Polyhistor,
war zu
Leipzig den 25
August 1622
gebohren. |
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Sein
Vater,
Michael Thomas, war
Erb-Herr
auf Troschenreuthe und Wiedersberg,
zugleich beyder
Rechten
Doctor und
Practicus. |
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Er wurde von Jugend auf zu
guten
Künsten
angeführet, worinnen zwar der damahlige
Krieg,
und sonderlich der 1632 und 1633 erfolgte
Tod
seiner
Eltern ihm sehr hinderlich fielen; nachdem
sich aber seine annoch
lebende Groß-Mutter
seiner angenommen, wurde er
anfangs zu
Leipzig, und hernach nebst seinem Bruder
Johann, der beyder Rechten Doctor und
Cantzler
zu Altenburg worden, in dem
Gymnasio zu Gera
informiret. |
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Als er von seinen damahligen
Lehrern,
M.
Christoph Richter, M. Gottfried Lindemuth, M.
Johann
Pfeiffern, vor tüchtig erkannt wurde, daß er mit
Nutzen auf die
Universität ziehen könnte; so
begab er sich 1640 wieder nach Leipzig und
wurde unter dem Rectorat
D. George Tobias
Schwendendörffers immatriculiret. |
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Noch in selbigem
Jahre gieng er auch nach
Wittenberg, wo er unter dem Vorsitz D. Scharffens de relatione
disputirte.
Nachdem er daselbst |
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- Prof.
August Buchnern in der Eloquentz,
-
D. Johann Scharffen in der
Logick und
Metaphysick,
- Prof. Johann Sperlingen in der Physick,
- Prof. Nicolaum Pompejum in der
Mathematick,
-
M. Sperlingen im
Hebräischen,
- und M. Albert Güntzeln in der
Philosophie
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gehöret hatte; kehrte er zurück nach
Leipzig, und besuchte die
Vorlesungen der
damahligen
Herren
Professoren, |
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- L. Corvini,
- D. Andreas Rivini,
- L.
Philipp Müllers,
- M. Conrad Bavari,
- und D. Christoph Preibisii
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fleißig. |
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Er wurde hierauf 1642
Baccalaureus der Philosophie, und
1643
Magister, wodurch er denn
Gelegenheit
bekam, in
Collegiis und
Disputationen seine
Erkänntnis in den schönen
Wissenschafften und
Philosophie mehr und |
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{Sp. 1604} |
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mehr sehen zu lassen. |
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Nachdem er 2 Collegen-Stellen bedienet,
ward er 1650 Con-Rector bey der Niclas-Schule, welches
Amt er 1653 mit der
Profeßion der
Moral-
Philosophie vertauschet, bis er 1655 die Profeßion
der Disputir-Kunst, und endlich 1659 die
Profeßion der Wohlredenheit bekommen. So ist er auch 1654 ein
Collegiat bey dem kleinen Fürsten-Collegio, 1659
aber wider seinen
Willen Rector Magnificus und 3
Jahre
darauf Decemvir der
Academie worden. Über dieses hat ihm
der
Rath in Leipzig 1670 das Rectorat bey der
Nikolai-Schule, und 1676 eben dasselbe bey der
Thomas-Schule anvertrauet. Allen diesen Ämtern
stand er mit eben so viel Treue als
Ruhme
vor. |
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Überhaupt besaß er eine ausserordentliche
und grosse
Gelehrsamkeit, welche sich in alle
Theile der Wissenschafften erstreckte, sonderlich
aber war er in der
alten Philosophie der Griechen
ungemein
erfahren, bemühete sich auch, welches
zu den damahligen
Zeiten etwas rares war die
Philosophische Historie wiederum aus dem Staub
der Vergessenheit und Verachtung
hervor zubringen, und die Lehren der alten
Philosophen zu erläutern, worinnen er umso viel
mehr Verdienste hat, je mehr er seine Haupt-
Absicht auf die Dogmatische Historie gerichtet,
und sich bemühet hat, dieselbige nach dem
eigentlichen
Verstande der Systematum
vorzustellen,
und der unnützen, ja wohl
schädlichen Vereinigung der Heydnischen Philosophie
mit der Christlichen Religion vorzubeugen, |
wie denn hiervon besonders die
Vorrede
zu der
Dissertat. de exustione mundi Stoica zum Zeugniße dienen
kan. |
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Zugleich suchte er auch die Wellen der
Irrthümer,
die aus der Philosophie geflossen, zu entdecken, |
wie solches aus dem Schediasmate Philosophico de
definitione sapientiae. welches sein
Sohn
Christian Thomasius unter dem
Titel
Origines Historiae Philosophiae, zu
Halle
1699
in 8
wieder
auferlegen
lassen, gar deutlich zu ersehen ist. |
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Es ist demnach leicht zu erachten, daß er
auch die Aristotelische Philosophie aus dem
Grunde
müsse verstanden haben, wie er denn
von Jugend auf zu derselben
gewöhnet war, und
sein Amt und
Beruff ebenfalls erforderten dieselbe fortzupflantzen, welches er auch mit
sonderbarem
Fleiß und
Gründlichkeit
that. Hierher
gehören |
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- seine Erotemata Logica, Physica, Metaphysica,
- seine Philosophia practica tabulis comprehensa,
- seine Dilucidationes Stahlianae in partem priorem regularum
philosophicarum Danielis Stahlii.
