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Text |
Quellenangaben |
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Unwahrheit, Falsitas, wird insgemein in einer
dreyfachen
Bedeutung genommen. |
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Erstlich ist die
Metaphysische Unwahrheit, wenn etwas in der
That nicht dasjenige sey, dafür
man es ausgiebt, z.E. eine falsche
Müntze, ein
falscher Diamant. |
siehe Donati Metaphys.
Usual. … |
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Rüdiger sagt in seiner
Ontologia … wenn die
Sinnen recht beschaffen wären, daß sie nicht
betrögen, so könnte niemahls was im
Metaphysischen
Sinne falsch seyn, und wäre also
der Metaphysischen
Wahrheit, die er eine
unmittelbahre
Übereinstimmung einer
Sache mit
dem
Verstande
nennet, keine Unwahrheit
entgegen gesetzet, sondern der Logischen
Wahrheit. |
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Vors andere ist die
Logische Unwahrheit, welche insgemein durch eine Disharmonie
zwischen den äusserlichen
Dingen und den
Gedancken erkläret wird: Gäbe man ein solches
falsche für
wahr aus, so sey es ein Irrthum; lasse
man es aber vor eine blosse
Würckung des
Verstandes, oder vielmehr des Ingenii gelten, so
wäre es eine Fiction, so auch das Poetische
Falsche genennet wird. |
Siehe Thomasii Einleitung zur
Vernunfft-Lehre ... und Buddeum Philos.
Instrument. … |
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Siehe auch den
Artickel:
Logickalische
Unwahrheit, im XVIII
Bande,
p. 260. |
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Diese Erklärung des Logischen Falschen
rühret aus der angenommenen Definition der
Logischen Wahrheit, daß solche in einer
Übereinstimmung der
menschlichen Gedancken
mit der Beschaffenheit der Dinge ausser den
Gedancken bestünde. In dem Artickel von der
Wahrheit haben wir die Logische Wahrheit einen
Zusammenhang der Gedancken mit der Sache
selbst vermittelst der
Empfindung
genennet, und
selbige in
unterschiedene |
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{Sp. 2489|S. 1260} |
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Arten
getheilet, da in dem Gegentheile leichte
zu
erkennen, was und in wie vielerley die
Logische Unwahrheit sey. |
Siehe
- Titium
in arte cogit. …
- Clericum in logic. …
- Gerhard in Delineat. philos.
ration. …
- Syrbius in instit. phil. ration. electic.
…
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Drittens hat man eine
Ethische Unwahrheit, welche in der Abweichung unserer
Rede von
unserm
Gemüthe bestehet, da man nehmlich
anders
redet, als man es in seinem Hertzen
meinet, so aus dem Laster der
Falschheit des
Gemüths entstehet, und des andern
Schaden
suchet. |
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Es giebet aber auch Unwahrheiten, welche
zuweilen niemanden schaden. Ja sie können auch
wohl gar uns und andern nützlich seyn. Nun sind
wir
verbunden, unser eigenes und andrer Leute
Bestes auf alle Weise zu befördern; folglich sind
wir auch verbunden in gewissen Fällen die
Unwahrheit zu
sagen. Da wir aber wissen, daß
bey einem Tugendhafften alles übereinstimmen
muß, und also auch
Worte und
Gedancken von
rechtswegen beständig übereinkommen sollen; so
muß auch derselbe die Unwahrheit nicht anders,
als im Nothfalle, brauchen; entweder sein und
anderer Bestes dadurch zu befördern, oder doch
einen sonst unvermeidlichen Schaden von sich
oder von andern abzuwenden. |
Gottscheds Gründe der Welt-Weish. Pract. Theil … |
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Es ist bereits schon unter den Artickel: Lügen
im XVIII Bande, p. 1073 u.ff. von der Frage: Ob
alle und jede Unwahrheit an und vor sich sündlich
und unerlaubt sey, oder ob es nicht wenigstens
einige Fälle gebe, wo die sorgfältige Verbergung
der Wahrheit entweder zu einer nöthigen
Pflicht
oder wenigstens zu einer unschuldigen und erlaubten Sache werde? gehandelt
worden. Hier wollen wir nur noch einen Extract aus des
Herrn Saurins Dissertation über diese Frage so in denen
Lettres serieuses … zu befinden mit
beyfügen. |
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Es finden nehmlich einige über diese Frage
weder in der
Schrifft, noch in der
Vernunfft eine
gnungsame Entscheidung. Den ausdrücklichen
Befehlen, keine Unwahrheiten zu
reden, setzet
man theils einige andere eben so allgemein
abgefaßte
Verordnungen der
Bibel, welche doch
unter gewissen
Umständen eine
billige Ausnahme
leiden; theils die nicht undeutlich gebilligten
Beyspiel, Abrahams, Isaacs, der Hebreischen
Wehmütter, Rahab, Samuels, Judith und anderer
entgegen, welche über die Priscilianisten so viel
vermochten, daß sie
GOtt selbst unwahre
Aussprüche Schuld gaben, welches doch eine
augenscheinliche Gotteslästerung ist. |
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Wie Augustinus alle Unwahrheiten
schlechterdings verdammet, so machet hingegen
Thomas von Aquino einen
Unterscheid zwischen
den mendaciis perniciosis, officiosis und jocosis.
