Titel: |
Philosophiren |
Quelle: |
Zedler Universal-Lexicon |
Band: |
27 Sp. 2125 |
Jahr: |
1741 |
Originaltext: |
Digitalisat BSB
Bd. 27 S. 1080 |
Vorheriger Artikel: |
PHILOSOPHIE PAYENNE (HISTOIRE DE LA) |
Folgender Artikel: |
Philosophiren … bey dem Poiret |
Siehe auch: |
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Hinweise: |
- Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe
Hauptartikel
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Text |
Quellenangaben |
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Philosophiren, Philosophari,
heißt nichts anders als die hinreichenden
Gründe
der
Dinge
untersuchen
und jene auf diese selbst appliciren. Demnach wird zum philosophiren erfordert |
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1) |
der zureichenden Gründe Ausfindigmachung und dann |
2) |
deren Application oder Anwendung. |
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Solches haben schon die Alten
erkannt, wenn
sie das Philosophiren
erkläret haben
durch res per
caussas cognoscere. Die zur
Untersuchung der Gründe heisset ins besondere
theoretisch philosophiren
(theoretice philosophari) gleichwie die Application
derselben practisch philosophiren
(practice philosophari). |
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Es ist nicht schlechter dinges
unmöglich, von
allen Dingen zu philosophiren, weil alles, was
ist,
seinen Grund hat: allein in Ansehung der
Menschen ist es wegen der Endlichkeit ihres
Verstandes unmöglich. Und gehören zu
denenjenigen Dingen darinnen der Mensch nicht
philosophiren kan, insonderheit die
göttlichen
Geheimnisse. Aber auch in denenjenigen Dingen,
darinne der menschliche Verstand philosophiren
kan, ist es ihm nicht durchgängig verstattet. Er
soll
nicht über Dinge philosophiren, die nicht den
geringsten
Nutzen von der
Welt haben, in
denen der Mensch nur zur
Ehre GOttes und zum
Dienste des Nächsten erschaffen ist, dahero er
seine
Zeit nicht vergeblich anwenden
muß. |
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Ubrigens kan das Philosophiren noch
eingetheilet werden
in pnevmatice philosophari und
mechanice philosophari, sintemahl wir voraus setzen,
daß alle
Bewegungen so wohl in den
Cörpern als
in den
Geistern nach
gewissen
Gesetzen
geschehen. Untersuchet man die Gesetze, nach
welchen die Bewegungen der Geister geschehen,
und leitet daher den
Ursprung dieser oder jener
Bewegung ins besondere her, so heißt das
pnevmatisch philosophiren. Im Gegentheil, wenn
man die Gesetze der Bewegungen in den Cörpern
ausfindig machet, und aus derselbigen die
Bewegungen selbst erkläret, so philosophiret man
mechanisch. |
Ein mehrers von der Art und
Weise zu philosophiren hat Carl Günther
Ludovici in seiner
Dissertation
de ratione philosophandi in genere (Leipzig 1730)
vorgetragen. |
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