HIS-Data
Home | Suche
Zedler: Weibs-Person, (ledige oder unverheyrathete) [1] HIS-Data
5028-54-157-7-01
Titel: Weibs-Person, (ledige oder unverheyrathete) [1]
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 54 Sp. 157
Jahr: 1747
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 54 S. 92
Vorheriger Artikel: Weibs-Person, (ledige oder unverheyrathete) [Übersicht]
Folgender Artikel: Weibs-Person, (ledige oder unverheyrathete) [2]
Hinweise:
  • Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe Hauptartikel
  • Für die Auflösung der Quellenangaben siehe: Personen

vorhergehender Text  Artikelübersicht   Teil 2  Fortsetzung

Übersicht
Jungfern: Rechte
Definition der Jungfernschaft
Beweis der Jungfernschaft
Einteilung
  wahrhaftige Jungfern
  gleich als Jungfern

Stichworte Text   Quellenangaben
  Weibs-Person, (ledige oder unverheyrathete) Lat. Innupta, heißt eine Weibs-Person, die ausser der Ehe lebet, und zwar entweder als eine solche, die sich noch niemahls verheyrathet, oder aber, deren Mann, mit dem sie verehlicht gewesen, mit Tode abgegangen.  
  Jene nennet man sonst auch gemeiniglich Jungfern; diese aber Wittwen.  
  Der letztern ihre Rechte anlangend; so versparen wir selbige bis zu dem Worte: Wittwe.  
Jungfern: Rechte Mithin bleibet uns allhier nichts übrig, als bloß von denen erstern, oder den so genannten Jungfern zu handeln. Doch müssen wir gleich zum Voraus melden, daß wir in dem gegenwärtigen Artickel weiter nichts gedencken werden, als was denen Jungfern vor andern Weibs-Bildern besonders Rechtens sey. Diejenigen Rechte aber, die ihnen mit andern Weibs-Personen gemein sind, übergehen wir billig, angesehen doch ordentlicher Weise, so offt in denen Gesetzen etwas von denen Weibs-Personen geordnet ist, hierunter auch die Jungfern begriffen werden, in so ferne nicht die Umstände und Materie ein anders an die Hand geben.
  • Göddeus ad l. 13. …
  • Carpzov P. II. …
  Wovon auch in dem Artickel: Weiber-Rechte bereits ausführlich gehandelt worden.  
  Nicht weniger müssen wir zugleich erinnern, daß wir uns alhier lediglich an die Rechte der Jungfern halten werden, da von ihrer natürlichen Beschaffenheit schon in dem Artickel: Jungfer, im XIV Bande, p. 1608 u.ff. und Jungfrauschafft, ebend. p. 1618 u.ff. das nöthigste beygebracht worden.  
Definition Es ist also im rechtlichen Verstande eine Jungfer nichts anders, als eine solche Weibs-Person, so sich mit keinem Manns-Bilde jemahls fleischlich vermischet, oder die kein Mann erkannt hat, sondern noch unversehrt ist. 
  • Struv. S.I.C.
  • Pagenstecher de Jure Virginum …
  Oder wie Pabst Innocentius III. in C. 6. X. de frigid. schreibet, virgines esse mulieres, quibus naturales serae a viro nondum reseratae; Das ist: Jungfern sind Weibs-Bilder, denen die natürlichen Schlösser von einem Manne noch nicht aufgeschlossen worden. Aus dieser Beschreibung erhel-  
  {Sp. 158}  
  let sogleich, wie in dem Falle, wenn Zweiffel vorfällt, man eine Weibs-Person vor eine Jungfer halten muß, aus Ursache, weil die fleischliche Vermischung, oder, wie der Pabst redet, die Aufschliessung des natürlichen Schlosses eine Sache ist, die in einer That beruhet, dergleichen aber werden nicht vermuthet, sondern müssen erwiesen werden; besonders da auch die Jungferschafft eine von Natur angebohrne Eigenschafft ist, natürliche Dinge aber werden im Zweiffel vermuthet, weil keine Veränderung vermuthet wird, sondern erwiesen werden muß,
  • l. 22. ff. de probat.
  • Mascard de Probat. …
  • Menoch de Praes.
Beweis der Jungfernschaft Folglich darf die Weibs-Person, die sich vor eine Jungfer ausgiebt, nicht ihre Jungfrauschafft erweisen, sondern derjenige, welcher behauptet, sie wäre keine Jungfer, muß solches beweisen; auch in denselben Falle, wenn nicht die Weibs-Person selbst, sondern eine andere Person, sie vor eine Jungfrau achtet, und sich darauf gründet. Pacianus de probat. …
  Es hätte denn die Weibs-Person sich  
 
