Titel: |
Wahrheit [6] |
Quelle: |
Zedler Universal-Lexicon |
Band: |
52 Sp. 922 |
Jahr: |
1747 |
Originaltext: |
Digitalisat BSB
Bd.
52 S. 474 |
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Wahrheit [5] |
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Hinweise: |
- Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe
Hauptartikel
- Für die Auflösung der Quellenangaben siehe:
Personen
- ¶: Absatz in der Vorlage vorhanden
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Text |
Quellenangaben |
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Es ist
Zeit, daß wir auch die¶ |
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Juristische Betrachtung der Wahrheit¶ |
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vornehmen. Nach Maaßgebung der
Rechte
äussert sich die Wahrheit besonders in denen
Pacten, Contracten, Verträgen, Versprechungen,
und allen
Arten der Vergleiche; wie nicht weniger in
denen
Gerichten und bey Ablegung eines
Zeugnisses, und endlich auch bey allen und jeden
Handlungen, so einen andern oder dritten
angehen, daß man nehmlich gegen denselben sich
niemahls einer Arglist,
Falschheit, Betrugs oder
Gefährde gebrauche, auch niemahls anders
rede
oder
schreibe, als es einem
würcklich um das Hertz
ist, oder
Pflicht und
Gewissen, oder noch sonst
nach Beschaffenheit der
Sache Recht und
Billigkeit
es er- |
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{Sp. 923|S. 475} |
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fordern. |
Calvinus in Lex. Jur. v.
Veritas. |
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Weswegen denn auch bey vorkommenden
Fällen jederzeit der
Endzweck aller Untersuchung,
die Wahrheit zu erforschen, ist, und sollen die
Gerichte der Wahrheit, nicht aber die Wahrheit den
Gerichten dienen; Vielmehr sollen die Gerichte vor
allen
Dingen die Wahrheit vor Augen haben. |
Borellus de Compromiss.
… |
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Es kan aber dieselbe unstreitig nicht besser,
als durch einen gewissen klaren unvollständigen
Beweis, oder durch des Beklagten eigenes
Geständniß an das Licht gebracht werden. |
Köppen … |
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Wo auch die Wahrheit einmahl offenbar
geworden, soll der
Richter weiter keine
Umschweiffe mehr zulassen. Wenn die Wahrheit
an das Licht kommt, muß die Vermuthung
weichen. |
- Harpprecht …
-
Cocceji Disp. Si plus …
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Die Wahrscheinlichkeit hilfft der Wahrheit nicht
wenig, und wer die Wahrscheinlichkeit hat, der hat
auch das
Recht
vor sich. Denn jene gilt an statt der Wahrheit, bis diese offenbahr wird. Was
nicht wahrscheinlich ist, soll gar nicht in Betrachtung gezogen werden. |
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Wenn einer im
Gerichte befraget
wird; so ist er schuldig, die Wahrheit auszusagen.
Und mag ein
Richter die Wahrheit zu erforschen,
auch wohl ausschweiffende Fragen brauchen.
Wenn aber der Befragte gleich die Wahrheit
aussaget, dessentwegen aber von jemanden ein
Stücke
Geld genommen hat, und sich also bloß
dadurch zu Bekänntniß der Wahrheit gewinnen
lassen; so ist er nach dem strengen
Rechte nicht
anders, als ein Betrüger anzusehen, und auch
daher mit der in den Rechten auf die Falschheit
gesetzten ordentlichen
Straffe zu belegen. |
Böckel … |
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Wenn hingegen in alten
Dingen und Urkunden
zwar etwas aus Irrthum so oder so verstattet,
gesaget und
geschrieben worden, oder
geschehen, und solches nachgehends gleich der
Wahrheit zuwider befunden würde; so mag solches
gleichwohl dem Irrenden nicht schaden, obschon
selbiges noch so offt mündlich oder schrifftlich
wiederholet worden. |
Mascard de Prob.
… |
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Ein Versprechen bey dem Worte der ewigen
Wahrheit gilt an Eydes Statt, und verbindet den,
der solches gethan, im Gewissen, obschon die
Verbindlichkeit in den
Rechten keine Statt
hätte. |
Besold
Contin. |
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Sonst aber hat auch die bekannte
Rechts-Clausul, Sola facti veritate inspecta, das
heißt, nach der wahren Beschaffenheit der
Sache,
oder in blosser Absicht auf dieselbe diese
Würckung, daß alsdenn die in denen
geschriebenen Rechten sonst zu
Erforschung der
Wahrheit anbefohlene
Solennitäten hinweg fallen
und vor aufgehoben zu achten. |
- Mynsinger Cent. …
- Stryck in Disp. …
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Und wenn die Wahrheit anders nicht heraus zu
bringen; so können auch wohl die sonst nicht
zugänglichen
Arten des
Beweises, jedoch anders
nicht, als auf richterliches Ermessen Statt
haben. |
- Mascard de Prob. …
- Gras in Disp. de Amicit. …
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Jedoch wird auch wohl solchen Falls zuweilen
die Clausul: Der Wahrheit unabbrüchig, |
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{Sp. 924} |
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Lat.
Salva veritatis substantia, hinzugefügt:
wodurch denn nichts anders angedeutet wird, als
daß man sich hiermit ausdrücklich vorbehalten
haben wolle, auf eingezogene nähere Kundschafft
oder erhaltenen bessern
Beweis, sodenn auch
nach Befinden der
Sache weiter, wie recht, zu
erkennen und zu verfahren. |
- Besold
in Thes. Pract.
v. Wahrheit und in Contin. eod.
Speidel
in Bibl. Jur.
Vol. II. v. Veritas.
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So viel hiernächst die Wahrheit der
Schmähung, oder derer jemanden vorgeworffenen
Verbrechen anbelanget; so befreyet dieselbe
nichts desto weniger den Schmähenden, so wohl
nach den beschriebenen
gemeinen, als auch
besonders nach denen
Chur-Sächsischen
Rechten, nicht von der
Straffe, |
Const. El. Sax. … |
|
sondern derjenige, so einem diffamiret, wird,
ob er gleich solches folgends ausführen könnte
gleichwohl willkührlich bestrafft. |
Ibid. |
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Vom Eyde der Wahrheit, siehe den
Artickel:
Zeugen-Eyd. |
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