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Quellenangaben |
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Naturell des Verstands, ist die Beschaffenheit
der natürlichen Fähigkeiten, womit der
Verstand
eines Menschen von Natur begabet, daß er selbige
willkührlich
verbessern kan. |
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Von diesen Naturell hat
Walch in den
Gedancken vom philosophischen Naturell …
folgende
Vorstellung gemacht. |
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„Bey dem Verstand müssen wir voraus setzen,
daß er mit drey Haupt-Fähigkeiten zu gedencken,
versehen, als mit dem Gedächtniß, Ingenio,
welches man im Deutschen die
Zusammenreimungs-Krafft nennen kan, und mit
dem Judicio, oder Urtheilungs-Krafft, daher wir auch
dreyerley Arten der Gedancken haben, als
Gedancken des Gedächtniß, wenn wir etwas
mercken, und uns einer Sache erinnern; des Ingenii,
wenn wir etwas ersinnen, das vielleicht möglich,
auch artig ist, wohin die Vermuthungen, Erdichtun-
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{Sp. 1244} |
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gen und alle Arten der sinnreichen Gedancken
gehören; und des Judicii, wenn wir mit der Wahrheit
zu thun haben, daß wir urtheilen und
raisonniren. |
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Alle diese drey Fähigkeiten können nach dem
Unterscheid der Menschen in Ansehung ihrer
Lebhafftigkeit von Natur auf unterschiedene Art
vermischet seyn, welche Art der Vermischung,
wenn unter andern jemand von Natur ein lebhafftes
Ingenium, ein mittelmäßiges Judicium und
schwaches Gedächtniß hat, eben das Naturell
seines Verstandes ist, so wir sonst das
Temperament des Verstandes zu nennen
pflegen. |
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Unter diesen Haupt-Fähigkeiten des
menschlichen Verstandes hat das Judicium vor den
andern den Vorzug, welches auch den Unterscheid
einer vernünfftigen und unvernünfftigen Creatur
ausmachet, daß man also nach dessen
Beschaffenheit die Güte eines solchen Naturells
eigentlich beurtheilen muß. |
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Es findet sich der Mangel des Judicii bey
einigen Menschen auf eine dreyfache Art. Bey
einigen ist derselbe zugleich mit einem Mangel des
Gedächtniß und Ingenii im Gebrauch verknüpfft,
welches der höchste Grad der Dummheit, andere
haben bey einem ziemlichen Gedächtniß einen
Mangel am Ingenio und Judicio, so man Stupidität
nennen kan; und dann haben welche Ingenium und
Einfälle genug, es fehlet aber am besten, oder am
Judicio, welcher Fehler die Narrheit ist. |
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Ein gut Naturell des Verstandes hingegen,
gründet sich auf die vorhandene Fähigkeit des
Judicii, welche sich wieder in verschiedene Arten
abtheilet, nachdem man das Judicium entweder an
sich nach seinen unterschiedenen Graden; oder in
Ansehung der Verknüpffung mit den beyden
andern Kräfften, dem Gedächtniß und Ingenio,
erweget. |
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Denn in der ersten Absicht differiren die Grade
der Lebhafftigkeit am Judicio gar sehr, daß man
bald ein schwaches, bald ein mittelmäßiges, bald
ein grosses und scharffes antrifft, und bey der
Verbindung mit den beyden andern Fähigkeiten,
dem Gedächtniß und Ingenio, können wir drey
Classen machen. |
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In der ersten stehen diejenigen, bey denen nur
eine Fähigkeit die Oberhand hat, die beyden andern
aber schwächer, und entweder gleich oder ungleich
sind. In der andern befinden sich die, bey denen
zwey Fähigkeiten in gleicher Lebhafftigkeit stehen,
die dritte aber schwächer ist; und die dritte fasset
die ingenia heroica und divina in sich, bey denen alle
drey Kräffte, das Gedächtniß, Ingenium und
Judicium, in gleicher Lebhafftigkeit
anzutreffen.„ |
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Dieses Naturell des Verstandes pflegt man
mehrentheils im
Lateinischen
Ingenium zu
nennen,
und nimmt dieses
Wort in weiterm
Verstand. Lange
in protheoria erud. human. univ. … setzet viele
Arten von den Ingeniis, als
ingenia |
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- ordinaria und extraordinaria;
