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Es ist noch übrig, daß wir |
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3)
erwegen den
Gebrauch des
Verstandes. |
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Der Gebrauch selbst geschiehet, wenn er auf
gewisse
Objecte eingerichtet
wird, daß er nach geschehener
Empfindung seine Gedancken darüber anstellet.
Wieweit man denselben brauchen könne, ist aus der
Natur
und daher
dependirenden
Endzweck zu ersehen, woraus diese beyden
Regeln fliessen: Gedencke, so weit du
nach dem natürlichen
Vermögen
des Verstandes dencken kanst; ingleichen: Brauche
deinen Verstand so, wie es das
Anse- |
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{Sp. 1995|S. 1011} |
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hen
GOttes mit sich bringt, wovon wir nunmehro etwas ausführlich
reden
wollen. |
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Gedankenfreiheit |
Denn es ist uns noch übrig, von der
Freyheit zu gedencken (LIBERTATE
COGITANDI) hier zu handeln. Die Freyheit zu gedencken, bedeutet eigentlich
ein
Recht, so die
Menschen, ihren Verstand zu gebrauchen, von GOtt erhalten
haben, wobey wir so wohl auf dessen
Grund, als Grentze, wieweit sich dasselbe
erstrecke, zu sehen haben. |
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Es gründet sich dieses Recht auf den
Göttlichen Willen, welchen wir aus der
Natur und daher dependirenden
Endzweck des menschlichen Verstandes
erkennen, und
zugleich daher die Grentzen dieser
Freyheit
wahrnehmen. Denn es haben diese
einen zweyfachen
Grund, einen physischen und
moralischen, weswegen man sie in
libertatem physicam und moralem eintheilen könnte. |
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physische |
Jene, oder die physische Freyheit zu gedencken (LIBERTAS
COGITANDI PHYSICA) gründet sich auf die natürliche Beschaffenheit des
Verstandes, und erstreckt sich so weit, als sich das natürliche Vermögen zu
gedencken erstrecket, woraus diese practische General-Regel fliesset:
Gedencke, so weit du nach den natürlichen Vermögen des Verstandes gedencken
kanst. Doch damit man dieses etwas genauer
erkenne, so hat man zu
untersuchen, wieweit sich dieses natürliche Vermögen erstrecke. |
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Es ist unser Verstand ein endliches Wesen und wäre er sonst kein
menschlicher, sondern ein
Göttlicher Verstand, davon ein jeder aus seinen
Würckungen, und der Art zu würcken, vermittelst der eignen
Empfindung kan
überzeuget werden denn es hat uns
GOtt eine solche
Ordnung zu gedencken
fürgeschrieben, daß wir niemahls ohne
Ideen gedencken können: alle Ideen aber
ursprünglich von der Empfindung haben sollen. Wie nun alle Ideen von der
Empfindung dependiren, also präsupponiret die Empfindung wieder Objecte, welche
GOtt geoffenbahret, und zu
erkennen fürgeleget, welche Entdeckung und
Offenbahrung entweder nur die
Existentz, oder auch zugleich die
Eigenschafft der
Dinge betrifft. |
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Aus diesem folgen zwey practische Special-Regeln, daß ein jeglicher seinen
eignen Verstand zu gebrauchen,
verbunden; im Gebrauch aber desselben nicht
weiter gehe, als es seine natürliche Beschaffenheit, und die von
GOtt gesetzte
Ordnung zulässet; mithin ist
vernünfftig, |
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1) |
daß der Verstand in seinen Gedancken nicht über
die
Existentz GOttes gehen müsse, indem wenn die
Idee von GOtt wegfällt,
nothwendig alle Offenbahrung der
Dinge, und mit dieser alle
Empfindung
nebst den Gedancken wegfallen müssen; daher es höchst ungeräumt wäre,
wenn jemand ausdencken wolte, wie die
Welt, wenn kein GOtt wäre,
aussehen dürffte, oder im Fall kein GOtt sey, was man vor ein
Recht der
Natur hätte, |
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2) |
daß man solche
Sachen, die GOtt weder in der
Natur, noch in der
Heiligen Schrifft entdecket, mit seiner
Vernunfft
auszugrübeln, sich nicht unterfange, sondern vielmehr seine Unwissenheit
bekenne, massen wir keine
Empfindung haben können, folglich wird alle
Mühe gantz vergebens seyn. |
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3) |
Daß, wenn nach geschehener
Empfindung eine
Idee
vorhanden, die Gedancken nicht höher zu treiben, |
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{Sp. 1996} |
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als sich die Natur der
Sache oder
Idee
erkennen
lässet, folglich suche man nicht überall eine Gewißheit, und sey in
vielen, ja in den meisten Sachen mit einer Wahrscheinlichkeit zufrieden,
und |
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4) |
daß man die
Empfindung als das Kennzeichen aller
Wohlthaten annehme, und keinen weitern
Beweis über dieselbige suche. |
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Will man dieses auf die philosophische und theologische
Materien appliciren,
und insonderheit sehen, wieweit sich die Freyheit zu gedencken eines
Philosophen
und Theologen erstrecke, so liegt in Ansehung der
Philosophie am Tage, wie nach
den emsigen Bemühungen so vieler, auch sehr scharffsinnigen Philosophen von so
langen Zeiten her, eine grosse Menge unerforschlicher
Dinge vorhanden. Denn wer
weiß, worinnen das
Wesen eines
Geistes bestehe, was unsere
Seele vor einen
Ursprung habe, wie sie mit dem
Leibe
verknüpffet? Und vernünftige Naturkündiger
haben gestehen müssen, es sey die Physic eine Lehre der Wahrscheinlichkeit. |
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Es würde auch alles Meditiren und Speculiren vergebens seyn, weil uns
GOtt
in der Natur nicht alles hat offenbahren wollen; folglich auch das Absehen nicht
gehabt, daß der menschliche Verstand alles ausgrübeln solte. Wir haben auch in
der Natur Geheimnisse, oder mysteria rationis; da man zwar die
Existentz einer
Sachen wissen, die Art und Weise, wie diese oder jene
Würckung
geschicht, nicht erforschen können, in welchen Fällen ein Philosophe
vernünfftig
handelt wenn er seine Unwissenheit bekennet, und daß sich so weit seine
Freyheit
nicht erstrecke, gestehet. |
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Es fehlt zwar an neuen
Erfindungen, Principien, Auflösungen schwerer Fragen
nicht, wieweit sie aber der
Wahrheit allezeit gemäß, ist eine andere Frage.