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Ob ihm nun aber gleich das Joch der
Sectirischen Philosophie auf dem Halse lag, und die damahligen Zeiten noch nicht
so beschaffen
waren, daß er dasjenige hätte unternehmen
sollen, welches seinen grossen
Sohn vorbehalten
war; so war er doch weit davon entfernet, daß er
die unnütze Art, die Aristotelische Philosophie
vorzutragen, hätte beybehalten sollen; vielmehr
bemühete er sich nicht nur, so viel
möglich dieselbe auf andre
Wissenschafften deutlich und
ordentlich zu appliciren, sondern auch dieselbe
beständig mit der Philosophischen Historie zu
verbinden und dadurch gleichsam den Weg zu
bahnen, auf welchen sein Sohn
Christian die
Philosophie in einer
gantz erneuerten
Gestalt
vorgestellet hat. |
Man lese hiervon die mehrgedachte Vorrede zu den
Originibus nach. |
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Die Historia litteraria ist |
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{Sp. 1605|S. 816} |
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besonders in dem schönen
Tractat
de plagio litterario, wie auch
in
verschiednen
Dissertationibus erläutert
worden. |
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Zu der Philosophischen Historie hat er aber
durch seine Origines u. sein vortreffliches
Buch
de exustione mundi Stoica ein
grosses beygetragen. Insonderheit hat er sich um
diese Wissenschafft durch viele Observationes
verdienet gemacht, wovon einige in den
zusammengedruckten
Praefationibus
und Orationibus vorkommen, die meisten
aber von seinem Sohn
ediret worden, auch einige
in den Observationibus Hallensibus anzutreffen sind. |
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Unter des Thomasii
Schülern hat besonders
Leibnitz demselben
Ehre gebracht, zumahl da
dieser unsern Thomasium für seinen
vornehmsten
Lehrer in der
Philosophie
erkannt, und von
selbigem
geurtheilet hat: Wofern er zu der rechten
Philosophie und
gründlichen Art zu
philosophiren
wäre angeführet worden, solte er es darinnen
weiter, als kaum jemand gebracht haben. |
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Das
rühmlichste ist, daß er bey seiner grossen
Gelehrsamkeit,
so ihn auch bey den Ausländern
in Hochachtung gesetzt, sich der grösten
Bescheidenheit befliessen, auch nichts mehr
bedauret, als daß die zum Frieden geschaffene
Creaturen sich unter einander
zanckten und
bissen, und nicht fromm und
tugendhafft
lebten. |
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Nachdem er nun viele
Jahre der
gelehrten
Welt
und studirenden
Jugend getreulich gedienet,
ward er 1684 den 25
August von einem Fieberhafften Schauer, und hernachmahls Hitze
überfallen, welches sich in ein viertägiges Fieber,
so ihn dergestalt abgemattet, daß er endlich den
9
September im
grossen Stuffen-Jahre seinen
Geist sanfft und selig aufgab. |
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Er hat sich zweymahl
verheyrathet, und in der
ersten
Ehe 3, in der andern aber 7
Kinder
gezeuget. Unter jenen sind
Christian, und
Gottfried,
Doctor der Medicin zu Nürnberg, von
welchen beyden besondere
Artickel handeln,
sonderlich
berühmt worden. |
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Von seinen
Schrifften deren einige, wie
bereits gemeldet, die Aristotelische Philosophie
vorstellen, andere, theils die Philosophische
Historie, theils die gelehrte Geschichte, theils
allerhand merckwürdige
Materien erläutern, sind
eine grosse Anzahl vorhanden, darunter
sonderlich folgende zu mercken: |
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1. |
Origines historiae philosophicae et
ecclesiasticae,
Leipzig
1665
in 4.
