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Quellenangaben |
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Verstand GOttes,
Lat. Intellectus
divinus, Intellectus Dei, wenn wir von
dem Göttlichen Verstande
reden
wollen, so legen wir zwar den
Begriff, den wir
von dem Verstande unserer
Seelen, oder einem erschaffenen
Geiste haben, zum
Grund; wir
müssen aber alles, was mit einiger
Unvollkommenheit
verknüpffet ist,
wegräumen. |
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Denn wie
GOtt das allervollkommenste Wesen; also hat er auch den
allervollkommensten Verstand, folglich ist die
Erkänntniß, die er hat, die
vollkommenste. Sol- |
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{Sp. 1971|S. 999} |
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che Vollkommenheit der Erkänntniß, die in GOtt ist, muß nach zwei Umständen
erwogen werden, und zwar |
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1) |
in Ansehung der
Sachen, die er erkennet. |
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Er erkennet alles, welches man seine
Allwissenheit nennet. Denn soll sie die allervollkommenste seyn, so darf
sie nicht eingeschräncket seyn, und muß sich daher auf alle Objecte, die
erkannt werden können, erstrecken: wüste GOtt nicht alles, so wäre seine
Erkänntniß eingeschränckt; solche Einschränckung aber würde mit seinem
independenten unendlichen
Wesen streiten. Erkennet
GOtt alles, so muß er
sich sowohl, als alles ausser sich erkennen. |
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Bey der Erkänntniß seyn selbst weiß er sein
Wesen, mithin alle seine
Eigenschafften; hat von allen
Dingen, die nur
möglich sind, und von denen er einige durch die
Schöpffung zur
Würcklichkeit gebracht, eine Vorstellung, welches man in der Theologie
SCIENTIAM DEI NATURALEM nennet; weiß auch alles, was sein
Wille
beschlossen, und wuste also von Ewigkeit, daß er z.E. eine
Welt
erschaffen, seinen
Sohn zum Heyland vor die
Menschen dahin geben werde,
so in der Theologie SCIENTIA DEI LIBERA heisset. |
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So
erkennet er auch alle
Dinge ausser sich,
welche entweder die Creaturen selbst sind, die er erschaffen; oder die
Begebenheiten, die sich in der
Welt zutragen. Weiß er alle Creaturen, so
kan man leichte ermessen, wie groß seine
Erkänntniß seyn müsse, wenn man
erweget, wie groß die Welt sey, und daß darinnen nicht das Geringste
anzutreffen sey, so er nicht wissen solte. |
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Bey den Begebenheiten ist ihm nicht nur bekannt,
was bereits geschehen und gegenwärtig geschiehet; sondern auch, was noch
geschehen soll, oder die künfftige Dinge. Solche sind dreyerley. Denn er
weiß erstlich |
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die futura necessaria, oder solche
zukünftige Dinge, die wegen gesetzter
Ordnung kommen müssen, z.E. wenn
er vorher siehet, was alle Tage, so lange noch die
Welt stehet, vor eine
Witterung erfolgen werde; |
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vors andere die futura contingentia,
d.i. solche künftige Begebenheiten, welche von dem
freyen Willen des
Menschen dependiren. Denn solte er selbige nicht wissen, so wäre dieses
eine Unvollkommenheit und seine
Erkänntniß wäre nicht die
allervollkommenste, wie sie
billig seyn solte. Doch hebt solche
Vorhersehung die
Freyheit des Menschen nicht auf. |
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Drittens
erkennet er auch die futura
conditionata, oder solche zukünftige Fälle die unter einer gewissen
Bedingung sich zutragen werden. |
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Hier zeigt sich schon ein grosser Unterscheid
unter dem Göttlichen und
menschlichen
Verstande. Denn
GOtt weiß alles;
der Mensch aber nur etwas und zwar nur was weniges, welches keine
besondere Ausführung braucht. Denn aus dem, daß der Mensch eine Creatur
ist, folglich ein endliches
Wesen hat, läst sich schon
verstehen, wie
sein Verstand von dem Göttlichen müsse unterschieden seyn. Doch solcher
Unterscheid läst sich noch deutlicher
erkennen, wenn wir die
Vollkommenheit des göttlichen Verstandes auch |
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2) |
erwegen in Ansehung der Art und Weise, wie
GOtt
alles
erkennet. Denn dieses geschicht auf die vollkommenste Art. |
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Er erkennet alles erstlich uno actu auf
einmahl durch keine auf einander folgende
Würckungen, oder Vorstellungen
und
Gedancken, weil bey GOtt keine Succeßion statt hat. Wenn viele
Menschen etwas
erkennen, so geschicht |
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{Sp. 1972} |
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solches nach und nach, daß wir erst etwas
empfinden und
Ideen bekommen müssen, worauf wir nachdencken, und eine
Gedancke nach der andern uns erregen. So sind wir auch nicht im
Stande,
an verschiedene
Sachen zugleich zu dencken; sondern wenn wir jetzo an
diese Sache gedencken, so können wir an keine andere zugleich gedencken. |
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Vors andere geschicht die
Erkänntniß bey GOtt
immediate, ohne vorher gegangener
Empfindung. Wir können keinen
eintzigen Gedancken haben, wenn nicht eine Empfindung vorher geschehen,
indem alle
Ideen von derselben herrühren. Ist GOtt ein
Geist, so kan man
ihm keine sinnliche Empfindung beylegen. |
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Drittens geschicht alles sine discursa,
wodurch man sonst in der Logick den
Zusammenhang der Gedancken
verstehet, wenn man eines nach dem andern
erkennet, und von den
Grund-Sätzen auf die
Schlüsse; oder von dem besondern auf das allgemeine
kommt, dergleichen
Art der Erkänntniß sich von GOtt nicht
sagen lässet,
weil ein solcher Zusammenhang ebenfalls etwas unvollkommenes bey sich
hat. |
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Nebst der
Erkänntniß ist auch bey dem Göttlichen Verstande die vollkommenste
Weisheit anzutreffen. Wie nun zur Weisheit zwey Stücke nöthig sind, daß man das
Gute nicht nur vom
Bösen unterscheiden kan, sondern auch alle Zeit jenes vor
diesem erwählet; also geschicht auch dieses bey der Weisheit GOttes, und zwar
auf die vollkommenste Art. Er erkennet nicht nur, was seiner
Ehren gemäß und den
Menschen wahrhaftig nützlich ist; sondern er erwählet auch allezeit das beste.
