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Quellenangaben |
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Teutsche Lehn, Lat.
Teutonica Feuda, sind entweder so viel, als unmittelbare Reichs- oder mittelbare und
sogenannte Reichs-Affter-Lehn, wovon die Artickel Reichs-Lehn, im XXXI Bande, p. 111.
u. f. und Feudum Provinciale, im IX Bande, p. 64 nachzusehen. |
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Eine gantz besondere
Art von Teutschen
Lehen aber findet sich noch bey dem Böhmischen Lehns-Hofe. Und zwar
verstehet man daselbst
unter dieser
Benennung eigentlich
diejenigen Lehn-Stücke, welche außerhalb der Böhmischen Grentze liegen, u. von denen
Teutschen Ständen und Herren von der Cron Böhmen zu Lehn genomen werden, welche sich
wiederum
abtheilen in
diejenigen, mit welchen die Verbindung der Landsassenschafft verknüpfft ist, und in
diejenigen, welche nur blosse Lehns-Verwandschafft erkennen. |
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Unter die ersten gehören ordentlicher Weise,
z. E. diejenigen Lehne,
welche in Egrischen u. Ellenbogner Creyse liegen. Denn es hat Eger und Ellenbogen nicht
vom
Anfange der Cron Böhmen
gehört, sondern ist erst nach der
Zeit darzu gekommen.
Und ob sie wohl selbiger einverleibet worden; so sind sie dennoch so wohl in dem
Reichs-Anschlage, als auch in so weit von der Cron Böhmen abgesondert verblieben, daß
die darinnen befindlichen
Lehn zwar vor Teutsche
Lehn geachtet, jedennoch nicht anders, als mit der
Unterthanen
Verwandschafft, verliehen werden
sollen. Aus diesem
Grunde sind die
Marggrafen von Baaden wegen Schlackenwerda, so im Ellenbogischen liegt, Böhmische
Land-Stände und Unterthanen,
tragen aber dennoch ein Teutsches Lehn. |
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Die andern Teutschen Lehn, welche der Cron Böhmen mit keiner Landsasserey zugethan
seyn,
theilen sich
wiederum in diejenigen, über welche ein anderer
Reichs-Standt die
Landes-Hoheit hat, u.
diejenigen, über welche derjenige selbst, der sie besitzt, die Landes-Ho- |
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{Sp. 1861|S. 944} |
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heit ausübet. Unter jene werden die Schönburgischen Böhmischen Lehn gerechnet, über
welche bekannter maßen das Chur-Hauß
Sachsen,
mit Beruffung auf das Herbringen, sich die Landes-Hoheit anmasset. Derer andern aber
sind gar viele hin und wieder in
Teutschland bekannt, massen
kein Reichs-Stand ist, welcher einen stärckern Lehn-Hof hat, als eben die Cron Böhmen.
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In
Lünigs Reichs-Archiv stehet
unter den Böhmischen Documenten p. 469. ein
Catalogus oder
Alphabetisch Verzeichniß
aller derjenigen Teutschen Lehn, so von der Cron Böhmen zu Lehn rühren. Es ist zwar nur
überschrieben, daß es ein Verzeichniß derjenigen
Orte sey,
worüber die Cron Böhmen die Lehn-Gerechtigkeit führet, durch welche Innschrifft einer
verführet werden kan, als wenn auch die Böhmischen Lehn darunter wären, da es doch nur
Teutsche Lehne seyn. Alleine der Augenschein weiset also fort, und bezeuget es auch
Lüder Mencke in seiner
Diss. de Vi
superioritatis territorialis in territoriis clausis p. 37. §. 27. daß es nur ein
Verzeichniß der Teutschen Lehne sey. Wir wollen das
Urtheil erstgedachten Menckens hieher setzen, weilen doch hier von der Sache zu
handeln ist. |
