Titel: |
Erkenntniß anderer |
Quelle: |
Zedler Universal-Lexicon |
Band: |
8 Sp. 1671 |
Jahr: |
1734 |
Originaltext: |
Digitalisat BSB
Bd.
8 S. 867 |
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Erkenntniß |
Folgender Artikel: |
Erkenntniß Gottes |
Siehe auch: |
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Hinweise: |
- Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe
Hauptartikel
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Text |
Quellenangaben |
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Erkenntniß anderer, ist diejenige
Erkenntniß,
da wir uns einen
Begriff von andern Leuten
machen. |
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Sie ist entweder eine äusserliche, oder eine
innerliche. |
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Die äusserliche gehet auf die äusserlichen
Umstände bey einem
Menschen, als dessen
Gestallt und Glücks-Güter. |
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Die innerliche gehet auf desselben
Gemüths-Art. |
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Die erste ist zwar eine gemeine Erkenntniß,
aber zugleich auch eine
gewisse. Die andre
hingegen beruhet nur auf der
Wahrscheinlichkeit.
Die letztere ist am
nöthigsten. |
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Die Menschen pflegen nach ihren
Neigungen
zu handeln. Wer sich also ihrer
Handlung bedienen
will,
muß auf den
Ursprung dererselben sehen,
damit er so wohl die Handlungen hervorzubringen
als dieselbe auf seine
Endzwecke zu richten
weiß.
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Wie man einen ieden
Adfect insonderheit
erkennen
soll, wird unter dem
Titel einer jeden
Neigung erwiesen. |
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Von der
Erkenntniß derer
Gemüther aber
überhaupt sind noch diese General-Regeln zu
mercken: |
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1) |
Man mache sich die
besondern Merckmahle von einem jeden
Adfecte
wohl bekannt. |
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2) |
Die äusserlichen
Zeichen,
als die Gesichts-Bildung, der Gang, die Augen, das
Anfühlen der Hand, die Stimme und dergleichen
mehr sind zwar nicht untrügliche Zeichen, sie sind
aber auch nicht gäntzlich zu verwerffen, sondern
mit dem übrigen zusammen zu nehmen, und auch
im Nothfalle, wenn man keine bessere Erkenntniß
hat, darauf zu sehen. |
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3) |
Weil
Menschen alle mit
einander eine Mischung ihrer Neigungen haben,
muß man suchen, die
Ordnung dererselben zu
unterscheiden. Man muß wissen, wie eine die
andere übertreffe und sie überwinden könne.
Hierbey ist denn |
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4) |
nöthig, daß man solche Handlungen derer Menschen
beobachte, wo
verschiedene
Adfecten zusammen kommen und
mit einander streiten. |
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5) |
Bemercke man wohl den
Unterscheid der
Personen, in Ansehung ihres
Alters, ihrer
Glücks-Umstände, die
Art der
Verbesserung und der Verstellung, indem diese
nicht mehr nur die
Adfecten in einer
gantz andern
Gestallt
vorstellen, so daß man bey zweyen
Personen von einerley
Gemüthe nicht
glaubet, daß
sie einerley Gemüthe haben, sondern die
Tugend
und die Verstellung sind vor gar keine
Würckungen
zu halten, und kan man von denenselben keinen
Schluß auf die natürlichen Neigungen machen.
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Ridiger Sensu Veri et Falsi
... |
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