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Zedler: Rühmen HIS-Data
5028-32-1754-2
Titel: Rühmen
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 32 Sp. 1754
Jahr: 1742
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 32 S. 890
Vorheriger Artikel: Rühlsdorff
Folgender Artikel: Rühmen (sich wider das Gerichte)
Siehe auch:
Hinweise:
  • Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe Hauptartikel
  • Für die Auflösung der Quellenangaben siehe: Personen, Bibel
  • Transkribierter griechischer Text der Vorlage

  Text Quellenangaben
  Rühmen, ist entweder seine eigene oder anderer Vollkommenheit und Gutes, daß man gethan oder noch thun will, öffentlich bekannt machen.  
  Solches nun kan so wohl auf eine gute und löbliche, als auch unerlaubte und bösen Art geschehen. In welchen Stücken beydes bestehe, wird in heiliger Schrifft vielfältig gezeiget.  
  1) Sich vom Creutze Christi rühmen, wie Paulus that, Gal. VI, 14. ist ein lobwürdiges Rühmen, und heist nicht so viel, als ihm selbst etwas aus eigenem Ruhm beylegen, wie es zu ersehen ist, wenn z.E. die stoltzen Werckheiligen sich des Gesetzes rühmen, und schänden Gott durch Übertretung des Gesetzes, Rom. II, 23, Cap. XI, 18,
  sondern es deutet eine Ruhe und Vergnügen an, so man über einem Dinge hat, also daß man sich darüber von Hertzen erfreuet, als wenn der Apostel anderweit sagt: Wir rühmen uns der Trübsal etc. Rom. V. 3 u.f.
  Und also rühmet sich der Apostel vom Creutze Christi, daß er in der Predigt des Evangelii nicht nur für sich zu seiner Seligkeit guten Trost gefunden, sondern auch zur Ehre seines Herrn dadurch viel Nutzen unter den Leuten schaffte, und viel zum ewigen Leben erfreuet. Er rühmet sich davon im Glauben.  
  Chrysostomus fraget allhier: Was heist denn der Ruhm des Creutzes? und antwortet darauf in der Person Pauli:  
  „daß Christus um meinet willen hat Knechts-Gestalt angenommen, und hat um meinet willen gelitten, alles, was er gelitten hat, um des Knechts willen, um des Feindes, um des Undanckbaren willen; aber also hat er mich geliebet, daß er auch sich selbst für mich dahin gegeben.„  
  Was ist wohl mit diesen zu vergleichen? fraget er noch ein mahl, und führet denn aus, was man im Glauben darüber für Freude haben, und wie man sich dessen rühmen solle. Denn fürwahr er trug unsere Kranckheit etc. Es. LIII, 4, 5.
  Davon rühmet er sich in der Liebe, indem er nicht allein voller Liebe JEsu Christi ist, sondern auch aus Liebe zu Christo und seinem Creutz, die Predigt vom Creutz Christi willig verrichtet, damit er nur mehr Seelen seinem lieben Herrn Christo zuführe, die er gerne alle wolle selig haben, wie er schreibet: wiewohl ich frey bin etc.  
  {Sp. 1755|S. 891}  
    1 Corinth. IX, 19-23.
  So rühmet er sich davon in der Hoffnung, es werde seine Predigt von Christi Creutz ferner nicht vergeblich seyn, wie er bisßhero verspühret, daß gleichwie er von GOttes Gnaden war, was er war, also seine Gnade an ihm nicht vergeblich gewesen, sondern er vielmehr gearbeitet, denn die andern alle; nicht aber ich, setzt er hinzu, sondern GOttes Gnade die in mir ist. 1 Corinth. XV, 10.
  2) Sich seiner Schwachheit rühmen, geschahe gleichfalls von Paulo, wie er sich 2 Corinth. XII, 9 also erkläret: Ich will mich am liebsten meiner Schwachheit rühmen; und sich hiermit widersetzet den falschen Aposteln, die sich ihrer Stärcke rühmeten, denn sie wolten grosse angesehene Leute seyn, die viel aus sich machten, und was besonders zu seyn sich rühmten. Aber hingegen Paulus setzte seinen wahren und vor Gott gültigen Ruhm in seine Schwachheit.  