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„Wie weit sich, sagt derselbe am bemeldeten Orte, die Böhmischen Lehne
durch Teutschland erstrecken, zeiget deren weitläufftiger Catalogus, welcher mir
Gelegenheit gegeben, solchen in Alphabetische Ordnung zu bringen. Denn als das
Böhmische Reich, ehe die güldene Bulle gemacht wurde, schon viele Schlößer, Ländereyen
und Flecken, besonders Kaufsweise an sich gebracht hatte, ferner als sich die
Böhmischen Könige dieses trefflichen Vortheils, indem ihnen das Recht im Reiche
Herrschafften zu haben ertheilet, und in der Güldenen Bulle c. 10. bestätiget worden,
bedienten, und die Kayser selbst etliche mahl ihren geneigten Willen durch Schenckungen
erklärten, wie denn, daß solches zu Zeiten Friedrichs des II, geschehen sey, erzehlet
wird, welcher 1212 zu Basel der Crone Böhmen Lichtenstein, Milin und Reichenbach
geschencket, diese aber nach Verordnung der Güldenen Bulle solche Güter in ihrem Wesen
zu erhalten angewiesen waren, und die alten Rechte wegen derselben erfüllen und dem
Reiche wieder heimfallen lassen sollen; so hat man die Reichs-Lehne von den eigentlich
also genannten Böhmischen Lehn wohlbedächtig zu unterscheiden angefangen. |
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Denn diese Böhmische Lehne pflegen zu Prag in der Böhmischen Cantzley, vor der
Böhmischen Land-Tafel, ertheilet zu werden, und man nennet sie daher Böhmische Land-
Tafel-Lehn, wohin unter andern die Herrschafft Greßlassen gerechnet wird; die Reichs-
Lehn aber pflegen vom Teutschen Lehns-Hauptmann oder Richter ertheilet zu werden, auf
welche Art nach Sächsischen Rechten und Herkommen, auch obgedachte Schoenburgische
Grafen mit des Reichs-Unter-Lehn eingekleidet werden, ohnbeschadet der Landes
Herrlichen Hoheit des Chur-Fürsten von Sachsen, welche Hoheit dem Churfürstenthum
Sachsen vom Könige Uladislaus selbst im Jahr 1482 wie im 7. § gesagt, und die Worte
deutlich bezeugen, vorbehalten worden: Wir, unsere Erben und nach- |
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{Sp. 1862} Teutsche Lehn |
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kommende Könige, und die Crone zu Böheimb an dem, die sie an diesem unsern Briefe
benannt haben, nimmermehr ewiglich keinerley Anspruch haben sollen, noch wollen,
ausgeschlossen an den Schlößern, Städten, Märckten, Festen, daran wir als ein König zu
Böhmen von Unser und der Cron wegen, mehr nicht, denn die Obrigkeitliche Lehn, haben.
Dafür sind folgende Unter-Lehn des Reichs, als Glaucha, Waldenburg und Lichtenstein
angenommen, und dem Sächsischen Gebiete also einverleibt worden, daß sie das Böhmische
Gebiete keineswegs berühren, sondern in die eigenen Sächsischen Grentzen eingeschlossen
würden.„ ¶ |
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Diese Teutschen Lehn sind also von den Böhmischen annoch darinnen
unterschieden, daß
sie nicht, wie bereits gedacht, von der Pragerischen Lehn-Tafel, wo die Böhmischen
Lehn-Leute ihr Lehn bekommen, und
Recht nehmen müssen,
sondern ehemahls von einer besonders darzu verordneten so genannten Teutschen Lehns-
Hauptmannschafft, und heutiges
Tages von dem Pragerischen
Appellation-
Gerichte in Lehns-Sachen ihr Recht empfangen. ¶ |
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Das erste, daß nehmlich ehemahls eine besondere Teutsche Lehen-Hauptmannschafft
darzu verordnet gewesen, bezeuget das bey Puchholtzen in Append. Docum. num. 17.
