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Quellenangaben und Anmerkungen |
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Teutsche Fürsten, Lat. Teutonici Principes; |
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Von dieser ihren Rechten und Vorzügen ist zwar schon
unter denen Artickeln Reichs-Fürst, im XXXI. Bande p. 79. u.f.
Fürstliches Collegium, im IX. Bande p. 2269. u.f. Fürsten-
Recht, ebend. p. 2266. u.f. Testament eines Fürsten, und
Teutsche Gerichtsherren [1] gar ausführlich gehandelt worden.
Gegenwärtig aber wollen wir zu desto mehrer Erläuterung der
hohen Gerechtsamen noch eine und andere Frage aus dem Teutschen Staats-Rechte beyfügen. Es fragt sich also |
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HIS-Data: ergänzt aus: Teutsche Gerichts |
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I) ob die Teutschen Fürsten auch das Recht und die
Macht haben, ihre Printzen von der Erbfolge auszuschliessen? Wenn man diese Frage nach dem
Longobardischen Rechte entscheiden wolte; so wäre die
beneinende Meynung leichter zu behaupten, weil ein Vater einem Kinde sein bereits erlangtes Recht nicht nehmen, und
die Erbfolge nicht ändern könte, welche ein Lehns-Herr bey
Ubergebungen des Lehns verordnet. |
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Weil aber zwischen den Longobardischen und Teutschen
Lehn ein grosser Unterschied ist, maassen jenes blosse
Gnaden-Lehn sind, worinnen sich der Lehns-Mann nach dem
Winck des Lehns-Herrn richten muß; dieses aber so genannte
Feuda oblata, oder aufgetragene Lehen sind, so ist zwar der
Vasall schuldig, Kayserl. Majestät vor Dero Lehns- und Ober-
Herren nach Maaßgebung und Vorschrifft derer Reichs-Grund-Sätze zu verehren, die freye Disposition aber wegen
der Erfolge unter seinen Descendenten behält er, wenn
gewisse Familien-Verträge und besondere Verordnungen
derer Vorfahren denen letztern kein gegründetes Recht
gegeben, billig, und zwar dergestalt, daß er ungleiche
Theilungen zwischen seinen Kindern machen, einige mit Land
und Leuten, andere aber mit Appanagen an Gütern oder Geld
abfinden, ja gar enterben und übergehen kan, wie solches die
beständige Praxis im Teutschen Reiche, wovon man dißfalls
statt aller nur auf die Brandenburgische Historie verweisen
will, ausweist, und die tägliche Erfahrung annoch vor Augen
stellt. |
- Titius im Lehn-Recht, p. 451.
- Glafeys Pragmatische Geschichte der Cron Böhmen, p. 79.
u.f.
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Die II) Frage ist: Ob die Teutschen Fürsten vor alten
Zeiten, als sie sich ihren König gewählet, die so genannte Superioritatem territorialem, oder die Landesherrliche Hoheit gehabt? Verschiedene
Gelehrte suchen solches mit aller Gewalt zu leugnen, in
welcher Meynung sonderlich Itter. de Feudis Imperii, Cap. I.
Kulpis de Legat. |
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{Sp. 1796} |
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Stat. Imp. C. 7. Hertius de Feud. oblat. C. I. und einige
andere mehr sich befinden. Es ist aber gewiß, daß diese Sache
von der grösten Wichtigkeit sey. Daher gar sehr gefehlet wird,
wenn einige meynen, man nutze denen itzigen Teutschen
Fürsten damit nicht eines Hellers werth, wenn man ihre
Landesherrliche Gewalt in denen damahligen Zeiten suchen
wolle. Sie verdienet also wohl, daß man sie gründlich
untersuche, weil selbige unstreitig die Haupt- und Grund-
Stütze der sämtlichen Freyheit, Macht, Hoheit und Gewalt der
Teutschen Fürsten ist. |
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Bey denen Nimwegischen Friedens-Tractaten hat man
selbige fast am ersten rege gemacht, indem die Churfürsten
die alten Fürstlichen Häuser von weit anderer Ankunfft und
Ursprung zu seyn vorgaben, als sie oder ihre Vorfahren
gewesen wären. Wie wohl die Westphälischen Friedens-
Tractaten von dieser Sache auch schon etwas wissen. |
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Indessen bewoge dieses den Fürstener,[1] daß er in seinem
Werckgen de Jure Suprematus die Churfürsten und alten
Fürstlichen Häuser wegen der Landesherrlichen Hoheit
einerley Ankunfft und Ursprung zu seyn zu beweisen sich
bemühete; da denn von dieser Zeit an solcher Streit sich
gleichsam in zwey Partheyen getheilet, davon die eine dem
bemeldeten Fürstener, die andere aber dessen Widersachern
beygefallen. |
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HIS-Data: Pseudonym von G. W. Leibniz |
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Wie aber zur gehörigen Untersuchung desselben
vornehmlich zweyerley nöthig ist, einmahl eine sattsame
unvollkommene Kenntniß des alten und mittlern Zustandes
von Teutschland, und so dann, daß man erwege, ob
diejenigen, die sothanen Streit getrieben, auch die erstere
Eigenschafft an sich gehabt; so wird man bey dem letztern
gleich finden, daß die sämmtlichen Widersacher des
Fürsteners an dem andern vorher auszumachenden Puncte 1)
keinen kleinen Mangel gelitten, 2) daß sie von handgreiflichen
Affecten getrieben worden, indem sie mir auf eines andern,
als auf ihrer eigenen Fürsten ihrer Seite gewesen. |
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Denn bey dieser Sache kommt es auf kein
vorgeschütztes, es sey gleich ein wahrhafftiges, oder dagegen
nur ein blosses Schein-Ansehen irgend eines Schrifftstellers,
an, sondern es muß die Wahrheit der Sache, samt dem
Grunde derselben, den Streit heben; mithin muß man sich
nicht verführen und blenden lassen, ob Kulpisius, Hertius etc.
