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Zedler: Öffentlich, Publicum HIS-Data
5028-25-551-1
Titel: Öffentlich, Publicum
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 25 Sp. 551
Jahr: 1740
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 25 S. 289
Vorheriger Artikel: Öffentlich, Publice
Folgender Artikel: Öffentliche Anklage
Siehe auch:
Hinweise:

  Text Quellenangaben
  Öffentlich, Publicum, Publica, wird in denen Rechten überhaupt alles dasjenige genannt, was einem wie dem andern vermöge des einem jeden von Natur zustehenden Rechtes gemein ist, und welches zwar ein jedweder nach Beschaffenheit der Umstände nutzen und brauchen mag, dessen sich aber gleichwohl niemand als seines Eigenthums ins besondere anzumassen hat. Z.E. die Erde, die Lufft, das Feuer, das Wasser. u.s.w.  
  Und dieses zwar hauptsächlich in Absicht auf das Natur- und Völcker-Recht, als vermöge dessen ein jeder so viel Recht darzu hat, als wie der andere. Daher denn auch einem jeden der beliebige Gebrauch aller dieser obangeregten Dinge billig zu vergönnen ist. Nicht zwar daß er solche deshalber schlechterdings als sein Eigenthum ansehen, und daher die andern von einem gleichmäßigen Gebrauche ausschliessen könne; sondern weil selbige vielmehr wegen ihres gemeinschafftlichen Nutzens und Gebrauchs einem jeden gleich durch eben so viel Recht und Gewalt, und also keinem eintzigen weder mehr, noch weniger als dem andern geben.
  • Neratius,
  • Martianus,
  • Pomponius,
  • Conanus Lib. III. ...
  Nach Maßgebung des bürgerlichen Rechtes hingegen wird dasjenige öffentlich genennet, welches zwar, so viel das darauf hafftende Eigenthums-Recht anbetrifft, einer  
  {Sp. 552}  
  gantzen Gesellschafft oder Gemeine zugehöret, in Ansehung des daher entstehenden Nutzens und Vortheils aber einem jeden Mitgliede derselben, einem wie dem andern, zu gute geht, und zu Statten kommt. Z.E. Wenn jemand auf einem öffentlichen Schauplatze diesen oder jenen Ort zusehens halber einnahm; so hieß derselbe sein eigen, und konnte ihm niemand vorwerffen, daß er ihm seinen Platz weggenommen.
  • Connanus Lib. III.
  • Cicero de Finib. Lib. 3.
  Indessen aber ist hierbey gleichwohl zu mercken, daß diejenigen Dinge oder Güter, welche öffentlich genennet werden (Publica) von denen so genannten gemeinen (Communibus) wohl zu unterscheiden sind; massen diese letztern nicht allein in Ansehung ihres Nutzens und Gebrauchs einem jeden gemein sind, sondern auch des ersten des besten, so sich ihrer bemächtiget, eigen werden, da hingegen in Ansehung der erstern deren Nutzung und Gebrauch zwar ebenfalls einem jeden unverwehret ist; das Eigenthum aber betreffend, sich dessen gleichwohl keiner vor dem andern anzumassen hat.
  • l. 5. ff. de rer. divis.
  • § flumina. Inst. eod.
  • l. 30. §. 1. ff. de acquir. rer. domin.
  Doch heissen alle diese Dinge, wie bereits erinnert, insgemein nur in Absicht auf das Natur- und Völcker-Recht öffentliche, oder welches gleich viel ist, gemeinschafftliche, das ist, woran einer so viel, und keiner mehr noch weniger Recht, als der andere, hat, und deren also auch einem jeden zur Nothdurfft zu gebrauchen frey stehet. l. 7. ...
  Dahin gehören nun, wie ebenfalls schon oben gedacht worden, hauptsächlich die Lufft, das vorbey flüssende Wasser, das Meer, nebst seinen Ufern; desgleichen die Flüsse, die See-Häfen, u.d.g. Als welche Dinge alle zusammen ehemahls in so ferne vor öffentliche oder gemeinschafftliche Sachen gehalten worden, daß einem jeden daselbst zu fischen, die Schiffe anzubinden, und andere gleichmäßige Dinge vorzunehmen frey stand.  