Weil es scheint, als ob GOtt diese
Sache der
Entscheidung unserer von andern
Pflichten aus
der Offenbahrung
unterrichteten Vernunfft
überlassen habe, so hat Herr Saurin die
Meynung Grotii,
Pufendorfs,
Barbeyracs, und vieler andern
ohne Verletzung seines Gewissens theils
ergreiffen, theils vertheidigen zu können
gelaubet. |
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Um die Frage aus der Betrachtung der
Natur
der Dinge |
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{Sp. 2490} |
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selbst auszumachen, können die
Unterredungen, der
Menschen entweder als eine
Folge eines geheimen oder stillschweigenden
Vertrags, nach welchen sie sich unter einander
schuldig sind, ihre
Gedancken zu eröfnen, oder
als eine
Verbindlichkeit angesehen werden, die
ohne einem dergleichen Vertrag den Menschen
als Menschen oblieget, als
Bürgern eines
Landes
und Religions-Verwandten, sich unter einander die
Wahrheit zu eröfnen. |
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Bey der ersten Meynung ist gewiß, daß jeder
Vertrag ein gewisses Verhalten des andern Theils
voraus setzet, und wenn eine von den Partheyen,
welche contrahiren, dieselben
Pflichten nicht
erfüllet, so ist die andere auch nicht mehr an den
Vertrag gehalten. Hernach wird auch bey jedem
Vertrage ferner voraus gesetzet, daß die eine von
den contrahirenden
Personen sich der
Aufrichtigkeit des andern Theils, mit denen sie zu
thun hat, nicht dahin bediene, daß sie ihm untreu
werde, oder jene diesem weit ein grösseres
Ungemach anthue, als das
Gute hätte seyn
können, zu dessen Erlangung der
Contract
eingegangen worden ist. |
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Also kan in zwey Fällen eine Unwahrheit nicht
strafbar werden, wenn mich nehmlich der andere
zuerst betrogen hat, oder wenn ich voraus sehe,
daß er sich die Gewissenhafftigkeit, nach der ich
mit ihm rede, gegen mich zu
Nutze machen
werde, nur mir zu schaden. |
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Bey der andern
Meynung hat die
Verbindlichkeit,
Wahrheiten zu
reden, welche
zwischen mir und meinem Nebenmenschen,
Mitbürger, und Mitgenossen der Religion,
wenigstens der natürlichen, obschwebet, auch
ihre
Schrancken. Ich bin ihm nur diejenigen
Wahrheiten zu
sagen schuldig, welche ihm
nützlich oder nöthig sind zur Erlangung seiner
rechtmäßigen
Endzwecken, nicht aber diejenigen,
die ihn nur in Verdruß stürtzen würden, ohne ihm
weiter was zum nützen, nicht die, womit er mir
selbst schaden will, wenn er sie
erfahren wird,
auch nicht solche, durch welche er das
Vaterland
oder sonst eine unschuldige
Gesellschafft
verderben will. |
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In der
Schrifft wird Rahabs Verfahren gelobet,
welche diejenigen, die die Israelitischen
Kundschaffter bey ihr suchten, mit einer
Unwahrheit abspeisete; welches um so viel
sträflicher zu seyn scheinen könte, da die Boten
vom Könige der
Stadt und des
Landes
abgesendet waren, der sich und seine
Unterthanen vor dem Einfall eines anruckenden
öffentlichen Feindes in Sicherheit setzen, und bey
dem ruhigen Besitze ihres Vaterlandes erhalten
wolte. Einige wollen sich hier mit dem
Unterscheide zwischen Rahabs Vorhaben und der
Art, dasselbe auszuführen, heraus zu wickeln
suchen:
GOTT soll diese verabscheuet und nur
jenes gelobt haben. Wenn die Unwahrheiten
niemahls unschuldig und allezeit sündlich sind; so
ist auch ein jedes Vorhaben sündlich, welches