dieses oder jenes gelehret, sondern man muß hauptsächlich
darauf sehen, ob es auch der Wahrheit gemäß sey. |
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Nächst dem findet sich auch bey diesem Streite, daß man
von der so genannten superioritate territoriali, oder
Landesherrlichen Hoheit einen sehr falschen und irrigen
Begriff habe, ingleichen daß man die ehemaligen Teutschen
Fürstlichen Häuser mit denen nachher entstandenen sehr
unrichtig vermische, und endlich daß man von denen
Schrifftstellern der damahligen Zeiten sich einen höhern
Begriff und Vorstellung mache, mithin selbigen mehr zutraue,
als in der That an ihnen nicht zu befinden ist, von ihnen auch
nicht vermuthet werden kan. |
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Was nun also bey diesem Streite das praejudicium
Autoritatis oder die vorgefaßte Meynung anlanget, welches
an sich selber eine Sache ist, die überhaupt sehr viel Böses in
der Welt anzurichten pfleget, und |
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{Sp. 1797|S. 912} |
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die viele von Erlernung einer rechten und wohl gefaßten
Gelehrsamkeit abhält; so brauchte es keines grossen
Beweises, daß Itterus, Kulpisius, Hertius, und auch einige
andere de medii aevi, oder der mittlern Zeit, nicht
vollkommen kundig gewesen, und daß sonderlich Itter stets
mit seinem bürgerlichen Rechte angestochen komme,
welches er allenthalben mit hinein flickt, da doch weder zur
Teutschen Historie noch zum Staats-Rechte, dieses Recht
auch nicht eines Hellers werth zu nutzen und beyzutragen
vermag, indem es in selbigem nichts als Verwirrungen und
falsche Meynungen anrichtet; zu geschweigen, daß Itter in
einer Reichs-Stadt lebte, mithin an einem solchen Orte sich
befande, allwo nach der Wahrheit der Sache, und nach der
gründlichen Beschaffenheit der Historie, in einem so
wichtigen Puncte zu schreiben, fast als ein Verbrechen
möchte gehalten werden wollen. |
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Es hat seine gute Richtigkeit, daß Teutschland zu allen
Zeiten seine Haupt-Fürsten gehabt, welches denn eine Sache
ist, die eben so wenig Beweises braucht, als wenn man lange
disputiren wolte, ob auch die Sonne am Himmel stehe, indem
man nur z.E. den Ariovistus, Maroboduus, Arminius,
ingleichen das Reich der Schwaben, aus den Römischen
Schrifftstellern ansehen darff, die dieses alles sattsam
bestärcken werden. |
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Diese Fürsten aber wurden von denen Francken
überwunden, unterdrücket, und um ihre Lande gebracht,
daher sie auch als ein Stück von deren Monarchie betrachtet
werden müssen, welches alles ebenfalls solche Wahrheiten
seyn, die so wenig Beweises nöthig haben, daß derjenige, der
solche leugnen wolte, kaum den Nahmen eines Gelehrten
verdienet. |
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Daß indessen diese Fürsten, oder deren Nachkommen,
unter gedachten Francken, Duces, das ist, Stadthalter
gewesen, jedoch nachher, und als jener ihre Macht in
Teutschland allmählig abnahmen, bey der öffentlichen
Regierung eine mehrere Gewalt bekommen, als sie ehedem
gehabt, daß auch endlich diese Duces, (sie mögen nun aus
unmittelbarem ehemaligen Fürstlichen männlichen Geblüte
hergekommen, oder der weiblichen Linie nach, vornehme
Francken gewesen seyn, indem dieses zur Haupt-Sache nichts
thut) bey Ausgang des Teutschen Carolingischen Hauses, sich,
und zwar nach vorher angeführten Umständen, in natürlicher
Freyheit befunden, mithin jeder derselben aus Einwilligung
des Volcks ein Landes-Herr und Beherrscher derjenigen
Provintzen geworden, darüber er bisßher nur Dux oder
Stadthalter gewesen, sind alles mit einander auch solche
offenbahre historische Wahrheiten, daß selbige, wie gedacht,
keines grossen Beweises nöthig haben. |
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Jedoch bestärcken sie sich vornehmlich, auch von daher,
weil 1) die Franco Galli kein Recht auf sie zu haben suchten,
mithin dieselben dadurch vor frey erklärten, 2) in Teutschland
selber ebenfalls niemand war, der über sie ein Recht zu haben
begehrte, oder darzu befugt gewesen wäre. |
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Es folget also aus alle dem von selbst, daß diejenigen, die
solches leugnen wollen, ihr Vorhaben aus der Historie selber,
nicht aber nach eigenen autorithätischen Einfällen, es
unumgänglich erweisen müssen. Weil aber dieser Beweiß von
nirgends her |
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{Sp. 1798} |
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geschehen kan; so fliesset hieraus wiederum, daß 1.)
