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Zedler: Geocentrischer Ort HIS-Data
5028-10-916-6
Titel: Geocentrischer Ort
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 10 Sp. 916
Jahr: 1735
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 10 S. 475
Vorheriger Artikel: Geoaris
Folgender Artikel: Geodaesia
Siehe auch:
Hinweise:
  • Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe Hauptartikel
  Text  
  Geocentrischer Ort, Lat. Geocentricus Locus, ist in der theoretischen Astronomie ein Punct der Ecliptic, wohin man den Planeten bezühet, wenn man ihn aus dem Mittel-Puncte der Erden betrachtet.  
  Bey der Bewegung der Planeten, davon die Astronomia theoretica handelt, hat man verschiedenes zu euoluiren, um zur wahren Erkenntniß und Berechnung derselbigen gradatim à simplicioribus ad magis composita zu gelangen.  
  Erstlich betrachtet man die Bewegung eines Planeten in seiner Bahn, als wenn solche einförmig geschehe, die man hernachmahls Motum medium nennet, um dadurch die Grösse der Bewegungen denen Zeiten, in welchen solche sich ereignen, proportioniret zu setzen, damit man auf eine jede vorgegebene Zeit den mittlern Ort eines Planeten finden könnte.  
  Hierauf untersuchet man, wie nach Beschaffenheit der Bahn eines Planeten dessen würckliche Bewegung darinnen einem Obseruatori in der Sonnen, als um welche sich die Planeten bewegen, erscheinen würde, und vergleichet solche mit der mittlern Bewegung, damit man aus dieser, welche sich auf eine jede vorgegebene Zeit leicht berechnen läst, jene finden könne.  
  Ferner pfleget man den solcher Gestallt gefundenen Ort eines Planeten in seiner Bahn auf die Ecliptic zu reduciren, als in welcher seine Bewegung nach der Länge und Breite muß betrachtet werden, welches geschiehet, wenn man aus demselben Orte des Planetens in seiner Bahn, einen Bogen perpendicular auf die Ecliptic fallen läst, der alsdenn einen Ort in der Ecliptic determiniret, welches der heliocentrische Ort eines Planetens genennet wird, Massen der Obseruator in der Sonne den Planeten auf diesen Ort der Ecliptic reduciret.  
  Wenn der Planet mit der Sonne in Opposition oder Coniunction stehet,  
  {Sp. 917|S. 476}  
  so gehet die Linie, so aus dem Mittel-Puncte der Sonnen nach dem heliocentrischen, oder auf die Ecliptic reducirten Ort des Planetens gezogen wird, auch durch den Mittel-Punct der Erden; und siehet alsdenn in diesem Falle ein Obseruator im Centro der Erden den Planeten an eben demselben Orte der Ecliptic, wo ihn der Obseruator im Centro der Sonnen wahrnimmt, daher ist alsdenn der geocentrische Ort, wohin ihn der Obseruator auf der Erden in der Ecliptic bezühet, einerley mit dem heliocentrischen Orte.  
  Allein, wenn der Planet sich nicht in Oppositione oder Coniunctione mit der Sonnen befindet, so formiret sich ein Winckel an dem Orte des Planeten in seiner Bahn von denen Linien, so aus dem Mittel-Puncte der Sonnen, und aus dem Mittel-Puncte der Erden, gegen denselben gezogen werden, welcher die Parallaxis der Erd-Bahn genennet wird; daher referiret der Obseruator in der Sonnen denselben Ort des Planeten auf einen andern Ort in der Ecliptic; und eben Falls bezühet der Obseruator in der Erden denselben auf einen von dem vorigen verschiedenen Ort in der Ecliptic, daß also ausserhalb der Opposition und Coniunction des Planetens mit der Sonnen dessen heliocentrischer Ort von dem geocentrischen Orte unterschieden ist.  
  Wir, die wir auf der Erden die Planeten obseruiren, bilden uns einen Observatorem in dem Mittel-Puncte der Erden ein, der ihre Bewegung wahrnehme, damit wir eine allgemeine Berechnung derselbigen vor den gantzen Erd-Boden anstellen können. Wenn wir demnach auf eine vorgegebene Zeit wissen wollen, an welchem Orte der Ecliptic ermeldetem Obseruatori ein Planet erscheinen würde, so ist aus dem vorigen klar, daß man aller Dings nöthig habe, dessen geocentrischen Ort zu berechnen; und dieser ist zugleich bey denen Planeten ausser dem Mond, weil sie nicht wie der Mond, eine merckliche Parallaxin in Ansehung des halben Diametri unserer Erden haben, zugleich der wahre Ort des Planetens in der Ecliptic, wohin wir ihn, die wir auf der Fläche der Erd-Kugel wohnen, bezühen.  
     
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Stand: 18. August 2013 © Hans-Walter Pries