nicht anders, als durch eine Unwahrheit,
ausgeführet werden kan. |
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Nun konnte aber Rahabs Vorhaben ohne eine
Unwahrheit nicht vollbracht werden: Denn wären
weniger gefährlichere Wege zu diesem
Zwecke
vorhanden gewesen, so wäre Rahab vollends auf
keine Weise zu entschuldigen, daß sie die
unschuldigen Mittel den verdächtigen nicht
vorgezogen hätte. Also muß ihr |
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{Sp. 2491|S. 1261} |
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Vorhaben diesem nach selbst sündlich
gewesen seyn. Man muß also zugeben, daß
entweder die Güte des Vorhabens und die
Unmöglichkeit, dasselbe anders, als durch eine
Unwahrheit, zu
Wercke zu richten, den unwahren
Bericht völlig entschuldigen, den Rahab ihrer
Obrigkeit abstattet, oder
GOtt das Laster eines
Lobes gewürdiget habe. |
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Das letzte ist eine GOttes-Lästerung, der sich
niemand theilhafftig machen wird. Also müssen
die
Umstände manchmahl auch eine Unwahrheit
rechtfertigen und erlaubt machen. GOtt befahl
dem Samuel selbst, die
wahre
Ursache seiner
Reise nach Bethlehem, um allda David zu salben,
unter dem äusserlichen Schein eines Opffers zu
verbergen. Weil Saul dadurch auf die
Gedancken
gerathen muste, daß das Opffer, welches Samuel
verrichtete, alles wäre, was er in dieser Gegend
nach GOttes
Befehl als ein Prophet etwa zu thun
hätte, so hatte die Erfüllung dieses Befehls eben
dasjenige an sich, woraus man die allgemeine
Sündlichkeit aller Unwahrheiten herleiten will,
nehmlich daß dadurch der Nächste in Irrthum und
falsche
Urtheile gestürtzet werde. Unterdessen
war Samuels mit einem falschen Schein
umgebene
Handlung nicht strafbar; sonst hätte sie
ihm GOtt nicht befehlen können. |
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Wenn man ausmachen will, ob die
allgemeinen Verbote in der
Schrifft eine
Ausnahme leiden oder nicht, so muß man es aus
der Natur der
Sachen selbst beurtheilen. Ehe man
Pauli
Worte, daß man nichts
böses
thun solle, weil
etwas gutes daraus
kommen, auf
unwahre
Reden
überhaupt deuten kan, muß vorher schon
ausgemacht seyn, daß alle Unwahrheit etwas
Böses sey. Sonst begehet man in Anführung
dieser Stelle Petitionem Principii. |
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Der Autor zehlet die Lügen, überhaupt davon
zu reden, weder zu den guten noch zu den bösen
Handlungen, noch auch zu den Mittel-Dingen,
sondern meint, man müsse noch eine neue
Classe der
menschlichen Handlungen machen,
worein diejenigen
Dinge gehörten, welche
meistentheils böse sind, aber um einiger
Umstände
Willen manchmahl, wie wohl gar selten,
gut werden können. |
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Auf folgende Fragen: |
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- Wird nicht, im Falle es auch nur manchmahl
erlaubet ist; Unwahrheiten mit gutem Gewissen zu
sagen, die menschliche
Gesellschafft in
Unordnungen gerathen, und alles Vertrauen
daraus verbannet werden?
- Da sich leichte eben
so viel Gelegenheiten finden könten zu
unschuldigen als zu strafbaren Lügen, wird da
nicht mancher ehrliche
Mann so viel
Unwahrheiten, als
Wahrheiten reden?
- Wer kan die
Grentzen genau genung setzen, daß man
hierinnen nicht zu weit gehe?
- Müssen sodann
nicht auch fraudes piae, und ein Betrug, der zum
Besten der wahren Religion abzielet, recht
gesprochen werden?