jeder der damahligen Ducum ein freyer und nicht
abhangender Herr gewesen, daher auch 2.) jeder von ihnen
seine eigene Republick hätte einrichten können, daß zugleich
3.) auch jeder dieser Ducum, ein Lands-Herr geworden,
einfolglich die Landesherrliche, oder, besser zu reden, die
Landes-Fürstliche Gewalt, allerdings aus dasigen Zeiten, nicht
aber erst aus andern, und neuern hergeholet werden müsse;
weswegen auch diejenigen, die sie vor jünger ausgeben, 1.)
nicht verstehen wollen, was Landesherrliche Macht und
Hoheit sey; 2.) die Teutschen Fürsten durch ihre widrige
Meynung gantz deutlich zu offenbahren Rebellen, und
meineydigen Herren machen, mithin dadurch denenselben
die gröste Gefahr gantz unbedachtsam über den Hals
ziehen. |
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Man sehe dem nach den rühmlichen Ursprung der
Teutschen Fürsten, nehmlich nach der Meynung Kulpisii und
einiger anderer! Das so hoch gerühmte kluge Urtheil aber des
Kulpisii, davon einige so viel Wesens machen, und worvon
unter andern eine Diss. de Conrado I. §. 7. lit. n. saget, es sey
dieser Mann eines unsterblichen Lobes werth, bestehet
kürtzlich darinnen, und ist in dessen Diss. de Legat. Stat.
Imper. c. 7. zu befinden. |
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Nam (sagt er) quod existimat eruditissimus vir, (er meynt
den Fürstener de Jure Suprematus) eam parum Principibus
honorificam esse, me non movet, (denn Fürstener hat gesagt,
wenn man der Fürsten ihre Vorfahren zu blossen
Magistratibus mache, so müssen sie per modum rebellionis,
sich in Freyheit versetzet haben, welch Raisonnnement des
Fürsteners, das es recht sey, weiter unten erwiesen werden
soll) Kulpis aber fähret fort: Praeter enim, quod propterea rei
veritas non fuerit immutanda, certe dignitati eorum nihil
quidquam detrahit, si dicantur, ab initio fuisse Magistratus.
Origo exigua non imminuit Statum praesentem. Quis
Romanorum rebus florentissimis objecit fecem Romuli? Sed
nec opus eo digredi, postquam certum hodie et conformatum
jus est. Pertinet huc, quod eleganter dixerat Boecler. Dissert.
de legislat. Germ. c. 1. §. 2. quo clariora, mutata aliicujus rei
in Republica argumenta adsunt, eo minor antiquitatis debet
esse autoritas. Et in Carolo M. p. 21. Imo si vel heri reipublicae
forma mutata esset, ut solet fieri, hodie nulla antiquitatis
auctoritas esset. |
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“Das ist: Denn ausser dem, daß um des willen die
Wahrheit der Sache nicht zu verändern gewesen wäre; so
benimmt es ihrer Würde im geringsten nichts, wenn man
sagt, daß sie vom Anfange blosse Magistrats- oder
Obrigkeitliche Personen gewesen wären. Denn ein geringer
Anfang verändert den gegenwärtigen Zustand nicht. Wer hat
doch dem blühenden Römischen Staate die schlechte
Ankunfft des Romulus vorgeworffen? Aber es ist nicht nöthig
dahin auszuschweiffen, nachdem es heut zu Tage eine
gewisse und ausgemachte Sache ist. Hieher gehöret was
Böcler in Diss. de Legislat. Germ. I. 1. §. 2. gar schön gesagt
hatte, je deutlichere Beweißthümer von Veränderung einer
Sache vorhanden, um so viel geringer soll das Ansehen des
Alterthums seyn. Und in Carolo M. p. 21. Ja wenn auch nur
erst gestern die Forme der Republick verändert worden wäre,
wie es denn zu geschehen |
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{Sp. 1799|S. 913} |
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pflegt; so gelte das Alterthum heute nicht mehr.„ |
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Wer siehet aber nicht, daß der unsterblichen Lobes
würdige Kulpisius den gantzen Streit entweder nicht
verstanden, oder mit Fleiß verkehrt habe? Denn die Frage ist
hier nicht, ob diejenigen Fürsten, die sich bey Ausgang der
Carolingischen Linie in Teutschland befunden, vorher
Ministeriales gewesen, indem man gar gerne zugestehet, daß
sie unter selbigen Duces, das ist, Stadthalter, oder, besser zu
sagen, Vice-Könige geheissen, wie deßfalls auch vorher schon
einige Erwehnung geschehen, sondern die Sache kommet
hauptsächlich darauf an, 1.) Ob sie ihrem erwählten Könige
eben eine solche unumschränckte Gewalt gegeben, als die
Carolinger gehabt? 2.) Ob sie Landes-Herrn geworden? oder
ob sie 3.) Ministeriales, das ist, Bediente ihres Königs
geblieben, gleichwie sie vorher unter denen Carolingern
abgegeben hatten? |
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Dieses letztere wollen Kulpis und Hertius, dessen Worte
eben so lauten, als wie Kulpisii seine, weswegen man sie
nicht hieher setzen wollen. Wo stehet aber der Beweiß
davon? Und eben dieses ist es, was Fürstener haben will,
wenn dieses Vorgeben zugestanden würde, daß solches
denen Fürsten allerdings zum höchsten Nachtheil gereichte.
