Titel: |
Reichs-Kleinodien (Nürnbergische.) |
Quelle: |
Zedler Universal-Lexicon |
Band: |
31 Sp. 110 |
Jahr: |
1742 |
Originaltext: |
Digitalisat BSB
Bd. 31 S. 68 |
Vorheriger Artikel: |
Reichs-Kleinodien (Aachische.) |
Folgender Artikel: |
Reichs-Kreiß, siehe Creiß |
Siehe auch: |
Zedler:
Reichs-Kleinodien |
Hinweise: |
- Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe
Hauptartikel
|
|
Text |
Quellenangaben |
|
Reichs-Kleinodien (Nürnbergische.) Diese Stücke werden in
einer
alten
1493
gedruckten
Schrifft
in drey
Classen
eingetheilet: |
|
|
In der ersten sind |
|
|
1) |
Ein Stück von der Krippen Christi, |
2) |
Ein Arm der Heil. Annä, so der Heil. Mariä
Mutter gewesen, |
3) |
Ein Zahn Johannis des Täuffers, |
4) |
Ein Stück von dem Rock des Evangelisten Johannis, |
5) |
Drey Gleiche von drey Ketten, womit Petrus, Paulus und
Johannes gebunden gewesen. |
|
|
|
In der andern Classe befindet sich |
|
|
1) |
Die Krone, |
2) |
Die Dalmatica, Chormäntel, Stola, Gürtel, Scepter,
Majestät-Apffel und andere Kleidung, bey 20. Stück oder mehr, |
3) |
Carls des Grossen Schwerdt, |
4) |
Des Heil. Moritzens Schwerdt. Diese Stücke sollen von
Kayser Carln dem Grossen herrühren. |
|
|
|
In der dritten Classe stehen, |
|
|
1) |
Ein Stück des Tisch-Tuches, auf welchem der HErr Christus
das Oster-Lamm gegessen, und das Heil Abendmahl eingesetzt haben solle. |
2) |
Ein Stück von dem Tuch, womit er bey dem Fuß-Waschen seiner Jünger
umgürtet gewesen. |
3) |
Fünf Dornen von der Dornen-Crone JEsu. |
4) |
Ein merckliches Stück des Creutzes JEsu, daran die eine
Hand genagelt gewesen. |
5) |
Das Eisen des Speers, womit dem Heylande die Seite eröffnet worden. |
6) |
Auf diesem Speer ist angehäfftet ein Nagel, womit der Heyland an das
Creutz genagelt war. Von einigen diesen Stücken soll in denen gehörigen
Artickeln
gesagt werden. |
|
|
|
Alle diese Reichs-Kleinodien sind in einen silbernen Sarg geschlossen, und
hangen oben in dem Chore der Kirchen zum Heil. Geist in Nürnberg. Weil aber
einige Stücke davon, sonderlich die Kleidungen, angefangen, sehr mürbe zu
werden; so werden sie nunmehro selten, und nur fürnehmen
Standes-Personen
gezeiget. Übrigens hat allezeit einer der fürnehmsten Nürnbergischen
Patricien
und Raths-Verwandten die Obsicht darüber. |
|
|
Wenn nun die Krönung eines Römischen
Kaysers
vorgenommen werden soll; so ergehet zuvor ein
Schreiben an die
Stadt Nürnberg,
darinn solche ersucht wird, daß sie die bey ihr befindlichen Reichs-Kleinodien
auf den angesetzten
Termin in die Krönungs-Stadt liefern soll. Der neue
König
pfleget ebenfalls dergleichen Schreiben an dieselbe abzulassen: worzu sich
sodann die Stadt willfährig erkläret. |
|
|
Es lässet aber die
Stadt Nürnberg ihre Kron-Insignien auf einem eigenen
darzu bereiteten Kron-Wagen, durch die aus ihrem Mittel bestellte
Kron-Verwahrer, mit einer
ansehnlichen Suite, und unter Begleitung
Kayserlicher
Hatschierer, auch eigener, und derer
Herren, durch welcher
Gebiet der Weg gehet,
Soldaten, an den Krönungs-Ort |
|
|
{Sp. 111|S. 69} |
|
|
bringen, allwo sie im Jahre 1711 von Kayserlichen Hatschierern, dem
Reichs-Quartier-Meister, einem Raths-Deputirten, und einer Bürger-Compagnie zu
Pferde, eingeholet worden, und einen
solennen Einzug gehalten, auch auf gleiche
Art bey der Abreise wieder zur Stadt hinaus und resp. nach Hause begleitet
worden sind. |
|
|
Daß aber einige Stücke derer Reichs-Kleinodien nach Nürnberg gekommen, soll
nach dem Vorgeben des von Czechorod die Gelegenheit hierzu
gewesen seyn: |
|
|
1) |
Daß Kayser Sigmund solche wegen des Hußiten-Krieges an einen sichern
Ort
habe flüchten wollen. |
2) |
Soll der Kayser, so
Geld bedurfft habe, nach der
Meynung dieses
Schrifftstellers,
Jahres hernach der
Stadt Nürnberg diese Reichs-Kleinodien vor 50000. Gulden
versetzt haben; allein die Stadt Nürnberg will hiervon so wenig wissen, als irgend
ein anderer Geschichtschreiber. |
3) |
Bezeuget der Pabst in seiner Bulle, der Kayser habe auch darauf gesehen,
es wäre besser, daß die Reichs-Kleinodien an einem gewissen
Orte aufbehalten würden, damit es nicht,
wie ehedessen zuweilen geschehen sey, vieles
Menschen-Blut kosten möchte, bis sie
herbey geschafft würden, da denn der Kayser vor andern Städten Nürnberg für einen
bequemen Ort dieses Auffenthalts, aus verschiedenen
Ursachen, angesehen habe. |
|
|
|
Kayser Sigmund liesse also im Jahre 1424 besagte
Reichs-Kleinodien aus dem Ungarischen Schlosse Blindenberg, unter Begleitung
zweyer Nürnbergischen
Raths-Herren und
Patricien, nehmlich Sigmund
Stromers und Pfinzigs, nach Nürnberg bringen, allwo
sie den 21 Mertz gleichsam im Triumph eingeholet wurden. Die Päbste
Martinus V, Pius und Nicolaus
bestätigten solche Translation (weil viele Reliquien dabey waren) auf ewig, und
ertheilten vielen Ablaß darzu, wie sie dann, so lange die Catholische Religion
zu Nürnberg üblich war, nehmlich bis 1524 incl. jährlich 12 Tage nach Ostern dem
Volcke mit grossem Gepränge öffentlich vorgezeiget wurden.
|
- Mosers
Deutsches Staats-Recht …
- Bericht, was
gestalt der Kayserliche Ornat und Heilightum gen Nürnberg gebracht worden, ist
in Hoffmanns Sammlung ungedruckter Nachrichten. … befindlich.
|
|
|
|