  Welches aber gleichwohl alles nur von dem nothdürfftigen oder unschädlichen Gebrauche zu verstehen, und keines weges dahin zu deuten ist, als ob nicht schon seit denen allerältesten Zeiten die Fürsten über das Meer, die Flüße, Seehäfen u.d.g. eine besondere Macht und Gewalt, gehabt hätten, und deshalber eine oder andere selbst beliebige Verordnung machen können. Wovon unter andern Jacob Gothofredus in Diss. de Imp. Mar. nachgelesen werden kan, welche unter dessen übrigen Schrifften, so zu Genff 1540 in 4 zum Vorschein gekommen, befindlich ist.
  Ein gleiches ist auch von dem Rechte zu fischen zu sagen, als welches ebenfalls so wenig nur beständig gemeinschafftlich gebrauchet worden und ausser denen Gräntzen des Eigenthums gesetzt gewesen, daß vielmehr derjenige, welcher sich dessen eine gewisse Zeitlang gantz allein bedienet hatte, die andern davon völlig ausschliessen konnte. l. 7. ff. de divers. et temp.
  Im übrigen ist hierbey zu mercken, daß die Alten, da sie dergleichen Dinge gemeine und öffentliche (Res communes et publicas) genennet, hierinnen hauptsächlich denen Stoischen Weltweisen gefolget, als deren Lehr-Sätze unter andern auch so gar denen  
  {Sp. 553|S. 290}  
  ältern Juristen fast durchgängig besonders angenehm gewesen. Und ist bekannt, daß sich die gedachten Stoicker die gantze Welt nicht anders, als ein gewisses Reich, und daher auch das gantze menschliche Geschlecht überhaupt nur wie eine eintzige Gesellschafft oder Republick vorgestellet.
  • Cicero de Finib. Lib. ...
  • Marcus Antoninus de Reb. suis ...
  • Arrianus in Diss. Epict. ...
  • Seneca de Benef. ...
  • Besiehe auch
    • Thomas Gataker in Annot. ad M. Anton. ...
    • Thomas Stanley in Hist. Phil. ...
    • u.a.
  Nachdem nun aber auch gedachter massen die ältern Rechtsgelehrten sich die Stoische Welt-Weißheit vor allen andern gefallen liessen, und sich daher auch die gantze Welt nicht anders, als unter der Forme einer doppelten Republick vorstellten, als nehmlich einer grössern, worzu sie alle Menschen und ihre vielen Götter rechneten, und einer kleineren, welche sie einem jeden Volcke oder Staate ins besondere zueigneten; so war es anders fast nicht möglich, als daß sie die sonst so genannten gemeinen oder öffentlichen Güter ebenfalls auf eine zweyfache Art betrachteten, und auch hierunter einige in Absicht auf das Natur- und Völcker-Recht vor gemeinschafftliche oder öffentliche Dinge erkannten, welche doch nach Maßgebung des alten Römischen bürgerlichen Rechtes der gesammten Republick eigenthümlich zugehörten. Arved Noodt in Probabil. ...  
  Und in solchem Verstand nannte man so denn zu Rom eigentlich nur diejenigen öffentlichen Sachen und Güter, welche dem gesammten Römischen Volcke überhaupt, oder in so fern dasselbe eine besondere Republick vorstellte, zuständig waren; da hingegen alles dasjenige, was andern Völckern oder Städten zugehörte, zu Rom und in denen Römischen Gesetzen mehrentheils nicht anders, als andere sonst nur blossen Privat-Personen zugehörige Dinge angesehen und betrachtet worden.
  • l. bona civitatis. ff. de verb. sign.
  • Brechäus in l. eum ...
  • Spiegel.
 
  Dahin gehörte ehemahls z.E. der so genannte Campus Martius, der Marckt, die öffentlichen Schau-Plätze, die Renn-Bahnen, die öffentlichen Tempel, und andere dergleichen Gebäude, Strassen und Wege, als deren Nutzen und Gebrauch zwar dem gesammten Volcke vergönnet war, das Eigenthum aber niemanden ins besondere zustand.
  • l. 9. ff. de usuc.
  • l. 14. ...
  • Cicero Or. in Verr. 5.
  • Livius in Hist. Rom. ...
  • Hygen de Limit. ...
  • Brissonius.
 
  Endlich war auch dasjenige öffentlich (Publicum) genennet, welches dem Fürsten oder der hohen Landes-Obrigkeit, keinesweges aber dieser oder jener Privat-Person eigenthümlich zustand. Conannus Lib. III. ...  
  Worunter aber die sonst so genannten Fiscal- oder Cammer-Sachen nicht gerechnet werden, weil solche vielmehr nur als des Fürsten Privat-Eigenthum anzusehen sind. l. 6. l. 72. ...  
  Siehe auch Publica und Publicum.  
     

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Stand: 6. Dezember 2023 © Hans-Walter Pries