1) von einem Manns-Bilde schwängern lassen, die Manns-Person aber leugnete, daß sie dazumahl eine Jungfer gewesen wäre, als in welchem Falle ihrem Vorgeben nicht so schlechterdings Glauben beyzumessen, noch dem Manns-Bilde, ohngeachtet der natürlichen Beschaffenheit, vor die sonst doch jederzeit die Vermuthung ist, der Beweiß auferleget wird. Vielmehr ist die Weibs-Person zuförderst zu schwören schuldig, daß sie zu derselben Zeit eine wahre Jungfer gewesen. Aus Ursachen, weil aus gegenwärtiger Schwängerung eine üble Vermuthung wider sie streitet, welches vermittelst des Eydes abgelehnet werden muß.
Pacianus de Probat. …
  Oder es wäre etwan  
 
2) an einem Orte vermittelst eines Statuts etwas anders verordnet, dergleichen Pagenstecher l.c. p. 15. von dem Statute zu Padua anführet, vermöge dessen eine Weibs-Personen, so über 20 Jahr alt, nicht mehr vor eine Jungfer geachtet und vermuthet wird. Wie denn auch diese Vermuthung der Jungferschafft, wie alle andere Vermutungen, durch starcken Beweiß getilget, und daß solchergestalt eine Weibs-Person keine Jungfer mehr sey, erwiesen werden kan.
 