so man cum indice ejusdem meditation.
MSt. vermehret, und 1699 zu
Halle
in 8
wieder
aufgeleget. |
2. |
Exercitatio de Stoica mundi exustione,
... Leipz. 1674 in 4. |
3. |
Dissertatio philosophica de plagio literario ... |
4. |
Dilucidationes Stahlianae ... |
5. |
Philosophia practica tabulis comprehensa,
Leipzig 1667 in
Fol. |
6. |
Erotemata physica, metaphysica, logica et
rhetorica. |
7. |
Sesqui seculum Anglicanum. |
8. |
Breviarium Nicomocheorum, Leipzig 1658
in 8. |
9. |
Doctrina Imperii Romano-Germanici hodierni,
Tabulis comprehensa, Leipzig 1672 in Folio. |
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{Sp. 1606} |
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10. |
Mureti orationes, epistolae et poëmata. |
11. |
Manutii Epistolae. |
12. |
Tursellini
Tr.
de particulis
latinae linguae. |
13. |
Joh. Melführers Historisches
Spruch-Buch, darinnen hundert Sprüche, ein jeder mit einer schönen
Historie anmuthig gemachet werden; dieses hat Thomasius
mit dem andern Hundert vermehret, Leipzig 1682 in 4. |
14. |
Eine Nachricht von den
Editionibus der
Wercke
Epiphanii und einiger Schrifften desselben insonderheit. |
15. |
Viele
Disputationen,
darunter sonderlich folgende bekannt, als: |
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[a. - z. und aa. - kk. lateinische Titel] |
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{Sp. 1607|S. 817} |
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ll. |
De mediocritate virtutis moralis, 1683. |
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In den Observationibus Hallensibus sind folgende Abhandlungen aus
seiner Feder geflossen: |
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Im ersten
Tomo: |
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[4 lateinische Titel] |
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Im andern Tomo: |
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[7 lateinische Titel] |
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Im vierten Tomo: |
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[6 lateinische Titel] |
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Im sechsten Tomo: |
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[18 lateinische Titel] |
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{Sp. 1608} |
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Im siebenden Tomo: |
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[5 lateinische Titel] |
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Im neunten Tomo: |
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[10 lateinische Titel] |
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Im zehenten Tomo: |
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[1 lateinischer Titel] |
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So hat er auch viele
praefationes
und orationes
geschrieben,
welche in beyden nachstehenden Sammlungen enthalten sind: |
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a. |
Orationes selectae,
Leipzig
1737
in 8. |
b. |
Miscellanea varii argumenti, ebend. 1737
in 8. |
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Witte, welcher dieses
Mannes
Schrifften
erzehlet, hat sich darinnen
geirret, daß er
seines
Sohnes,
des Christian Thomasii erstes
Specimen Juridicum, de injusto Pontii Piliati judicio, unserm Jacob
Thomasius zugeeignet. |
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Man sehe übrigens von ihm: |
- Progr. funebre
- Friedr. Caspar Hagen in Memor. Phil. renov.
...
- Witte in Diar. Biogr. ad ann. 1684.
- Fabricius in Hist. Biblioth. ...
- Reimann in Hist. Litter. Germ. ...
- Stolle Hist. der Gelahrheit ...
- Ebendesselben Nachricht von seiner Bibliotheck.
- Alberti Orat. in memor. Thomas in Hagen. mem.
philos. T. II
- Bruckers Philos. Hist. ...
- Allgemeine Chronicke XII Th. ...
- Pönmannens Lebens-Beschreibungen etlicher
vortreflich-gelehrter Männer ...
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