  Schwachheit aber bedeutet hier nicht, wie es die Schein- oder Maul-Christen verstehen, die sündliche Unvollkommenheit, Mängel und Gebrechen, sondern, nach dem Sinn Pauli, seine mancherley Leiden, die er in einem langen Register nach einander erzählet. Denn in solchen Leiden konnte Paulus insonderheit denen falschen Aposteln Trotz bieten, und sie auffordern, ob sie denn auch so viel um Christi und seines Evangelii willen ausgestanden hätten, wie er?  
  Im Gegentheil war bekannt, wie die falschen Apostel und trügliche Arbeiter alle ihre Worte und Thun so einzurichten pflegten; daß sie, wie Paulus an die Galater meldet, nicht mit dem Creutze Christi verfolget würden. Aber Paulus rannte, so zu sagen, spornstreichs mitten unter alle Leiden hinein, und weil er keine Art des innerlichen und äusserlichen Leidens, welche er nicht anführte in seinem Verzeichnisse.  
  Dieses Leiden und Creutz nennet nun Paulus seine Schwachheiten, deren er sich meistens rühmen wolte. Zwar vor der Welt scheinet dieses einiger schlechter Ruhm zu seyn, gestäupet und gepeiniget zu werden, im Kercker und in Banden liegen, Fauststreiche und Spott erleiden. Ein Weltmensch wird dieses vielmehr vor die gröste Schande ansehen, und einen vor einen Thoren halten, der sich dessen noch rühmen wolte, hingegen in der Welt glücklich, hoch angesehen seyn, daß rühmet man, solche sind lobenswerth. Aber bey Paulo findet sich gerade das Widerspiel, worinnen ihm auch ein wahrer Christ nachahmet, und seinen wahren Christen-Ruhm in Creutz und Leiden setzet.  
  Weil aber auch die Gottlosen viel leiden, wie deswegen David gesprochen; der Gottlose hat viel Plage; und daher nichts gemeiners ist, als daß auch die Gottlosen sich rühmen des Creutzes und des Leidens, so fragt sichs erst: wie und was vor Leiden ist es denn, von sich ein Christ rühmen möge; Hierauf ist die Antwort: Zuförderst kan nur der sich rühmen seines Leidens, welche nicht als ein Ubelthäter leidet, sondern als ein Christ, welche nicht um einiger Sünde willen sich selbst ein Leiden zugezogen, sondern der um seines Christenthums willen, in ernstlicher Führung desselben, vieles erleiden muß. Bes. 1 Pet. IV, 11, 15.
  Nach diesem kan man sich rühmen seines Leidens, wodurch der Nahme Je-  
  {Sp. 1756}  
  su Christi verherrlichet wird, indem man um Gottes und Christi Ehre willen vieles leiden muß, und eher den Todt leiden will, als solche nicht befördern. Deswegen heist es von den Aposteln: Sie giengen frölich von des Raths Angesicht, daß sie würdig gewesen waren, um des Namens JEsu willen Schmach zu leiden.  
  Endlich kan auch nur noch der sich seines Leidens rühmen, welcher dadurch der Gemeine Gottes und seines Neben-Menschen wahres Heil an Seel und Leib in Zeit und Ewigkeit zu befördern suchet. So war das Leiden Pauli beschaffen, der von sich selbst spricht: Nun freue ich mich in meinem Leiden, daß ich für euch leide, und erstatte an meinem Fleische, was mangelt an Trübsal in Christo für seinen Leib, welcher ist die Gemeine. Grammlichs alltägl. Betracht. ...
  3) Sich rühmen in Christo JEsu, sind auch noch Worte, die Rom. XV, 17. der Apostel Paulus von sich sagt, der doch sonst nicht viel auf eigen Lob und eigen Rühmen hält, 1 Corinth. IV, 7.
  und dem dieses so zuwider zu seyn scheinet, daß er sagt: Er sey über seinem Rühmen zum Narren worden, 2 Corinth. XII, 12.
  aber hier rühmet er sich, nicht etwan vor seinen Corinthiern und aller Welt sich groß zu machen, sondern schreibet alles seinem JEsu zu, wie 1 Corinth. XV, 10.
  Drum spricht er: Ich kan mich rühmen in Christo Jesu; nicht nur den Ursprung seines Ruhms hiermit anzudeuten, daß er dasjenige, wessen er sich rühme, eintzig und allein von der Hand seines gecreutzigten JEsu her habe, wie er sonst sagt: Ich vermag alles durch den, der mich mächtig macht, Christus, Phil. IV, 13.
  wie denn alle gute und alle vollkommene Gaben von oben herab kommen etc. Jac. I, 17.
