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Text |
Quellenangaben |
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Streit, Lat. Pugna, ist derjenige Zustand des
Menschen, den er sich wieder einen andern zu
schützen suchet. |
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Da wir in dem nachfolgenden Artickel: Streitigkeit, sonderlich auf die Streitigkeiten der
Gelehrten sehen werden; Also erwegen wir hier
insonderheit den Streit, welcher entstehet, wenn
einer dem andern sein Recht versaget Bey einem
solchen Streite kommt vor |
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- die Beleidigung welches die Veranlassung
dazu, wenn man einem dasjenige, was man doch
schuldig ist, nicht leisten will, oder würcklichen Schaden zufüget;
- Das Recht, worinne man sich zu
schützen suchet, welches die Forderung genennet
wird,
- und die Mittel, deren man sich, den Streit zu
heben, bedienen kan.
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Diese sind entweder gelinde, oder scharffe. Zu
jenen gehören ein gütlicher Vergleich, wenn sich die
streitenden Partheyen entweder in eigner Person,
oder durch Abgeordnete mit einander setzen, daß
der eine Theil etwas von seiner Forderung fahren
lässet; der andere hingegen etwas zu leisten
verspricht; Ingleichen die Arbitrage, wenn streitende
Partheyen gewisse Leute erwehlen, welche
Schieds-Leute genennet werden, denen sie ihre
Sache vortragen, und sich zugleich verbinden, es
bey ihrem Ausspruche bewenden zu lassen. |
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Die schärffern Mittel, welche einen Zwang bey
sich führen, sind in dem natürlichen Stande der
Krieg; in dem bürgerlichen aber die Gerichte;
Gleichwie der gütliche Vergleich und die Arbitrage in
beyden zugleich statt findet. |
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Es ist der Klugheit gemäß, daß man ehe den
gelinden Weg gehe, als daß man die Schärffe
ergreifft. Denn man nimmt lieber das gewisse vor
das ungewisse. |
Man lese - Pufendorff in Jure
naturae et gentium …
- Huber de jure civit. …
- Grotium de jure belli et pacis …
- Griebner in
jurisprudentia natural. …
- Kemmerich in der
Academie der Wissenschafften in der drit-
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{Sp. 835|S. 431} |
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Im gemeinen Leben heißt eine jede hefftige
Unterredung solcher Personen, die einander
wiedersprechen, ein Streit. |
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Was den Streit, so wie dieses Wort von den
Rechts-Gelehrten genommen wird, ins besondere
anlanget, so können davon auch noch die
Artickel: |
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- Proceß, im XXIX Bande, p. 659. u.ff.
- wie auch Rechtshängig im XXX Bande, p. 1486. u.f.
- und Rechts-Sachen, ebend. p. 1526. u.f.
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nachgelesen werden. |
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Sonst kommen noch verschiedene Arten vom
Streite theils in der Philosophie theils in der
Theologie vor, die hier mit Stillschweigen nicht zu
übergehen sind. Denn da ist zu mercken: |
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I. Der Streit des Menschen wieder seine
geistlichen Feinde, |
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Lat. Pugna hominis contra hostes spirituales.
Solcher bestehet darinnen, daß der Mensch seine
Einwilligung niemahls in ihre Versuchungen gebe.
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Ein geistlicher Feind aber wird derjenige
genennet, welcher den Menschen in ein ewiges
verderben zu stürtzen suchet. Da uns nun die
Schrifft lehret, daß so wohl der Teufel als die Welt
und unser Fleisch und Blut unser geistliches
Verderben suchen: So sind der Teufel, die Welt
und unser Fleisch und Blut des Menschen
geistliche Feinde, mit denen er zu streiten hat. |
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Daß aber der Streit wieder diese Feinde
darinnen bestehe, daß man ihren Versuchungen
wiederstehet, indem man keine Einwilligung in
dieselben giebet, kan aus dem Exempel unsers
theuersten Erlösers bewiesen werden. |
Matth. IV, 3. u.ff. |
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Denn da der Teufel bald die Verwandlung der
Steine in Brod, bald einen Sprung von der Spitze
des Tempels, bald die Anbetung von Christo
verlangte: So willigte er in keine von diesen
Versuchungen, sondern gab allezeit seinen
Abscheu zu verstehen. Und in so ferne stritte JEsus
wieder einen von den geistlichen Feinden, den
Teufel. |
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Daß aber auch die Redens-Art: Wieder die
geistlichen Feinde streiten; in der Schrifft
gegründet sey, siehet man aus 2 Tim. IV, 7. wo
Paulus von sich sagt: Er habe einen guten Kampff
gekämpffet; und 2 Tim. II, 3. vermahnet er den
Timotheus, daß er alles Übel als ein guter Streiter
Christi ertragen solte. Die Welt sucht nehmlich
durch allerhand Ungemach sonderlich
rechtschaffene Lehrer wegen ihrer Frömmigkeit zu
versuchen. |
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Da nun das Streiten einem Soldaten zukommt,
und Paulus den Timotheus darzu vermahnet, daß er
unter der Fahne Christi als ein guter Streiter
desselben alles Ungemach willig erdulten solle: So
ist der Verstand der Worte dieser: Er solte sich
durch das zugefügte Ungemach keinesweges darzu
bewegen lassen, daß er den Nahmen Christi
deswegen verläugnete, sondern er solte seinen
Beyfall von dieser Versuchung zurücke halten. |
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Der Apostel Paulus nennet es also in dem
angefügten Orte einen Streit, wenn man nicht in die
Versuchungen und Reitzungen der geistlichen
Feinde einwilliget; welcher Begriff mit dem oben
gegebenen auf das genaueste übereinstimmet. |
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Von diesem Streite wieder die geistlichen
Feinde und seiner Nothwendigkeit reden sehr viele
Stellen der heiligen Schrifft. Sie empfiehlt uns die
Nüch- |
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{Sp. 836} |
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ternheit und Wachsamkeit, weil der Teufel,
unser Wiedersacher, wie ein brüllender Löwe herum
gehe, und suche, welchen er verschlinge; sie
gebiethet uns, demselben im Glauben zu
wiederstehen. |
- 1. Petr. V, 8. 9.
- Jac. IV, 7.
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Diesem stimmt auch Paulus bey, welcher die
Wiedergebohrnen mit der besten Rüstung wieder
ihre geistliche Feinde versiehet. |
Eph. VI, 10. u.ff. |
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Zu dem Streite, wieder die Drohungen der Welt,
vermahnen uns die Gesandten Christi, und befehlen
uns, daß wir uns von dem Schrecken derselben frey
machen, |
- Phil. I, 28. 1.
- Petr. III, 14.
- Hebr. XIII, 6.
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und nach der Lehre Christi, lieber alles Übel
ertragen, als von der Furcht und Liebe GOttes und
Christi abzuweichen. |
- 1. Petr. III, 14. IV, 12.
u.ff.
