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Quellenangaben und Anmerkungen
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Obrigkeit (Unter-) oder Niedrige Obrigkeit,
ist eine Person,
oder ein
gewisses
Collegium aus vielen Personen, welche Person,
oder welches Collegium die hohe Obrigkeit an einem jeden
Ort
bestellet, so an
ihrer Statt
verrichten und besorgen
muß, wie den
Gesetzen von den
Unterthanen in
jedem Falle ein Genügen geschehe. Oder: die niedere |
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{Sp. 259|S. 143} |
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Obrigkeit ist eine Person, der von der
hohen Landes-Obrigkeit so viel
Macht
und
Gewalt
verliehen worden, als sie zur Beförderung der gemeinen Wohlfarth und
Sicherheit in gewissen Fällen von nöthen hat. |
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Daß in dem gemeinen Wesen Unter-Obrigkeiten bestellet werden, ist allerdings
nothwendig. Denn weil die
Regierungs-Geschäffte so vielfältig sind, daß ein
Regent sie unmöglich allein alle bestreiten kan; so ist es nöthig, daß auch
einige von den
Unterthanen darzu gezogen werden, und die Regierungs-Last tragen
helffen. Und solche werden alsdenn gleichfalls
Obrigkeiten, Befehlshaber, oder
auch
Bediente genennet. |
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Das
Recht, dergleichen
Bedienungen im
gemeinen Wesen zu vergeben, kommt
niemand anders, denn dem, der die
höchste Gewalt hat, zu. Denn weil die
Regierungs-Geschäffte Stücke der höchsten Gewalt sind; so darff sich niemand,
ohne
Befehl und Erlaubniß der hohen Obrigkeit, deroselben anmassen, oder wofern
es geschicht, so wird dadurch die
Majestät verletzet. |
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Daraus folgt, daß, so wenig sich jemand aus eigner
Macht in ein öffentliches Amt setzen kan, so wenig auch die
Unterthanen können Unter-Obrigkeiten setzen,
es sey denn, daß von der hohen Obrigkeit ihnen solches erlaubet sey. Sonst aber
ist auch denen Städten so wenig, als sonst denen
Fürsten,
Prälaten,
Grafen und
Herren unbenommen, die von ihnen gesetzte
Obrigkeit entweder nur auf eine
gewisse Zeitlang, oder auch beständig bey dem ihnen anvertrauten
Amte zu lassen,
wie nicht weniger deren Macht und
Gewalt nach Befinden, und ihres selbst eigenen
Gefallens, entweder mehr oder weniger einzuschräncken. |
Paurmeister
de Jurisd. … |
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wiewohl auch einigen eben nicht allzudienlich und rathsam zu seyn scheinen
will, diese obrigkeitliche Macht und Gewalt einer oder der andern gewissen
Person allzulange zu lassen, wofern nicht entweder durch
Gewohnheit oder durch
ein besonders
Statut ein anders hergebracht und eingeführet worden. |
Gracianus T. I. … |
Eigenschaften |
Was die
Eigenschafften solcher
Obrigkeitlichen oder
Magistrats-Personen
betrifft; so kan ein jeder, wer den
Zweck bedenckt, warum ein Potentat, der in
allen
Dingen nicht selbsten Hand anlegen kan, dergleichen Gehülffen bedarff,
ohnschwer einsehen, daß vornemlich eine sey. Denn solchen Regiments-Personen
wichtige Autorität vonnöthen. Das
Amt und der Principal selbst, sollen beym
Respect bleiben, und wenn das
Volck einmal die
Freyheit bekommt, was
verächtliches hievon zu gedencken, so möchte darnach die Bosheit und das
widerspenstige
Wesen nicht zu bezwingen seyn. Dahero folget: |
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1) |
Man befördere nicht geringe und verachtete
Personen, welchen die
Unterthanen selbst nichts gutes zutrauen. Denn der hat schlechte
Ehre davon,
der sie eingesetzet hat, und wenn das
Volck mehr aus Zwang, als aus
Liebe
gehorchen soll, so ist der guten Intention wenig gerathen? |
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2) |
[1] Man verordne den Regiments-Personen
gewisse und austrägliche
Bestallungen, damit sie den
Staat wohl führen
können: denn das Volck will durch etwas äusserliches gewonnen werden, und
wer nichts hat, der muß sich entweder verächtlich halten, oder er muß den
Mangel durch gehäßigte Mittel ersetzen. |
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[1] |
HIS-Data: Nr. fehlt im Original |
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3) |
Die Klagen der Unterthanen wider ihre
Obrigkeit sollen nicht leichte
{Sp.