befindliche
Rescript von
Kayser Ferdinand dem
I. vom
Jahr 1558 an den Teutschen
Lehn-Hauptmann, den Grafen von Schlick, in welchem annoch dieses merckwürdig, daß die
Teutschen Lehn, so ein anders durch Verträge und das
Herkommen, wie
bey denen Schönburgischen Herrschafften von Mencken gemeldet worden, nicht hergebracht,
nach dem Lehn-Rechte der Cron Böhmen, wenn es zum Proceß kommt, sich richten lassen
müssen. Denn so lauten die
Worte des
angeregten Diplomatis: ¶ |
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„Die Römisch-Kayserliche, auch zu Hungarn und Böhmen Königliche Majestäts Unser
Allergnädigster Herr, haben Ihro Majestät Rath der Cron Böheimb Teutschen Lehen-
Hauptmann und Länder-Präsidenten, Herrn Joachim Schlickhen, Grafen zu Paßaun, Herrn zu
Weißenkirchen, auf Rabenstein und Schlackenwertha, unterthänigst und gehorsamst
Fürbringen in nachfolgenden Artickeln gnädiglich und nach Länge vernommen, und geben
Ihro Röm. Kayserl. Majest. Ihm darauf diesen Abschied; Erstlich was belangt durch oder
nach welchen, das ist dem gemeinen Sächsischen oder Böhmischen Rechten, die ansprüchig-
streitig- und fällige der Cron Böheimb Lehen-Güter sollen künfftiglich berechtiget,
fürgenommen, und darauf erkannt werden; Ist Ihro Kayserliche Majest. gnädigster Wille
und Befehl, dieweil die Cron Böheimb mit ihren eigenen und sonderbaren Lehn-Rechten
löblich versehen, desselben auch von alters und bißheran, in üblichen und
unverwehrlichen Gebrauch ist, so solle bemeldter Lehns-Hauptmann, sich dessen
Böhmischen Lehn-Rechts und alten Gebrauch, wie denn auch durch Ihm und die vorige der
Cron Böheimb Lehen-Hauptleute bis auf diese Stunde nicht anders beschehen, führohin
noch also gemäß verhalten. Joachim de Nova-Domo, supremus regni Boëmiæ Cancellarius. C.
D. Mehl.„ ¶ |
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Das andere |
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{Sp. 1863|S. 945} Teutsche Lehn |
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aber, daß nehmlich solche Gerichtsbarkeit auf das Königl. Appellation-Gerichte gebracht und
selbiges denen Paribus Curiæ untergesetzt worden, erweist das beym Weingarten in Codice Carolino p. 281. befindliche Rescript Kayser Ferdinands des III. vom Jahr 1651, woraus
zugleich die Verrichtung dieses Gerichts zu
ersehen. Deme noch hinzu zu fügen, was Puchholtz in Diss. 7. §. 1. von denen Teutschen
und Schlesischen Lehen anmercket, wenn er schreibet: |
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„Bey denen Böhmischen Lehen findet
sich ein dreyfacher Unterscheid, denn einige Lehne sind Landsäßig, welche innerhalb der
Böhmischen Grentzen liegen, und anjetzt zum Unterscheid der andern Böhmische Lehne
genennet werden, und diese haben ein besonders Gericht- und Lehn-Tafeln in dem
Pragischen Schloße unter der Direction eines Ober-Lehn-Richters nach dem Böhmischen
Land Rechte fol. 50 & seq Andere sind Scblesische Lehne in den Hertzogthümern
Schlesiens, mir welchen die heutigen Schlesischen Hertzoge mir einiger Einschränckung
der Regalien, und ohne die Landes-Hoheit als welche alleine dem Könige von Böhmen
vorbehalten worden, beliehen sind, und diese haben ein besonders Gericht, das Fürsten-
Recht, welches aus besonderer Vergünstigung König Uladislai unter der Regierung des
Schlesischen Land-Hauptmanns gehalten wird. Davon Weingarten nachzusehen in Fasciculo
diversorum Jurium. Lib I. Part I. fol. 85. und Lib. IÎ. fol. 11.¶ |
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Endlich giebt es noch andere Lehne, wel-che man anjetzt Teutsche nennet, und
entweder im Egrischen Creyß oder ausserhalb den Böhmischen Grentzen in den Teutschen
Creyßen liegen, und dennoch dem Königreich Böhmen beständig einverleibet sind; und
deren ordentliche Gerichte ist dem Königl. Appellation-Gerichte im Schlosse zu Prag als
Verwaltern der Teutschen Lehen-Hauptmannschafft und Paribus Curiæ aufgetragen, wenn
nicht der Rechts-Spruch durch eine besondere Vergünstigung oder Beleihung, entweder dem
Könige von Böhmen selbst, oder dem Fürsten-Recht, vorbehalten worden, wie solches in
der Sächsischen Beleihung der Voigt-Ländischen Lehen, sub Num. 14. und in den
Reversalien Alberts Hertzogs zu Sachsen sub Num. 15. ausdrücklich zu befinden.„ ¶
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Worbey aber zu mercken, daß die Cron Böhmen auch Teutsche Landsäßiscbe Lehn hat.