Peter
Bayle hat in seinem Diction. histor. et crit.
manchen
Weltweisen wichtige Irrthümer gewiesen; es sind aber auch Leute gewesen,
die dergleichen Censuren mit ihm selbst gar glücklich fürgenommen. |
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Ein Theologus braucht seine
Vernunfft auch in Göttlichen Sachen, und bedient
sich seiner Freyheit zu gedencken. Denn die
Heilige Schrifft ist uns als
vernünfftigen
Menschen, und nicht als Bestien, gegeben, daß wir selbige sollen
verstehen lernen, und fleißig darinnen
forschen, welches ohne Hülffe der
Vernunfft nicht geschehen kan. Ein merckwürdig Exempel lesen wir
Apost.
Geschicht. XVII, 11. von den Berrhoensern, daß sie täglich in der
Schrifft geforschet, ob sichs also verhalte, wie man nehmlich ihnen geprediget
hatte. |
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Doch bleibt er bey diesen Gebrauch in den gehörigen
Schrancken, indem er die
Glaubens-Sachen, welche nicht in den
Bezirck der
Vernunfft gesetzet, demüthig
glaubet, das ist, er hält sie für wahr, weil es GOtt
gesagt, der nicht kan noch
will betrügen, und weiß, daß er als das unendliche weise Wesen solche
Wahrheiten
entdecken kan, die über alle menschliche Vernunfft, und stellt daher keine
Prüfung derselben nach den philosophischen
Principien an, die in ihrer Sphäre
wahr seyn, und ihre gehörige
Dienste thun können, aber nicht zu weit müssen
extendiret werden. |
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Er begnüget sich, daß er eine deutliche
Empfindung von der Offenbahrung hat,
und versichert ist, was in der
Heiligen Schrifft stehe, oder nicht, wenn er
gleich |
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{Sp. 1997|S. 1012} |
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nicht von allen
Sachen selbst, die fürgetragen werden, eine deutliche
Empfindung hat. Er läst es bey der deutlichen
Erkänntniß von der
Existentz einer
Sache bewenden, z.E. daß drey
Personen in dem einigen
Göttlichen Wesen, daß
Christus wahrhafftiger
GOtt, daß wir in Abendmahl seinen wahrhafftigen
Leib und
Blut empfangen, wenn er gleich nicht begreiffen kan, wie es damit zugehe. |
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Wenn man die Aufführung vieler Gelehrten nicht nur in den vorigen, sondern
auch in unsern Zeiten in diesem Stück ansiehet, so wird man finden, wie schwer
es jederzeit gewesen, hierinnen auf der rechten Mittel-Strasse zu bleiben, und
die zwey gefährliche Abwege, die sich hier angeben, zu meiden. Einige thun der
Sache zu wenig, und verfehlen in defectu, wenn sie den Gebrauch ihrer
Vernunfft, und insonderheit des Judicii, als der
Haupt-Fähigkeit, womit wir die
Wahrheit
erkennen müssen, gäntzlich bey Seite setzen, und sich in allen Stücken
mit menschlicher Autorität behelffen wollen. Ja man sucht aus einem intereßirten
Absehen mit Fleiß die Leute ihrer Einfalt zu erhalten, und dadurch einen sichern
Grund des Aberglaubens zu haben. |
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Wenn in dem Heydenthum die Pfaffen die
Philosophie trieben, so suchten sie
nichts mehr, als den Leuten alle
Freyheit
zu gedencken zu beschneiden, und ihnen
die Augen des Verstandes auszureissen, weil sie wusten, daß die wahre
Philosophie und der Aberglaube nicht zusammen stehen konnten. Und wenn gleich
das Licht der Philosophie durch diese dicke Finsterniß durchbrach, und in
Griechenland empor kam, so zeigte sich doch bald wieder ein neuer Stein des
Anstosses, und das war das
Ansehen der menschlichen Autorität, das sectirische
und sclavische
Wesen in der Philosophie, wodurch die edle und wahre Freyheit zu
gedencken viele hundert Jahr nach einander grossen
Schaden gelitten. |
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Griechenland |
In der
Schule des Pythagorä machte man die
Schüler zu ehrerbietigen Sclaven
ihres Lehrmeisters, daß wenn sie was
beweisen oder eine
Ursache von was geben
solten, so hieß es: autos epha, ipse
dixit, welches höchst unvernünftig war. Denn diese Leute hatten ja von der
Natur
eben den Verstand, wie Pythagoras, zu dem Ende bekommen, daß sie die
Wahrheiten
erkennen solten, und er wuste kein
Privilegium aufzuweisen, daß seine
Aussprüche untrüglich und göttlich wären. Denn rühmte er sich gleich des
Umgangs
mit denen
Göttern, so war doch dieses eine seiner Betrügereyen. |
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Die vier Haupt-Secten in Griechenland der alten
Philosophen stiffteten
darinnen auch nicht viel gutes, deren Urheber desto mehr zu
bestraffen, weil sie
für ihre Person Eclectici waren; ihren
Schülern aber mehrentheils das
sectirische Joch an den Hals wurffen, oder doch Gelegenheit gaben, daß sie sich
ihrer Freyheit nicht, wie es seyn solte, im Dencken bedienten. Plato
war unter andern in den Augen des Ciceronis so groß, daß er auch bekennet:
Malo cum Platone errare, quam eum aliis recte sentire, auf welchen Schlag
ein gewisser Medicus, Bartholomäus Eustachius in diese
Worte
ausgebrochen: Magis expedire dicereque putandum est, Galeno duce errare,
quam his illisve magistris hodie erudire, ne dicam, cum iis vera sentire,
wie Gregorius Ent in der Vorrede an seine apologiam pro
circulatione sanguinis meldet. |
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So bald Aristoteles anfieng, sein Haupt empor zu heben, |
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{Sp. 1998} |
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und seine
Schrifften als symbolische
Bücher denen Leuten in die Hände
gegeben wurden, so benahm man durch diese Aristotelische Decke den Augen des
Verstandes alles Licht. Richart Simon in Bibl. crit.