  sondern auch seine Reden hiermit zu autorisiren, und ihnen ein Ansehen zu machen, seinen JEsum auch zu einem Zeugen anzuruffen, der wisse, daß dasjenige, was er sage, wahr sey, JEsus, sein wahrhafftiger Zeuge, sey im Himmel, und der ihn kenne, in der Höhe, Hiob XVI, 19.
  Sein Ruhm selbst aber bestund darinne, daß er GOtt diene: Ich kan mich rühmen in Christo JEsu, spricht er, daß ich GOtt diene.
  • Posselt Erklärung der Ep. an die Römer ...
  • Sittigs JEsus der Gecreutzigte ...
  4) GOtt in der Gemeine rühmen, ist ein heiliges Werck, welches Ps. XXII, 23 von dem Meßia gesagt wird.  
  Denn ob derselbe wohl im Geist sahe, wie sein himmlischer Vater mit ihm, um unserer Missethat willen, schrecklich umgehen, ja in gar auf eine Zeit lang verlassen würde, wie er es in den vorhergehenden Worten nach der Länge erzählet: so verheisset er ihn doch wegen der vielfältigen Wohlthaten, die er durch seinen Tod und Verdienst denen Menschen ertheilen würde, zu preisen und zu rühmen.  
  Er will nicht nur gedencken an solche Wohlthaten, davon reden, und sie seinen Brüdern, denen Christen und Kindern Gottes zu erkennen geben, sondern ihn auch dafür loben, und seine Wahrheit, Güte und Weißheit, so er in selbigen erwiesen, preisen. Hymnēsō se, ich will dir deswegen einen und den andern Lobgesang zu Ruhm anstimmen, wie es die LXX Dollmetscher gegeben; und zwar nicht nur in meinem Hertzen, oder in einem heiml. und verborgenen Winckel, sondern mitten in der öffentl. Versammlung, so wohl der Jüden als Heyden, Männer u. Weiber,  
  {Sp. 1757|S. 892}  
  Jungen und Alten; massen das Hebräische Wort dergleichen Versammlung bedeutet, auch in solchem Verstande gebraucht wird, Esra X, 1.
  womit denn insonderheit gesehen wird auf die Gemeine der Heiligen, so sich in der wahren Kirche GOttes aus allerhand Völckern und Leuten befindet, als bey welcher für andern den Ruhm GOttes zu verkündigen der Meßias allhier versprochen hat. Griebners Leich. Pred. ...
  So ist es auch  
  5) ein lobenswürdiges Rühmen, wenn David Ps. LVI, 5 sagt: Ich will GOttes Wort rühmen, oder wie es eigentlich nach dem Hebräischen lautet: In Domino laudabo verbum ejus, in dem HErrn, oder mit dem HErrn, oder durch den HErrn, will ich sein Wort rühmen; welches einige durch einen Umsatz der Worte geben: ich will GOtt loben um seines Worts willen.  
  Lauft alles auf dieses einige hinaus, daß es so viel heist, als mit GOttes Hülffe will ich sein Wort rühmen, wie er nehmlich so wahrhafftig, und was er zusage, auch gewiß halte. Denn wie man in allen andern guten Verrichtungen der Hülfe GOttes nöthig hat; so auch absonderlich zur Erhebung seines Worts: denn das gehet meistentheils über alle Vernunft, weil er mehr thun kan, als wir bitten oder verstehen, Ephes. III, 20.
  Suchet nun ein Mensch hierzu die Hülffe GOttes nicht, oder meynet, daß er allein alles thun wolle, so wird auch seine Freude und Ruhm ob dem Worte GOttes nicht beständig seyn, sondern er wird es bald lieben, bald hassen, bald loben, bald verachten. Darum will David, wie er sonst grosse Thaten mit GOtt thun will, auch jetzo dergleichen rühmlichen Vorsatz fassen, worinnen er auch von dem Höchsten wohl gestärcket worden.  
  Er will aber rühmen GOttes Wort. Was den alten Lateinischen Dollmetscher mag bewogen haben, es zu übersetzen, Sermones meos, meine Worte, das kan man nicht sagen: Denn es heisset nach dem Hebräischen sein Wort, oder seine Worte; wiewohl Genebrard und andere sagen, es sey soviel, als sermones mihi factos, Worte, die er mir geredet hat, und habe der Vulgatus aus guter Meynung hiermit das Vertrauen Davids ausdrücken wollen, daß er GOttes Wort halte als sein Wort, und so fest versichert sey, als wäre es ihm allein und seiner Person geoffenbahret.  
