Titel: |
MOTIO |
Quelle: |
Zedler Universal-Lexicon |
Band: |
21 Sp. 1938 |
Jahr: |
1739 |
Originaltext: |
Digitalisat BSB
Bd. 21 S. 994 |
Vorheriger Artikel: |
Motillus (Gregorius) |
Folgender Artikel: |
Motions-Maschine (Quelmaltzische) |
Siehe auch: |
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Hinweise: |
- Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe
Hauptartikel
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Stichworte |
Text |
Quellenangaben |
MOTIO |
MOTIO, Motion,
Mouvement, die Bewegung, die Regung, ist zweyerley, |
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- eine activa, so sich von selbsten beweget;
- und die andere passiva, so von einem andern
geschiehet.
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Siehe
Bewegung,
im IIl. Bande p. 1603 u. ff. |
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Motion |
Motion, Motio, heisset auch insonderheit diejenige
Ubung und Bewegung des
menschlichen
Leibes, welche zu Erhaltung der
Gesundheit vorgenommen wird. |
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Daß selbige unumgänglich
nothwendig sey, woferne anders der
Mensch gesund leben
soll: solches ist daraus zu
schlüssen, weil selbige die
Zusammenziehung der Faserlein sowol, als der festen
Theile, und den Lauff derer Flüßigkeiten
befördert, daher die innerliche warme Bewegung der Feuchtigkeiten zunimmt, das Zähe aufgelöset, das
Feuchte aus einander getrieben, und die Ausdüfftung, welche alle Säffte des menschlichen Leibes
reiniget und läutert, freyer wird. |
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Und es haben auch vorlängst die
gelehrtesten und
erfahrensten
Ärtzte die
Nothwendigkeit einer solchen Bewegung angemercket, und in ihren
Schrifften
erwiesen. |
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Wie aber sothane anzustellende
Leibes-Ubungen einzurichten seyn, um
durch selbige die Gesundheit zu erhalten, und zu befördern, solches kan bey den
unterschiedenen
Beschaffenheiten und Constitutionen der menschlichen
Cörper ebenfalls nicht anders
als verschiedentlich festgestellet werden. |
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Uberhaupt aber ist zu mercken, daß allezeit eine beständige Gleichheit zwischen der Kost, der
Bewegung und Stärcke des Leibes müsse gesuchet werden. Denn derjenige, so viel Speise zu sich
nimmt,
muß sich auch viel bewegen; und wer
der Ruhe ergeben ist, darff auch nicht viel essen. Gleiche Bewandniß hat es auch mit der Stärcke des
menschlichen Leibes. Diejenigen, so schwacher Constitution sind, müssen sich vor starcker Bewegung
hüten; da hingegen die mit einem starcken Leibe und Gliedmassen versehene, sich wol eine etwas
stärckere, und nach
Gelegenheit |
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{Sp. 1939|S. 995} |
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wol gar eine recht starcke Motion machen können. Diesen ist es wohl erlaubet auch der stärckesten
Leibes-Ubungen, als des |
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- Reitens,
- Fechtens,
- Ringens,
- Voltigierens,
- Ball-Schlagens,
- Kegel-Schiebens,
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auch noch wohl anderer weit stärckerer Bewegungen sich zu gebrauchen; da hingegen jenen nur
ein mäßiger Spatzier-Gang, oder Fahrt, Volanten-Spiel u. a. d. und auch diese nach Gelegenheit kaum
zu erlauben sind. |
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Insonderheit aber sind denen
Studirenden die gar starcken
Motiones im geringsten nicht zuträglich; sondern selbige muß sehr gelinde seyn; oder woferne ja jemand
selbige in etwas zu verstärcken fürträglich erachten solte, muß selbige nicht gleich
Anfangs allzu hefftig seyn, sondern nach
und nach zunehmen. |
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Hiebey wird nun nicht unbillig gefraget, wann es am gesundesten, sich eine solche Bewegung zu
machen. Die
Alten haben durchgängig dafür
gehalten, daß die Motion gleich nach der Mahlzeit der Gesundheit am zuträglichsten sey, wie solches
aus dem bekannten alten Verse: |
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Post coenam stabis, aut passus mille meabis.
Nach dem Essen solt du stehen, oder
tausend Schritte gehn. |
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deutlich erhellet. Wie aber die neuern Artzney-Verständigen durch trifftige
Gründe
dargethan haben, daß durch eine gleich
nach der Mahlzeit vorgenommene Leibes-Ubung, die genossene Speisen gar zu geschwinde verdauet
werden, und folglich dem Cörper nicht die gehörige, wenigstens keine so gute
Nahrung geben, als erfordert wird; mithin
die Ruhe nach der Mahlzeit dem Menschen weit fürträglicher sey, als die Bewegung: so dürffte daher die
Motion wol vor der Mahlzeit gesünder seyn, als nach derselben. Jedoch ist dabey anzumercken, daß
solche Bewegung nicht gar zu kurtz vor der Mahlzeit geschehe; oder man wenigstens nicht eher Speise
zu sich nehmen müsse, als bis sich die Unruhe des Leibes ein wenig geleget. |
von Rohrs Einleitung zu der Klugheit zu Leben,
VIII. Capitel §. 59. u. ff. |