Demnach ist der Verstand GOttes |
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1) |
independent (independens) indem er die
Sachen nicht anderswo eher
erkennet, sondern von sich selbst (a se
ipso), daher auch keinen Rathgeber nöthig hat, |
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Röm. XI, 34;
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2) |
der einfachste (simplicissimus), indem
er auf einmahl, ohne alle Vernunft-Schlüsse, Abstraction, u.s.w. (uno
intuitu, sine omni discursu, ratiocinatione, abstractione, etc.)
alles erkennet; |
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3) |
unveränderlich (immutabilis), indem
seine Erkänntniß weder abnehmen, noch zunehmen kann; |
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4) |
unendlich (infinitus), indem er nicht
nur sein unendliches
Wesen allein erkennet, sondern auch sonst alle
Wahrheiten, und deren
Ursachen, ohne einigen Irrthum
erkennen kan; |
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5) |
der reinste (purissimus), indem er zu
seinen
Ideen oder
Begriffen keiner sinnlichen und bildlichen
Vorstellungen benöthiget ist.¶ |
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Einen solchen Verstand
schreibet die
H. Schrift GOtt zu,
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Es. XL, 28.
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Sein Verstand ist unausforschlich,
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- indem sie ihm noun,
mentem, beyleget
Röm. XI, 33. wer hat
noun kyriou, des
Herrn
Sinn erkannt?
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- indem sie ihm Augen beyleget,
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- Ps. XXXIV, 16.
- 2 Chron. XVI, 9.
- Hebr. IV, 13;
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- indem sie ihn einen GOtt, der es mercket, (Deum scientiarum)
nennet;
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- indem sie ihn ein Licht nennet,
1 Joh. I, 5. in welchem alle
verborgene und künftige
Dinge gegenwärtig und offenbar sind;
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- indem sie ihm endlich die
Wahrheit (veritatem) zuschreibet, und
zwar sowohl veritatem essentiae, da er alles dasjenige
wahrhafftig
besitzet, was zu der höchsten Vollkommenheit gehöret, daher wird er
genennet alēthaios Theos, Joh.
XVII, 3. als auch veritatem
cognitionis, da die
Begriffe seines Verstandes vollkommen mit den
Sachen selbst überein kommen.¶
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{Sp. 1973|S. 1000} |
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Diese
Erkänntniß des Göttlichen Verstandes soll uns dienen
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1) |
GOtt zu verherrlichen und seinen unendlichen und
vollkommenen Verstand zu bewundern, nach dem Exempel Davids, |
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Ps. CXXXIX, 14.
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Röm. XI, 33;
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2) |
uns zu demüthigen, wenn wir die engen Grentzen
unsers Verstandes (angustiam nostri intellectus) mit der
unendlichen Capazität des Göttlichen Verstandes vergleichen; |
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3) |
Die Geheimnisse der Christlichen Religion desto
williger zu glauben, dieweil ein unendlicher Verstand allerdings solche
Wahrheiten offenbaren kan, deren Art und Weise unser endlicher Verstand
nicht
verstehet; und |
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4) |
diesem unendlichen Verstande alle Einrichtungen
unserer Wege und Führungen zu überlassen. |
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- Walchs Philosophisches Lexicon.
-
Wolffs Theolog. Natural.
-
Müllers Einleitung in die Philosophischen
Wissenschafften II Th.
- Rambachs Dogmatische Theologie I
Th. …
- Johann Gottfried Tecke in Dissert.
metaph. inaug. de intellectu divino, Königsberg 1728.
- Daniel Michaels Diss. philosoph. de
intellectu divino.
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In Thümmigs meletematibus varii … befindet sich
Specimen physicae ad theologiam adplicata, sistens notionem intellectus divini
per opera naturae illustratam.
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