  Solche Wort wollen viele von dem Special-Verheissungs-Worte GOttes annehmen, wenn er ihm durch Samuel sagen lassen, daß er nach Saul König über Israel werden solte, 1 Buch Sam. XVI, 1. u.f.
  worzu auch sonst das besondere Wort GOttes von seiner gnädigen Beschützung kommen, Ps. XCI, 14. u.f.
  wenn seine Feinde ihm schon aufs äusserste würden entgegen seyn, würde ihn dennoch GOtt schützen, denn er hätte ein mahl ein Wort geredet, darbey würde es wohl bleiben, Ps. LXII, 12.
  woraus sich auch David beständig verlassen wolte,
  • 1 B. Sam. XV, 29.
  • Ps. XXXIII, 4.
  Andere verstehen das sonderliche Gnaden-Wort, und die neue Verheissung, daß Meßias aus seinem Geschlechte solte gebohren werden, 2 B. Sam. VII, 12. u.f.
  Was stehet aber im Wege, daß man es nicht insgemein von allem Worte GOttes solte annehmen kön-  
  {Sp. 1758}  
  nen, welches zu der Zeit aus den Büchern Mosis und Josua, dem Buch der Richter, mit seinem Anhang, dem Büchlein Ruth, bestund: darinnen waren nicht nur die herrlichsten Verheissungen von dem Meßia, sondern auch die allertröstlichsten Exempel der Altväter, deren GOtt sich besonders angenommen, sie reichlich gesichtet, groß gemacht und herrlich beschützet hatte. Solches alles, will David sagen, weiß ich, GOtt hat es geoffenbahret, und mir und andern Gläubigen zum Trost aufschreiben lassen, darum will ich mich auch dessen freuen, rühmen, und damit meine Seele trösten,
  • Syr. II, 11. u.f.
  • Rom. XV, 3.
  Das Rühmen ist nach dem Hebräischen eben so viel, als Loben, und heisset mit Ruhm gedencken, gegen andere verkündigen, und davon sagen. GOtt bedarf zwar dessen nicht, weil seine Hoheit und Herrlichkeit weit über aller Menschen Ruhm und Lob empor steiget; es geschehe auch oder nicht, so wird seinem heiligen Wesen davon das geringste weder ab noch zugehen. Jedoch hat er es gerne, und auch befohlen,
  • Es. XLII, 8. 10. 12.
  • Ps. LXVI, 2. XCVIII, 4. CV, 2.
  und geschicht darum, indem wir seine grosse Herrlichkeit und Wohlthaten erkennen, so erkennen wir dargegen unserer eigene Nichtigkeit, wie wir mit allem, was wir sind und haben, nicht des geringsten Ruhmes werth sind,
  Indem aber David sich erkläret, er wolle GOtt und sein Wort rühmen, so ist es zu verstehen von allen denen Zeiten und Orten, davon er könnte erkennen, daß alsdenn und allda solcher Ruhm nöthig, oder zu vielem Nutzen ersprießlich. Denn wie die Klugheit allen Dingen Zeit und Masse fürschreibet, wenn, wie, und wo man das Gute vollbringen soll; so thut sie es auch in dem Wercke des göttlichen Ruhms. Trifft man Spötter an, die dadurch nicht gebessert, sondern zum Lästern gereitzet werden könnten, schweiget man billig stille, Matth. VII, 6.
  Hat man aber Vermuthung, dadurch Gutes zu stifften; so schämet man sich dessen nicht, sondern suchet auch andere anzufeuern, und zu gleichem heiligen Eyfer zu entzünden, denn alles hat seine Zeit,
  • Pred. III, 1.
  • Ps. XXII, 23.
  Hierher gehöret auch  
  6) wenn David Ps. XXXIV. 3 spricht: Meine Seele soll sich rühmen des HErrn; und damit von einem solchen Ruhme redet, den seine eigne Seele ihr selbst in GOtt zulege, nach eigentlicher Art des Hebräischen, da tithhalle actionem reciprocam bedeutet. Und ist dieses die Meynung: da andere viel Rühmens machen wegen ihres ansehnlichen Vermögens, sie verlassen sich auf ihre Guth, trotzen auf ihren grossen Reichthum, Ps. XLIX, 7.
  da sonst ein Weiser sich rühmet seiner Weißheit etc. Jer. IX, 23.
  ein Tyrann seiner losen Händel, Ps. LII, 3. XCVII, 7.
  so rühmet sich David seines GOttes, daß er denn wisse und kenne, Jerem. IX, 23.
  da lässet er andern gerne ihr Rühmen, sich aber schätzet er allein deswegen glückselig, daß er den König aller Könige zu seinem allergnädigsten Herrn habe. Geiers Leich. Pred. I Th. ...
  Alles dieses bißher angeführte Rühmen, wie auch wenn man sich rühmet  
   
