HIS-Data
Home | Suche
Zedler: Teutsche Ritter-Academien [2] HIS-Data
5028-43-131-2-02
Titel: Teutsche Ritter-Academien [2]
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 43 Sp. 137
Jahr: 1745
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 43 S. 82
Vorheriger Artikel: Teutsche Ritter-Academien [1]
Folgender Artikel: Teutsches Ritter-Recht
Hinweise:
  • Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe Hauptartikel
  • Für die Auflösung der Quellenangaben siehe: Personen

vorhergehender Text  Teil 1 Artikelübersicht  

Übersicht
4. Berlin
5. Neu- oder Christian-Erlangen
6. Liegnitz
Literatur

Stichworte Text  
 
  Wir kommen nunmehr auf die Ritter-Academie in
 
 
4. Berlin. Nachdem Ihro Königl. Majestät von Preussen, Friedrich I. allergnädigst erwogen, das in Erziehung der Adlichen Jugend grosse Mißbräuche eingerissen, indem viele unnöthige Kosten angewendet, und vergebene Reisen von hohen und niedern Standes-Personen vorgenommen wurden, ehe sie den nöthigen Grund gelegt, von dergleichen Reisen einen gehörigen Nutzen haben zu können; So beschlossen Ihro Königl. Majestät allergnädigst, eine solche Fürsten-Schule oder Academie in Dero Residentz-Stadt Berlin aufzurichten, in welcher nicht allein S. Kön. Majestät Vasallen, sondern auch Fremde aufgenommen, und nach Standes-Gebühr gehalten werden könten.
 
 
In dieser Academie solten Fürsten, Grafen, Herren; doch nicht geringere als von Adel, auch nicht länger, als wenn selbige das 16 Jahr erreichet, aufgenommen, und mit aller Nothwendigkeit versehen werden. Es solten in dieser Academie alle drey im Römischen Reiche gelittene Religions-Verwandten geduldet werden, auch einem jeglichen frey stehen, einen Geistlichen seines Glaubens, welchen er wolte, ausserhalb der Academie zu besuchen, und sich bey ihm in seinem Glauben zu erbauen; doch solle man sich des unnöthigen Disputirens enthalten.
 
 
Es solten in dieser Academie nicht allein die gebräuchlichen Exercitien, als Reuten, Fechten, Voltigiren u. Tantzen getrieben und gelehret werden, sondern es haben Seine Königl. Maj. allergnädigst verordnet, die vornehmsten und berühmtesten Professores zu beruffen, welche die vornehme Jugend in allen anständigen u. nöthigen Wissenschafften unterweisen solten, als
 
 
  {Sp. 138}  
 
 
  storie,
  • im Jure publico,
  • in der Heraldic,
  • in der Genealogie, und Notitz von hohen Prätensionen,
  • ingleichen in der Philosophie, Mathesi und allen derselben Theilen etc.
  • im Exerciren in der Mousquet und Pique nebst denen Evolutionen.
 
 
  Endlich solten daselbst die Lateinische, Frantzösische, Italiänische, Englische und Teutsche Sprache gelehret, und darauf sonderlich an der Tafel gesehen werden.
 
 
In diese aufgenommen zu werden, war freylich kostbarer, als in der vorigen. Ein Fürst solte zum Antritt 150 Rthl. geben, und jährliche Pension vor Studien, Exercitien, Tisch, Cammern, Holtz und Licht, Bette etc. 600 Rthl. Ein Graf zum Antritt 100 Rthl. jährliche Pension vor Studien etc. 500 Rthl. Ein Edelmann aber zum Antritt nur 50 Rthl. und jährliche Pension 300 Rthl. geben, in welchem letztern Stücke diese und die Wolfenbüttelische mit einander überein kommen.
 
 
Ein mehrers von dieser Academie selbst, von ihren Ober-Vorsteher, Professorn und Exercitien-Meistern, ingleichen von den Academisten, siehe in Lucä Eur. Helic. …
 
 
Es hat auch zum Anfange dieses jetzigen Jahrhunderts zu
 
 
5. Neu- oder Christian-Erlangen, wohin nunmehr die neue Bayreuthische Universität verleget worden, ein Gelehrter von Adel, Christoph Adam Groß von Trockau, der anfangs Bayreuthischer Cammer-Juncker, hernach Unter-Lands-Hauptmann zu Neustadt, ferner Ober-Hofmeister der Marggräfl. Gemahlin, und darauf Bayreuthischer Abgesandter an unterschiedlichen Höfen, endlich Ober-Director der neuen Colonie zu Erlangen gewesen, eine Ritter-Academie gestifftet, und die hierzu benöthigten Gebäude erbauen u. ausmeubliren lassen, worinnen alle Arten der Wissenschafften, Sprachen und Exercitien getrieben werden, und hat er darzu einen gewissen Fond an jährlichen Einkünfften von 4000 Gulden aus seinem Vermögen darzu bestimmet, auch dabey verordnet, daß in einem besondern Hause adliches und ander vornehmes Frauenzimmer unter Anführung einer Frantzösischen Gouvernantin erzogen, u. in allerhand dem weiblichen Geschlechte anständigen Wissenschafften unterrichtet werden solte.
 