- Und wenn es manchmahl
unsere
Pflicht ist, was anders als die Wahrheit zu
reden, würde nicht so
GOtt selbst zuweilen der
Wahrheit zuwieder reden können? Welches letzte
kein
vernünfftiger zugeben wird:
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Antwortet
Herr Saurin ordentlich nach einander
folgender
Gestalt: |
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Wenn man die Wahrheit nie verschweigen
darff, so wird ein jeder boshaffter Kerl den
gewissenhaftesten Mann in seinen Absichten
stöhren können: er darff ihn |
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{Sp. 2492} |
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nur dreiste darum zur Rede setzen: er darff
sie ihm ja nicht verschweigen; so wird ihn seine
Redlichkeit der Verrätherey bloß stellen; die
Wahrheit, die ihm mehr als andern nutzen solte,
wird ihm am meisten schaden, und die schlimmen
Folgerungen, welche seine Offenhertzigkeit nach
sich ziehen wird, müssen ihn verächtlich, seine
besten Anschläge aber zu Schanden machen, und
den Haufen der Bösen, welcher fast überall der
zahlreichste ist, sicher wieder ihn reitzen, weil er
ihnen so fast niemahls einigen Widerstand thun
kan, auf den sie sich nicht gefasset gemachet,
und sich dawider verwahret hätten; so trifft das
Ungemach fast nur die frömmsten und
ehrlisten. |
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Die Nutzbarkeit alleine entschuldiget eine
Lüge nicht: Das
Gute was durch sie erhalten wird,
muß unentbehrlich und höchstnöthig, keine
andern Mittel aber mehr vorhanden seyn,
dasselbe zu erhalten, als eine Unwahrheit zu
reden, die allen andern Leuten unschädlich,
mir
aber nützlich ist. Wie viele
Pflichten sind uns nicht
auferlegt deren Gräntzen und Absonderungen von
einiger massen verwandten Lastern wir freylich
auf ein Haar breit nicht bezeichnen können? und
wenn sich ein redlicher Mann in dergleichen
Umständen befindet, da er noch zweifelhafft ist, so
hat er sich doch nichts vorzuwerffen, wenn er im
Fall der Noth die Wahrheit saget, die er mit gutem
Gewissen hätte verbergen mögen, oder sie
Würcklich verbirgt. |
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Piae fraudes sind niemahls erlaubt; es
wächset aus dem frommen Betrug der wahren
Religion nie ein
Vortheil zu, der nicht anders
erhalten werden könte oder unentbehrlich wäre.
Es wird dadurch die Kirche über lang oder kurtz
verdächtig gemacht, die sich dieses Mittels
bedient, und nur die Scheinheiligkeit unterhalten.
GOTT kan niemahls in solchen Umständen
betrachtet werden, als ob er je etwas Gutes ohne
Unwahrheit nicht ausrichten könte, oder durch
seine Handlungen sich ein
Glücke erwerben
müste, das ihm unentbehrlich wäre: seine
Allmacht und höchste
Glückseeligkeit lassen es
nicht zu, daß man von ihm gedencken solte, das
bey ihm jener Fall sich ereigne, darein die
Menschen aus Mangel ihrer
Macht und
Erkänntniß
vielmahls gerathen. |
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Die Verfasser der Bibliotheque Raisonnée klagen den Herrn Saurin zwar über folgende 5
Puncte an: |
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- Er soll GOTT und Samuel falsch beschuldiget
haben, als hätten sie sich der Unwahrheit, als
eines Mittels, worzu zu gelangen, bedienet.
- Er soll
sich in dem
Artickel von der
Wahrhafftigkeit GOtt
selbst widersprochen haben.
- Seine
Meinung von
dem
Ursprunge, der Wahrhafftigkeit GOttes sey
verwegen und ewig.
- Seine Abhandlung wolle
beweisen, daß GOtt mit gutem Fuge selbst
Unwahrheiten reden könne, und beweise es doch
keines weges, wie sich denn solches auch
niemahls erweisen lässet.
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Endlich sey sie weiter nichts, als eine Menge
gehäuffter
Zweifel, die einen so ungewiß lassen,
als man vorher gewesen ist. Weder in GOttes
Befehl, noch in Samuels Aus- |
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{Sp. 2493|S. 1262} |
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richtung desselben können sie eine
Unwahrheit finden.