- Phil. I, 29.
- Hebr. XII, 3. 4. XIII, 13.
- Matth. X, 28.
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Wie man sich aber wieder die Verlockungen
der Welt zu verhalten habe, hat der Weiseste unter
allen Königen schon gelehret. |
Sprüchw. I, 10. u.ff. |
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Daß es endlich nöthig sey, wieder sein eignes
Fleisch zu streiten, lehren alle Schrifften der
Apostel. Paulus sagt: Man solle die Sünde in
unserm sterblichen Leibe nicht herrschen
lassen, |
Röm. VI, 12. 14. |
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sondern durch den Geist des Fleisches Wercke
tödten, |
Röm. VIII, 13. |
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und das Fleisch mit seinen Lüsten und
Begierden creutzigen. |
Gal. V, 24. |
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Petrus vermahnet uns, von den fleischlichen
Lüsten, welche wieder die Seele streiten, uns zu
enthalten. |
1 Petr. II, 11. |
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Damit man aber von der Beschaffenheit diese
Streites um desto richtiger urtheilen könne: So hat
man folgendes zu mercken. |
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Wenn die geistlichen Feinde einen
Wiedergebohrnen versuchen, so geben sie ihm
solche Bewegungs-Gründe zum Bösen, welche
ihnen dasselbe als etwas gutes vorstellen; |
wie man gar deutlich aus der
angeführten Stelle Sprüchw. I. 10. u.ff. sehen
kan. |
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Da nun der Mensch in so ferne wieder die
geistlichen Feinde streitet, in so ferne er ihren
Versuchungen den Beyfall entziehet: So ist zu
einem guten Streite nöthig, daß man denen
Bewegungs-Gründen der geistlichen Feinde andere
und um so viel stärckere Bewegungs-Gründe
entgegen setze, vermöge welcher der Wille von
dem Beyfall in die Reitzungen der geistlichen
Feinde abgehalten wird. |
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Dieses kan mit dem Exempel Christi erläutert
werden. So offt ihn der Teufel ein Scheingut zeigte,
so offt satzte ihm JEsus andere und stärckere
Bewegungs-Gründe entgegen, welche ihn
antrieben, dasselbe zu verabscheuen. |
Matth. IV, 1. u.ff. |
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Fragt man aber, wo man diese Bewegungs-
Gründe hernehmen könne? so muß man sagen,
daß sie hauptsächlich aus der heiligen Schrifft
hergehohlet werden müssen. Denn da alles in der
Schrifft enthalten ist, was zur Seeligkeit des
Menschen nothwendig ist: So muß auch dasjenige
in derselben aufgezeichnet seyn, was zu einem
guten Streite wieder die geistlichen Feinde
gehöret. |
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Da nun aber GOtt selbst dem Menschen in
seinem Worte die gegenseitigen stärckern
Bewegungs-Gründe giebt, und also denselben zum
Streite zubereitet, aus welchen Bewegungs-
Gründen ein Bestreben, |
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{Sp. 837|S. 432} |
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denen geistlichen Feinden zu widerstehen,
entspringt: So muß man sagen, daß uns GOTT
selbst die Waffen und die Kräffte zu diesem Streite
verleihe. |
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Was den Streit mit den Teufel anbelanget; so
ist dieser abtrünnige Geist eintzig und alleine damit
beschäfftiget, daß er den Menschen zur Sünde
reitze, und ihn bald in den Stand der vorigen
Sicherheit, oder des pharisäischen Hochmuths oder
der Verzweiflung zu stürtzen suchet, aus welchen
Ständen ein Wiedergebohrner durch die
Wiedergeburt heraus gerissen worden ist. |
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Also verführte er den König David nach so viel
herrlichen Thaten zum Ehrgeitze, |
1 Chron. XXII, 1. |
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indem sich dieser listige Geist nach den
Neigungen eines ieden ins besondere zurichten
pfleget. |
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Judam, welcher von Natur geitzig war, |
Joh. XII, 5. 6. |
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verführte er durch den Gewinnst, den er aus
der Verrathung Christi ziehen würde, |
Joh. XIII, 2. |
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und stürzte ihn in den Stand der
Verzweiflung. |
Matth. XXVII, 5. |
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Die Art, wie man gegen diesen gewaltigen
Feind streiten müsse, findet man in den VI Cap. des
Briefes Pauli an die Eph. in den 10 u.f. Vers. Paulus
sagt: Zuletzt, meine Brüder, seyd starck in dem
HERRN, und in der Macht seiner Stärcke. Er
fordert also von den Gläubigen zwar Kräffte wider
die geistlichen Feinde, aber nicht ihre eigene,
sondern diejenigen, welche sie in der Wiedergeburt
empfangen haben; welches mit dem, was vorher
erwiesen worden ist, überein kömmt. |
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Ziehet an den Harnisch GOttes, ten panoplian
tou Theou, wodurch die gantze geistliche
Bewaffnung angezeiget wird, wie in dem folgenden
erhellen wird. Da aber diese Redens-Art aus dem
Kriegs-Wesen der Alten hergenommen ist, so muß
sie auch aus den Alterthümern erkläret
werden. |
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Die Alten bedienten sich nehmlich zweyerley
Waffen; der leichten unter schweren Rüstung. Die
schwere Rüstung trugen bey den Römern die
Legionarii, und bey den Macedoniern der Phalanx,
oder der Kern der Armee, welcher gemeiniglich aus
8000 Mann bestunde, und hoplitai genennet
worden. Diese schwere Rüstung bedeckte den
gantzen Cörper der Krieger; von der man in dem
Virgilius Aen. L. VIII. eine schöne Beschreibung
antrifft, wenn der Poete des Aeneas Waffen mit
diesen Worten abschildert: |
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Miraturque, interque manus et brachia versat
Terribilem cristis galeam flammasque vomentem,
Patiferumque ensem, loricam ex aere rigentem,
Sanguineam ingentemque: Qualis, cum caerula nubes
Solis inardescit radiis, longeque refulget.