... erzehlet, daß in Spanien auf der
Universität Salamanca die Professores
schwören müssen, bey dem Aristotele zu leben und zu
sterben. Franciscus
Redus in Observ. de viperis ... berichtet von einem
Peripatetico, er habe aus sonderbahrer Hochachtung gegen den Aristotelem
deswegen in keinen Tubum sehen wollen, damit er von der
Wahrheit nicht
überzeuget werde, das Galiläus a Galiläis neue und dem
Aristoteli unbekannte Sterne entdecket, vieler andern Exempel zu geschweigen. |
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Und wie sauer hat man doch denen, welche ihrer
Vernunfft selbst zu brauchen
angefangen, neue
Wahrheiten entdecket, die alten Lehren verbessert, oder als
irrig und unnütz verworffen, ihre Mühe gemacht, und ihren Fleiß mit Schmähungen
und Verfolgungen belohnet. |
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- Socrates muste dieses schon zu seiner Zeit
erfahren,
wie er von göttlichen Dingen
vernünftiger, als bisher geschehen war, zu
philosophiren anfieng.
- Wenn Virgilius,
Bischoff zu Beyern, denen
Kirchen-Vätern widerspricht, daß allerdings Antipodes wären, so wird er vom
Pabst Zacharia in den
Bann gethan.
- Peter Ramus wurde von den Aristotelicis als ein
philosophischer Ketzer bey Hofe verklaget: quod Aristoteli repugnando
theologiam et artes enervaret, und sie brachten es dahin, daß seine
beyden
Bücher verboten, und er dabey einer
unverschämten und verwegenen
Ignorantz schuldig
erkannt wurde.
- Gisbert Voetius suchte wider Cartesium alles
aufzuwiegeln, und ihn als einen Verräther von Holland und
Atheisten
verdächtigt zu machen.
- Und wie ist man nicht hinter dem
Herrn von
Pufendorffen
gewesen, als er in seinem jure naturae nicht gnungsamen Respect
gegen die ehrwürdigen Scholastischen Häupter bezeugen wolte?
- Der gelehrte und fleißige Mathematicus Galiläus wurde
darum ins Gefängniß geworffen, daß er durch Hülffe seiner Fern-Gläser mehr
sahe, als andere, ohnerachtet jetzo die Fern-Gläser mit besondern
Nutzen
gebraucht werden.
- Wie der berühmte Anatomicus Harväus die vortrefliche
Erfindung von der Circulation des Geblüts der gelehrten Welt vor Augen
legte, so muste er wohl in die zwantzig Jahre den bittersten
Urtheilen
unterworffen seyn, daß er auch von dem berühmten Zacharia Sylvio
zu Rotterdam nicht verschonet wurde, welcher offenhertzig in
praefat. in Haruaei exerc. anat. also
schreibet: Primum mihi
[sechs Zeilen lateinischer Text], welches ein Exempel einer redlichen und
freyen Bekennung seines Irrthums war.
- Rogerius Baco wurde als ein Hexenmeister ausgeschrien,
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dergleichen
Urtheil noch andere über sich haben müssen ergehen lassen,
von denen Naudäus ein besonderes
Werck zu ihrer Vertheidigung
geschrieben, vieler andern Exempel zu geschweigen |
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So sehr konnte das Vorurtheil menschlichen Anse- |
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{Sp. 1999|S. 1013} |
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hens die
Freyheit
zu gedencken hemmen, daß man nicht einsehen wolte, was
wahr oder falsch, so höchst unvernünftig ist, denn in
philosophischen u.
menschlichen
Sachen hat kein Glaube statt, weil irren menschlich, und ein
Mensch
ohne Irthümer kein Mensch, sondern ein
Gott seyn würde, folglich werden bey
einen so sclavischen Wesen die Irrthümer mit fortgepflantzet. Und gesetzt, daß
derjenige, dem man nachbetet, auch
Wahrheiten hat, welches man gar nicht in
Abrede, so kan man sie ja nicht um deswegen für Wahrheiten halten, weil sie ein
anderer
gesagt; sondern man muß sich durch eigene
Empfindung davon versichern. |
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Man begeht in der That eine grosse Sünde, wenn man nicht den Verstand, als
eine so herrliche Gabe GOttes zu dem Ende, wozu er uns gegeben, brauchet, und
das
Recht, das unter andern Aristoteles gehabt zu meditiren und eine
Sache zu
prüfen, haben ja auch andere. Es meynet zwar Morhof in
polyhistore litter. ... man müsse die ingenia novaturientia mit
Gewalt im Zaum halten, damit allem besorglichen Unheil vorgebauet werde, wenn er
schreibt: non male [sechs Zeilen lateinischer Text], und Jacob
Thomasius verwirfft in seinem Program. ... die eclectische
Philosophie in folgenden Terminis: retinenda sane forma regiminis
monarchici, qua nulla potest esse pro statu corrupti hominum ingenii litterariae
reipublicae salubrior. |
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Es kommt daher ihr
Beweis, warum man nicht eclectisch philosophiren und
seine Freyheit zu gedencken brauchen soll, darauf an, daß man dadurch allerhand
schädliche Neuerungen zu besorgen hätte woran aber nicht die Freyheit zu
gedencken an sich selbst, sondern der, der sie nicht
vernünftig brauchet,
schuldig ist. Es ist ja vernünftig, wenn man
sagt: usus non est tollendus
propter abusum. |
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Syncretisten |
Eine neue Hinderniß in der
Freyheit
zu gedencken, verursachten die
philosophischen Syncretisten. Denn wie sie für ihre
Person ihre Sclaverey gar
sehr verriethen, wenn sie gleich das Einsehen als Freydenckende zuweilen haben
wolten, indem die Lehr-Sätze ihren
Philosophen, den sie sich ergeben hatten, zum
richtigen
Grund satzten, und darnach die Lehren eines andern erklärten, oder
vielmehr verdreheten; Also hielten sie durch diese Weise in der That andere ab,
daß sie anderer Philosophen
Schrifften nicht lasen, noch prüften. |
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Doch unter dem Prätext der Religion hat man die Leute am meisten dumm zu
machen, und ihnen alle Freyheit im Dencken zu benehmen gesuchet. Es ist bey
vielen, welche nicht leiden können, daß man von ihren
Meynungen, die sie von
Jugend aufgehabt, einen Nagel breit abweiche, die gewöhnliche
Methode, daß man
vorgiebt, die Religion und die Theologie leide dadurch
Schaden. Muste der
philosophische Pabst, das ist Aristoteles, wie ihn bereits Vaninus
de admirandis naturae arcanis dialogo ... sapientum pontificem
maximum genennet, so viel hundert Leuten eine Decke für ihren Augen seyn,
daß sie das Licht der
Wahrheit nicht sehen konnten; |
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{Sp. 2000} |
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so trat ihm der Römische Pabst in der Kirche an die Seite, und führte die
Leute in eine noch grössere Finsterniß hinein.