Denn wenn sie blosse Magistrats-Personen abgegeben; so
werden Kulpis, Boecler und andere gebeten, zu zeigen, nach
was für Recht, und auf was Art, sie aus solchen Magistrats-
Personen zu würcklichen Landes-Herren geworden? |
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Denn entweder sind die Teutschen Kayser so einfältig
gewesen, und haben selber ihren Ducibus oder Stadthaltern
gantze Provintzien erb- und eigenthümlich überlassen; Oder
es sind die Duces, nach Art der Rebellen, dergleichen
geworden? Denn auf was Art die sonst zu Land und Leuten
gelanget seyn, wird in der That niemand anzeigen können,
weil hier solchen Falls kein dritter Weg übrig ist. Und eben
diesen so rühmlichen Ursprung meynen Hertius, Kulpis, und
Böcler; daher bleibet es auch, nach denen vorher gesetzten
Gründen, und wenn man dieser ihrer Meynung so blindlings
annimmt, darbey, daß die Vorfahren der Teutschen Reichs-
Fürsten anders nicht, als Rebellen, zu Land und Leuten
gelanget seyn müsten. |
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Doch Kulpis ist leicht mit einer Entschuldigung fertig,
indem er sagt: Es wird der Hoheit eines Fürsten im geringsten
nichts benommen, wenn man sage, daß sie vom Anfange
blosse Magistrats-Personen gewesen. Allein eben dieses heist
den gantzen Streit und den Grund desselben entweder
unverständig oder gefährlich umgekehrt, indem, wie bereits
erwiesen worden, eines Fürsten Vorfahren zwar wohl
Magistrats-Personen können gewesen seyn, sie sind aber
nachher gantz billiger Weise, und aus gerechten Ursachen,
Landes-Herren geworden. |
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Allein darvon ist hier nicht die Rede; daher heisset denn
das gantze Kulpisische Gewäsche so viel, als nichts, zur Sache.
Er hätte auch gar nicht nöthig gehabt, den längst
vermoderten Romulus herbey zu schleppen, welcher ja keine
Magistrats-Person war, sondern so gleich einen Fürsten
abgab. Noch weniger taugt sein Goliath, der Böcler, mit
seiner Autorität etwas, weil dieser Mann |
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{Sp. 1800} |
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groß war, was die Belesenheit betrifft, in Mignatur aber
erschiene er in Ansehung seiner Beurtheilungs-Krafft. |
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Und was sollen denn diese Worte heissen: Quo clariora
etc. Denn wenn in einem Staate eine Veränderung
vorgefallen; warum soll denn dessen ehemahliger Zustand
nichts mehr zu dessen Kenntniß beytragen? Und was für eine
sonderbare Weißheit ist denn in diesem nichts auf sich
habenden Worten verborgen? Dergleichen von denen
alsobald darauf folgenden auch zu sagen stehet. |
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Gewiss, wenn die Kenntniß des vormahligen Zustandes
eines Staates nach des Böclers Meynung nicht nöthig ist; so
darff man sich weiter um nichts bekümmern, als nur allezeit
den gegenwärtigen Zustand desselben zu wissen. Woher will
man aber verstehen lernen, daß eine Veränderung darinnen
vorgefallen? Also weiset ja die gesunde Vernunfft selber, daß
Böcler etwas daher gesagt, von dem er ohne Zweiffel selbsten
nicht gewust, was es seyn solle. Und Kulpisius hat in diesem
Stücke seinem Leiter auch also gefolget. |
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Doch man ist vielleicht auf alles dieses mit einem
Einwurffe bereit, welchen man auch überaus geschickt, wie
man sich einbildet, zu heben weiß. Denn spricht man: Wenn
du der Fürsten ihre Rechte und Landesherrliche Gewalt nicht
von daher ableitetest; so giebst du dadurch dem Kayser ein
Schwerdt in die Hände, mit dem er seine beschworne Wahl-
Capitulation, wie, und wenn er will, nach Gefallen durchboren
und zernichten kan. |
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Alleine, fähret man fort, erlaube mir, daß diese deine
Furcht nichts heisset, und daß der Kayser, wenn er dieses
thun will, an alle deine Einwendungen sich nicht kehren
werde. Daher lasset uns vielmehr Gott bitten, daß ein Kayser
auf solche Gedancken nicht falle, die, wenn sie ihm einkämen,
der Fürsten ihre Rechte doch nicht vermindern würden, und
vielleicht würde aus so unverhofftem Ubel, wieder zu
gelangen, sich etwan auch ein Weg anweisen. |
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Alleine abermahls ein vortreffliches wohl ausgesonnenes
Raisonnnement! Es hat aber seine unwidersprechliche gute
Richtigkeit, daß durch solche falsche Grund-Sätze, die der in
denen Teutschen Geschichten vor andern sehr gründlich
erfahrne von Ludewig, in seinem 1729. ausgelassenen
Lections-Patente, p. 10. gantz recht Irrgeister und
Planetenleser nennet, einem Teutschen Kayser ein Schwerdt
in die Hände gelegt werde, der Teutschen Chur- und Fürsten
ihre Rechte darmit zu zerschneiden, indem, wenn sie als