GOtt vertrauet ihm etwas
doppeltes an: das eine soll er öffentlich, daß
andere heimlich verrichten; beydes thut er so, wie
es ihm
befohlen ist. |
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Die allerstrengsten
Gesetze der
Wahrhafftigkeit verbinden uns nicht, einem jeden
neugierigen Menschen alles zu beichten, was uns
zu einer
Reise veranlasset hat. Er muß sich
begnügen lassen, wenn wir ihm was davon
eröffnen. Nur müssen wir sodann nicht beyfügen,
daß dieses der eintzige
Bewegungs-Grund zu
unserer Reise sey, wenn wir deren mehr im
Sinne
gehabt haben. In diesem einigen Falle machten
wir uns einer Lüge
theilhafftig. Aber dieses letztere
war dem Samuel nicht befohlen, darum fügte er es
auch nicht bey. |
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Wo hat nun er oder GOtt gelogen? fragen die
Verfasser der Bibliotheque Raisonnée. Hierauf aber
wird geantwortet: Herr Saurin hat nirgends
gesagt,
daß GOtt Unwahrheiten
geredet habe, oder reden
könne. Von dieser
Sache wird bey der zweyten
Beschuldigung geredet werden. Was aber den
Propheten Samuel anbetrifft, so ist es ja einerley,
ob man durch
Handlungen, oder durch
Worte
einen
Theil der
Wahrheiten, und dazu den
hauptsächlichsten und vornehmsten verbirget und
verschweiget. |
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Da die Bethlehemiten Samuel fragten, warum
er zu ihnen käme, wolten sie die vornehmste
Ursache seiner Ankunfft von ihm vernehmen.
Wenn er vor gut befunden hätte, ihnen nach der
Wahrheit zu antworten, hätte er frey heraus sagen
müssen, daß er gekommen sey, den
Sohn Isai
zum Könige zu salben. So sagt er aber nur zur
Antwort, daß er käme um ein gewisses Opffer zu
verrichten, und stürtzt sie dadurch in den Irrthum,
als wenn das seine Haupt-Absicht wäre, worinnen
er sie durch die Vollziehung dieses Opffers nur
mehr bestärckt. Hat er nun hier so gehandelt, wie
jemand thun würde, der die Bethlehemiten die
wahre Ursache seiner Reise lehren will. So dörffte
man sich ja nur immer neben seiner Haupt-Verrichtung noch eine Neben-Beschäfftigung
vornehmen, und diese
nennen, wenn man um
jene gefraget würde. |
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Die zweyte Beschuldigung fället weg, wenn
man bemercket, daß Herr Saurin zwar
ausdrücklich lehre,
GOtt könne nicht
Unwahrheiten
sagen, wenn er sagt:
c'est Dieu, qui
donna l'ordre du deguisement. GOtt kan
vernünftigen Geschöpffen vieles
befehlen, daß er
selbst nicht thut, noch
thun kan. Er befahl den
Hebräern, von den Egyptiern kostbare Gefässe zu
entlehnen, die sie nicht wieder bekamen. Alle
seine
Gesetze, die von der Schwachheit der
menschlichen
Natur gewissermassen zeugen,
schicken sich nur vor die Menschen, nicht aber
vor ihn. Er fordert von uns die
Ehre der Anbetung,
die er nie ausüben kan. Menschen dürffen nichts
mit gutem Gewissen befehlen, was sie nicht selbst
mit eben so gutem Gewissen thun könnten. Aber
GOttes
Hoheit macht, daß er uns gar wohl Befehle
ertheilen kan, die sich nach unserer Schwachheit
richten, und seine Vollkommenheit nicht mit
angehen. |
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Eben hieraus lässet sich auch der dritte
Einwurff heben.