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Man setzt der
Heil. Schrifft
die Aussprüche der Kirche, als eine Norm des Christenthums gegenüber; beredet
das
arme
Volck von der Invalibilität des
Pabsts, reisset ihnen die
Bibel aus den Händen, und benimmt ihnen dadurch alle
Gelegenheit, die Irrthümer und Betrügereyen ihrer Priester zu
erkennen, man
verstattet in den
Schulen keine eclectische Philosophie, und bleibt an den
scholastischen Koth kleben, masset sich höchst unvernünftig die
Herrschafft
über
das Gewissen an, und wenn man mit Gelehrten
disputiren will, hat man eine gar
schöne
Methode erdacht, daß man unter andern keine
Schlüsse annehmen will, bey
welchen
Zustand die edle Freyheit zu gedencken gar schlecht zurechte kommen muß.
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Man will zur Erläuterung nur zwey Exempel anführen. Es ist die Frage
fürkommen, ob Maria, Lazari
Schwester, eine unterschiedene
Person von Maria
Magdalena gewesen sey, oder nicht? Worüber sich Franciscus Turrianus
den
Kopf gewaltig zerbrochen. Denn er sahe, daß Lib. III. cap.
6. constit. apostolic. sie von einander unterschieden würden; Die
breviaria aber romanae ecclesiae sie für eine Person ausgaben, und
weil er die constitutiones apostolicas für ächt hielt, u. sie keines
Irrthums beschuldigen wolte; gleichwohl aber von dem Ausspruch der Römischen
Kirche abzugehen, sein Gewissen nicht zulassen durffte, so wuste der gute
Mann
nicht, was er machen solte.
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Die Freyheit
zu gedencken wurde bey Seite gesetzet, und man verfiel auf die
Absurdität, daß man Contradictoria zuliesse, das ist, Turrianus leugnete, daß
Maria, Lazari
Schwester, einerley mit Maria Magdalena sey, weil die
constitutiones apostolicae es so mit sich brächten; behauptete aber auch,
daß sie eine Person gewesen, indem dieses der Respect gegen die Römische Kirche
erforderte, wie dieses Ittig in seinen opusculis variis
... erzehlet. Das heist ja wider das klare und
vernünfftige
Principium:
impossibile est, idem simul esse et non esse, gedacht.
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Trident |
Auf der Tridentinischen Versammlung entstunde unter denen Päbstischen
Lehrern über die Lehre von der Gewisheit des Glaubens und der Seeligkeit ein
Streit zwischen dem Dominico Soro und Ambrosio
Catharino. Jener gab 1549 in 4. zu Paris ein
Werck de natura et
gratia heraus, dedicirte selbiges der Versammlung, und wolte es als einen
Commentarium über das, was deswegen in der sechsten
Seßion wäre beschlossen
worden, angesehen haben, daß der
Mensch durch keine
ungezweifelte Gewißheit des
Glaubens versichert seyn könnte, daß ihn
GOtt
gnädig ansehen werde; Allein
Catharinus verfertigte dagegen defensionem catholicorum pro
possibili certitudine gratiae, schrieb es gleichfals dem Concilio zu, und
gab vor, er habe dasjenige weiter ausgeführet, was
Sessione 6. can.
26. beliebet worden; Worauf nachgehends noch andere
Schrifften von beyden
Theilen erfolget sind.
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Beyde konnten unmöglich recht haben, und man hätte nach der Freyheit zu
gedencken, einen Ausspruch thun sollen, wer die
Wahrheit
erkannt, oder wohin die
eigentliche
Meynung des Concilii gieng, welche freylich war, daß man
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{Sp. 2001|S. 1014} |
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eine solche Gewißheit nicht haben könnte. Es ist dieses ein kahler Prätext,
wenn man vorgiebt man müste alle Freyheit zu gedencken, hemmen, damit die
Religion und Theologie keinen
Schaden nehmen. Denn
sagt Paulus, man
müsse seine Vernunft gefangen nehmen unter dem Gehorsam Christi, 2 Cor.
X, 5. so hat dieses seine Richtigkeit in
Sachen, die den Glauben
angehen, und also über die
Vernunft gesetzet sind, womit aber der gäntzliche
Gebrauch derselbigen noch nicht untersaget. Es ist ja die Erb-Sünde nur ein
Accidens, wodurch also das
Wesen der Vernunft nicht aufgehoben, sondern nur
verderbet worden, sie ist ein Licht blieben, aber nur ein verdunckeltes, womit
man gleichwohl noch manche Wahrheit
erkennen, und sie auch in Religions-Sachen,
jedoch in gehöriger masse brauchen kan.
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Die Vernunft subjective betrachtet, wie man in
Schulen
redet, giebt
deutliche, wahre und hinlängliche
Principia an, welche man die Vernunft
objective nennet, und sie formaliter und materialiter betrachtet. In der ersten
Absicht dienen sie zu der richtigen Art eines Vernunft-Schlusses, und sind so
beschaffen, daß sie kein
vernünftiger Mensch leugnen kan, und hingegen nichts
unvernünftigers kan ausgesonnen werden, als daß man hier keine Vernunft-Schlüsse
annehmen will. Geht uns doch die
Heilige Schrift selbst für, wenn sie aus
vorhergesetzten Principien
Schlüsse ziehet, und mit was für wichtigen
Beweis-Gründen hat man nicht auf solche Weise die
Wahrheit der Christlichen
Religion erwiesen, und die göttliche
Wahrheiten wieder die Ketzer vertheidiget.
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Es hat unter andern Werenfels in seiner Sylloge
dissertationum theologicarum diese
Materie, daß die Religion, so auf
Christum, als den eintzigen
Grund erbauet, die wahre sey, durch deutliches
Raisoniren schön vor Augen gestellet, und damit bey aufgeweckten
Gemüthern mehr
erlanget, als andere, die sich bey vielen Zeugnissen aufgehalten haben.