Magistrats-Personen abgefallen seyn, so denn die
unwidersprechliche zwey Schlüsse daraus folgen, daß solches
1.) nach Art der Rebellion geschehen, 2.) daß das Reich
ehedem erblich gewesen. |
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Wie nun hier kein drittes statt hat; so bleibet vielmehr
auf Seiten der Kayser die Rechts-Regel stehen, was vom
Anfange ungültig gewesen, kan in keiner künfftigen Zeit eine
Gültigkeit erhalten, einfolglich sind sie befugt, die Fürsten, als
Nachkommen vormahliger Rebellen, wieder über den Hauffen
zu werffen. Man wird aber, ohne an einem Teutschen Kayser
selber, und zugleich auch an denen Chur- und Fürsten sich
nicht auf das ärgste zu versündigen, dergleichen Dinge lehren,
die gleich- |
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{Sp. 1801|S. 914} |
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wohl aus obigem Raisonnnement folgen. |
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Das übrige von selbigem ist ein Gewäsche. Denn was soll
denn vor ein unverhoffter Deus ex machina, oder
eingebildete göttliche Hülfe erscheinen, so denen Chur- und
Fürsten beystehen würde, wenn sie etwa der Kayser um ihre
Rechte bringen wolte? Und welcher Vernünftige wird leugnen
können, daß eben solche Lehren, die Kulpis, und andere
ausgestreuet, zu innerlichen Unruhen gleichsam Thür und
Thor aufgemacht haben, und noch aufmachen? |
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Der Gegentheil aber geht in seiner vermeinten
politischen Philosophie noch weiter, indem er glaubet, es sey
die Landesherrliche Hoheit nur nach und nach entstanden
und gewachsen. Bey diesem Vorgeben ist nur zu erinnern,
daß man dieser Leute ihre Landesherrliche Hoheit sich als ein
Kräutgen oder Saamen-Korn vorstellen muß, welches,
nachdem es ausgestreuet worden, nach und nach
aufgegangen, und gewachsen, von dem Tertio Comparationis
will man nicht sagen, sondern nur bey dem Gleichnisse selber
bleiben. |
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Denn erstlich wird gantz unvermerckt dadurch
behauptet, daß das Teutsche Reich ein Erbreich gewesen,
darinnen die Kayser einander, wie in Erb-Staaten zu
geschehen pfleget, beständig nachgefolget; nachmahls aber
giebt man ihnen auch eine unumschränckte Gewalt. Hierauf
streuen in diesen Staats-Garten die Fürsten den Saamen der
Rebellion aus, nehmlich sie fallen von denen Teutschen
Königen und Kaysern ab, und suchen sich zu Herren der ihnen
anvertraut gewesenen Drittländer zu machen. |
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Diese Rebellionen nehmen immer mehr und mehr zu, biß
sie endlich feste Wurtzel geschlagen, und auch Früchte herfür
gebracht, das ist, biß endlich die Kayser nichts mehr zu sagen
gehabt, sondern es haben die Fürsten in denen an sich
gerissenen Ländern sich vollkommen feste gesetzet. Und also
siehet die Landesfürstliche Hoheit der Teutschen Fürsten aus,
wie sie Kulpis und einige andere abschildern. Und nach
solcher ist eben dieses der wahre Ursprung derselben. Man
sehe abermahl den herrlichen Ursprung! |
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In dieser Sache aber vernünfftig zu verfahren, muß man
1.) wissen, was denn Landesfürstliche Hoheit eigentlich seyn
solle? Es soll demnach dieselbe, nach der gemeinen Lehre
einiger Staats-Lehrer, so viel heissen, als eine Ober-Gewalt in
einem Lande, die, wenn man diese Benennung recht
ansiehet, so viel zum Grunde legt, daß selbige vordem ein
anderer gehabt, deme sie aber nach und nach entwendet
worden, einfolglich kommet es hierbey wiederum gantz
unvermerckt auf das vorige hinaus, daß man nehmlich
sothane Ober-Gewalt unrechtmäßig erlanget habe, welches
der vorgemeldete Herr von Ludewig, im kurtz vorher
angeführten Orte p. 10. ebenfalls erinnert. |
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Denn weil die alten Staats-Lehrer in der Historie des
Vaterlandes grosse Idioten waren, anbey ihre Köpffe voll
solcher Grillen hatten, als ob das Teutsche Staats-Recht aus
denen 3. letzten Büchern des Justinianischen Codicis
hergeholet werden müste; so verstünden sie freylich nicht,
mit was vor einem geschicklichen Nahmen sie der Teutschen
Chur- und Fürsten ihre Landesherrliche Bothmäßigkeit
benennen solten. |
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Weil aber diese Benennung den vorher angewiesenen
schlimmen Ursprung in sich begreifft; so sahe Fürstener wohl,
daß man |
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{Sp. 1802} |
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dadurch denen Chur- und Fürsten schlechte Dienste
thue, daher er auch die Worte Jus Suprematus dafür an die
Stelle setzet, oder, daß man der Chur- und Fürsten ihre
Gewalt Landesfürstliche Hoheit und Bothmäßigkeit nennen