  {Sp. 1759|S. 893}  
  mens,
  • Jer. IX, 24.
  • Es. XLI, 16.
 
  • der Hülffe und Rettung GOttes,
Ps. XX, 6. XC, 14. CVI, 47.
 
  • der Güte GOttes,
Ps. LIX, 17. CXLV, 7.
 
  • der Hoffnung der zukünftigen Herrlichkeit,
Rom. V, 2.
 
  • etc.
 
  geschiehet auf eine gute und glückliche Art.  
  Hingegen aber es ist nicht zu billigen, wenn man sich rühmet des morgenden Tages, welches Salomo verbeut, Sprüchw. XXVII, 1.
  Denn er verstehet dadurch nicht dasjenige kindliche Vertrauen, so die Gläubigen in ihrer Noth und Elend zu GOtt haben, da sie nicht zweiffeln, GOTT werde sie morgen oder in künfftiger Zeit daraus erretten, und dermahleins erlösen von allem Ubel, 2 Timoth. IV, 18.
  wie es die Arminianer erkläret haben, und daraus die Ungewißheit von unserer Seligkeit erzwingen wollen.  
  Denn diese Zuversicht ist ein Stück des seligmachenden Glaubens, ohne welchem niemand GOtt gefallen kan, Ebr. XI, 6.
  dahero sie auch bey den Gläubigen des Alten Testaments zu finden war, wie Mich. VII, 8. 9. Ps. XXXII, 11;
  sondern es meynet Salomon dasjenige eitele Rühmen, da man seinen eigenen Kräfften, mit welchen man dieses oder jenes thun will, allzuviel zutrauet, und daher ungescheuet aus Hochmuth vorgiebet, man wolle dis und das thun, da man doch seines Lebens nicht sicher, auch ohne GOttes Hülffe nichts vermag und ausrichten kan.  
  Wird also durch den Tag nicht nur die zukünftige Zeit, sondern auch metonymice im verblümten Verstande, die Sache, die man in der zukünftigen Zeit zu verrichten hat, verstanden, wie also diese Redens-Art gebraucht gefunden wird, wenn Moses auf göttliches Eingeben zu dem Jüdischen Volcke sagte: Frage nach den vorigen Zeiten, die vor dir gewesen sind, das ist, nach denen Sachen, die vor Alters und von langen Zeiten her geschehen sind, 5 B. Mos. IV, 32.
  Durch den morgenden Tag aber wird angedeutet dasjenige, so zukünftig ist, es sey nun nahe oder ferne, wie dieses Wort auch in solchem Verstande genommen wird Matth. VI. 34: Sorget nicht für den andern Morgen, oder vor die zukünftige Zeit. Heist also der morgende Tag diejenigen Wercke, so man ihm in künftigen Zeiten zu thun vorgesetzet.  
  Nun will Salomo haben, daß man sich solcher zukünftigen Wercke und Sachen nicht rühmen solle, gleich als ob man sie aus eigenen Kräfften ohne GOttes Hülffe ausführen und verrichten wolle, und daß weder externe und mit dem Munde noch interne und im Hertzen, wie jener reiche Landjuncker, dessen Feld sehr reiche Früchte gebracht hatte, bey ihm selbst sprach: Das will ich thun, ich will meine Scheuren abbrechen etc. Luc. XII, 18.
  Die Ursache ist: weil man nicht weiß, was heute sich begeben mag.
  • Griebners Erklär. der Epist. Jacobi ...
  • Scrivers Siech- und Siegs-Bette, I Th. ...
  Eben dieses, was Salomo in den angeführten Worten verboten, fand der Apostel Jacobus an denen damahligen Christen zu tadeln, denn er sagt Cap. IV, 16 von ihnen: Nun aber rühmet ihr euch in eurem Hochmuth; und braucht im Griechischen von dem Hochmuth das Wort alazoneia, so sonst nirgends im N. Testamente zu fin-  
  {Sp. 1760}  
  den, als hier, und, und 1 Joh. II, 16. von einigen hergeleitet wird von a und lazomai, sumo, daß es so viel heisse, als da man sich so viel hinaus nimmt, und zueignet, wie es denn Plutarchus erkläret von einem solchen Laster, da man von sich mehr ausgiebet, als man in der That erweisen kan; welches denn der Hochmüthigen Art und Gewohnheit ist, die mehr von sich halten, als sich gebühret, Rom. XII, 3.
  Hier verstehet der Apostel damit einen solchen Hochmuth, da sich die Christen seiner Zeit einbildeten, sie bedürfften zu ihrem Thun und Vornehmen GOttes Direction und Hülffe nicht, sondern könnten schon vor sich ausführen, was ihre Hand angefangen, so wären sie auch bey solchen Kräfften des Leibes, daß es mit ihrem Sterben noch lange keine Noth würde haben, wie etwan auch David saget: er ist so stoltz, daß er nach GOtt nichts fraget, Ps. X, 4.
  Aus solchem hochmüthigen Hertzen ist es kommen, daß die Christen damahls der zukünftigen Zeit und des morgenden Tages sich gerühmet haben; da denn [zwei Wörter Griechisch] ein solches Rühmen andeutet, da man nicht nur im Hertzen sich hoch hält, sondern auch von aussen mit dem Munde und Geberden ruhmredig aufführet, wie es denn eigentlich heisset cervicem erigere, den Halß hoch empor tragen, stoltz und aufgeblasen einhergehen, und wird damit angezeiget, daß die Christen damahls sich nicht nur im Hertzen den Vorsatz genommen, daß sie heute oder morgen in diese oder jene Stadt gehen, ein Jahr lang da liegen, handtieren und gewinnen wolten; sondern sich auch von dem Fortgang solches Vornehmens öffentlich, ohne Bedingung des göttlichen Willens und ihres Lebens gewiß versichert gehalten, es würde alles nach Wunsch müssen ablauffen, denn sie klug und mächtig genung dazu wären, haben auch mit dem Munde öffentlich sich dessen gerühmet, gegen männiglich damit geprahlet und groß gethan, und also GOttes und ihrer Nichtigkeit vergessen.  
  Vor solcher Ruhmredigkeit hat sie nun der Apostel treulich gewarnet, da er spricht: Aller solcher Ruhm ist böse. In was vor Absehen er böse zu nennen sey, davon siehe den Artickel: Ruhm (böser).
  Es ist ferner strafbar, wenn man sich rühmet  
 