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So können auch die materiellen Principien, wenn sie nur wahr, und nicht zu
weit in der Application extendiret werden, in Theologischen Sachen ihre
Dienste
thun, und was hat man anders wieder die
Atheisten für Waffen, als die uns die
Vernunft an die Hand giebet, welcher auch noch den
Grund zu einer tüchtigen
Auslegung
Heiliger Schrift
legen muß. Gehet man von der Heiligen Schrift weg, und erweget der Papisten
Traditiones, und die Aussprüche ihrer Kirche, so siehet man nicht, warum das
arme
Volck solche blindlings glauben, und in einer Prüfung
ihre Vernunft nicht brauchen soll, weil die Päbstisch-Geistliche, auch die
Päbste selbst eben sowohl
Menschen, wie andere sind, die da irren können, und
würcklich irren.
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Es geht hier wie zu den Zeiten unsers Heylandes mit den Pharisäern und
Obersten des
Volcks. Denn als ihre
Knechte ihn nicht greiffen wolten, und
vielmehr antworteten: es hat nie kein Mensch also geredet, wie dieser
Mensch, so hieß es: Seyd ihr auch verführt, glaubt auch irgend ein
Oberster, oder Pharisäer an ihn? Joh. VII, 45 u.ff. welches so viel
heissen solte; ihr müst hier nach dem praejudicio autoritatis handeln,
und weil ihr sehet, daß keiner von den Pharisäern und Obersten an ihm glaubt,
und seine
Dinge für wahr hält, so
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{Sp. 2002} |
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müsset ihr daraus schliessen, daß nichts dahinter stecke, und ihm also nicht
folgen. Das war nun eine schöne Art die Leute zu der wahren
Erkänntniß zu
bringen.
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Es ist dieses keine
Sache von einer Kleinigkeit. Denn man erwege nur unter
andern, wie viel an dem wahren und richtigen Glauben gelegen, und halte dagegen
die päbstische Lehre, de fide implicita, von ihren Kohler Glauben, da
man glaubet, was die Kirche glaubt, wenn man gleich nicht einmahl weiß, was
dieselbige glaubt.
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Am aller ungegründesten ist ihre sich angemaste
Herrschaft
über die
Gewissen, welches sich durch deutliche und gründliche Vorstellung; nicht aber
durch äusserliche
Macht und
Gewalt zwingen lässet, wodurch man zwar einen
Menschen dahin bringen kan, daß er aus
Furcht äusserlich was
saget, im Hertzen
aber es dennoch anders meynet. Franciscus Tolet Lib. IV.
cap. 3 instruct. Sacerdot.
schreibet: Si rusticus [drei
Zeilen lateinischer Text], und Paulus Sarpius ... historiae
interdicti Veneti berichtet, daß zu Padua viele Exemplarien von einer
gewissen
Schrift wären gefunden worden, worinnen die dreyzehende
Regel also
geheissen: Credendum ecclesiae hierarchicae, etsi nigrum esse dixerit, quod
oculis album videtur.
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Theosophisten |
Einen andern Stoß bekam die
Freyheit
zu gedencken, durch die so genannten
Theosophisten, und Verehrer der unreinen mystischen Theologie, welche sich
einbildeten, es sey die
Vernunft durch die Erb-Sünde so verderbt, und
verfinstert worden, daß man sie gar nicht, zumahl in Göttlichen brauchen könnte,
als Robert Fluddus, Valentin Weigel, Jacob Böhme, Helmontii
unter anderem, wie denn auch zu Helmstädt Daniel Hoffmann einen
Lermen darüber anfieng, ob die
Philosophie was nutze wäre, |
wie
Walch
in der Histor. logic. ... kürtzlich berühret hat.¶ |
Atheisten |
Thaten diese und dergleichen hierinnen der Sache zu wenig, so geriethen
hingegen andere auf einen andern Abweg, und satzten der Freyheit zu gedencken,
allzuweite Grentzen, daß sie mit der Vernunft
Dinge erreichen wollen, die sie zu
begreiffen nicht fähig, und dadurch nicht nur vergebene Mühe anwendeten; sondern
auch in allerhand Irrthümer geriethen. Giebt die Sclaverey des Verstandes in
Ansehung der Religion Anlaß zum Aberglauben; so bahnet hingegen der Mißbrauch
desselben den Weg zur
Atheisterey und zum Naturalismo. Man gehe die alten und
neuern
Philosophen durch, welche sich wegen Atheistischer Lehre verdächtig
gemacht, so wird man finden, wie sie Dinge mit der Vernunft auszugrüblen,
sonderlich die Art und Weise der Schöpfung zu
erforschen, sich unterstanden.
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Spinoza, einer der vornehmsten
Atheisten, hat seinen
tractum theolog.politicum überschrieben de libertate philosophandi,
und ob er schon darinne seine gefährliche Lehre nicht so deutlich, wie in
der Ethick fürgetragen, so haben doch welche einen ziemlichen Gift darinnen
antreffen wollen, und Spinoza kan es in seinen Episteln selbst
nicht leugnen, daß man ihn daraus der
Atheisterey beschuldiget.