müsse. Welche Fürstenerianische Benennung, gleichwie sie
nicht nur der Sache, und der Historie selber gemäß ist, also
verdienet sie auch allerdings ihren Beyfall, mithin muß man
die falschen Kulpisianischen Grundsätze billig fahren
lassen. |
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Hiernächst ist 2.) bey dieser Benennung auch wohl zu
unterscheiden, die Art der Erlangung derjenigen Häuser, die
aus denen ehemaligen alten Fürstlichen Häusern ihren
Ursprung her haben, und derer, die aus Zerreiß- und
Zerfallung der Provintzien entstanden, welchen hochnöthigen
Unterscheid zwar nicht alle Staats-Lehrer und Reichs-
Historien-Schreiber in Acht zu nehmen pflegen, der aber doch
gleichwohl in der Historie selber gegründet ist. |
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Denn was jene anlanget; so haben sie die
Landesfürstliche Gewalt unmittelbarer Weise von ihren
Vorfahren, und diese ursprünglich vom Volcke, und zwar
ohne einiges darzwischen gekommenes Mittel erlanget,
nachdem nehmlich selbiges, von einem Fürsten sich
beherrschen zu lassen, beliebet. |
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Diejenigen hingegen, die durch Zerreissung der
Provintzien entstanden, haben solche zwar auch vom Volcke
überkommen; es ist aber dießfalls ein gewisses darzwischen
kommendes Mittel vorhanden gewesen. Nehmlich die Kayser
haben das Volck eines Gebiethes von dem Zusammenhange
loß gemacht, und vor frey erkläret, weil der Landes-Herr oder
dessen Haus, nicht mehr vorhanden gewesen; darbey sie
denn denjenigen, den das Volck vor seinen Fürsten und Obern
erkannt, vor einem Fürsten, und mit dem Reiche verknüpfften
erkennet, wie alles dieses abermahls die Historie selber zur
Gnüge bestärcket. |
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Man hat also gantz nicht nöthig, eine besondere
Aussäung und Aufwachs der Landesherrlichen Gewalt zu
erdichten, indem, offt gewiesener massen, denen Fürsten
dadurch eine schlechte Ehre zugezogen wird; sondern man
muß die Sache vielmehr vorstellen, wie solche an sich selber
ist, und wie sie sich aus der Historie ergiebet. |
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Weil indessen dem Gegentheil hierbey beliebet, seine
Sätze auf die Einfälle anderer zu gründen; so verpallisadiret
sie jetztberührter massen solche auch allermeistens mit dem
Ansehen des Kulpis und einige anderer. Doch wie die
Gelehrsamkeit und die Richterliche Klugheit absonderlich
erfordern, daß man dasjenige, was man saget, lehret, und
schreibet, nicht mit denen blossen Zeugnissen anderer
bestärcke, (denn dieses heist im Grunde nichts anders, als
daß man selber nicht geschickt sey, etwas kluges und
gründliches vorzubringen, sondern daß man deßfalls nur
nachbete, was andere vorher gesagt haben,) sondern man
muß seine Lehren mit guten vernünftigen und tüchtigen
Gründen bestärcken; also will dieses Gundling selber, in
seinem Conrado I. §. 7. lit. g. haben, indem er sagt: In
historicis non nisi Testimoniis veterum roboranda sunt
prolata; Das ist, in historischen Sachen, muß man sein
Vorgeben allezeit mit Zeugnissen der Alten bestärcken. |
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Man muß also das Vorgeben wegen der |
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{Sp. 1803|S. 915} |
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Landesherrlichen Hoheit, und deren Ursprung, allerdings
aus der Historie erweisen. Denn in wie ferne es dem Kulpis
und andern an der Kenntniß der mittlern Zeiten gefehlet
habe, zeigen nicht nur deren Schrifften; sondern es weiset es
auch die Sache selber. Was soll nun also in so hochwichtigen
Dingen aus solcher Leute ihren Zeugnissen vor ein Beweiß
erfolgen, die von solcher selbsten keinen rechten, sondern
vielmehr einen gantz falschen Begriff gehabt? |
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Nebst dem ist sattsam bekannt, wie vieles die Rechte von
einem Manne erfordern, wenn er einen unverwerflichen
Zeugen soll abgeben können, ingleichen, mit was vor vielen
Umständen und Einschränckungen sie ein Zeugniß, wenn es
behörig seyn, und einen sattsamen Beweiß darlegen soll,
ausgekleidet und versehen wissen wollen. Weil aber alle diese
Erfordernisse an dem Kulpis und verschiedenen andern
ermangeln; was können dann aus ihren Schrifften vor
Beweise genommen werden, die in diesen wichtigen
Umständen hinlänglich seyn solten, und wider welche nicht
unendlich viel eingewendet werden könte? |
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Wie nun aber alles dieses seine gute Richtigkeit hat; also
ergiebt sich auch hieraus von selbsten, daß selbigem in dieser
Sache nicht zu trauen sey, mithin, gleichwie er sich selber
verführet, also hat er auch mit sothanen falschen Grund-