Tum leves ocreas electro, auroque recocto,
Hastamque et clypei non enarrabile textam. |
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Im Gegentheile bestunde die leichte Rüstung
aus dem Bogen und der Schleuder, dessen sich die
Schleuderer und Bogenschützen bedienten. Die
schwere Rüstung wurde bey denen Griechen
panoplia genennet, |
welches so wohl aus Luc. XI,
22, als auch aus dem Herodianus II, 23.
erhellet. |
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Da sich nun der Apostel des Wortes panoplias bedienet, so zeiget er damit an, daß man sich
gegen einen so gewaltigen und listigen Feind der
schweren Rüstung, das ist, aller Kräffte, die man
nur besitzt, |
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{Sp. 838} |
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bedienen müsse. |
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Daß ihr bestehen könnet gegen die listigen
Anläuffe des Teuffels, pros tas methodeias tou
diabolou. Paulus schreibt dem Teufel verschiedene
Arten oder Methoden zu, welche er hat, die
Menschen zu versuchen; indem er sich nicht bey
einem ieden einerley Art der Lockungen bedienet,
sondern sich nach den Hauptneigungen des
Menschen richtet. Leichten Gemüthern setzt er die
Verschwendung und Ehre entgegen; denen harten
Hertzen aber Zorn, Hochmuth, und Grausamkeit
etc. |
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Die Ursache der Vermahnung zu diesem
Streite ist in denen folgenden Worten enthalten:
Denn wir haben nicht mit Fleisch und Blut zu
kämpffen, wider welche man sich nicht so sehr
rüsten darff; sondern mit Fürsten und
Gewaltigen, wodurch die Ordnungen der bösen
Geister, die unter ihren Fürsten streiten, angedeutet
werden; nehmlich mit den Herren der Welt, die in
der Finsterniß dieser Welt herrschen, welche
nicht ohne alle Bedingung Herren der Welt sind,
sondern in so ferne die Finsterniß oder die Sünde in
der Welt ist, |
Eph. V, 11. |
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mit den bösen Geistern unter dem Himmel,
welche Irrthümer ausstreuen, und in der Welt herum
streichen, die Menschen zu verderben, und bey
GOtt zu verklagen. |
Hiob. II, 6. u.ff. |
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Eher aber der Apostel die Stücke dieser
geistlichen Rüstung durchgehet, so wiederhohlet er
nochmahls seine Vermahnung wegen der
Wichtigkeit dieses Kampffes in folgenden Worten:
Um deswillen so ergreiffet den Harnisch GOttes
etc. |
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Hierauf kömmt der Heil. Paulus auf die
eintzelnen Stücke dieser Rüstung. So stehet nun,
umgürtet eure Lenden mit Wahrheit. Diese
Redens-Art muß ebenfalls aus den Alterthümern
erkläret werden. Das Band oder der Gurt, womit die
Morgenländer ihre Oberkleider zusammen gürteten,
dienete darzu, daß sie ihnen weder auf der Reise
noch in dem Streite beschwerlich und hinderlich
fielen. |
- 2 B. Mos. XII, 11.
- Apostelg. XXI, 11.
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Ferner gereichte es dem auch zu besondern
Ehren, welcher einen solchen Gurt tragen
durffte. |
Suet. Vit. Aug. … |
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und man besetzte denselben mit Gold, Silber
und Edelgesteinen. |
Offenb. I, 13. XV, 6. |
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Man konnte in demselben Geld verbergen,
wenn man es nöthig hatte. |
- Matth. X, 9.
- Marc. VI,
8.
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Endlich da auch der Degen an diesem Gurte
hieng, so war derjenige, welcher gegürtet war,
allezeit zum Streit fertig. |
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Dieses alles hat eine unvergleichliche
Ähnlichkeit mit der Erkänntniß der Wahrheit, welche
wir nach der Ermahnung des Apostels um unsere
Lenden gürten sollen. |
1 Petr. I, 13. |
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Sie hält die Bewegungen des Gemüthes in
ihren Schrancken, daß der Verstand nicht in
Irthümer, und der Wille auf Schein-Güter verfalle,
sondern nach der Vorschrifft GOttes einher gehe.
Diese Erkänntniß gereichet auch einen
Wiedergebohrnen zu besonderer Ehre; denn ie
grösser dieselbe ist, um desto erhabener ist seine
Seele. Sie giebt uns alles dasjenige an die Hand,
was wir zum Unterrichte, zur Verbesserung und
Tröstung in diesem Leben gebrauchen. |
- 2 Tim. III. 16.
- Röm. XV.
4.
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Endlich macht sie uns zum Streite wider die
geistlichen Feinde geschickt und fertig, indem sie
allen Versuchungen weit stärckere Bewegungs-
Gründe entgegen setzet. |
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Der andere Theil dieser geistlichen |
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{Sp. 839|S. 433} |
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Rüstung bestehet in dem Brust-Harnische der
Gerechtigkeit, en dysamenoi ton thoraka tes
dikaiosynes. Der Brust-Harnisch bestunde bey den
Alten aus eisernen und ehernen Blatten, welche wie
Schuppen der Fische oder die Federn der Vögel
über einander hervor ragten; |
1 Sam. XVII, 5. |
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er bedeckte aber nur die Brust, da im
Gegentheil der Rücken offen und blos bliebe, wovon
er auch kardiophylax genennet wurde. |
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Dergleichen Brust-Harnische soll nach dem
Zeugnisse des Polyänus … Alexander seine
Soldaten gegeben haben, damit sie, wenn sie in der
Schlacht unbeweglich stünden, vor den Pfeilen der
Feinde sicher wären; wenn sie aber flöhen, daß sie
sich dem Feinde blos stellten. Hierdurch habe er
zuwege gebracht, daß keiner von seinen Soldaten
im Felde die Flucht habe nehmen wollen. |
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Da uns nun der Apostel in dem Streite des
Geistes wider den Teufel den Brust-Harnisch der
Gerechtigkeit anzulegen gebiethet; so will er haben,
daß man den Versuchungen des Teufels, wenn er
uns in Verzweiflung stürtzen will, die uns durch den
Glauben zugerechnete Gerechtigkeit Christi
entgegen setzen sollen, vermöge welcher wir als
Gerechte vor GOtt von aller Straffe der Sünden frey
sind. Wenn uns dieser böse Geist in einen
EpicurischenStand zu stürtzen trachtet, so sollen wir
ihm den Fleiß entgegen stellen, vermöge dessen wir
uns bestreben, ein unbeflecktes Gewissen zu
behalten; |
2 Tim. I, 19. |
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Es ist auch bey keinem Unfalle etwas
anzutreffen, welches uns mehr in Ruhe setzen und
mehr Trost zusprechen könnte, als ein gutes
Gewissen. |
- Joh. III, 21.
- Sprüchw.
XIV, 32.
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Hierauf folget nach der Vorschrifft des Heil.