  • Ps. X, 3.
  • Es. III, 19.
  Jerem. IX, 23.
 
  • der Götzen,
Psalm XCVII, 7.
  Es. XX, 5.
 
  • seiner Rache,
Ezech. XXXV, 13. 14. Cap. XXXVI, 2.
 
  • seiner Gaben, die man doch von GOtt empfangen,
1 Corinth. IV, 7
 
  • etc.
 
  Sonst aber brauchet der Apostel Paulus eine besondere Redens-Art zu seiner Rechtfertigung gegen die Corinthier, wenn er ihnen schreibet: Wir rühmen uns nicht übers Ziel, sondern nur nach dem Ziel der Regel, damit uns GOTT abgemessen hat, 2 Corinth. X, 13.
  und scheinet, daß er insonderheit diesem Einwurf seiner Feinde begegnen wolle, welche sprachen: Er gehet zu weit, und über das Ziel der Regel, so ihm GOtt abgemessen: will er ein Lehrer  
  {Sp. 1761|S. 894}  
  der Heyden seyn, wie er sich rühmet, so solle er auch an andern Orten bey denselben das Evangelium predigen: Hier ist es schon geschehen, und die christliche Gemeine hat ihre ordentliche Diener des Worts, denen er nun solch Amt überlassen, und nicht in anderer Amt greiffen solte; die würden das schon der Gebühr nach geführet, und was zu straffen, nicht unterlassen haben zu erinnern. O nein, antwortet er, wir rühmen uns nicht über das Ziel, sondern etc. und euch Corinthier, ich sey bey euch gegenwärtig oder abwesend, zu ermahnen. Denn, setzt er hinzu, wir fahren nicht zu weit, als etc. v. 24 - - 26.
  Dieses desto gründlicher zu verstehen, ist zu wissen  
 
1) daß, obschon die Apostel des HErrn seyn zu allgemeinen Welt-Lehrern gemacht,
Matth. XXVIII, 15,
 
welches sie auch mit allem Fleisse gethan,
  • Rom. X, 19,
  • Coloss. I. 23,
 
iedennoch habe GOtt einem ieden sein Ziel und Regel gesetzt, wo er predigen, und wie weit oder in welche Länder er gehen solte.
 
