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Zedler: Länge eines Orts HIS-Data
5028-16-189-3
Titel: Länge eines Orts
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 16 Sp. 189
Jahr: 1737
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 16 S. 106
Vorheriger Artikel: Länge der Nacht
Folgender Artikel: L'nge des Schattens
Siehe auch:
Hinweise:
  • Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe Hauptartikel
  • Für die Auflösung der Quellenangaben siehe: Personen

  Text Quellenangaben
  Länge eines Orts, Lat. Longitudo Loci Geographica, ist die Distantz des Meridiani eines gegebenen Ortes von dem Meridiano, welchen man als den ersten annimmt, in Graden des Aequatoris, oder der Bogen des Aequatoris, der zwischen dem Meridiano eines gewissen Orts und dem ersten Meridiano enthalten ist.  
  Man rechnet aber die Grade des Aequatoris von Abend gegen Morgen zu. Wenn man die Länge eines Orts in Ansehung des Aequatoris bestimmen will, so ist nicht genug, daß man nur seine Breite oder seinen Abstand von dem Aequatore wisse. Denn diese bestimmet weiter nichts als den Circel, der mit dem Aequatore in einer gewissen Distantz parallel gehet, und in dem dieser Ort lieget. Es sind also so viele Puncte des Ortes möglich, als in dem gedachten Parallel-Circel enthalten sind.  
  Will man also den eigentlichen Punct des Ortes in diesem Circel wissen, so muß man einen gewissen Anfang zu zählen fest setzen. Weil nemlich ein jeder Circel in sich selbst läufft, so hat er vor sich weder Anfang noch Ende, u. wenn man die Grade auf demselben zählen will, so muß man einen gewissen Punct willkührlich bestimmen, von welchem man den Anfang des zählens machen will. Weil der Circel, der durch einen gegebenen Ort auf den Aequatorem perpendicular gezogen wird, dadurch man die Breite derer Örter bestimmet, (siehe Breite eines Orts, Tom. IV. p. 1220. sqq.) der Meridianus ist, so muß einer von diesen Meridianis als der erste angenommen werden, wenn man den Grad finden will, wo ein gewisser Meridianus, der von dem ersten entfernet ist, den Aequatorem schneidet. Es haben aber nicht alle einerley Meridianum vor den ersten angenommen, (siehe davon das Wort Meridianus.) welches in Berechnung der Länge eines Ortes, und wenn man den selben auf den Charten und Globis finden will, viele unnöthige Weitläufftigkeiten verursachet.  
  Wenn man nun einen von diesen Meridianis, es sey, welcher es wolle, vor den ersten angenommen hat, und will die Länge eines Ortes nach demselben finden, so kann solches auf keine andere Weise als durch Astronomische Obseruationes geschehen. Weil nemlich die Sonne und übrigen Sterne innerhalb 24. Stunden um den gantzen Himmel herum zu lauffen scheinen, so nimmet man an jedem Orte den Eintrit der Sonne in den Meridianum vor das Ende des vorigen und vor den Anfang des folgenden Tages bey den Astronomis an. Hieraus entstehet ein Unterschied in denen Stunden verschiedener Orte, die der Länge nach unterschieden sind. In dem an einem Orte, der weiter gegen Abend lieget,  
  {Sp. 190}  
  die Sonne in den Meridianum trit, so ist sie an denen Orten, welche mehr gegen Morgen gelegen sind, schon über den Meridianum weg, und zählen also diese schon eine oder mehrere Stunden, in dem jene ihren Tag anfangen.  
  Weil aber die Sonne und Sterne eine gleichförmige Bewegung haben, und also in gleichen Zeiten gleiche Theile ihrer Circulorum diurnorum durchlauffen, welche mit dem Aequatore parallel sind, so müssen sie in dem 24. Theile eines Tages auch den 24. Theil dieses Circels durchlauffen, das ist, in einer Stunde müssen sie in denjenigen Meridianum kommen, der 15. Grade des Aequatoris von dem vorigen entfernet ist. In dem also der eine Astronomus 24. zählet, zählet der andere, dessen Meridianus 15. Grade von dem vorigen gegen Morgen lieget, 1. gegen Abend hingegen 23.  
  Weil also der Unterschied der Stunden mit der unterschiedenen Länge derer Örter beständig verknüpfet ist, so kann man aus der Astronomischen Stunde zweyer Örter den Unterschied ihrer Länge sehr leicht bestimmen. Man rechnet nemlich für jede Stunde, um welche beyde unterschieden sind, 15. Grade, wenn man also die Länge des einen Ortes schon bestimmet hat, kann man daraus auch gleich die Länge des andern bestimmen. Wenn man vor jede Stunde, die der eine mehr zählet, 15. Grade zur Länge des andern addiret, wo er aber weniger zählet, subtrahiret.  
  Weil man in den Ephemeridibus caelestibus die vornehmsten Phaenomena derer Gestirne berechnet findet, zu welcher Zeit sie sich nach einem gewissen gegebenen Meridiano zutragen, so kann man daraus den Unterschied der Länge an dem Orte, nach welchen die Ephemerides berechnet sind, und des Ortes, wo man sie obseruiret, bestimmen. Ist man auf dem festen Lande, so ist es noch sicherer, wenn man mit einem andern Astronomo zugleich obseruiret, und daraus die Länge bestimmet, weil die Berechnung doch nie Mahls so accurat ist, daß es nicht um etwas fehlen sollte.  
  Man kann zwar alle Phaenomena caelestia zu dieser Absicht brauchen, man nimmt aber doch am liebsten die Monds-Finsternissen dazu, weil diese wegen der Parallaxeos und Refraction nicht so vieler Verdrüßlichkeit und Schwürigkeit unterworffen sind. Man obseruiret nemlich die Immersion und Emersion gewisser nahmhaffter Puncte im Monde, und bestimmet daraus den Unterschied derer Längen. Nachdem man wahrgenommen, daß die Satellites Iouis viel öffterer verfinstert werden als unser Mond, hat man mit gutem Fortgange angefangen, dieselben zur Bestimmung der Länge zu brauchen. Denn bey dem Monde machet auch die Penumbra grosse Schwürigkeit.  
  de la Hire in Tabulis Ludouicianis p. 51. hat eine Art angegeben, aus denen Sonnen-Finsternissen den Unterschied der Länge zu finden, desgleichen auch Cassini Histoire de l'Academie Royale p. 103. welche aber nur vor geübte Astronomos gehören. Mehrere Nachricht hievon geben
  • Ricciolus Geograph. Reformat. ...
  • Varenius Geograph. General. ...
  • und Wolff Elem. Astr. ...
  Man brauchet die Länge und Breite derer Örter, wenn man Land- und See-Charten verfertigen oder die Fehler derselben verbessern will, ingleichen zu accurater Ausrechnung der Weite derer Örter von einan-  
  {Sp. 191|S. 107}  
  der, wovon Wolff l.c. ... kann nachgelesen werden.
     

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Stand: 11. März 2013 © Hans-Walter Pries