Titel: |
Macht der Obrigkeit |
Quelle: |
Zedler Universal-Lexicon |
Band: |
19 Sp. 90 |
Jahr: |
1739 |
Originaltext: |
Digitalisat BSB
Bd.19 S. 78 |
Vorheriger Artikel: |
Macht GOttes |
Folgender Artikel: |
Macht einem zu verklagen |
Siehe auch: |
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Hinweise: |
- Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe
Hauptartikel
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Text |
Quellenangabe |
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Macht der
Obrigkeit bestehet darinnen, wenn es
möglich ist, daß sie
thun kan,
was sie
will. |
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Als diejenigen
bestraffen, welche sie zu bestraffen gedrohet, diejenigen
hingegen belohnen, denen sie Belohnungen versprochen; weiter diejenigen welche
nicht thun wollen, was sie will, zwingen daß sie es thun
müssen, u.w.d.g.m. |
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daß die Obrigkeit Macht haben müsse, ist daher klar, weil sie im
Stande seyn
muß die gesetzte
Straffe an den Verbrechern zu vollstrecken, auch diejenigen,
welche nicht gutwillig thun wollen, was sie
befiehlet, durch äusserlichen Zwang
dazu zu bringen, ja überhaupt alles auszuführen, was sie für die gemeine
Wohlfahrt und Sicherheit
vortheilhafft befindet. |
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Diese Macht aber muß mit der
Gewalt
vergesellschafftet werden, weil sie dadurch erst Nachdruck bekommet, in dem
Gewalt ohne Macht nichts ausrichten kan. |
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Die Obrigkeit wird mächtig gemachet durch
Geld,
Soldaten, Gewalt
Richter zu
bestellen und abzusetzen, ingleichen
Bedienungen zu vergeben. |
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Denn wenn die Obrigkeit in dem
Stande seyn soll, alles auszuführen, was zu
der gemeinen Wohlfahrt und Sicherheit nöthig ist; so muß sie |
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1) |
keinen Mangel an
Gelde haben. Und zu dem Ende müssen nicht allein
ordentliche Einkünffte zu dergleichen Ausgaben angewiesen werden,
sondern sie muß auch
Gewalt
haben, im Falle ausserordentli- |
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{Sp. 91|S. 79} |
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cher Bedürfnisse ausserordentliche
Gaben auszuschreiben, so viel als
zu der erforderten Absicht nöthig ist. |
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Wiederum wenn sie in dem
Stande seyn soll, diejenigen zu zwingen
nicht gutwillig thun wollen, was sie sollen, so muß sie |
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2) |
so viel Soldaten an der Hand haben, denen sie nach ihrem Gefallen
und Gutbefinden
befehlen kan, als diese Widerspenstigen
Furcht zu halten
erfordert wird. Ja weil sie alle
Straffen, die auf die Verbrechen
gesetzet sind, an den Verbrechern vollstrecken, auch jedermann die
Gesetze zu halten zwingen soll, der sie nicht gutwillig halten will; so
muß sie |
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Weil nun an diese
niedere Obrigkeiten
die
Unterthanen jedes
Ortes gewesen sind, und sie so viel Gewalt und Macht von
der hohen Landes-Obrigkeit
haben, als hier zu erfordert wird, daß sie im Zaume gehalten werden; so
müssen hingegen sie von der hohen Landes-Obrigkeit gantz und gar dependiren,
dergestalt, daß sie Gewalt und Macht hat, sie nach Befinden abzusetzen, wie
einzusetzen. Und auf eine gleiche weise müssen |
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Und demnach bestehet die
Macht der Landes-Obrigkeit theils in dem
Gelde,
theils in Soldaten, theils in der
Gewalt
Richter an allen
Orten zu bestellen,
und alle
Bedienungen entweder
unmittelbar, oder durch andere zu vergeben. |
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Ob nun wohl die Obrigkeit allerdings eine nicht geringe Macht haben soll; so
ist doch selbige so viel insonderheit das erste Mittel, mächtig zu werden, oder,
um niemahls Mangel an Gelde zu haben, die Gewalt neue
Auflagen zu machen, anbetrifft, noch Gelegenheit gleichwohl wiederum in
etwas einzuschräncken. |
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Denn weil schon die
Gewalt der Obrigkeit, die nicht die höchste Gewalt hat,
eingeschräncket werden soll; und zwar in solchen Fällen, wo man vermuthen kan,
daß sie ihre Gewalt leicht mißbrauchen werde, und durch den Mißbrauch grosser
Schade entstehen kan; die Gewalt aber Auflagen zu machen und die
Unterthanen mit
Gaben zu beschweren, gar leicht gemißbrauchet werden mag, indem eine
Landes-Obrigkeit zu ihrem besondern Absichten öffters viel
Geld haben will, da
doch die Unterthanen eigentlich nur
verbunden sind, die gemeine Nothdurfft zu
übertragen; so muß auch die Gewalt mit Auflagen und andern Gaben Unterthanen zu
beschweren, nicht unumschränckt gelassen werden. |
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Es geschiehet aber solches, wenn hierunter nichts neues aufgebracht werden
darff, ohne Vorwissen und Einwilligung der
Stände, auch die
Grösse der
Auflagen von ihnen bestimmet wird, damit die
Beschwerden nicht ohne
Noth vergrössert werden. Da man ohne
Geld nichts anfangen, noch ausführen |
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{Sp. 92} |
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kan; so begreiffet ein jeder von selbst, wie gar sehr hier durch die Macht
eingeschräncket wird |
Wolff, von Gesellschafftlichen Leben der Menschen. |
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