  Darbey sich denn die Frage noch besonders äussert, wie denn das Gegentheil, und daß sie keine Jungfer sey, erhärtet werden möge? Welches gewiß etwas schweres, angesehen die so genannten Kennzeichen der Jungfrauschafft insgesamt sehr schlecht sind, und auch bey den geringsten Umständen ihren Abfall leiden. Zachias quaest. Medico-Legal. …
  Worunter die Gegenwart des hymenis oder Jungfer-Häutleins auch gezählet wird; angesehen dasselbe, da es sich noch finde, streitig, andern theils auch durch einen zähen Tritt und Schritt, Fall, Sprung und dergleichen gar wohl verletzet und getrennet werden kan. Und ob zwar sonst auch, daß in ihren Brüsten vollkommene Milch gefunden worden, eine sehr starcke Vermuthung wider sie giebt, und deshalber nach der Peinl. Hals-Ger. Ordn. art. 36. bey beschuldigtem Kinder-Morde vor allen Dingen die verdächtige Person durch die Wehe-Mutter an ihren Brüsten besichtiget werden muß; so ist doch hinwiederum selbiges nicht schlechterdings unwie-  
  {Sp. 159|S. 93}  
  derleglich: angesehen es gar wohl geschehen kan, daß auch eine Jungfrau, so noch von keinem Manns-Bilde erkannt worden, Milch in ihren Brüsten haben könne. Kornmann de Jure Virgin. …
  So ist auch dieses kein trifftiger und ungezweifelter Beweiß, wenn die Weibs-Person bey der ersten fleischlichen Vermischung nicht geblutet hat, folglich das Betttuch nicht blutig gemacht worden; angesehen auch natürliche Ursachen, besonders bey schon erwachsenen und starcken Weibs-Bildern, solches haben verhindern können, auf gleiche Weise, wie dessen blutiger Erfolg die Jungfrauschafft nicht unwidersprechlich beweiset, weil listige Weibs-Bilder hierwieder schon Mittel genug zu ersinnen wissen. Pacianus de Probat. …
  Um soviel weniger mag aus dergleichen Vermuthungen und Anzeigungen geschlossen werden, es sey eine Weibs-Person keine Jungfrau gewesen, wenn dieselbe bereits geheyrathet, oder auch gebohren gehabt. Dahero wenn eine Manns-Person seine Frau beschuldigt, sie wäre nicht Jungfer gewesen, mag von der Jungferschafft vor der Hochzeit, durch keine angestellte Besichtigung der Weh-Mutter, etwas geurtheilet werden. Horn Class. …
  Man kan also keine gewisse Regel, nach welcher man sich bey dem Beweise richten könne, daß die Weibs-Person eine Jungfrau gewesen, machen; vielmehr kommt es lediglich auf das Ermessen des Richters, so wohl auch wenn erhebliche Umstände sich hervor thun, und dasselbe erfordern, auf die Besichtigung der Wehe-Mutter an, von denen dennoch auch dieses zu gedencken, daß, wenn selbige verschiedener Gedancken sind, eine sagt z.E. sie wäre eine Jungfrau, die andere behauptet, sie wäre keine Jungfrau mehr, derjenigen, so sie vor eine Jungfer hält, mehrer Glaube beygemessen wird, als der letztern; es äusserten sich denn verschiedene Umstände und Anzeigungen wider die Weibs-Person, daß sie keine Jungfrau mehr sey, da denn der Wehe-Mutter, welche sie vor keine Jungfer hält, in diesem Falle allerdings wider die erstere beygepflichtet wird: auf gleiche weise, wie der verehlichten Weibs-Person, welche sich berühmet, sie sey noch eine Jungfer, wenn jemand das Gegentheil anführet, wegen der Vermuthung, so wider sie streitet, kein Glauben beygemessen werden kan; sondern sie muß vielmehr das Gegentheil, und daß sie eine Jungfer noch sey, beweisen. Welches denn durch Besichtigung der Wehe-Mütter geschehen muß, denen alsdenn auch frey stehet, nicht allein den Leib und alle Glieder des menschlichen Cörpers der Frauen zu besehen, sondern weil dieses Sachen seyn, welche nicht allein mit dem Gesichte, sondern auch grossen Theils mit dem Fühlen, müssen begriffen werden, müssen solche auch ihre Schaam begreiffen und betasten. Pacianus l.c. …
Einteilung Die Jungfern aber pfleget man abermahls einzutheilen, in veras und quasi virgines, das ist, in wahrhafftige, und gleich als oder vermeyntliche.  
wahrhaftige Unter die erste Gattung gehören unstreitig alle diejenigen, denen die vorherstehende Beschreibung zukömmt. Gleicher Gestalt mag auch mit Recht hierunter gezählet werden diejenige Frau, welche sich zwar mit einem Manne verheyrathet hat, von demselben aber niemahls  
  {Sp. 160}  