Paulus ein andres Stück des Rüstzeuges: Und an
Beinen gestiefelt, als fertig zu treiben das
Evangelium des Friedens, damit ihr bereitet
seyd. Die Stiefeln, welche aus Eisen oder
Stahl, |
1 Sam. XVII, 6. |
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auch zuweilen aus Silber verfertiget wurden,
band man mit Bändern zusammen; wodurch die
Fußsohlen bedeckt wurden; daher nennten sie die
Griechen hypodemata. Daher kam es, daß
diejenigen geschickt zum Marschiren waren, welche
solche Stiefeln anhatten, weil die Fußsohlen
hierdurch für den spitzigen Steinen und Dornen
übler Wege bewahret worden. |
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Paulus sagt also, daß das Evangelium uns
eben so geschickt und fertig mache, den
Versuchungen des Teufels entgegen zu gehen, als
es die Soldaten der alten Zeiten durch solche
Stiefeln wurden; denn die Schrifft giebt uns in allen
Zufällen die besten Vorschrifften an die Hand, wie
wir den hefftigsten Versuchungen widerstehen
können. |
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Hierauf gehet der Apostel weiter: Für allen
Dingen aber ergreifft den Schild des Glaubens,
mit welchem ihr auslöschen könnet alle feurigen
Pfeile des Bösewichts. Der Schild war bey den
Alten ein Kriegs-Instrument, mit welchen man den
Leib für den Hieben der Schwerdter und für den
Pfeilen beschützen konnte. Damit es aber zu
diesem Endzwecke geschickt wäre, so wurde es
nicht aus Metall, sondern vom Holtze oder Leder
gemacht. Dieses Schild wurde mit der lincken Hand
regieret, und hatte bald eine runde bald eine
länglichte Gestalt, deren jene in eigentlichen
Verstande clypei, diese aber Scuta und Thyreoi
genennet wurden. |
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Mit einem solchen Schilde ver- |
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{Sp. 840} |
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gleicht der Apostel den Glauben. Denn
gleichwie alle Schwerdtstreiche und abgedruckten
Pfeile, so von dem Schilde aufgefangen werden
konnten, daß sie dem Cörper keinen Schaden
zufügten: So können wir auch durch den Glauben
alle feurige Pfeile des Satans auslöschen. |
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Mit welchen Worten der Apostel noch auf einen
andern alten Gebrauch zielet, da man gegen die
Feinde mit Feuer stritte, oder die Pfeile vergifftete,
welche die Wunde und das Geblüte des
Verwundeten sogleich entzündete. |
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Wenn der Teufel in den vorigen Stand der
Sicherheit versetzen will; so stellet ihm ein solcher
Streiter den Glauben entgegen, welcher mit
wissentlichen Sünden nicht bestehen kan, sondern
eine Begierde unter sich begreifft, dem göttlichen
Willen gemäß zu leben. Will der böse Geist den
Menschen zum Pharisäer machen: so setzt er ihm
ebenfalls den Glauben entgegen, welcher kein
Verdienst in seinen eigenen Wercken, sondern nur
in der Gerechtigkeit Christi seine Gerechtigkeit und
Seeligkeit findet. |
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Versucht der Teufel den Menschen in
Verzweiflung zu stürtzen; so setzt er ihm abermahls
seinen Glauben entgegen, welcher ein Vertrauen
auf Christi Verdienst unter sich begreifft, und macht
dadurch die Versuchung des Teufels zu Schanden.
Da nun die Versuchungen des Teufels alle dahin
gehen, daß sie den Menschen in einem von den
angezeigten Zuständen stürtzen: So erhellet
daraus, daß der Schild des Glaubens zureichend
sey, allen Versuchungen desselben auszuweichen.
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Andrer Ähnlichkeiten zu geschweigen, welche
zwischen dem Schilde derer alten und dem Glauben
statt haben, wenden wir uns zu dem folgenden
Stücke der Rüstung wider die Anfälle des
Teufels. |
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Und nehmet den Helm des Heyls, oder wie er
in dem V Cap. des ersten Briefes an die Thess. im 8
Vers sagt: Wir sollen mit dem Helm der Hoffnung
zur Seeligkeit angethan seyn. |
|
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Es pflegte aber bey denen Alten der Helm,
welcher aus Leder, Ertz oder Eisen gemacht
wurde, |
1 Sam. XVII, 5. |
|
den vornehmsten Theil des Cörpers, das Haupt
zu bedecken; dessen Beschädigungen am
gefährlichsten zu seyn pflegen. |
|
|
Auf eine gleiche Weise macht uns die Hoffnung
jenes Lebens fertig und geschickt, alles des
Nahmens Christi wegen zu ertragen; |
Röm. V, 2. u.ff. VIII, 34.
u.ff. |
|
und macht uns starck genung, diejenigen
Unfälle mit Gedult zu ertragen, welche uns auf dem
Wege des Heyls hinderlich zu fallen pflegen.
Zugeschweigen, daß uns die Hoffnung jenes
Lebens vor vielen Sünden bewahret, und die
Heiligkeit des Lebens befördert. |
|
|
Zu diesen Waffen füget der H. Paulus das
Schwerdt des Geistes, welches ist das Wort
GOttes. [Ein Satz Griechisch]. Diese Art von
Schwerdtern, welche machaira genennet wurde,
war nicht allzu lang, krumm gebogen, und hatte fast
die Gestalt einer Sichel, |
wie man aus dem Suetonius
in vit. Claud. … sehen kan. |
|
Des Schwerdtes bedienet man sich zu seiner
Vertheidigung so gar bis zur Ermordung des
Feindes. Was ist aber geschickter, alle
Versuchungen des bösen Geistes fruchtlos zu
machen, als das Wort GOttes? Gibt es uns nicht
allezeit gegen alle Versuchungen Gegengründe, da
es zu unsrer Seeligkeit zureichend ist? Und hat sich
nicht Christus selbst dieses Schwerdtes |
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|
{Sp. 841|S. 434} |
|
|
bedienet, die Versuchungen des Teufels
glücklich zu überwinden? |
Matth. IV, 3. u.ff. |
|
Die Soldaten in den alten und neuern Zeiten
führten überall ihr Schwerdt bey sich, so gar, daß
die Alten, sie mochten seyn, wo sie wolten, sie
mochten arbeiten oder essen, dasselbe niemahls
von sich legen durften. |
Veget. … |
|
So sollen wir auch das Wort GOttes stets bey
uns haben, daß wir überall und zu allen Zeiten, da
uns die Zeit der Versuchungen unbekannt ist,
geschickt sind, dieselben von uns abzulehnen Der
Apostel nennt es aber das Schwerdt des Geistes,
weil die Offenbahrung dem H Geiste zugeeignet
wird. |
|
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Es ist noch der letzte Theil dieser geistlichen
