Titel: |
Sittliche Nothwendigkeit |
Quelle: |
Zedler Universal-Lexicon |
Band: |
37 Sp. 1866 |
Jahr: |
1743 |
Originaltext: |
Digitalisat BSB
Bd.
37 S. 946 |
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Sittliche Möglichkeit |
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Sittliche Unmöglichkeit |
Siehe auch: |
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Hinweise: |
- Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe
Hauptartikel
- Für die Auflösung der Quellenangaben siehe:
Personen
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Text |
Quellenangaben |
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Sittliche
Nothwendigkeit, |
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- Moralische Nothwendigkeit,
- Nothwendigkeit der
Moral,
- Nothwendigkeit der
Handlungen,
- Nothwendigkeit
der Sitten,
- Nothwendigkeit in der
Freyheit,
- Moralis
necessitas,
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ist diejenige Beschaffenheit der freyen Handlungen der Menschen, so fern sie vom
Gesetz
determiniret werden, daß sie entweder
müssen
geschehen, oder
unterlassen werden. |
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Der Mensch kan nach seiner zweyfachen
Natur
zweyerley Handlungen
thun:
physicalische, welche
nothwendig sind und keinem Gesetze unterworffen;
und moralische, die von der
vernünfftigen
Seele
dependiren, und in des Menschen
Willkühr
stehen. |
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Diese letztere können von dem Gesetze
determiniret werden, daß, wenn dieses geschehen,
daß entweder etwas geboten oder verboten worden,
so
nennt man sie die nothwendige Handlungen,
welche Nothwendigkeit aus der
Obligation
des Gesetzes entspringet, daß es heist: du must das thun, jenes unterlassen. Man
nennt sie auch die moralische im engern
Verstande |
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{Sp. 1867|S. 947} |
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weil alle
Moralität, daß eine Handlung
gut oder
böse ist, vom Gesetze herrühret; da hingegen
diejenigen, die nicht ausdrücklich geboten oder
verboten, zuläßige heissen. |
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Manche Handlung ist in dem
weltlichen
Gerichte zuläßig; die aber in dem göttlichen
verboten,
z.E. die Trunckenheit an sich wird von der
weltlichen Obrigkeit nicht
bestrafft; vor
GOtt aber ist
sie eine schwere
Sünde: Gleichwie eine Handlung
vor GOtt zuläßig seyn kan, die hingegen durch ein
Bürgerliches Gesetz verboten, wie z.E. bey einer
Kleider-Ordnung geschicht. |
Man lese hier Johann Samuel
Stryckens
Dissertation de jure liciti, sed non
honesti nach. |
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Die Nothwendigkeit der Sitten ist nur eine
Nothwendigkeit unter einer Bedingung (necessitas
hypothetica), die der Freyheit nichts schadet. |
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