  fleischlich und ehelich erkannt worden, theils weil der Mann vor der Beschreitung des Ehe-Bettes am Hochzeit-Tage gestorben, theils weil sie mit einander beständige Keuschheit gelobet, darvon in der Historie verschiedene Exempel gefunden werden, theils weil der Mann, oder die Weibs-Person, eines Leibes Gebrechens halber unfähig sind, einander die eheliche Pflicht zu leisten, dergleichen Personen denn in denen Rechten besonders uxores virgines genennet werden. Und ob zwar, wie bey der Lehre von dem Ehestande, im VIII Bande, p. 360 u.ff. und Ehescheidung, ebend. p. 351 u.ff. wie auch Unvermögen (männliches), im XLIX Bande, p. 2352 u.ff. gezeiget worden, im letzten Falle dem vermögenden und fähigen Ehe-Gatten die Ehescheidung zugelassen ist; so kan dennoch, wenn beyde Personen die Ehe mit einander fortsetzen wollen, dieses Band der Ehe, dem ohngeachtet, zwischen ihnen bestehen.  
  Hierunter gehören auch diejenigen Weibs-Personen, welche von andern abwesende seyn geehelichet und durch einen Procuratorn dem Bräutigam angetrauet worden, und der Bräutigam vor der Beschreitung des Ehe-Bettes verstorben, dergleichen Ehen unter denen Potentaten und grossen Fürsten gar gewöhnlich sind:
  • Feltmann de Promot. absent. …
  • Ludewig Disp. de matrimonio per procuratorem contracto.
  Diese werden nun in denen Rechten vor Ehe-Weiber geachtet, dergestalt, daß sie auch schuldig sind, ihre Ehe-Männer, ohngeachtet dieselben sie nicht ehelich erkannt haben, zu betrauren, ihnen auch die Erbfolge nach ihres Mannes Tode zukömmt,
  • l. 6. und 7. ff. de R.N.
  • Gail
  • Mynsinger
  • Wissenbach ad tit. de sponsal.
  • Pagenstecher de Jure Virginum
  obschon nach Sächsischen Rechten vor Beschreitung des Ehebettes die Erbfolge nicht statt findet.
  • Const. El. Sax. …
  • Berger Oecon. Jur. …
  • Rivinus Disp. de Conscensione thori …
  Hingegen weil zur Beraubung der Jungfrauschafft doch der Beyschlaf oder die fleischliche und eheliche Vermischung von nöthen, und solange dieselbe noch nicht erfolget, sie in der That eine Jungfrau ist und bleibet; so sind dieselbigen allerdings vor Jungfrauen zu achten dergestalt, daß, wenn dieses alles notorisch und erwiesen, daß der Beyschlaf nicht erfolget, oder wegen Verhinderniß die fleischliche Vermischung, eines Gebrechens der Natur halber, nicht erfolgen können, sie nicht allein vermittelst Dispensation gar wohl ihres ihnen angetrauten Ehe-Mannes Bruder heyrathen können,
  • Carpzov Iprud. Consist. …
  • Gerhard in loco de conjugio
  • Beust de spons. et matrim. …
  sondern ihnen auch nicht verwehret werden mag, fernerhin sich einer Jungfrau gleich zu kleiden, und einen Krantz zu tragen.
  • Carpzov P. III.
  • Neuenhan de Jure Viduit. …
  • Müller Disp. de Hierologia
  • Willenberg Disp. de Abusu serti virginalis …
gleich als Jungfern Was aber die andere Art, oder die so genannten gleich als Jungfern betrifft; so gehören hierunter diejenigen, welche zwar wider die jungfräuliche Zucht und Erbarkeit sich mit einer Manns-Person fleischlich vermischet, dennoch  
  {Sp. 161|S. 94}  
  aber alles so geheim gehalten, daß niemand einen lebendigen Zeugen davon siehet, und welche immer mitzu der Rechte der Jungfrauen geniessen. Pagenstecher l.c. …
  Eben hierunter rechnet auch der Kayser Justinianus in der Novella 2. diejenigen Weibs-Personen, welche nach ihrer Männer Tode beständige Keuschheit gelobet, und sich nicht wieder verheyrathet, obschon ausgemacht, daß dieselbigen die Rechte derer wahren Jungfern, welche noch keinen Mann erkannt haben, nicht geniessen können.  
  Mit bessern Rechte gehören diejenigen unter die Jungfrauen, welche genothzüchtiget, oder im Schlafe und Truncke (wiewohl dergleichen Fall sich selten zutragen kan) in der Raserey und Aberwitze, oder aber noch in ihrer Kindheit, ehe sie noch zu Verstande gekommen sind, fleischlich erkannt worden; angesehen die Jungfrauschafft grösten Theils auch im Gemüthe bestehet, welche aber durch keine Gewalt genommen werden kan. Dahero denn auch diese, daferne die Genothzüchtigte nur geschryen, und durch dieses Schreyen ihren Wiederwillen zu erkennen gegeben hat, (anders verhält es sich, wenn sie nicht geschryen, und dadurch gleichsam stillschweigends ihre Einwilligung hierein gegeben hat,) der geschehenen fleischlichen Vermischung ungeachtet, nebst andern Jungfrauen einen Krantz zu tragen, nicht verwehret wird,
  • Mascard de Probat.
  • Stephani ad Art. 119 O.C.C.
  • Berlich P. V. …
  • Brunnemann ad l. 20. …
  • Meyer Disp. de serto virginum §. 9.
  ob sie schon niemahls in einem Kloster als eine Nonne aufgenommen werden kan. Kornmann de Virginit. Jure …
     

vorhergehender Text  Artikelübersicht   Teil 2  Fortsetzung

HIS-Data 5028-54-157-7-01: Zedler: Weibs-Person, (ledige oder unverheyrathete) [1] HIS-Data Home
Stand: 24. August 2016 © Hans-Walter Pries