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Reformation |
Zu den neuern Zeiten wurde durch die gesegnete Re-
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{Sp. 2003|S. 1015} |
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formation des seeligen Luthers Gelegenheit gegeben, daß das Vorurtheil des
Menschlichen Ansehens, sonderlich des
Philosophischen und Römischen Pabsts gar
sehr geschwächet wurde, und es gieng den Leuten nach und nach ein solches Licht
auf, daß sie wohl
erkannten, wie die
Wahrheit gar nicht auf ein Menschliches
Ansehen ankäme. Es fruchtete dieses soviel, daß man sich allmählich von dem
Aristotelischen Joch befreyete, und die Eclectische Philosophie einführete,
dabey die Freyheit zu gedencken das erwünschte Glück fande, wenn sich nur die
Philosophen selbiger in gehöriger Masse bedienet, und die Untersuchung der
Wahrheit! sich zum eintzigen
Zweck gesetzet hätten. |
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Aber hatte man sich von dem praejudicio antiquitatis frey gemacht,
so verfiel man auf das praejudicium novitatis, das ist, viel wolten was
neues fürbringen, und dachten, sie könnten sonst auf keine bessere Art ihren
Namen eine hellklingende Schelle anhängen, wenn gleich das alte an sich noch so
gut und brauchbar, wodurch sie manches gute, so die Alten hatten, wegschmissen,
oder vielmahl, wenn sie ihm eine neue scheinbare Farbe anzustreichen wusten, den
Leuten ein Blendwerck für Augen machten, daß es hieß; mundus vult decipi. |
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War man ziemlicher massen aus dem praejudicio autoritatis heraus,
so verfiel man auf das praejudicium praecipitantiae, daß man ohne
Nachdencken in Tag hinein urtheilte und
raisonirte, und wenn man etwas gesehen,
wie Aristoteles ein und den andern Fehler begangen, sogleich ihn gantz
verwarffe, und ihn vor einen gantz unnützen Kerl im
Philosophischen
Reiche
ansahe. Dieses alles muste sich unter der Decke einer
Freyheit
zu gedencken
bemänteln lassen. |
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Man will mit der
Vernunft hoch hinaus, und
Dinge
ergründen, die
GOtt
niemahls entdecket, als unter andern von der Art, wie die
Welt erschaffen, was
vor ein
Zustand vor der
Schöpffung gewesen, worinnen das eigentliche
Wesen des
Geistes bestehe, woher die Menschliche
Seele komme, wie sie mit dem
Leibe
verknüpfet, und wenn man etwa vermittelst eines lebhaften Ingenii einen neuen
unscheinbaren Einfall hat, man weiß seine Einfälle plausible zusammen zu hängen,
damit muß das Systema gut und richtig seyn. |
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Versteht jemand dabey etwas von der Gelehrten Marckschreyerey; sehet, meine
Herren, das ist eine herrliche Waare, und hat von
Natur ein frisches Talent,
eine schertzhafte
Person vorzustellen, und seine Gegner lächerlich zu tractiren,
so fehlt es an Verehrern nicht, welches sie in der That gerne sehen, wenn sie
gleich so groß Wesen von der Freyheit zu gedencken machen. Es ist kein Götze so
grob geschnitten, der nicht seine Anbeter hat. |
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Die Vernunft setzen sie über die
Heilige Schrift, oder philosophiren so in
Tag hinein, als wüsten sie nichts davon, bedienen sich auch wohl der
Redens-Art,
das ist theologisch
raisoniret, wir raisoniren in der
Philosophie gantz anders,
als wenn ein Theologe eine andere Vernunft, als ein Philosophe hätte, oder
Vernunft und
Heilige Schrift einander entgegen. Ein
vernünftiger
Philosophe
hütet sich wohl, daß er die Vernunft mit der Heiligen Schrift nicht vermischet,
welches vielmahls geschehen, indem man entweder aus den Grund-Sätzen der |
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{Sp. 2004} |
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Göttlichen Offenbahrung
Schlüsse, so zur Vernunft gehören; oder aus den
Grund-Sätzen der
Menschlichen Vernunft
Schlüsse von Geheimnissen des Glaubens
geleitet; gleichwohl aber siehet er sich als ein Christ an, und nimmt keinen
Ausspruch der Vernunft an, welcher der Heiligen Schrift entgegen, daß wenn ihm
selbige auch was bedenckliches an die Hand geben solte, so prüfet er dieses nach
dem geoffenbahrten
Wort, und unterstehet sich nicht, in Erwegung, daß die
Vernunft gar sehr verderbet, selbigem zu wiedersprechen. |
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Wie viele haben sich nicht die
Köpffe über der Lehre vom
Ursprung des
Bösen
zerbrochen, und wenn sie sich etwa ein Systema davon im Kopf gesetzet, sind sie
unbekümmert gewesen, ob solches der
Heiligen Schrift entgegen, oder nicht, in
welchem letztern Falle auch die subtileste Speculationes dem Spinn-Gewebe
gleichen. Es ist ja einem
Philosophen keine
Schande, wenn er in
Sachen, die
nicht auszumachen, seine Unwissenheit bekennet, und so man dieses aus
hinlänglichen
Ursachen thut, hat man weit mehr
Vortheil, als wenn man seine Zeit
in vergebenen und unnützen Speculationen zubringet; So ists auch vielmahl mit
der natürlichen Rechtgelehrsamkeit ergangen, daß man gemeynet, es habe alles
seine Richtigkeit, wie sich etwa die Vernunft eine Sache fürstellet, sie möge
übrigens der Schrift entgegen seyn, oder nicht. |
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Diese Freyheit zu gedencken und die darunter versteckte unmäßige
Begierde zu
Neuerungen rühret aus dem Ehrgeitz her welcher eine
Mutter vieler seltsamer,
neuer und paradoxer
Meynungen wird, als könnte man nicht ehe berühmt werden: und
nach erlangtem Ruhm sein Glück in der
Welt machen, als wenn man die paradoxesten
Dinge statuiret, woraus nach und nach zugleich eine Herrschsucht und
dictatorisches
Wesen entstehet, gleich als wäre man den
Göttern zum
Richter über
alle Gelehrten gesetzet. |
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Man rühmet sich dessen, und macht sich damit groß, daß man an seinem
Orte
eine uneingeschrenckte
Freyheit zu lehren und zu
schreiben habe. Vor
Eigenliebe
aber sehen sie den Schaden nicht, der mit der Zeit unter den Christen und in der
Kirche daraus entstehen kan, besonders wenn sie nicht in ihren
Philosophischen
Grentzen bleiben, und die
Heil. Schrifft als eine wächserne Nase brauchen, die
sie drehen und wenden, wie sie wollen, worzu noch zuweilen ein particular Haß
gegen die Theologen kommt, die man für päbstisch gesinnete, falsche Propheten,
reissende Wölfe ausgiebt. |
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Mißbrauch der Bibel |
Andere haben die Freyheit zu gedencken, insonderheit in Ansehung der Heil.
