Titel: |
Citadelle |
Quelle: |
Zedler Universal-Lexicon |
Band: |
6 Sp. 164 |
Jahr: |
1734 |
Originaltext: |
Digitalisat BSB
Bd. 6 S. 101 |
Vorheriger Artikel: |
Citadella |
Folgender Artikel: |
Citadinis, (Paullus de) |
Siehe auch: |
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Hinweise: |
- Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe
Hauptartikel
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Text |
Quellenangaben |
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Citadelle, Castell, Burg. |
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Ist eine kleine regulaire Festung, die man an die großen
Städte leget, um sowohl dadurch die
Einwohner in
Gehorsam zu
erhalten, als auch die
Stadt oder Festung selbst zu
verstärcken. |
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Der Haupt-
Endzweck einer Citadelle ist,
die
Bürger in Zaume zu halten, und
deren
Rebellion zu verhüten, welche man zu
befürchten hat, so die Stadt mit
Gewalt ist
eingenommen, und um ihre
Freyheit gebracht
worden. |
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Es müssen dahero die Citadellen dergestalt angeleget werden, um diesem Endzweck ein Genügen
zu tun. Solcher gestalt
muß ein
Theil der Citadelle in die Stadt gehen, und
muss man die Haupt-Strassen der Stadt vor ihr mit dem Geschütz enfiliren können; hingegen muß |
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{Sp. 165|S. 102} |
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sie von denen
Häusern der Stadt, wenigstens 20. biß 24.
Ruthen abgesondert seyn, um damit solche allezeit in dem Munde des Geschützes zu haben, welches
nicht geschehe, woferne die Häuser dem Castell näher liegen, indem sie alsdenn eine Bedeckung von
dem Walle desselbigen hätten; zu dem so nützet es auch darzu, damit aus denen Häusern denen auf
der Citadelle kein
Schade könne zugefüget werden. |
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Die
Wercke einer Citadelle müssen
dergestalt angeleget werden, daß man von selbigen frey auf den Wallgang der Stadt sehen und selbigen
beschüssen könne; wie denn überhaupt an dem Walle der Stadt kein
Ort darff zugelassen
werden, der dem Castell schädlich seyn könne; daher auch die Stadt an dem Orte, wo sich das Castell
befindet, gar nicht befestiget seyn darff. Um dieser
Ursachen willen
pfleget man die Citadelle, wenn es die übrigen Umstände leiden
wollen, an dem höchsten Orte
anzulegen; duldet auch um dieselbe keine Höhe, mit der man nicht aus der Citadelle eine
Communication haben kan. |
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Wenn an der Stadt ein Fluß vorbeylauffet, so soll man oben an demselbigen das Castell also
anlegen, damit es theils die Stadt im Zwange halten, theils den Fluß beschüssen, und dadurch der Stadt
die Zufuhre auf dem
Wasser abschneiden, theils auch das
offene
Land bestreichen könne. Gegen dieses zu
muß das Castell einen offenen Paß haben, um Proviant und Munition genug darein zu bringen, und zur
Zeit der Rebellion dasselbe mit mehrerm Volcke zu besetzen. |
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Dieses sind die Umstände, welche man bey Anlegung einer Citadelle in Obacht nehmen muß. |
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Nun hat man auch vor andern auf die Stärcke derselbigen zu sehen, damit selbige so wohl der
Stadt selbst, als auch dem, welcher die Stadt und Citadelle attaquiret, bastant gnug sey. Denn, wenn
gleich der Feind die Festung erobert hat, so ist er doch noch nicht
Herre von ihr, er habe
denn die Citadelle zugleich mit inne; dahero er gezwungen ist, so wohl gegen dieselbe, als die Stadt
eine völlige Attaque zu führen. Um dieser Ursachen willen giebt man denen Citadellen eine regulaire
Figur, weil solche am
geschicktesten ist, eine
Festung recht starck zu machen. Am liebsten
erwehlet man darzu ein Fünff-Eck, und
rücket man darvon zwey Boll-Wercke gegen die Stadt hinein, die übrigen drey lässet man auf das Feld
hinaus sehen. Wenigstens muß ein Castell die Figur eines Vier-Ecks, und höchstens eines Sechs-Ecks
haben. Die Grösse aber derer Citadellen laßt sich nicht so leichtlich determiniren, indem solche sich
nach des Orts
Gelegenheit richten muß. |
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Wenn man dieses alles nun richtig überleget und ausfündig gemacht, und hat den Grund-Riß von
der Stadt und ihrer Befestigung, woran die Citadelle soll
gebauet werden, so fängt man
an, diese zuvor besonders auf einem Pappiere zu verzeichnen. Diesen Riß schneidet man alsdenn aus,
und verschiebet ihn auf dem Grund-Risse der Stadt, an dem Orte, wo das Castell angebracht werden
soll, so lange, biß solches nach den
angeführten
Regeln und
Umständen seine Lage recht wohl
erhält. Alsdenn bemercket man mit Puncten, wo der Riß der Citadelle den Grund-Riß der Stadt
durchschneidet, so ist man alsdenn in dem
Stande beyde Risse in einen zu
bringen, und zugleich anzugeben, was vor Befestigungs-Wercke von der Stadt müssen eingerissen |
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{Sp. 166} |
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werden, um dahin die Citadelle anzulegen. |
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Wenn die Stadt sehr bebaut ist, und also wegen des Castells viele
Häuser müssen eingerissen werden, so
kann man wohl an dem Orte, wo das Castell liegen soll, ausfahren und die Stadt vergrößern, wie man
ein dergleichen
Exempel an der
berühmten Citadelle an Antwerpen
antrifft. |
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Ein mehreres von Anlegung der Castelle findet man hin und wieder bei denen Auctoribus, welche
völligen
Unterricht von der Fortification
erteilen. |
- Medrano Ingenieur pratique II. p. 124.
- Mallet Travaux de Mars Tom. I. C. 7.
- Freytags neu-vermehrte Fortification. II. 16.
- Wolffs Elem. Architect.
militar. §. 189. seqq.
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In die Citadellen werden Casernen vor die Soldaten gebaut. |
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