Rüstung wieder den Teufel übrig. Und bethet stets
in allen Anliegen mit Bitten und Flehen im
Geiste, und wachet dazu mit allem Anhalten und
Flehen für alle Heiligen. |
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Gleichwie diejenigen, welche in einen Krieg
verwickelt sind, wenn sie die Schwachheit ihrer
Kräfte mercken, ihre Bundesgenossen um Hülffe
anflehen: Also gebiethet uns auch Paulus, zu GOtt
zu fliehen, und ihn um Verstärckung unserer Kräffte
anzuruffen; dieses Gebet aber soll brünstig und
anhaltend seyn. |
Wer von dieser geistlichen
Rüstung wider den Teufel mehr zu lesen verlanget,
der schlage die Dissertation Johann Andreas
Schmidts de armatura spirituali nach. |
|
Die Versuchungen des Teufels sind ohne
Zweifel die stärcksten und die wichtigsten, die
Schrifft spricht so nachdrücklich von der Bemühung
dieses Geistes, die Menschen im Argen zu erhalten,
daß wir glauben müssen, er trage mehr zu den
Lastern und Sünden bey, womit die Welt
angestecket ist, als eine der übrigen Ursachen, die
von aussen unser Gemüthe in der angebohrnen
Unart stärcken. |
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Es ist zwar so weit gekommen, daß man sich
kaum getrauet darf, von den Nachstellungen des
bösen Feindes in einer Gesellschafft solcher Leute
zu reden, die aufgeklärt heissen wollen. Man
erlaubet es nur den Predigern, daß sie von der
Cantzel und in einigen andern Fällen die Welt mit
dem Nahmen des Satans schrecken; doch das ist
alles auch alles, was man einräumen will. |
|
|
Allein man muß entweder die Wahrheit, die
Göttlichkeit und das Ansehen unserer heiligen
Bücher läugnen, oder dem unreinen Geiste eine
gewisse Nacht über die verderbten Gemüther der
Ungläubigen zugestehen Die Schrifft lehret uns so
deutlich, als es geschehen kan, daß ein geistliches
boshafftes Wesen, das eben so reich an Macht als
an Verschlagenheit, in der Welt herumgehe, und
keine Mühe spare, die Menschen in der
Knechtschafft der Sünden und ihrer bösen Lüste zu
erhalten. |
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Es hat GOtt nicht gefallen, uns so viel Nachricht
in seiner Offenbahrung zu ertheilen, daß wir alle
Fragen, die der Mensch von der Natur und Macht
dieses unsichtbaren Wesens aufwerffen kan, richtig
beantworten könnten. Und wozu würde es uns
dienen, wenn wir mehr Wissenschafft von diesem
Widersacher des menschlichen Geschlechts
hätten? Es ist zu den Absichten GOttes und zu
unsrer Ermunterung |
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{Sp. 842} |
|
|
genung, daß er uns kund thun lassen, er habe
aus gerechten und heiligen Ursachen einem
gefallenen und verdammten Geiste erlaubet, seine
Stärcke an dem Hertzen der unartig Menschen zu
versuchen. |
- Joh. VIII, 44.
- 1 Petr. V, 8.
|
|
ihren ohnedem blinden Verstand noch mehr zu
verfinstern, |
2 Cor. IV, 3. 4. |
|
ihren vor sich bösen Willen stärcker zur Sünde
zu reitzen, |
Luc. XXII, 3. |
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und die, so ihm Raum gelassen, nicht anders
als das unvernünfftige Viehe nach seinen Willen zu
lencken, und zu führen. |
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Diese Gewalt des Satans über die Gemüther
der unvorsichtigen und sicheren muß sich allerdings
weit erstrecken, wie könnte sonst der Geist des
HErrn die bösen Thaten und Anschläge der
Gottlosen dem Satan selber zuschreiben? |
- Matth. XIII, 25.
- Röm
XVI, 20
- Joh. XIV, 30
- Eph. VI, 11.
12.
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Die wahre Lehre von dem Satan und seiner
Macht ist frühe unter den Menschen verdunckelt
und verfälschet worden. Das wenige was uns von
den ältesten Geschichten der Völcker, die gegen
Morgen liegen, übrig gelassen worden, ist voll von
Zeugnissen, daß man ihn fast allenthalben zu einem
GOtt oder zu einem solchen Wesen gemacht das
niemand seinen Ursprung schuldig, das mächtig
genung wäre, dem höchsten GOtt, der das Gute
alleine liebet, zu wiederstehen, das allezeit die
Anschläge und Schlüsse desselben zu zernichten
suche, das einen Sieg nach dem andern über
dasselbe erhielte, und das dieser Ursache wegen
nicht nur zu fürchten, sondern auch zu verehren
wäre |
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Wo wir in dem Alterthume hinsehen; da zeigen
sich Spuren dieser Meynung. Sie hat sich aus den
Morgenländern mit der Zeit in die Nord- und
Abendländer gezogen, und bey den
unbekanntesten und rohen Völckern beliebt
gemacht Sie ist von den Ungelehrten und
Einfältigen als etwas, das durch die tägliche
Erfahrung bestätiget wurde, gleich ergriffen und
angenommen worden. Sie ist von den Gelehrten
und Tiefsinnigen auf mancherley Weise erkläret,
und durch allerhand Beweisthümer so unterstützet
worden, daß sie den Leuten von mittelmäßigem
Geiste das vernünfftigste Mittel geschienen, viele
Zweifel über den verworrenen und unordentlichen
Zustand der Welt aufzulösen. Sie hat unzählige und
thörichte Gebräuche, Opffer und abergläubische
Beschwerungs-Arten aufgebracht. Sie hat listigen
Betrügern Anlaß gegeben, die Unvorsichtigen und
Ungeübten ohne Mühe nach ihren Willen zu
lencken, und um ihre Güter zu bringen. Sie
behauptet noch ihren Platz unter grossen Völckern
und Gemeinden, und wird schwerlich vollkommen
ausgerottet werden |
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Die Juden allein haben nie, so viel man weiß
sich völlig zu dieser Meynung geschlagen. Es ist
nicht zu läugnen, daß dieses Volck aus Chaldäa
und Babylon, wo dieselbe im Schwange gieng, viele
Lehren von der Gewalt des Satans und von seinen
Engeln zurücke in sein Vaterland gebracht, die aus
derselben geflossen, und dem bösen Geiste mehr
Ansehen lassen, als ihm gebühret Allein wir haben
keine Stelle in der Schrifft, und man wird auch
schwerlich in andern alten Büchern eine finden,
woraus man |
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{Sp. 843|S. 435} |
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mit Sicherheit schliessen könnte, daß die Juden
jemahls anders den Satan als einen Geist
betrachtet, der von GOtt als seinem Schöpffer
abgefallen, und nach diesem Falle sich auf das
äusserste bemühe, Mitgenossen seines Unglückes
und Elendes unter den Menschen zu sammlen. |
