Titel: |
Unterscheid der Cörper |
Quelle: |
Zedler Universal-Lexicon |
Band: |
49 Sp. 2187 |
Jahr: |
1746 |
Originaltext: |
Digitalisat BSB
Bd. 49 S. 1109 |
Vorheriger Artikel: |
Unterscheid der Arten der Dinge |
Folgender Artikel: |
Unterscheid der eintzelnen Dinge |
Siehe auch: |
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Hinweise: |
- Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe
Hauptartikel
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Text |
Quellenangaben |
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Unterscheid der Cörper, solcher kommet von der verschiedenen Art der
Zusammensetzung der Theile her, und zwar
dererjenigen, daraus die beständige
Materie und
der aus ihr bestehenden Theile bestehet. |
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Es findet dieses so wohl in der
Kunst, als in der
Natur statt.
Z. E. eine silberne
Schaale und eine zinnerne Kanne sind zwey
unterschiedene
Gefässe. Die beständige Materie der Schaale ist Silber, der Kanne aber Zinn. Das
Silber ist dichter als das Zinn, und demnach
müssen die Theile des
Silbers auf eine andere Art zusammen gesetzet seyn, als die Theile des Zinnes. Ausser
dem
Unterscheide aber,
der sich in der Zusammensetzung der eigenthümlichen Materie vor sich befindet, trifft
man noch eine andere Art der aus ihnen bestehenden Theile in der Schaale und dem
Becher an; denn eine Schaale hat
gantz andere Theile als
ein Becher. |
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Wenn aber dieses genauer
erweget, so findet man,
daß zwey Cörper entweder verschiedene beständige Materie haben können, und daraus
zugleich auf
verschiedene Art
zusammen gesetzt seyn; oder daß sie einerley beständige Materie haben, und bloß auf
verschiedene Art daraus zusammen gesetzet sind; oder endlich daß sie verschiedene
beständige Materie haben und daraus auf einerley Art zusammengesetzet sind. Zum
Exempel von der ersten Art sind eine silberne Schaale und ein zinnerner Becher, davon
erst ausführlicher
geredet worden;
eines von der andern eine silberne Schaale und ein silberner Becher; eines von der
dritten, eine silberne Schaale und eine zinnerne Schaale. |
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Ob nun zwar dieses als etwas geringes von einigen verachtet werden dürffte; so
ist es doch als etwas wichtiges von denen anzusehen, welche in der
Erkänntnis
der
Natur ohne
Anstoß fortgehen
wollen. Denn
man lernet hieraus, was zu
thun ist, wenn
man die Beschaffenheit eines Cörpers erkennen will; man muß nehmlich
untersuchen, was für eigenthümliche Materie ein
Cörper an sich hat, und wie daraus seine Theile gebildet, und er aus ihnen zusammen
gesetzet worden. |
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Wenn man nun eines von diesen heraus zubringen nicht vermögend ist, so hat man
auch noch eine
unvollkommene Er-
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{Sp. 2188} |
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känntniß desselben Cörpers und darff sich daher nicht wundern, wenn man an ihm
oder von ihm herrührende
Veränderungen
wahrnimmt davon man den
Grund nicht
anzuzeigen
weiß. Was demnach
anfangs so schlecht und
geringschätzig aussahe, das hat so grossen
Nutzen, indem es
ein
Licht anzündet,
dabey man sehen kan, wie weit man es in der Erkänntniß eines Cörpers gebracht und was
einem noch daran fehlet. |
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Es kommet bey den Cörpern, die viel zusammen gesetzet sind, auch noch dieser
Unterschied vor,
daß die Theile entweder aus einerley eigenthümlicher Materie, oder aus verschiedener
bestehen. Man trifft diesen Unterschied abermahls auch in der Kunst an. Denn z.E. in
einer silbernen Kanne können alle Theile von Silber seyn; hingegen in einer Uhr kan
ein Theil aus Silber, der andere aus einen andern Metalle bestehen. Und in der Natur
ist ein Theil der Steine eben solche Materie wie der andere; allein in dem
Leibe eines Thieres
ist ein Theil Knochen, ein Theil Fleisch, ein Theil Knorpel, ein anderer Theil noch
etwas anders. |
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Und hierauf haben diejenigen gesehen, welche die Materie eines Cörpers entweder
von einerley Art, oder von verschiedener Art angeben. Wieweit aber dieses gelte, und
wie man sich dabey in acht zu nehmen hat, damit man der
Wahrheit nicht
zu nahe trete, ist aus demjenigen abzunehmen, was wieder die
völlige
Ähnlichkeit zweyer der
allergeringsten Stäublein von Herrn
Wolffen §. 587 s. Gedancken von GOtt, der Welt etc.
beygebracht worden. Und hat man auch hier zu erwegen, daß man in Beurtheilung der
Zusammensetzung nicht weiter gehen darff, als bis man auf solche Theile kommet, die
in
gegenwärtigem
Falle nicht weiter anzusehen sind, als daß sie in einem fortgehen. |
Wolff
von den Würckungen der Natur §. 22 u. f. |
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Siehe auch den Artickel: Corpus, im VI Bande, p. 1347 u. ff. |
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