Titel: |
Ingenieur |
Quelle: |
Zedler Universal-Lexicon |
Band: |
14 Sp. 693 |
Jahr: |
1735 |
Originaltext: |
Digitalisat BSB
Bd. 14 S. 368 |
Vorheriger Artikel: |
Ingenierius, (Marcus Antonius) |
Folgender Artikel: |
Ingenium |
Siehe auch: |
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Hinweise: |
- Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe
Hauptartikel
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Stichworte |
Text |
Quellenangaben |
Ingenieur |
Ingenieur, Teutsch ein
Kriegs-Bau-Meister, ist eine solche
Person, welcher die Fortification
oder die Kriegs-Bau-Kunst ausübet. |
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Er muß dahero alles dasjenige wohl
verstehen, was in der Fortification
abgehandelt wird, und also nicht nur eine
Festung geschickt anzugeben und zu
erbauen
wissen, daß der
Landes-Herr den verlangten
Vortheil darvon habe; sondern
muß auch in dem
Stande seyn, dasjenige
auszuführen, was zu Erhaltung einer Festung erfordert wird, wenn sie der Feind angreiffet; wie die
Besatzung durch vorgebauete Wercke zu meniagiren, und durch eine wohl eingerichtete Canon- und
Musqueten-Defension das Dessein des Feindes zu vernichten sey, damit derselbe sich mit überaus
starcker Trauaille der Festung nähern, und
Meister davon zu werden suchen
müsse. |
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Ausser dem aber, wann er bey dem attaquirenden
Theil sich befindet, erfordert seine
Wissenschafft,
die Attaquen wohl zu führen, die Läger, Circon- und Contra-vallations-Linien,
Approchen, Batterien,
Sappen, Minen und andere Feld-Arbeit bey Campements und Belagerungen anzuordnen; wobey er
nothwendig der Artillerie
erfahren seyn muß. |
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Gleich wie aber die Fortification und Artillerie
unmöglich ohne Arithmetic und
Geometrie zu erlernen; so ist leicht zu erachten, daß ein Ingenieur dieser beyden
Wissenschafften
unmöglich entrathen könne. Über dieses, da er Magazine, Arsenale,
Baraquen u. d. g. in einer Festung
anzugeben
verbunden ist, die Principia
aber zu solchen
Gebäuden in der
Ciuil-Bau-Kunst
enthalten sind; so ist auch diese ihme unentbehrlich. |
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Bey allen dergleichen Ausführungen solcher Baue kann man ohne
Machinen nichts ausrichten; dahero
ihme auch derjenige
Theil der Mechanic
nöthig ist, welcher von denen Rüst-
Zeugen und andern Machinen handelt. Die Zeichen-Kunst muß er wohl inne haben, damit er seine
Proiecte denen Werck-Leuten durch Risse vor Augen legen könne, wobey öffters die Perspectiv mit zu
Hülffe genommen werden muß; dahero auch diese Wissenschafft ihm nicht unbekannt seyn darff. |
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Endlich, da bey dem Marche einer Armée nicht nur dahin zu sehen, daß sie
beqvem fortkommen
könne, sondern auch keinen
Mangel an
Wasser und Fourage leide, und die
Ingenieurs dergleichen zu recognosciren mit
gebrauchet werden; so muß er auch
eine Kenntniß von der
Geographie haben, die ihm
die Situation von denen Ländereyen bekannt machet. |
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Ist er dieser Hülffs-
Disciplinen mächtig; so ist er auch in
dem Stande, sich bey jeder vorfallender |
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{Sp. 694} |
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Gelegenheit selbst zu rathen, und hat
nicht nöthig, sich bey andern erst
Raths zu erhohlen, als in
welchem Falle sein Respect mercklich periclitiret;
zugleich aber darff er nicht befürchten, durch solchen Mangel genugsamer
Erkenntniß derer darzu
erforderten Wissenschafften, bey Unternehmung wichtiger
Dinge seinem
Herrn
Schaden, sich selbst aber
Verantwortung zu zu zühen. |
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Die Capacität und Function eines Ingenieurs kann man aus demjenigen abnehmen, was
Landsberg in seinem Raisonnement von Attaquen p.
144. und 209. davon geschrieben hat. |
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Sowohl die Officiers als gemeinen unter denen Ingenieurs
führen eine Flinte, Pistolen und Pulver-
Tasche. Ihren March und Qvartier haben sie bey der Artillerie. |
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Ingenieur du Feu |
Ingenieur du Feu, siehe Feuerwercker.
Tom. IX. p. 773 |
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Ingenieur-Kunst |
Ingenieur-Kunst, ist nichts anders, als diejenige
Wissenschafft,
welche sonst Architectura militaris oder die
Fortification
genennet wird. Dahero unter diesen
Titeln Tom. II. p. 1237. seq. und Tom. IX. p. 1543. seqq,
ein mehreres davon zu finden. |
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Ingenieur-Maß |
Ingenieur-Maß, ist nichts anders, als das Rheinländische Feld-Maß, nemlich die Rheinländische
Ruthe, Schuh, Zoll, welches des Wegen das Ingenieur-Maß genennet wird, weil sich dessen die
Ingenieurs am
gewöhnlichsten in ihrer
Praxi bedienen. |
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