Titel: |
Würffel |
Quelle: |
Zedler Universal-Lexicon |
Band: |
59 Sp. 865 |
Jahr: |
1749 |
Originaltext: |
Digitalisat BSB
Bd. 59 S. 446 |
Vorheriger Artikel: |
Würen |
Folgender Artikel: |
Würffel, ein Geometrischer Cörper |
Siehe auch: |
|
Hinweise: |
- Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe
Hauptartikel
- Transkribierter griechischer Text der Vorlage
|
|
Text |
Quellenangaben |
|
Würffel, Lat.
Tessera,
Frantz.
Dé, ein kleiner,
insgemein viereckigter und mit Puncten oder so genannten Augen bezeichneter
Cörper, dessen man sich zu
einem besondern
Glücks-Spiele, welches dahero das
Würffel-Spiel
genennet wird, zu bedienen pfleget. |
|
|
Es werden viele Würffel zu
Nürnberg aus Helfen- und andern
Beine von
verschiedener Grösse gemacht.
Die
ordentlichen Würffel sind
viereckicht, und mit schwartzen so genannten Augen von Ziffer 1 bis 6 bezeichnet, so daß allezeit die
zwo gegen einander stehenden
Zahlen 7 machen. Sie werden zu allerhand
Spielen, so wohl zur
Lust, als um
Gewinns willen gebraucht. |
|
|
Eine andere
Art ist,
die man blinde Würffel
nennet, deren sechs zusammengehören, und ein jeder |
|
|
{Sp. 866} |
|
|
nur auf einer Seite bezeichnet ist. |
|
|
Man hat auch vieleckichte Wurffel, von 8. 12 auch 16 Ecken zu Lustspielen, worauf viele Zahlen
stehen. |
|
|
Falsche Würffel sind verboten und straffbar, siehe den Artickel: Würffel-Spiel. |
|
|
Eine Art von Würffeln war bey denen Griechen so wohl als Römern gebräuchlich, die TALl genennet
wurden, siehe den Artickel: Tali, im XLI Bande, p. 1563 u. f. |
|
|
Eigentlich heisset Talus der Knöchel, und an den zweyspaltigen Thieren der Knote; in besonderm
Verstande aber
bedeutet es einen Würffel. so
gemeinigllch aus den Gebeinen der Thiere verfertigt, und von den Griechen und Römern, wie gedacht,
in ihren Spielen sehr starck gebraucht worden. |
|
|
Die
Scribenten vermengen öffters
die Talos mit den Tesseris, ob es gleich an sich
gewiß ist, daß beyde
Spiele von einander zu
unterscheiden seyn. Denn einige
geben für, ein talus habe 4, und eine tessera 6 Seiten gehabt; andere hingegen kehren es um, und
eignen dem talo 6, und der tesserae 4 Seiten zu. Das
wahrscheinlichste ist, das die tali
etwas länglicht, und weder
völlig rund, noch völlig viereckig gewesen.
Der Seiten aber, welche etwas galten, waren 4, und 2 davon hatten eine ziemliche Breite, die 2 andere
aber waren schmäler. |
|
|
Ausser diesen war noch die obere und die untere Extremität, welche beyde ein wenig rund und so
beschaffen waren, daß ein Würffel schwerlich darauf stehen konnte. Aus den Seiten
sollen ferner, wenn man einigen
glauben darff,
gewisse Figuren,
als der Venus, des
Hercules u. d. g. gestanden haben; es ist aber vielmehr erweißlich, daß weder
Zahlen, noch Figuren, oder etwas anders
dergleichen, auf den talis gewesen, und daß die tali selbst,
wie sie unter einander gefallen, die Zahl oder die Figur vorgestellet. |
|
|
Ja der Art und Weise damit zu spielen mag wohl einiger
Unterscheid gewesen seyn, indem
fast nicht zu
vermuthen, daß die junge
Knaben in Griechenland, für deren
besonderes Spiel es sonst gemeiniglich ausgegeben wird, es auf eben die Manier gespielet, wie die
Römer, da sich die
vornehmste und meistens
alte
Männer, wenn sie ihre
Geschäffte
verrichtet, die
Zeit damit zu vertreiben
pflegten. |
|
|
Insgemein aber kam es darauf an: Man nahm 4 talos, und warff dieselben aus einem Trichter auf
eine Tafel. Nachdem nun die tali fielen, und eine besondere Situation gegen einander hatten, nach
demselben bekam auch der Wurff einen besondern
Nahmen, und hieß
z. E. canicula, welcher
unglücklich war, so daß der Spieler
noch zusetzen
muste; ferner senio, welcher ebenfalls
unglücklich war, wiewohl man auch damit gewinnen konnte, wenn es etwann zuvor ausgemacht worden;
ingleichen Venus, womit man den
gantzen Satz gewann. |
|
|
Sonst war auch noch einer, so Vulturnius hieß, und noch einer,
so Hercules Basilicus genannt
wurde, wogegen die Venus, nach einigen, auch Midas hieß,
und der Basilicus ebenfalls von solcher
nicht
unterschieden war. |
|
|
Man pflegte aber zuförderst bey Schmausereyen und dergleichen Lustbarkeiten sich deren zu
bedienen, wobey sie denn insgemein, wenn sie einen Wurff
thaten, ihre Courtesien mit
anrieffen, daß sie ihnen gut
Glück geben
solten. Sie wurffen aber solche Talos nicht
aus freyer Hand, |
|
|
{Sp. 867|S. 447} |
|
|
sondern, wie schon gedacht, durch einen umgekehrten Trichter, so an einem aufrechtstehenden
Stäbgen fest angemachet war, und Pyrgus, ingleichen insonderheit
Fritillum hieß. Durch solchen Trichter
fielen sie sodann auf ein viereckichtes Bret oder Tafel, und suchte man auf solche Art dem Betrug,
Kneipen und der gleichen Kunst-Griffen fürzukommen. |
|
|
Wie aber mit der gleichen Würffeln nicht allein um
Geld gespielet wurde; also
pflegten auch andere
Dinge damit entschieden, in
Sonderheit aber bei denen Conviviis dadurch ausgemacht zu werden,
wer Symposiarchus, oder, wie
ihn die Lateiner nannten, Modimperator, Dictator, s. Arbiter Convivii sein solte. |
- Meurs. de lud. Graec. v.
astragalismos et kybeia.
- Sauter in Palamed.
- Casaubon ad Sueton. Aug. c. 71.
- Salmas. in Hist. Aug. p. 462 u. ff.
- Pitiscus.
- Begeri Thesaur.
Brandenb. Vol. II, p. 415.
|