Schrifft, und der darinnen enthaltenen Lehren der Christlichen Religion
gemißbrauchet, welches auf eine dreyfache Art geschehen. Einige haben es auf
sehr grobe Art gemacht, indem sie alle Geheimnisse aus der
Vernunft herzuleiten,
und die Wunder aus
natürlichen Ursachen zu erklären gesuchet, dabey sie in der
That kein ander Absehen gehabt, als daß sie die
Heilige Schrift, und deren
Göttliche Gültigkeit haben wollen verdächtig machen. |
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Ein Exempel haben wir an des berühmten Locks
Schrift,
que la religion chretienne est tres raisonable, welches
Werck zum
andernmahl Frantzösisch unter dem Tiel: le Christianisme raisonable
..., zu Amsterdam 1715 in 8. |
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{Sp. 2005|S. 1016} |
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herausgekommen, eigentlich aber Englisch geschrieben ist, und darüber der
Autor insonderheit mit dem Joh. Eduardo Streit gehabt, |
davon die
acta
Erudit. ... und
Wolff de manichaeismo
ante manichaeos ... zu lesen. |
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Johann Tolandi Buch: Christiana disciplina mysterii
expers, so zuerst zu Londen 1696 ans Licht kam, ist bekannt genung, welche
aus drey Sectionen bestehet, in deren ersten er aus der
Philosophie zeigen will, was die
Vernunfft sey; in der andern lehret er, daß
nichts in der Christlichen Religion der Vernunfft entgegen sey, und in der
dritten, daß darinnen keine Geheimnisse, oder etwas, so über den
Begriff der
Vernunfft sey, enthalten, von welchem
Werck Mosheim in comm. de vita, fatis et scriptis
Jo. Tolandi, die seinen vindiciis antiquae Christianorum disciplinae
fürgesetztet ... genauere Nachricht giebet. |
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Man kan auch mit guten
Recht den
Peter
Bayle hieher setzen,
welcher hin und wieder den Glauben und die
Vernunfft vor zwey unversöhnliche
Feinde ausgegeben, und gemeynet, die Einwürffe, so die Vernunfft wieder den
Glauben machte, wären unauflößlich, womit er zwar das Ansehen haben wollen, als
erhebe er die
Heilige Schrifft,
der sich die Vernunfft gleichsam ergeben müste; Es gieng aber sein eigentliches
Absehen dahin, daß er die Lehre des Glaubens vor unvernünfftig ausgeben wolte, |
welchen Streit
Walch in der
histor. logic. ... parergor. acad. kürtzlich berühret hat. |
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Peter Poiret urtheilet nicht unrecht von ihm, wenn er in
der Vorrede seines Buchs fides et ratio collatae ...
schreibet:
unde dum rationem videtur supprimere velle, ut fidei soli detur locus, hanc
potius pudendum in modum derisit et proculcavit, ut alteram omni molimine in
altum eveheret. |
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Im Jahr 1666 kam die bekannte
Schrifft: philosophia scripturae interpres
zu Eleutheropol, oder vielmehr zu Amsterdam heraus, dessen Autor
Ludovicus Meier, ein Medicus zu Amsterdam, sich nicht genennet, u.
daher im Anfange verschiedenen beygeleget wurde. Viele schrieben dieses seinem
guten Freund dem Spinozä zu: und andere hatten deswegen den
Lambertium Welthusium in Verdacht, wie Crenius
part. 8. animadvers. phil. et hist. ... berichtet, über
welcher Schrifft ein großer Lermen entstunde, |
davon Leibnitz in
dem Discours von der Übereinstimmung des Glaubens und der Vernunfft ... und
Wolff de manichaeismo ante manich. ... handeln. |
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Und was thun die Socinianer anders, als daß sie die
Schrifft nach ihrer
Vernunfft drehen, welches ein grosser und gefährlicher Misbrauch. |
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Andere wollen nicht so wohl die Schrifft von ihren
Ansehen stossen, sondern
vergehen sich vielmehr darinnen, daß sie nach ihrer Vernunfft in Glaubens-Sachen
so sehr scrupuliren, und dadurch in allerhand Irrthümer gerathen, wovon man ein
Exempel an den Reformirten hat, daß wenn man ihre Gedancken von den
mitgetheilten
Göttlichen
Eigenschafften der
menschlichen
Natur, und von dem
Heiligen Abendmahl ansiehet, sie keinen andern
Grund gehabt, als daß die Lehren,
wie sie in der Lutherischen Kirchen vorgetragen würden, gantz unbegreiffich
wären. |
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So hat man auch an den Cartesianischen Theologen angemercket, daß sie der
Vernunfft zuviel in den
Göttlichen
Dingen ein- |
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{Sp. 2006} |
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räumten, wie unter andern Maresius einen Tractat de
abusu philosophiae Cartesianae surrepente et vitando in rebus theologicis et
fidei, Gröningen 1670 geschrieben, und der
Herr Engelschall
hat in den praejudiis de capitibus fidei ... ein besonders Capitel von
der Cartesianischen Theologie, worinnen er zeigen will, wie sie ihrer
Vernunfft
mißbrauchen, und gefährliche Principien in der Theologie hätten. Man will zwar
der Cartesianer Parthey nicht nehmen; es ist aber doch dieses gewiß, daß in
diesem Streitigkeiten viele
Affecten mit untergelauffen, man hat nicht allezeit
die Cartesianischen Lehren genau eingesehen, und sie sattsam vorher
philosophisch geprüfet, den Unterschied zwischen Cartesio
und den Cartesianern, ingleichen zwischen der Cartesianischen Philosophie und
deren Verehrer aus den Augen gesetzet, daß wenn etwa ein und der andere
Cartesianer was anstößiges geschrieben, so hat man alsbald dieses der
Cartesianischen Philosophie, oder den Cartesianern überhaupt beygemessen,
welches man sahe, als das oben berührte
Buch
philosophia scripturae interpres heraus kam, zu geschweigen, daß man
wohl selbst in Theologischen Vorurtheilen stecket. |
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Von der Cartesianischen Lehre, daß man alles zweiffeln müsse, will man jetzo
nichts gedencken, indem an gehörigen Orte schon gewiesen, wie Cartesius
Zweiffeln und Verneinen vermischet: Nimmt man aber das Zweiffeln in rechtem
Verstande an, und setzet demselbigen seine gehörigen Grentzen, so hat dasselbige
auch in Theologischen
Dingen statt. Man muß prüfen, und zwar überhaupt, ob die
Schrifft, welche wir vor
GOttes Wort halten, die wahre und rechte Offenbahrung,