Sätzen andere wiederum verführet. Was hat aber ein
vernünfftiger und redlich gelehrter Teutscher davon, daß er
denen sämmtlichen teutschen Chur- und Fürsten, und mit
selbigen seinen eigenen Landesherrn, so grosse Gefahr und
Nachtheil zuziehet, auch dadurch einen Weg zeigen will, wie
nach jene über den Hauffen zu werffen, in dem Reiche selber
aber blutige Unruhen entstehen sollen? |
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Und gewiß, den Grund zu allen solchen falschen Lehren
hat sonderlich der Reinking in seinem Wercke de regimine
seculari et ecclesiastico geleget, indem er die Churfürsten zu
Römischen Praesidibus Provinciarum, die Fürsten zu
Senatoren des Römischen Staates, die Grafen und Freyherren
aber zu Apparitoribus, und dergleichen der ehemahligen
Römischen Monarchie machet, mithin selbige insgesammt
allen diesen Leuten vergleichet, welchem Reinking nachher
Kulpis, und andere, mit einiger Veränderung fleißig
nachgefolget, und dieses Irrlicht gleichsam beständig vor
Augen gehabt haben. |
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Bey einem rechtschaffenen Teutschen Reichs-Geschicht-
Schreiber und Staats-Gelehrten muß es also vornehmlich
heissen, was dorten stehet: Gebet dem Kayser, was des
Kaysers, aber auch denen Reichs-Fürsten, was das ihre ist.
Einem teutschen Kayser bleiben seine hohen Rechte und
Reservata allerdings, an denen zu vergreiffen sich niemand
unterstehen darf; und diese zeigen die Wahl-Capitulationes
auch gantz deutlich. Die Chur- und Fürsten aber, und andere
Reichs-Stände behalten ihre, auf sie, von deren hohen
Vorfahren rechtmäßig abgestammte, Ober-Landesherrliche
Hoheit und Gewalt ebenfalls, darinnen auch kein Kayser,
deme die innerliche Wohlfahrt des Reiches oblieget, wie
solche die Ruhmvollen Österreichischen Kayser immer vor
Augen gehabt, jenen |
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{Sp. 1804} |
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einen Eintrag zu thun begehret, sondern er bemühet sich
vielmehr, einen jeden Chur- und Fürsten, und Reichs-Stand,
bey denen wohl-erlangten Rechten zu erhalten, vornehmlich
der seine Ober-Landesherrliche Gewalt mit jener ihrer in so
weit selber beständig verknüpffet ist. |
Zschackwitz allerneuester Zustand von
Europa VIII. Theil. |
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Besiehe anbey auch den Artickel Landes-Hoheit im XVI.
Bande p. 500. u.f. |
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Warum aber III.) die Teutschen Fürsten ehemahls bey
dem Ausgange des Carolingischen Hauses zu der Wahl eines
neuen Königs geschritten, da doch ein jeder von ihnen seine
eigene Republick hätte anrichten können, gleichwie ein
solcher Zustand in Teutschland war, bevor sie unter der
Francken Joch geriethen, dazu haben sie gewiß gar erhebliche
Ursachen gehabt. |
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Und zwar haben vornehmlich die vorhergegangenen
Zeiten sie gelehret, wie unglücklich Teutschland zu fahren
pflege, wenn es ohne einen gemeinschafftlichen König leben
wolle, indem eben dieses die Haupt-Ursache gewesen, daß sie
ehedem von den Römern, und nachher von ihren eigenen
Landsleuten, denen Francken, überwältiget worden. Denn
obgleich nicht gantz Teutschland unter der Römer
Bothmäßigkeit gestanden, indem diejenigen, die das
gesammte Teutschland der Römer Bothmäßigkeit
unterwerffen, dieses aus ihrem Kopffe daher dichten,
angesehen von Teutschland der Römer Gewalt mehr nicht
erkannt hat, als was zwischen der Maaß und dem Rhein
befindlich ist; so wusten doch die Teutschen, wenn nicht des
Römischen Staates seine eigene Fatalitäten darzu gekommen
wären, daß sie sodann unter deren Joch hätten gerathen
können. Nächst dem stund auch das nunmehr zerbrochene
Joch der Francken vor ihren Augen, welches sie denn
warnete, sich vorzusehen, damit sie nicht wieder unter ein
anderes geriethen. |
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Wie nun also die Furcht, nicht abermahls unter eines
dritten seine Gewalt und Ober-Herrschafft zu verfallen, die
damahls lebenden Teutschen Fürsten gleichsam angemahnet,
sich wieder einen gemeinschafftlichen König zu machen, und
worinnen die in selbigen Zeiten lebenden Fürsten anders
geurtheilet, als einige neuere Schrifftsteller; also fliessen auch
hieraus zwey andere vernünfftige Folgen. |
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Denn wenn die Teutschen zur Abwendung einer
anderwärtig zu besorgenden Dienstbarkeit, vor das
unumgängliche Mittel gehalten, zur Wahl eines Königs zu
schreiten; so giebet sicher hieraus von selbst, 1) daß dieser
König auf keine andere Art, als durch die Wahl, nicht aber
durch eine Erb-Folge, darzu gelanget; 2) daß die wehlenden
Fürsten diesem ihrem Ober-Haupte keine solche Gewalt