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Unser Jesus, der zu dem Ende erschienen, daß
er die Wercke des Teufels zerstöhrete, |
1 Joh. III, 8. |
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schaffte durch seine Lehre die falschen
Gedancken, die man von demselben in der Welt
vorhergepflogen hatte, unter denen ab, die ihn
aufnahmen. |
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Er unterrichtete die Menschen, |
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- daß der, den sie bisher wie einen GOtt
verehret, nichts als ein widerspenstiger und
abtrünniger Geist sey, den die Gerechtigkeit GOttes
in die Hölle verstossen, und der nur soviel Macht
hätte, als ihm der HErr, der ihn zu einer ewigen
Straffe verdammet, erlauben wolte;
- daß er zwar
nichts unterliesse, die Grentzen seiner Herrschafft
fortzurücken, aber nur bey denen was ausrichten
könnte, die GOtt nicht folgen wolten;
- daß die
Frommen und Gläubigen sichre Waffen in den
Händen hätten, alle seine Anschläge zu Schanden
zu machen,
- und daß Glaube und Gebet den Teufel
und seine Engel allezeit ausziehen und entkräften
könnten
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Was war nöthiger als diese Lehre bey dem
Zustande, in welchem unser Heyland die Welt
antraf? Um dieselbe desto stärcker zu beweisen,
gefiel es GOtt, dem Satan zu den Zeiten JEsu und
der Apostel, mehr Gewalt über die Leiber und
Geister der Menschen auf eine Zeitlang zu gönnen,
als ihm vorhero und hernach eingeräumet worden
ist. JEsus und die Seinen fanden allenthalben auf
ihren Reisen Leute, die von ihm besessen und
gequälet wurden, und befreyeten dieselben durch
einen blossen Winck oder Befehl von diesem
Elende. Diese wunderbaren Erlösungen
dererjenigen, die der Satan zu seinen Knechten
gemacht, waren ein sichtbarer und klarer Beweiß
der Lehre von den bösen Geistern, die JEsus
vortrug. |
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GOtt that noch mehr. Er gab denen Aposteln
des HErrn das Vermögen die Leiber der ruchlosen
und widerspenstigen Christen dem Satan zum
Verderben des Fleisches zu übergeben, auf daß der
Geist seelig würde am Tage JEsu Christi |
1 Cor. V, 5. |
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Hieraus war es eben so klar, daß derselbe
nichts als ein elender und verstossener Knecht, den
die Göttliche Gerechtigkeit zuweilen brauchte, die
Menschen zum Gehorsam zu bringen. |
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Die Christen behielten das Licht nicht lange,
welches ihnen der Heyland in diesem Stücke
angezündet hatte. Gleich nach den Tagen der
Apostel wurden alle unverständige Gedichte und
kindische Meynungen von den bösen Geistern, die
in der Welt, sonderlich in den morgenländischen
Gegenden herumgiengen, durch einige halbkluge
Weisen, die denselben zugethan waren, unter die
Christen gebracht, und als eine deutliche Erklärung
denen wenigen und duncklen Örtern, die in der
Schrifft davon stehen, hinzugefüget. |
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Und was sind hieraus für Unordnungen
entstanden? Wie viel abgeschmackte Lehren? Wie
viel nichtswürdige Gebräuche und Satzungen, die
man hernach, da man den Ursprung derselben
vergessen, für Apostolische Weisen und
Verordnungen ausgege- |
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{Sp. 844} |
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ben? Ein jedes Laster bekam einen eignen
bösen Geist zum Vorsteher. Ein jeder Betrug der
Götzenpfaffen hieß ein Spiel des Satans. Ein jeder
natürlicher Zufall, der nicht gar zu gemein, war eine
Frucht seiner Bosheit. Man vermuthete ihn
allenthalben, und war gar besorgt, daß er unter die
Speisen und das Geträncke sich mengen
möchte. |
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Wenn man nicht darbey geglaubet hätte, daß er
sich für dem Zeichen des Creutzes fürchtete, so
hätten die meisten Christen, die dazumahl lebten, in
einer steten Angst und Sorge leben müssen, weil
man ihnen die List und Gewalt dieses Feindes gar
zu schrecklich abmahlte. Man vergaß daher nicht
seine Kleider, sein Hauß, sein Geräthe, seine
Speisen mit diesem heiligen Zeichen gegen alle
Gefahr zu verwahren. |
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Wir würden es schwerlich glauben können, daß
dieser von unserm Heylande so erniedrigte Geist so
geschwinde zu einem so grossen Ansehen unter
desselben Jüngern wieder hätte gelangen können,
wenn wir nicht die größten unter den damahligen
Lehrern der Christen zu Zeugen nehmen
könnten. |
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In dem dritten Jahrhunderte erkühnte sich gar
ein Persianischer Priester mit Nahmen Manes, den
Satan wiederum völlig auf den Thron zu setzen, von
dem er war gestürtzet worden, und zu einen freyen
Fürsten zu machen, der GOtt nichts zu dancken
hätte, der sein eignes Reich besässe, und eben so
wohl als GOtt ohne Anfang in demselben regieret
hätte. |
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Die meisten widersetzten sich diesem Manne
mit Nachdruck, und steureten auf alle Weise den
Fortgang seiner Lehre. Dem ungeachtet hieng ihm
in allen Theilen der Welt, wo Christen lebten, eine
ziemliche Menge an. Es stecken noch hier und da
Leute von dieser Art, die ihren Gottesdienst in der
Stille fortsetzen. Und wenn man nicht ehedem
gegen dieselben Straffen, Gewalt und Zwang
gebraucht hätte; so würden ohne Zweifel die
Gemeinen der Manichäaer unter den Christen jetzo
nicht die letzten und unansehnlichsten seyn. |
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Wer kan das böse Hertz der Menschen
ergründen? Wir sind bereit zu glauben, daß der
schädlichste und mächtigste Feind allezeit über
unsern Häuptern schwebe, damit wir nur jemand
haben, auf den wir die Schuld unsrer Missethaten
und Sünden weltzen können. Manes ist mit seiner
Lehre verdammt: Allein die Christen haben doch
vieles aus derselben behalten. |
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Es ist nichts von dem, was man in den ersten
Zeiten von dem Satan geglaubet hatte, in den
folgenden abgeschaffet worden. Alles ist vielmehr
vermehret, und immer einfältiger und
unverständiger erkläret und vorgetragen worden.