 
Da denn unbekannt, ob sie sich etwan zu Jerusalem darüber mit einander beredet, nachdem das erste grosse Concilium allda gehalten worden: oder in welcher Länder eigentlich dieser oder jener gekommen, weil man davon nichts gewisses findet: Unterdessen wird ein jeder von ihnen sein Ziel und Regel wohl beobachtet haben, daß er nicht zu kurtz, auch nicht zu weit gegangen ist.
 
 
2) Was besonders Paulum anlanget, so findet sich von seiner Regel diese Nachricht, daß er vor allen Völckern zu den Heyden gehen und ihnen predigen sollen,
  • Apost. Gesch. IX, 15,
  • Galat. II, 7 u.f.
  • Rom. XV. 19;
 
dahero nun mag geschlossen werden, daß Griechenland und Corinth mit zu dem Ziel Pauli gehörten, und wenn er an die Corinthier auch mit Ernst geschrieben, er hat dann nicht übers Ziel gekommen, noch in ein fremd Amt gegriffen, sondern allein gethan, was ihm von GOtt befohlen worden; wenn er sich auch damit rühmet, so rühmet er sich nicht übers Ziel, sondern nur nach dem Ziel der Regel, so ihm GOtt zugemessen hatte. Woraus von selbsten folget, wenn ein Diener Gottes sich etwan in seinem Amte rühmet, und gebührenden Eifer über die Sünden des Volcks spühren lässet, er dann auch nicht zu weit gehe, sondern allerdings in den Schrancken bleibe, so ihm der Höchste fürgeschrieben.
 
  Sonst zwar ist der Selbst-Ruhm fleischlich und strafbar, wenn er herfür gehet aus einem hoffärtigen und eingebildeten Hertzen, welches auch manchen antreibet, daß er in ein fremd Amt greiffet, aus thörichter Einbildung, es besser und vollkommener zu machen, als andere, die dergleichen verrichtet. Wenn aber der Selbst-Ruhm geschehen muß aus Noth, die Ehre des Amts zu retten, wodurch zugleich GOtt geehret wird, so mag er nicht gescholten werden, weil alsdenn viele einfältige verführete die Wahrheit erkennen, und zu bessern Gedancken gebracht werden. Da haben sie sich zu halten für Christus Diener. 1 Corinth. IV, 1 u.f.
  besonders lobt sich Paulus selbst mit sehr vielen Worten 2 Corinth. XV, 17 u.f.
  Kurtz: Wenn das eigene Lob gehet aus einem guten reinen Hertzen, daß die Ehre GOttes, und die Wahrheit seines Worts dadurch befördert werde, so ist es keine Lobsucht, darnach einer fleischlicher Weise trach-  
  {Sp. 1762}  
  tet; Die Lobsucht aber vergisset GOttes und bleibet bey sich alleine stehen.  
  Jenes war wohl auch bey dem Heylande, wenn er sagte, er wäre GOttes Sohn, das Licht der Welt, vor Abraham, und ein Richter aller Menschen; doch suchte er nicht seine Ehre, es war aber einer, der sie suchte, Joh. V, 19 u.ff. Cap. VI, 35 u.ff.
  Diese, die Lobsucht, war aufs äusserste bey den Pharisäern und Schrifftgelehrten, welche alles thaten, öffentlich beteten, fasteten und Allmosen gaben, nur daß sie vor den Leuten gesehen würden,
  • Matth. VI, 1 u.ff.
  • Luc. XVIII, 10 u.ff.
  • Ermisch Blum-Lese, VI Th. ...
  Ausser diesem wird Jac. II, 13 von der Barmhertzigkeit gesagt, daß sie sich wider das Gerichte rühme; wie solches zu verstehen sey, zeiget folgender Artickel.  
     

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Stand: 8. März 2024 © Hans-Walter Pries