- obvia und
rara,
- extrema und moderata,
- magna und parva,
- divina und bruta,
- angelica und diabolica,
- majestica und plebeja,
- liberalia und servilia,
- obsequiosa und
pertinacia,
- praecocia,
- serotina und matura,
- vivida und languida,
- inventiva und collectiva,
- recta und
perversa,
- ordinata und confusa,
- und was andere
Gattungen mehr
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{Sp. 1245|S. 640} |
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woraus man aber leicht siehet, daß er damit sein Absehen nicht allein auf
die Beschaffenheit des Verstandes, sondern auch auf den
Willen gehabt, und zuweilen ohne
Noth
gewisse
Arten gesetzet. |
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Obgelobter Walch in angezogenen Gedancken
vom philosophischen Naturell … zeiget die
Nothwendigkeit eines Naturells zu Erlernung der
Wissenschafft auf folgende Art: |
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„Auf eine Profeßion sich legen, heist so viel,
daß man diejenige Habitus oder Fertigkeiten
erlangt, die zur Vollführung der in der Profeßion
vorfallenden Geschäfften nöthig sind. Ein jeder
Habitus aber setzt gewisse natürliche Kräffte zum
voraus, indem alle Habitus durch Fleiß erlangte
Geschicklichkeiten der natürlichen Kräffte sind,
daher berichten Gellius … noct. Attic. und
Jamblichus vit. Pythag. … von dem Pythagora,
daß er bey demjenigen, der sich in seine Schule
habe begeben wollen, aus verschiedenen
Kennzeichen eine Prüfung des Naturells und der
Gemüths-Art angestellet. |
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Nach dem Unterscheid aber der Profeßionen,
werden auch unterschiedene Naturelle erfordert,
welches aus der Beschaffenheit der Sache, die wir
tractiren wollen, zu beurtheilen, und wenn wir dieses
auf die gelehrten Wissenschafften appliciren, so ist
ein Mensch nicht zugleich zu allem von Natur
geschickt. Die Poesie erfordert ihr Naturell, das ist,
die natürliche Fähigkeit des Ingenii, und eine Lust
zu dichten, daher auch das bekannte Sprichwort
entstanden: poetae nascuntur, non fiunt. |
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Wohin gleichfalls Cicero pro Arch. … seine
Gedancken richtet, wenn er
schreibet:
Sic a summis
hominibus eruditissimisque accepimus, ceterarum
rerum studia et doctrina et praeceptis et arte
constare, poëtam natura ipsa valere et mentis
viribus excitari. |
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„Gleiche Bewandniß hat es mit der
ungebundenen Rede-Kunst, welche man schlechter
dings die Oratorie nennet, daß ein Redner ein mit
Judicio verknüpfftes Ingenium haben muß, damit er
zu allerhand artigen und sinnreichen Einfällen
geschickt sey, und selbige vermöge des Judicii wohl
zu gebrauchen wisse; und wer nebst seinem Judicio
auch einiges Ingenium besitzet, wird in der Critic
weit glücklicher seyn, als der scharffsinnigste ohne
Ingenio.„ |
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Von den
unterschiedenen Arten des
Verstandes lese man Antonium Zaram in Anatom.
ingen. … Joh Barclajum in icon. animor. … und
diejenigen, die insonderheit ihr Absehen auf die
gelehrten
Wissenschafften gehabt, wie weit jemand
von Natur dazu
geschickt sey, oder nicht, als
Edmundum Richetium in obstetric. animor. …
Morhof in Polyhist. litterar. … und
Buddeum
in
selectis jur. nat. et gent. … |
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Von dem Philosophischen Naturell handelt
Heumann in den Actis philosoph. …; Walchs
Gedancken aber davon, sind 1723
in 8 heraus
kommen. Es hat auch Gassendus seinem
Syntagmati philosophico eine Abhandlung von der
Philosophie überhaupt fürgesetzet, davon das vierte
Capitel die Uberschrifft hat: Qui ad philosophiam
nascantur, in dem ersten
Theil seiner gesammten
Wercke ... wor- |
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{Sp. 1246} |
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innen er aber mehr einige
Umstände aus der
alten philosophischen Historie erläutert, als die
Sache selbst fürgetragen hat, massen er nur einige
Eigenschafften eines rechten
Philosophen
durchgegangen. Zu Jene ist 1721 Weigmanni
Disputation de ingenio ad philosophiam nato
herauskommen. |
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