260}
angenommen werden: wenn es auch die hohe Noth und die
augenscheinliche Ungerechtigkeit nicht erfordert, soll man ihren Spruch bey
Ehren halten. Denn sonsten werden allemal Leute seyn, die an dem
Regimente
was zu tadeln haben. |
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4) |
Der
Unterthanen
Ungehorsam
soll scharff und
empfindlich
gestrafft
werden, damit sich die andern an dem Exempel spiegeln. |
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5) |
Wenn die Regiments-Personen was verbrochen haben, soll der Verweiß und
die
Straffe gantz in geheim und ausser dem Gesichte der Unterthanen
geschehen. Denn es giebt schlechten Respect, wenn sich die Leute damit
kützeln sollen. |
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6) |
Wenn die Regiments-Personen in etlichen scharff angesehen werden, soll
man sie dargegen bald in einem andern Stücke secundiren, daß die
Unterthanen in solcher Confusion stutzig werden. |
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Überhaupt aber sollen von Rechtswegen keine andere, als lauter
wahrhafftige[2],
kluge, erfahrne, gesetzte, ernsthaffte, gerechte, Ehrliebende, aufrichtige,
redlich gesinnte, und mit anderen dergleichen Tugenden mehr ausgerüstete Leute
darzu genommen werden.
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- Knipschild de Jurib. …
- Borellus de Magistr. …
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[2] |
HIS-Data: korrigiert aus: nahrhafftige |
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Und können dergleichen Leute allenfalls, wenn Noth an den
Mann gehet, oder sich
auch vielleicht selbst nicht dazu
verstehen wollen, zu Annehmung und
Verwaltung des
obrigkeitlichen Amtes genöthiget und gezwungen werden.
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Mevius ad Jus … |
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Im übrigen ist wenig oder nichts daran gelegen, ob selbige alt oder jung,
reich
oder
arm, eingebohrne, und
Landes-Kinder, oder auswärtige und fremde sind,
dafern sie anders sonst nur die darzu erforderliche Einsicht und
Geschicklichkeit besitzen.
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- Besold
de Praem. …
- Viv. Lib. III. …
- Borellus l.c. …
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Wiewohl dennoch sonderlich wegen derer letztern einige gewisser massen sicherer
und rathsamer zu seyn erachten, das
obrigkeitliche Amt viel lieber nur lauter
einheimischen und Landes-Kindern, als auswärtigen und fremden, anzuvertrauen. |
- Besold. l.c.
- Borell. l.c. c.
5.
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Ausser dem ist auch deren
Gewalt und
Ansehen so groß, daß sie nicht allein alle
selbst beliebige
Ordnungen und Verfügungen treffen kan, wie es auf diesen oder
jenen Fall bey gewissen vorkommenden Geschäfften und Handlungen gehalten werden
soll, oder auch bey entstehendem Zweiffel und Streit-Sachen zu
erkennen und
auszusprechen, was dißfalls
Rechtens ist, sondern sich auch in der
Republick niemand, bey ernstlicher und nachdrücklicher, ob zwar nur willkührlicher,
Bestraffung, welche aber gleichwohl auch nach Beschaffenheit der Umstände bis
auf die sonst gewöhnlichen
Leibes- und Lebens-Straffen ausgedehnet werden kan,
unterfangen darff, weder ihre
Befehle muthwilliger Weise aus den Augen zu
setzen, noch auch ihnen selbst, oder deren
verpflichteten
Bedienten im
geringsten zu widerstehen.
