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Zedler: Rau-Grafen HIS-Data
5028-30-1102-2
Titel: Raugrafen
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 30 Sp. 1102
Jahr: 1741
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 30 S. 560
Vorheriger Artikel: Raugnaricii
Folgender Artikel: Raugrafen, ein im Stifft Lüttich
Siehe auch:
Hinweise:
  • Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe Hauptartikel
  • Für die Auflösung der Quellenangaben siehe: Personen

  Text Quellenangaben
  Raugrafen, ist eine schon vor uralten Zeiten in Deutschland üblich gewesene und hernach in dem 17 Jahrhundert von neuem wieder hervorgebrachte Würde.  
  Uber den Ursprung und die eigentliche Bedeutung des Namens findet man sehr unterschiedene Meynungen. Trithem nennet sie auf Lateinisch Comites Hirsutos, und Brito Armoricus fast auf gleiche Art Pilosos, womit das von vielen Deutschen gebrauchte Wort Rauchgraf überein kommt. Reinesius nennet sie Comites asperos, weil sie über sehr rauhe und gebürgige Örter, zwischen der Mosel und der Maaß, in dem Gebiet von Trier und von Lüttich hätten zu befehlen gehabt.  
  Andere geben Ihnen den Namen Ruhgrafen, welches unter anderen auch in dem zu Franckfurt verwahrten Original der güldenen Bulle geschiehet, allwo sie mit unter denjenigen erwehnt werden, welche den Churfürsten von Trier zu geleiten schuldig sind. Es soll aber der Titel Ruhegraf darum seyn gegeben worden, weil diejenigen, so denselben geführt (eben so, wie vormahls in etlichen Niederländischen Provintzen gewisse Roewaerds oder Rustbewaerders gehabt) die gemeine Ruhe und Sicherheit wahrzunehmen schuldig gewesen.  
  Albrecht Crantz meynt, Raugraf sey so viel als Comes ruris, ein Feldgraf, und eben derselbe führt an, daß die Grafen von Dassel, welche in Nieder-Sachsen zwischen Eimbeck und Höxter gewohnt, und in ihren Wapen ein gantzes Hirsch-Geweihe geführt, vor Alters Comites ruris titulirt worden.  
  Einige sagen, wiewohl ohne Grund, daß Raugraf so viel geheissen habe, als Rüge-Grafen, oder Gerichts-Graf, weil nemlich die, so man also genennet, gleichsam Advocaten oder Procuratores des Kayserlichen Fisci gewesen, welchen obgelegen, die fiscalische Sachen zu rügen, und den Verbrechern einen gewisse Straffen aufzulegen.  
  In dem Catalogo der Bischöffe von Worms findet man im 13 Jahrhundert Eberharden, Friedrichen und Gerharden, 3 Gebrüdere, ingleichen Emico, welche allerseits Ruhgrafen von Beimberg genennet worden, und von deren Geschlecht in dem Stifft Lüttich, ein besonderer Artickel handelt.  
  Die noch heutiges Tages florirende Herren von Boineburg sollen nach einiger Meynung gleichfalls von den alten Raugrafen abstammen.  
  Noch zur Zeit hat man von diesen alten Raugrafen, deren eigentlicher Sitz, nach Paul Hachenbergs Gedancken, in der Gegend von Creutznach gewesen seyn soll, keine zulängliche Nachricht. Die gemeinste Meynung ist diese, daß alles dasjenige, was die ehemalige Raugrafen besessen, dem Churfürsten von der Pfaltz, als Lehnherrn, anheim gefallen sey.  
  Der Pfältzische Churfürst, Carl Ludewig, nach dem er Louisen, Baroneßin von Degenfeld, sich zur lincken Hand antrauen lassen, gab ihr mit Kayserl. Einwilligung  
  {Sp. 1103|S. 561}  
  (wozu auch nachmahls der Agnaten Bewilligung gekommen) den Titel einer Raugräfin, und die 14 mit ihr erzeugte Kinder haben sich auf gleiche Weise Raugrafen und Raugräfinnen zu Pfaltz geschrieben.  
  Gedachter Carl Ludewig, Churfürst zu Pfaltz, starb 1680, und haben von seinen Kindern folgende 8 überlebet:  
 
  1. Carl Ludwig, Raugraf zu Pfaltz, war 1658 den 5 Octobr. gebohren, und büssete 1688, als Venetianischer General-Wachtmeister, in Morea das Leben ein.  
  2. Carl Eduard, Raugraf zu Pfaltz, war 1668 den 9 May gebohren, und kam 1691 den 26 September in einem Scharmützel mit den Frantzosen um.  
  3. Carl Moritz, Raugraf zu Pfaltz, war 1670 den 30 Decembr. gebohren, und gieng 1702 den 13 Junius als Königl. Preußischer Obrist-Lieutenant, mit Tode ab.  
  4. Carl August, Raugraf zu Pfaltz, war 1672 den 9 Octobr. gebohren, und gesegnete 1688 das Zeitliche.  
  5. Carl Casimir, Raugraf zu Pfaltz, war 1675 den 22 April gebohren, und wurde 1691 im April zu Wolffenbüttel, von Antonen, Grafen von Waldeck, in einem Duel entleibet.  
  6. Charlotte, Raugräfin zu Pfaltz, war 1659 den 19 Novembr. gebohren, wurde 1683 mit Mainarden, Grafen von Schönberg, den der König von Engelland, Wilhelm III, 1691 zum Hertzog von Leinster, Grafen von Banger und Baron von Mulingar machte, vermählet, und beschloß 1696 den 6 Junius zu Kensington ihr Leben.  
  7. Louise, Raugräfin zu Pfaltz, war 1661 den 15 Jenner gebohren, und blieb unverheyrathet.  
  8. Amalie Elise, Raugräfin zu Pfaltz, war 1663 den 22 Mertz gebohren, und starb 1709 im Julius im ledigen Stande.
 
  Siehe Carolus Ludovicus, Churfürst von der Pfaltz. Ingleichen Degenfeld (Marie Susanne von).  
  Das neuen Raugräfliche Wapen bestehet aus 4 Feldern. In dem ersten und 4. ist der Pfältzische Löwe, in dem andern und 3. aber sind die Bayerische Rauten oder Wecken zu sehen. In der Mitte liegt das Degenfeldische Stamm-Wapen obenauf.
  • Trithem.
  • Brito Armor. L. 5. Philippidos,
  • Reines. var. …
  • Schoock descript. …
  • Crantz L. 8. c. 26.
  • Speidel spec. Jur.
  • Besold Thesaur.
  • Strauch Diss. exot. I.
  • Spangenb. Adelsp. …
  • Imhof N.P. …
  • Europ. Herold,
  • Hachenberg in Epist. ad Arnoldum.
     

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Stand: 30. Dezember 2012 © Hans-Walter Pries