Mit wie viel tausend Proben könnten wir dieses aus
allen Zeiten bestätigen? Wir haben Bücher, wir
haben Gemählde, wir haben Meynungen, wir haben
allerhand abergläubische Gebräuche, die uns
versichern, daß kein Manichäer seinen bösen GOtt
so gefürchtet, als die Christen, welche die
Manichäer verbrannten den unmächtigen Geist
gefürchtet, den JEsus öffentlich Schau getragen,
und unter die Füsse getreten hatte. |
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Und wenn wir nur das ansehen wollen, was in
der grossen Gemeine, die uns von sich
ausgestossen, noch vorgehet und öffentlich
geschrieben wird; so werden |
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{Sp. 845|S. 436} |
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wir ohne Mühe urtheilen können, was in
derselben vorgegangen und gelehret worden sey,
da sie alleine herrschete, und durch Finsterniß und
Aberglauben allezeit mächtiger zu werden
suchte. |
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Kaum kömmt eine Lebens-Geschichte zum
Vorscheine, in der der Teufel nicht eine von den
Haupt-Personen ist. Lutherus und die übrigen, die
durch ihn erwecket worden, die gefangene Wahrheit
wieder zu befreyen, haben auch dieses Stück der
Lehre JEsu gereiniget. Wir gestehen, daß diese
grossen Leute im Anfange noch vieles von der alten
Meynung behalten, die sie von Kindheit an in der
Römischen Kirche gehöret. |
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Man glaubte in dieser Kirche ehedem, daß alle
Angst der Seelen, alle Zweiffel in göttlichen Sachen,
alle Schwermuth und Traurigkeit, alle böse und
unreine Gedancken vom Satan erwecket, und der
Seelen eingeführet würden. Ist es zu verwundern,
daß Lutherus sich so gleich nicht von dieser
Einbildung völlig entledigen können, und noch
allerhand Redens-Arten von dem Satan und seiner
Macht gebraucht, die denen fremde und wunderlich
scheinen, welche anders, als er erzogen
worden? |
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Einige Verfechter der Römischen Kirche haben
die vornehmsten dieser Stellen in den Schrifften des
Lutherus, worinnen er von seinen Gesprächen mit
dem Satan, und den Einwürffen, die ihm dieser
Geist gemacht, und von seinen Antworten auf
dieselbe redet, statt eines Haupt-Beweises gegen
ihn aufgestellet, und daraus die Folge gezogen, daß
er vom Satan unterrichtet, regieret, und zum Aufruhr
gegen die Kirche bewogen worden. |
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Welch ein Unverstand? Ist etwas anstößiges
und unrichtiges in diesen Örtern; so kömmt es alles
von der Gemeine, in der dieser unsterbliche Lehrer
unterrichtet worden, und so viele Jahre zugebracht
hat. Hat jemahls ein kluger und billiger Mensch
seinem Widersacher eine angeerbte oder
angebohrne Schwachheit als ein Zeugniß seiner
Gottlosigkeit und Bosheit aufgerücket? |
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Die, so von der Römischen Kirche wie die
grösten Heiligen angebetet werden, haben weit
mehr von solchen Versuchungen und Gesprächen
mit dem Satan, als er, geredet. Und es sey endlich
mit diesen Stellen beschaffen, wie es wolle, so
bleibt doch dieses unstreitig, daß er und alle seine
Beystände viel reiner und klüger von den bösen
Geistern und ihrer Regierung gedacht und
geschrieben, als ihre alten Lehrmeister, und den
Anfang gemacht, die grosse Meynung von dem
Reiche des Satans, die man vorhin vortrefflich zum
Besten der Geistlichen zu brauchen gewust,
auszustoßen. |
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Je mehr man die Kunstgriffe der Römischen
Kirchen und die Leichtgläubigkeit der Alten kennen
lernete, und je sorgfältiger man die Schrifft
forschete, je weiter entfernte man sich von
derselben. Man kan dieses aus den Büchern unsrer
Lehrer sehen, die gegen das Ende des
sechzehenden Jahrhunderts geschrieben haben. Es
ist noch nicht alles rein in denenselben. Man rufft
noch offt den Satan herzu, Sachen zu erklären, die
ohne sein Eingeben und Bemühen geschehen
können. Allein es ist doch klar, daß man schon um
ein grosses an Erkänntniß zugenommen, und sehr
wohl begriffen habe, daß die Natur und das böse
Hertz der Menschen viele der Dinge ausrichten
könnten, die ehedem dem unsichtbaren
Widersacher des menschlichen Geschlechtes
zugeschrie- |
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{Sp. 846} |
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ben worden sind. |
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In den folgenden Zeiten ist man der Schrifft, die
uns allein in solchen Dingen unterrichten kan, noch
näher gekommen. Und jetzt ist die ordentliche Lehre
unsrer Kirchen von den bösen Geistern derselben
so gemäß, daß man uns schwerlich mehr wird
Schuld geben können, wir hiengen auch an den
Träumen der Alten, und erklärten die Offenbahrung
aus den Gedichten der Mönche und Einsiedler. |
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Wir wollen nicht alle Redens-Arten
rechtfertigen, die noch aus der alten Sprache übrig
geblieben sind. Die der Welt kundig sind, wissen,
daß diese nicht anders als allmählig abgeschaffet
werden können. Wir können nicht sagen, daß der
Sauerteig allenthalben rein ausgefeget worden, und
keiner mehr unter uns vorhanden seyn solte, der
sich unbehutsam erklärte. |
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Am wenigsten können wir uns rühmen, daß der
gemeine Mann alle falsche Einbildungen abgeleget,
die von den ältesten Zeiten her auf ihn
fortgepflantzet, und noch heimlich in den Häusern
und Geschlechtern unterhalten werden. Es ist
genung, daß man an den meisten Örtern öffentlich
nichts mehr vorträget, als was uns die Schrifft von
dem Satan gelehret, und natürliche Würckungen
von den übernatürlichen mit Sorgfalt
unterscheidet. |
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In der Welt ist man viel weiter gegangen, und
suchet die Wahrheit mit dem Aberglauben zugleich
zu verbannen. Einige derer, die weise und klug
heissen wollen, läugnen gar, daß gefallene Geister
sind. Diese sagen uns ohne Scheu, daß alles, was
davon gemeldet wird, eine Morgenländische Fabel
sey, die unter dem Persern oder Babyloniern zuerst
ersonnen, von den benachbarten Völckern
unbedachtsam angenommen, von den
Götzendienern ihres Vortheils halben künstlich
ausgeschmücket, von den Juden aus der
Babylonischen Gefängniß zurücke gebracht, und
von unserm Heylande und seinen Zeugen darum
nicht gantz verworffen worden sey, weil sie sich zu
tief in den Gemüthern der Völcker eingedrücket
hatte. |
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Andere geben zu, daß ein hochmüthiger Geist
sey, der sich entweder allein, oder in Gesellschafft
einiger andern Geister gegen GOtt einmahl
aufgelehnet, und zur Straffe in einen finstern
Abgrund gestossen worden sey. Allein alles, was
man von den Bemühungen dieses Geistes die
Menschen zu verführen, von seiner Gewalt über die
Gemüther und Leiber, von seinen Reiche und den
Unterthanen desselben lehret, scheinet ihnen
ungegründet zu seyn. |
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Der Satan liegt ihrer Meynung nach gebunden,
und kan denen Einwohnern der Welt nicht schaden.