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- Carpzov in Jurispr. …
- desgleichen in Pract. …
- Pistor P. IV.
… und in Cons. …
- Harprecht in Disp. …
- Berlich P. V. … u.a.
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Wobey es sich aber auch von selbst
verstehet, daß die
Obrigkeit |
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{Sp. 261|S. 144} |
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Recht und Gesetz zu beobachten |
dagegen gleichfalls nicht ermangeln muß, die sonst schon bekannten
Rechte und
Gesetze
auf das genaueste zu beobachten, und also durchaus nichts, so denenselben nur
einiger massen entgegen stehet und zuwieder ist, ausser auf den äussersten
Nothfall oder sonst aus höchst- dringenden und
bewegenden Ursachen zu
beginnen und vorzunehmen. Oder dieselbe ist alsdenn gehalten, den hieraus
erwachsenden Schaden und
Nachtheil so gut, als ein anderer, zu ersetzen, und
davor zu haften.
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- Mynsinger Cent. …
- Alexander Consil. …
- Reusner Lib. …
|
Pflichten |
Hauptsächlich aber ist dieselbe
verbunden,
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- vor alle zum Essen und Trincken gehörige
Sachen zu sorgen, damit solche um
billigen Preiß verkauffet und die gemeine Ruhe erhalten werde,
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Lib. I. …
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- wie nicht weniger vor
arme verlassene Waysen und Pupillen zu sorgen, daß ihnen
nicht allein taugliche und treue Vormünder gesetzet, sondern auch ihre
Güter und
Vermögen
durch dieselben gebührend
verwaltet und so viel möglich erhalten
werden.
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l. 3.
C. de
Magistr. conven. loque Brunnemann, |
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l. 3
ff. de off. Praes. |
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und
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- das Böse zu
bestraffen, ob auch schon niemand deshalben ordentliche Klage
anbringet, und die Obrigkeit die geschehenen Übelthaten nicht allein sonst
schon in
Erfahrung gebracht, sondern solche auch zur Gnüge erwiesen worden.
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- l. 3 ff. de off. …
- Faber def. …
-
P.H.G.O. …
- Duarreus Lib. I.
…
- Frigius P. I. …
- Reusner, Lib. I.
…
- u.a.
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- und was dergleichen
Pflichten der Obrigkeit mehr sind.
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Unterstellung |
Sonst aber stehen dieselben so viel insonderheit den sonst so genannten
Stadt-Rath und andere
Unter-Obrigkeiten gewisser
Örter und Gegenden anlanget;
unter der Hohen Landes-Obrigkeit, und können also auch bey dieser nach
Beschaffenheit der Umstände allemal belanget, und zu Ersetzung des von ihnen
verursachten Schadens und
Nachtheils von denen dadurch
beleidigten
Personen gar
wohl belanget werden.
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Arten |
Überhaupt aber bekömmt dieselbe auch nach Beschaffenheit der ihrer Vorsorge
anvertrauten Gerichts-Fälle unterschiedene
Namen,
als z.E.
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von welchen allen besondere
Artickel nachzusehen sind.
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Land |
Absonderlich aber sind hauptsächlich auf dem
Lande die so genannten
Unter-Obrigkeiten, die verordneten
Land-Richter, Verweser und andere
Beamten,
oder auch die Landsassen, so bey ihren
Lehen die
Gerichtsbarkeit haben, wie
hingegen in den Städten der
Stadt-Rath. Wie weit sich aber disfalls eines jeden
Gewalt erstrecket, ist vornehmlich aus denen einem jeden vorgeschriebenen
Instructionen, und Bestellungen, oder aus denen Lehn-Briefen,
Land-Rechten, oder
Privilegien, und endlich aus der
Gewohnheit und
Herkommen zu entscheiden.
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