GOtt kan seiner
Natur nach nie in
solche
Umstände gerathen, welche einen
Menschen manchmahl nöthigen, von der
Wahrheit
abzuweichen. Also ist ihm die
Unmöglichkeit, zur
Unwahrheit zu kommen, wesentlich: und weil es
gar niemahls geschehen kan, daß er der
Unwahrheit, wie die Men- |
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{Sp. 2494} |
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schen bey einiger Gelegenheit nöthig hätte,
so ist es bey ihm nicht sowohl eine freywillige, als
sittlich nothwendige Entäusserung der
Unwahrheit. |
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Mit der vierdten Schwürigkeit verhält es sich
eben so: er hat nirgends
gesagt, geschweige zu
erweisen sich vorgenommen, daß GOtt selbst
Unwahrheiten
reden könne; drum ist es ihm auch
nicht zu verdencken, daß er das Gegentheil
dessen, was er lehret, nicht erwiesen hat. Er
begehret nicht GOtt wegen einer Unwahrheit zu
entschuldigen, wie man ihn fälschlich
beschuldiget, sondern nur den Propheten Samuel,
und zu zeigen, wie dieser Befehl an ihn habe
ergehen, und er demselben
gehorsamen
können. |
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Daß man aber seine Entscheidungen vor
zweifelhafft und ungewiß im fünften Einwurffe
ansieht, solches kömmt vermuthlich daher, weil er
als ein Moraliste anrathet, daß man sich wegen
der allzu grossen Gefahr, so dabey ist, lieber
seines
Rechtes, sich in gewissen
Umständen
durch eine allen andern unschädliche Unwahrheit
zu retten, begeben solle, als sich desselben
bedienen, wenn man von der Zuläßigkeit eines
solchen Mittels nicht überzeuget ist. Sonst
beschreibt er ja die Umstände, unter denen eine
Unwahrheit manchmahl unschuldig gesagt werden
kan, so deutlich, als es die Beschaffenheit dieser
Materie zulässet, und ist in seinen
Urtheilen, da er
als ein Logicus den
Unterscheid derselben
angiebet, gar nicht ungewiß und zweifelhafft. |
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Nachdem wir nun der Einwürffe wider des
Herrn Saurin seine
Meynung von der Unwahrheit
umständliche Erwehnung gethan, so müssen wir
nun auch, um allen Verdacht einiger
Partheylichkeit zu vermeiden, hier einen
zulänglichen Auszug aus der Antwort darauf
ertheilen, weil zumahl der Streit nicht eben von
keiner Wichtigkeit ist. Sie ist in dem II
Theile des
dritten Tomi von der Bibliotheque raisonnée enthalten. Der Autor dieses
Artickels setzet
erstlich 2.
Sätze feste: |
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1) |
Die allerstrengsten
Gesetze der
Wahrheit verbinden uns nicht
jedermann, der uns fragen möchte, alles zu
sagen, was wir wissen, wenn wir nur sonst zu ihm
nichts als lauter Wahrheiten sagen. Auf
dergleichen Fragen schweigt man entweder gar,
oder sagt dem andern nur einen Theil der
Wahrheit, die man verbergen soll. Wem ich aber
die gantze Wahrheit zu eröffnen nicht schuldig bin,
der kan sich nicht beschweren, daß ich ihm
belogen hätte, wenn ich ihm statt der gantzen
Sache nur ein Stücke derselben eröffne. Herr
Saurin gestehet dieses in dem 61. Abschnitte
seines Catechismi, im II Theile selbst. |
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|
Augustinus
spricht: Veritatem occultare
prudenter licet sub aliqua dissimulatione, dem
Grotius,
Puffendorf in ihren Natur- und Völcker-
Rechten, und Cumberlandus in Disquisitione
Philosophica Legum Naturae in den hier
beygebrachten Zeugnissen beystimmen. Die
Lateiner machen schon einen
Unterscheid
zwischen simulo und dissimulo. Simulo, quod
facere nolo, dissimulo, quod facere volo: unde
simulator falsi est, dissimulator autem veri. |
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|
|
2) |
Die Bethlehemiten finden
sich in den
Umständen, welche der vorige
Satz
anzeiget. Wenn eine Unwahrheit in Samuels
Verfahren liegen soll, so müste er entweder
schuldig gewesen seyn, ihnen alle
Theile seiner
Verrichtungen, die ihm
anbefohlen waren, zu
sagen, ohne einen davon zu verschweigen, oder
sein Opffer müste so wenig zu solchen
Verrichtungen, die ihm vertrauet waren, |
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{Sp. 2495|S. 1263} |
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gehöret haben, daß
dasselbe auf eine unvermerckte Weise solche
Verrichtungen aufgehoben, und mit ihnen
wircklich
gestritten hätte. Im ersten Falle läge die Lüge in
den
Worten im andern hätte eine Unwahrheit die
Handlung angestecket. |
|
|
|
Aber keine von diesen beyden
Sachen, die
man annehmen muß, wenn Samuel sich einer
Unwahrheit
theilhafftig gemacht haben soll, hat
ihre Richtigkeit. Den Bethlehemiten war daran
nichts gelegen, was Samuels heimliche
Bothschafft enthielt. Es hätte ihnen nicht nur
nichts geholffen, sondern vielleicht geschadet,
wenn sie dieselbe
erfahren hätte. Wäre es
ausgekommen, das zu Bethlehem ein neuer
König
gesalbet werden solte, so hätte diese
Stadt mehr
Verdruß davon haben können, als sie von der
Geburt des Königs der
Jüden zu Herodis
Zeiten
erdultete. |
|
|
Die Frage der Bethlehemiten geht nicht dahin,
daß sie alles erfahren
wolten, was er verrichten
solte, sondern sie erschracken über seiner
Ankunft, weil es ein gemeiner
Wahn war, daß die
Propheten immer eher
Straffen als was anders
ankündigten. Samuel war in diese Stadt wohl gar
noch nicht, oder wenigstens lange zuvor nicht
gekommen: dahero giengen ihm die Ältesten mit
den Worten entgegen: Ist es
Friede, daß du
kommest? Samuels Antwort, daß er komme um
zu opffern, benahm ihnen die
Gedancken einer
schlimmen Botschafft, der sie sich versehen
hatten. Also
sagte Samuel alles, was er schuldig
war, und was die Bethlehemiten verlangten. Weil
man nun nur sodann lüget, wenn man etwas
verschweigt so kan Samuel in seinen Worten nicht
gelogen haben. |
|
|
Die Unwahrheit in den
Handlungen ist
entweder negativ oder positiv. Negativ heisset sie,
wenn unsre Handlung dasjenige gar nicht, oder
doch nicht gantz anzeigt, was wir thun
wollen;