Und die Sprüche der Schrifft, die das Gegentheil
lehren, werden von uns unrecht verstanden, weil wir
uns in die Morgenländische Schreib-Art, die weit
schwülstiger und höher als unsre ist, nicht schicken
können. Wird ja etwas von unserm Heylande und
den Aposteln gesagt, das unmöglich anders erkläret
werden kan, als die meisten Christen es verstehen,
so muß man mercken, daß sie sich von diesen
Stellen nach den irrigen Meynungen der Völcker
richten, mit denen sie zu thun gehabt. |
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Es giebt noch andere, die etwas bescheidener
reden, und das Ansehen haben wollen, als wenn sie
nichts mehr als den Untergang des Irthums und
Aberglaubens suchten, und sonst weder an dem
Satan selber, noch an seiner Stärcke und
Verschlagenheit zweiffelten. |
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{Sp. 847|S. 437} |
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Diese theilen sich wieder in unterschiedene
Gattungen. Etliche sagen, die Lehre JEsu habe ein
Ende an der Herrschafft des Satans gemacht. Er
habe vor der Zukunfft JEsu in der Welt regieret, jetzt
sey er gefesselt, oder zum wenigsten in die Länder
verwiesen, wo die Herrlichkeit JEsu noch nicht kund
geworden sey. |
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Andere meynen, er vermöge noch etwas unter
den Christen, es bedeute aber wenig; die nur noch
den äusserlichen Schein der Christen behielten,
wären sicher vor ihm; der einige Nahme JEsus
könne ihn in die Flucht treiben; doch die stünden
noch unter seiner Botmäßigkeit, die sich gantz und
gar von allem Gottesdienste absonderten, und so
hinlebten, als wenn sie ohne GOtt wären. |
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Es braucht es nicht, daß man die übrigen
Gattungen der Leute erzehlet, welche die Lehre der
Schrifft von dem Satan so auslegen und einrichten,
wie es ihre vorgefaßten Meynungen ertragen
können. Wir wollen nur etwas von den Ursachen
gedencken, welche diese und einige andere
Meynungen zuwege gebracht haben. |
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Es ist so gar lange noch nicht, daß man so frey
und mannigfaltig die Lehre von den bösen Geistern
beurtheilet. Der hundert Jahre von unsern Zeiten
zurücke rechnet, wird noch alles ruhig finden, und
nur einige zum Theil gerechte Klagen über die
unmäßige Erhebung der Macht des Satans
antreffen. |
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Die, so in dem vorigen Jahrhunderte den
Anfang gemacht, eine neue Art der Weltweisheit
einzuführen, und das Joch der alten Schul-
Philosophie, unter dem die Gelehrten so lange
gelegen, zu zerbrechen, haben zuerst zu diesen
Händeln den Weg geöffnet. Diese grossen Leute
untersuchten die Natur mit reinen Augen, als
vorhero geschehen war, und fanden, daß man
vieles bis dahin ohne Ursache für übernatürlich
ausgegeben und dem Satan beygemessen hatte.
Sie beflissen sich zugleich die alte Lehre von den
Geistern auszubessern, und einen deutlichen
Begriff von dem Unterschiede eines Geistes und
eines Leibes, und von der wahren Beschaffenheit
dieser beyden einander entgegen gesetzten
Naturen zu geben. |
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Die am scharffsinnigsten diese Sache
überlegten, beschlossen endlich mit dem
weltberühmten des Cartes, ein Geist sey ein
denckendes Wesen, und glaubten, man könnte
einen Geist von einer cörperlichen Natur nicht
deutlicher und klärer unterscheiden, als wenn man
lehrete, die vornehmste Krafft eines Geistes
bestünde im Dencken. |
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Dieses neue Licht blendete einige, an statt, daß
es sie hätte erleuchten sollen. Viele geriethen auf
die Gedancken, da ein Geist nichts als dencken
könnte, so müste man ihm alle übrigen Würckungen
absprechen, und alles läugnen, was bisher von der
Krafft des bösen Geistes über die Gemüther und
Leiber des Menschen gelehret worden. |
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Wider dieses Unternehmen setzten sich so viel
klare und deutliche Örter der Schrifft, und so viele
Geschichte von Zauberern, Bündnissen mit dem
Satan, Gespenstern, Besitzungen, Erscheinungen
und andern dergleichen Dingen, die niemand in
Zweiffel ziehen wolte. Man versuchte es also diesen
zwiefachen Grund der alten Lehre
umzureissen. |
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Der letztere, der aus der Geschichte
genommen ward, ließ sich ohne Gefahr bestreiten.
Man sprach ohne viel Weitläufftigkeit allen diesen
Erzehlungen den Glauben ab, und behauptete, daß
unsre Väter |
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{Sp. 848} |
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und Vorfahren alle mit einander durch den
Aberglauben ihrer Zeiten verführet worden, und das,
was krancken, furchtsamen, leichtgläubigen und
wahnwitzigen Leuten geträumet hätte, für Wahrheit
angenommen. Und dieses Vorgeben wurde durch
unterschiedliche Dinge ungemein wahrscheinlich
gemacht. |
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Die Rechtsgelehrten, die durch die Freyheit zu
Dencken, welches man allgemach mehr und mehr
unterstützte, ermuntert waren, zeigten die groben
Fehler, welche man bey den Untersuchungen
gegen die Hexen, Unholde und Zauberer ehedem
begangen, und bewiesen augenscheinlich, daß
viele Leute jämmerlich hingerichtet worden, die den
Satan nie anders als im Schlaffe gesehen. |
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Die Ärtzte beflissen sich darzuthun, daß man
viele nicht eben gemeine Kranckheiten ohne Grund
für Bezauberungen oder Besitzungen des Satans
ausgegeben. Und diese musten desto mehr Beyfall
erhalten, weil sie das, was sie lehreten, durch die
That bestärckten, und viele solcher Zufälle durch
Kraut und Pflaster heileten, die man sonst nur durch
das Gebet und Fasten hatte heben wollen. |
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Die Forscher der Alterthümer traten zuletzt auf,
und vereinigten Belesenheit und Vernunfft, die Welt
zu überführen, daß alle sonderbare Begebenheiten,
die man unter den Heyden den Göttern
beygemessen, alle Weissagungen, Wunder und
Aussprüche der Götter durch Betrug und List der
Pfaffen gewürcket worden. |
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Die Gottesgelehrten selber waren nicht gantz
müßig. Sie entdeckten, daß die meisten
Erscheinungen, Besitzungen und Versuchungen
des bösen Geistes, womit man das leichtgläubige
Volck in der Römischen Kirche furchtsam gemacht,
entweder Früchte einer beschädigten Einbildung
gewesen, oder durch allerhand Kunstgriffe der
Geistlichen zuwege gebracht worden wären. |
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Durch diese verbundene Krafft der
vornehmsten Gelehrten wurde der Beweiß, den die
Geschichte und Erfahrung an die Hand giebt, zum
wenigsten so entkräfftet, daß man ihn nicht mehr
sicher brauchen konnte. |
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