indem sich auch die Heyden und Türcken Offenbahrungen rühmen; hernach
insonderheit, ob dieses der rechte Verstand der
Schrifft-Stellen, wie man
vorgiebt, welches beydes ohne vorhergegangenen Zweiffel nicht geschehen kan. |
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Ist man aber überzeuget, daß die
Schrifft GOttes Wort, und daß man den
rechten Verstand begriffen, so hat man keine
Ursache
zu zweiffeln. Gedachter
Herr Engelschall setzet in dieser
Materie ... an dem
Wittichio, einem Cartesianischem Theologo, aus, daß er in der
theologia pacifica gelehret, man solte demjenigen nicht Beyfall geben, was
man nicht deutlich und distinct begriffen habe, und darauf gesetzet, es fände
auch diese
Regel in der Theologie Platz, als in welcher man nichts für Göttlich
annehmen dürffte, bis man klar und deutlich begriffen, daß es von
GOtt
geoffenbahret sey. |
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Dieses verwirfft Engelschall und
schreibt, die
Schrifft
selbst, wie auch die uralten symbolischen Glaubens-Bücher wiesen uns in
geistlichen Dingen allein auf den Glauben, sie wolten haben, daß was der
Heilige
Geist in seinem
Worte uns klar und deutlich geoffenbahret, darüber solten wir
nicht den allergeringsten Zweiffel hegen; allein es scheinet, daß sie hier
einander nicht
verstehen. Denn Wittichius
redet von der
Deutlichkeit der Offenbahrung, welche ihre Richtigkeit haben muß, so auch
Engelschall selbst in den angeführten Worten gestehet; er aber
handelte von der Deutlichkeit der
Sachen,
die geoffenbahret worden, welche wir glauben müssen, das ist für wahr halten,
weil es
GOtt
gesagt; könten wir sie
aber deutlich begreiffen, so wäre kein Glaube nöthig, und der
Grund unserer
wahren
Erkänntniß |
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{Sp. 2007|S. 1017} |
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brauchte nicht das Ansehen eines andern zu seyn, indem die
Empfindung selbst
vorhanden. |
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Er kommt p. 412. auf die Frage; ob die
Philosophie eine
Magd von
der Theologie sey? und meynet, hierinnen hätten sich die Cartesianer sehr
verstossen, daß sie die Philosophie weder der
Schrifft unterwerffen, noch eine
Dienerin derselben nennen lassen, und nicht zugegeben, daß die Göttliche
Offenbahrung viel gewisser sey, als alle Sätze und
Schlüsse der Vernunfft, und
führt unter andern aus dem Wittichio an, daß er geschrieben:
Man halte gemeiniglich darvor, daß die Philosophie eine Magd der
Theologie sey; aber dadurch wird die Philosophie allzusehr nieder gedrücket.
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Man giebet gerne zu, daß sich einige Cartesianer in der Application
vergangen, die Frage aber an sich selbst hat nicht viel auf sich. Denn
verstehet
man die wahre
Philosophie, welche sich auf die
gesunde Vernunfft gründet, und
die wahre Theologie, die aus dem richtig erklärten Worte GOttes fliesset, so kan
man keine weder eine
Magd noch eine
Frau nennen. Denn sie sind zwey
Schwestern,
davon die eine, als die Theologie nur mehrere Vollkommenheiten hat. So sind zwey
Lichter, die beyderseits leuchten, folglich wesentlich einander nicht entgegen
sind, ohnerachtet eines weit heller als das andere leuchtet, das ist, die
Heilige Schrifft entdecket solche
Wahrheiten, davon die Vernunfft entweder gar
nichts, oder nur was weiß; nur muß man dasjenige, was die Philosophie selbst
lehret, und was ein und der andere
Philosophe vorbringt, nicht vor eins halten. |
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Er setzet p. 415. noch weiter aus, daß Cartesius nebst seinem Anhange davor
gehalten, der
Heilige Geist
rede in der
Schrifft zum öfftern nicht so wohl nach
der wahren Beschaffenheit der
Sache, als vielmehr nach der
Meynung und dem
Vorurtheil der Leute, und berufft sich desfalls auf den Cartesium selbst,
welcher responsion. ad object. secund. p. 66. also
schreibet:
omnibus enim [sechs Zeilen lateinischer Text]. |
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Lieset man aber, was vorhergehet, daß in
Heiliger Schrifft
GOtt
Affecten auf
menschliche Art beygeleget würden; so erhellet gar leicht, daß hier Cartesius
vielmehr darauf zielet, daß GOtt bisweilen menschliche
Eigenschafften
zugeschrieben würden, um die
Sache desto leichter vorzustellen, welches aber mit
dem, wenn man
sagt, die Heilige Schrifft
rede ad captum vulgi, noch
nicht einerley ist. |
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Doch ist dieses bey vielen einer angenommenen Hypothesis, sonderlich bey den
Engelländern, unter denen sie Burnet in archaeolog.
... und in theoria telluris ... angenommen, auch der Autor des
Mosis vindicati ... dessen
Gründe aber in den actis erudit.
1695. ... wiederleget worden, und viele andere, |
von denen mit mehrern Engelcke
in Dissert. de sententiis ..., die dem collegio controversiarum
recentiorum Schomeriano fürgesetzet ist, zu lesen. |
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Wenn man diese
Meynung recht beurtheilen will, muß man sehen, was |
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{Sp. 2008} |
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durch den captum vulgi zu
verstehen. Bedeutet solches einen
Begriff
gemeiner Leute von einer
Sache, der zwar nicht hinlänglich, aber eben nicht
falsch ist, so kan man wohl
sagen, daß die
Heilige Schrifft ad captum vulgi
redet, welches aber nicht angeht, wenn ein falscher Begriff, Irrthum und
Vorurtheil darhinter stecket. Es ist kein Zweiffel, daß Cartesius sonderlich in
der Physic offt in der
Freyheit
zu gedencken zuweit gegangen, und allerhand
mögliche
Dinge vor wahrscheinlich, auch vor gantz gewiß ausgegeben hat: nur muß
man vorher die Sache untersuchen, ehe man ihn etwas beschuldiget. |
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Endlich haben welche solche
Dinge ausgrübeln wollen, die doch
GOtt nirgends,
auch nicht in der
Heiligen Schrifftt entdecket, als wenn der jüngste Tag kommen
werde, was wir würden in jenen
Leben für eine
Gestalt haben, wo die Hölle sey,
an welchem Tage sie erschaffen u.s.w. so noch die subtileste Art vom Misbrauch
der Freyheit zu gedencken. |
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