positiv aber, wenn unser
Thun gar das Gegentheil
von unserem Vorhaben blicken lässet. Samuel
offenbahrete sein gantzes Vorhaben nicht. Aber
diese Unwissenheit bey den
Einwohnern der
Stadt
ist noch kein Irrthum, darein sie wären gestürtzet
worden. Samuels Opffern hub die geheime
Absicht desselben weder gantz noch gar zum
Theil auf. Der
Endzweck war,
GOtt zu dienen, und
einen Theil des ihm gebührenden
Dienstes zu
entrichten. Die
Bewegungs-Gründe dazu können
verschieden gewesen seyn. Dieses
gegenwärtige
schien mehr ein Danck- als Versühn-Opffer
gewesen zu seyn, |
3 Mose II, 1. |
|
Auf diese
Art von Opffern folgete meistens ein
Gastmahl, dazu der, welcher es darbrachte, seine
Bekannten einlud. Der gleichen freywillige Opffer
that man, um von GOtt Seegen zu seinen
Verrichtungen zu erhalten, wie wir von den
unsrigen in gleicher Absicht zu beten pflegen. Der
Prophet suchte solchen Seegen vor seine
vorhabende Salbung Davids zum
Könige, und
jeder Einwohner vor seine
Beruffs-Arbeit. Sowohl
Samuel, als die Bethlehemiten meynten es mit
diesem Opffer aufrichtig: Verstellung und
Heucheley war von beyden Theilen gleich weit
entfernet. Samuels Handlung war gar nicht
einmahl einer Erklärung fähig welche seinem
geheimen Vorhaben zuwider gewesen wäre. |
|
|
Die meisten Salbungen der alten Könige
folgten auf dergleichen Opffer, welche dazu als
eine Vorbereitung gehöret. Eben Samuel salbte
Saul zu Rama nach |
|
|
{Sp. 2496} |
|
|
einem |
1 Sam. X, 1. |
|
Da die Ältesten von Israel mit David dem
Bund vor dem HErrn erneuerten, und ihn vor den
König
erkannten, |
2 Sam. V, 3. |
|
ist vermuthlich des Opfferns gantz nicht
vergessen worden. |
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Da Absalon nach dem
Regimente strebete,
opfferte er zuvor, |
2 Sam. XV, 11: |
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Als sich Adonis des
Reiches bemächtigen
wolte, schlachtete er viel Opffer-Vieh bey dem
Stein Soheleth, |
1 Könige I, 9. |
|
Bey Salomons öffentlicher Weyhung wurde
nach vielen Opffern auch ein Gastmahl
ausgerichtet, |
1. Chron. XXIX, 21. 22.
23. |
|
Samuels Opffer deutete also auch hier die
folgende Salbung an. Hätten die Bethlehemiten
weiter gefragt, was denn dieses Opffer zum
Endzweck habe, so würde ihnen Samuel
entweder denselben, oder doch die
Ursachen
eröffnet haben, warum sie solche nicht vor der
Vollziehung desselben wissen dürfften. |
|
|
Samuels Entschuldigung gegen
GOtt: Wie
soll ich hingehen? Saul wird es
erfahren und mich
erwürgen: ist durch den
Befehl, daß er hingehen
und opffern solle, keinesweges von GOtt gebilliget
noch gut geheissen worden. Vielmehr wird
derselbe von GOtt vor nichtig erkläret, da er ihn
doch hinzugehen und das Anbefohlne verrichten
heisset. Er giebt nicht
Mittel an die Hand, wie er
sich durch Verstellung gegen Sauls
Zorn
verwahren solte. So ist es mit |
|
|
|
2 Mose III. IV. |
|
|
im I Cap. 6 Vers, |
|
|
im I Cap. 3. und IV,
2. |
|
Entschuldigungen ergangen. |
|
|
Samuel liebte den
König Saul allzusehr, doch
hatte er ihn unerschrocken genung angekündiget,
daß ihn GOtt nicht mehr zum König haben
wolle, |
1 Sam XV, 26-29. |