Denn Schlackenwerda ist, wie aus dem Verzeichniß beym
Lünig zu ersehen, ein
Teutsches und gleichwohl ein Land-säßiges Lehn. ¶ |
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Jedoch ist dieses alles nur von der
Erkenntniß
über die Teutschen Lehen zu verstehen, wovon die Lehns-Empfängniß derselben gar wohl zu
unterscheiden ist,
welche nicht eben zu Prag geschehen
muß. Ein anders ist wegen
eines Teutschen Lehns zu Prag vor dem Appellation-Gerichte Recht geben und nehmen; ein
anders aber das Lehn daselbst empfangen müssen. Das letztere muß nicht eben zu Prag
geschehen, wie aus unzähligen Lehn-Briefen zu erweisen stehet. Aus dem Lehn-Briefe
Kaysers Leopolds vor
Chur-Fürst Johann
Georgen von
Sachsen
über das Voitgland beym Puchholtz c.l. num 14. ist zu ersehen, daß die Belehnung zu
Wien geschehen. |
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{Sp. 1894} Teutsche Lexica |
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Bey ebengemeldten Puchholtz stehet im Appendice Num. 8. ein Lehn-Brief vor die
Herren von Schönbürg vom Jahre 1622, welcher zu Oedenburg in Ungarn gegeben ist. Es hat
auch solches destoweniger Zweifel, nachdem in der erneuerten Landes-Ordnung Ferdinands
des II. Art. XIX. hiervon klare Masse gegeben worden. |
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Endlich ist annoch zu unterscheiden, ob es grössere, oder kleinere Lehn seyn, so
kein Kennzeichen von Fürstenthum u. Fahn-Lehn haben. Jene muß ein
König von Böhmen
in
Person verleihen;
diese aber werden bey dem Königl. Böhmischen Hoff-Cantzley-Collegio zu Wien ingeheim
genommen, |
wie solches
Lünig in Theatro Cerem. P
II. p. 943. bezeuget. |
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Mit diesem Unterscheid und
Erinnerung ist nun
dasjenige anzunehmen, was Mencke, in angeregter Diss. de Vi superior. territ. §. 29.
setzt, und im vorhergehenden angeführt worden. Wobey annoch dieses zu erinnern, daß
Mencke in den
Gedancken stehet,
als wenn die Teutsche Lehn-Hauptmannschafft noch zu Prag sey, und bey ihr die Teutschen
Lehn empfangen würden, welches jedoch besage der erneuerten Landes-Ordnung auch nicht
einmahl zur
Zeit, da die Lehns-
Hauptmannschafft annoch im Brauch gewesen, anders, als durch besondere Abordnung
geschehen ist. |
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Zuletzt ist noch zu errinnern, daß das Appellations-Gerichte in diesen Teutschen
Lehns-Sachen nicht das höchste Gericht ist, sondern die Appellation nach Wien, an
Königliche Majestät von Böhmen, selbst respectiren muß; da hingegen in andern Dingen
dasselbige Königl. Majestät selbst vorstellet, |
wie solches Kaysers Leopolds Rescript von 1678. beym Weingarten c.
l. p. 414. bemercket. |
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Endlich ist noch zu gedencken, daß, so viel die Schlesischen Lehen anbelangt,
solches nunmehr gäntzlich geändert ist, nachdem Schlesien, wie bekannt, unter
Königliche
Preußische Hoheit
gediehen, und von der Cron Böhmen
völlig abgesondert
worden. |
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Besiehe übrigens Glafeys Pragmat. Geschichte der Cron Böhmen. |
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