überlassen, gleichwie sie unter denen Francken hätten
ausstehen müssen. |
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Wie nun diese zwey Schlüsse gantz vernünfftig, und auch
gantz ungezwungen, aus dem vorhergehenden fliessen; so
lässet sich auch hieraus gleichsam mit Händen greiffen, daß
solche denen, die ein anders lehren wollen, gantz und gar
entgegen, mithin selbige deren desfallige Meynungen
gleichsam mit vereinigten Kräfften über den Hauffen werffen,
indem ja die gesunde |
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{Sp. 1805|S. 916} |
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Vernunft lehret, wenn ein Volck unter eines andern
Bothmäßigkeit und Gewalt gestanden, von solcher aber loß
gekommen, sich gleichwohl gefürchtet, es möchte wiederum
vom neuen unter eines andern Zwang gerathen. Daher es
dann die desfalls nöthigen Vorsichten anwendet, daß sothane
Vorsichten unfehlbar also eingerichtet seyn, daß ihm daraus
keine neue Gefahr und Besorgniß einer anderwärtigen
gewaltsamen Beherrschung zu wachsen könne, indem, wenn
es der zu befahrenden Sclaverey nicht habe entgehen wollen,
es desfalls auch nicht die gewöhnlichen Vorsichten würde
angewendet haben. |
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Alles dieses nun hat seinen sehr guten Grund; es wird
aber auch der widrigen Meynung ihre Grund-Sätze
gegentheils völlig über den Hauffen, deren Ungrund denn
nicht nur aus diesen gantz vernünfftigen und
unwidersprechlichen Sätzen, sondern auch aus andern guten
Gründen mehr, und die sonderlich der Menschen ihrer
angebohrnen Liebe zur Freyheit gemäß seyn, gezeiget werden
kan. |
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Denn mit denen Teutschen hat es sich auf gewisse
Maasse damahls eben so verhalten, als wie z.E. mit der
Republic Holland, welche als sie im Jahr 1579. anfieng, eine
Republic zu werden, mithin denen Spaniern den Gehorsam
aufsagte, ihre neue Regierungs-Art nicht auf den Spanischen
Fuß einrichtete, denn sonsten wäre es etwas lächerliches
gewesen, wenn sie sich von der Knechtschafft hätten loß
machen, und doch alsobald in eine anderwärtige gleichsam
einwerffen wollen; sondern sie richteten ihre angefangene
Regierung also ein, wie sie solche der vor Augen habenden
Liebe zur Freyheit vor gemäß erachteten. |
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Wolte man in diesem Tertio Comparationis politicae
etwan eines und das andere ungleiche finden; so darf man
sich nur die gegenwärtige Regierung der Cron Schweden vor
Augen stellen, so wird sich alsobald zeigen, daß allhier eine
vollkommene Gleichheit anzutreffen sey. Denn so wenig die
Schweden ihrem Oberhaupte die ehemahlige Gewalt haben
einräumen wollen; eben so wenig haben die Teutschen
Fürsten damahls solches auch zu thun begehret. Diejenigen
aber, die das Gegentheil sich einbilden, müssen erst
beweisen, daß die Teutschen von dieser allen Menschen so
eigenen Freyheits-Liebe haben abgehen, und sich, so zu
reden, mit offenen Armen in eine anderwärtige Dienstbarkeit
haben hineinwerfen wollen. |
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Es fliesset aber aus diesem Unternehmen der Teutschen
noch ein drittes, nehmlich daß Teutschland zu allen Zeiten
einen gemeinschafftlichen König gehabt, ob man gleichwohl
weiß, daß diese Meynung eben nicht von allen vor bekannt
und als eine Wahrheit angenommen werden will. Allein sie
widersprechen solche aus keiner andern Ursache, als weil sie
sich es nur also einbilden, daß es nicht der Wahrheit gemäß
seyn können. |
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Denn wenn die Teutschen aus ihren vorherigen Zeiten
nicht gewust, daß sie ehedem ein gemeinschafftlich
Oberhaupt gehabt; so beladet man sich durch diese
Verneinung mit einem Beweise, welchen, wie man selbigen
leisten wolle, sich nicht finden will. Man muß nehmlich
darthun, wie nach dem die Teutschen darauf verfallen, sich
zwar einen König zu wählen, dessen |
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{Sp. 1806} |
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Art zu regieren aber gleichwohl von der denen Königen
damahls gebräuchlichen Art in so weit gantz und gar
abgegangen? |
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Wie nun nicht zu befinden ist, daß eine solche
Regiments-Forme die Teutschen anders, als aus denen
vorherigen Zeiten, solten gewust haben, mithin selbige ihnen
bekannt gewesen; als ergiebet sich auch hieraus von selbsten,
daß sie in Wiederanrichtung ihres Staates nichts anders
gethan, als dasjenige wieder einzuführen und herfür zu
suchen, was bey ihnen durch die Römer und Francken vorher
war unterdrücket worden. |
Zschackwitzens allerneuester Zustand
von Europa VIII. Theil p. 550. u.f. |
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