|
Hier solte er aber gar ein
Werckzeug werden
zu seiner Absetzung. Das Mitleiden mit Saul war
die
Ursache seines Wiederstrebens, und die
Furcht vor seinem Zorne nur ein Vorwand.
Nachdem er ihm den unwiederruflichen Schluß
GOttes, daß er des
Königreichs beraubt werden
solte, hinterbracht hatte, ließ er sich von ihm doch
noch erbitten, daß er bey GOtt um Abwendung
dieses
Urtheils eine Vorbitte einlegte. Seit der
Zeit
traurete er um ihn aus Liebe, welche auch der
wahre
Grund seiner Ausflüchte war, die er hier
machete. |
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Saul hatte sich bey der gedachten harten
Botschafft, die er ihm ins Gesichte sagte, sehr
gütig gegen ihn bezeigt, und nicht die geringste
Strenge verspüren lassen; welche Gelindigkeit
sich auch nach Samuels Tode sehen ließ, da er
sich bey ihm zu Endor Raths erholen wolte. Wie
hätte er denn von ihm im Ernste
glauben sollen,
daß er ihn aus Zorn tödten würde?
GOtt
beantwortet also diesen nichtigen Vorwand der
Furcht gar nicht, sondern will durch den
wiederhohlten
Befehl, seinen
Willen an David zu
vollziehen, des Propheten grosse
Liebe gegen
den verworffenen Saul mäßigen. Also enthält
Samuels Opffer gar kein heimliches Kuststück um
den Saul zu hintergehen, da es ein wesentliches
Stücke der Königs-Salbung war. |
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Saulus Melancholey, |
1 Sam. XVI, 14 |
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scheint auch aus dieser
Handlung
hergekommen zu seyn, weil er nach einmahl
erfahrenem Willen GOttes, ihn des
Reichs zu
berauben, sich bey dieser ungewöhnlichen
Reise
Samuels nach Bethlehem des schlimmsten
befahrete, und also |
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{Sp. 2497|S. 1264} |
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dieses Opfer ihm das geheime Vorhaben
mehr entdecket als verborgen hatte. |
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Auch war es damit gar nicht darauf
angesehen, daß Saul nichts davon
erfahren
möchte. Sein Ausschliessung vom Reiche hatte er
aus Samuels Munde schon vernommen; und um
die
Wahl der
Person, die ihm auf dem Throne
folgen solte, durffte er ja nicht eben wissen.
Genung daß das Reich einem bessern, als er war,
gegeben werden solte. Die Beraubung der
Königlichen
Würde gieng ihm alleine, die Wahl
des Nachfolgers nichts an. Die meisten Salbungen
wurden ja in der Stille und Einsamkeit
verrichtet, |
- 1 Könige XI, 29.
- 2
König. IX, 6
- 1 Sam. IX, 29. X, 1.
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daß es also mehr weil es so üblich war, als in
der Absicht, vor Saul verborgen zu bleiben, mit
der gegenwärtigen so heimlich zugieng. |
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Der Autor dieses Stückes will noch gegen
seinem Gegner folgende 2.
Sätze erweisen, daß
Herr Saurin
GOtt selbst Lügen beygemessen, und
daß er gelehret habe, vor
Menschen könne eine
Unwahrheit manchmahl eine erlaubte Sache seyn,
bey GOtt aber könne sie niemahls entschuldiget
werden. |
Leipzig. Gelehrte Zeit. I
Beytrag … |
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