 
Das nächste darauf folgende Jahr war der Kayser Leopold, Glorw. Andenckens, mit Stifftung einen neuen Ritter- Academie in Schlesien und zwar in
 
 
6. Liegnitz beschäfftiget. Er fasste damahls den höchstlöblichen Schluß, aus denen weyland Fürstl. Stiffts-Gütern, Capitalien und Intraden bey St. Johannis in Liegnitz eine dergleichen Academie unter dem Nahmen St. Josephi aufzurichten, wo selbst die junge Ritterschafft des Hertzogthums Schlesien in ritterlichen Qualitäten und Wissenschafften konnten unterwiesen werden.
 
 
Hierbey wurde diese Anstalt gemacht, daß anfangs darinnen nur 12 Personen, als 5 Catholischer Religion, und 7 der Augsp. Confeßion zugethane solten unterhalten, und ihnen Stube, Tisch, wie auch alle Exercitien, Sprachen und Studien ohne einiges Entgeld gantzer 3 Jahr frey gelassen werden. Die eingebohrne u. angesessene des
 
  {Sp. 139|S. 83}  
 
Fürstenthums Liegnitz solten zuerst, dann die von Brieg u. Wohlau, nachgehends auch andere Schlesische Ritter-Standes Geschlechter und Landes-Kinder eingenommen werden, jedoch nicht eher, als bis sie das 16 Jahr erreichet. Wenn andere ohne Unterscheid der Religionen diese Academie frequentiren wolten, so solten alle eingebohrne Schlesier zum Eintritt 40 Rthl. Schl. und in die Academie jährlich 200 Rthl. zahlen, wovor sie insgesammt freyen Tisch, nebst der Wohnung, freye Studien u. Exercitien, gleich denen andern geniessen und haben solten.
 
 
Zum Ober-Hofmeister dieser Academie wurde der Königl. Landes- Hauptmann in Liegnitz ernannt, und ihm nebst der Königl. Regierung aufgetragen, dieselbe zu beschützen, und bey gutem Stande mit Vermeidung aller Inconvenientien u. Unheils zu erhalten. Von ihnen dependiret der Director, welcher über alle Professores, Exercitienmeister, Academisten und alle der Academie zugethane Bedienten zu gebieten hat, und allemahl einer von Adel, hingegen einmahl ein Evangelischer, das anderemahl ein Catholischer seyn, und von Ihro Kayserl. Maj. unmittelbahr verordnet werden solte.
 
 
Wegen der Professorn u. Exercitien-Meister war die Verordnung gemacht, daß ein Professor der Rechte, ein Professor der schönen Wissenschafften, (Professor humanitatis) ein Professor der Mathematick, ein guter tauglicher Bereuter, ein Fecht- und Tantzmeister, 2 Sprachmeister im Italiänischen u. Frantzösischen solten unterhalten werden. Die Professoren u. Docenten sind sonder Distinction der Religion.
 
 
Dieses alles kam auch zu Stande, u. wurde die Academie hierauf am 19 Mertz, als an Sr. Kayserl. Majest. Nahmens-Tage des folgenden 1709 Jahres solenniter inauguriret, da denn einige Reden in dem neuen Hör-Saale gehalten, und des Abends die Academie illuminiret wurde, wovon D. August Bohse, oberster Professor dieser Academie eine ausführliche Nachricht durch den Druck bekannt gemacht hat.
 
Literatur
  • Josephs, des Sieghaften, Röm. Kaysers, Leben und Thaten, II th. …
  • Einleitung zur heutigen Historie aus denen täglich einlauffenden Zeitungen XVII St. …
  • Liegnitzischer Merckw. I. Th. …
  • Ludovici in dem Eröffneten Schau-Platze der Allgemeinen Welt-Geschichte des XVIII. Jahrhunderts I Th. …
  • Lucä Europ. Helicon V Th. …
  • Wagenseil. Disp. epist. de infundibuli sui, occasione consilio et instituto etc.
  • Theatr. Europ.
 
     

vorhergehender Text  Teil 1 Artikelübersicht  

HIS-Data 5028-43-131-2-02: Zedler: Teutsche Ritter-Academien [2] HIS-Data Home
Stand: 1. März 2013 © Hans-Walter Pries