Titel: |
Würffel-Spiel |
Quelle: |
Zedler Universal-Lexicon |
Band: |
59 Sp. 883 |
Jahr: |
1749 |
Originaltext: |
Digitalisat BSB
Bd. 59 S. 455 |
Vorheriger Artikel: |
Würffel-Ruthe |
Folgender Artikel: |
Würffelstein |
Siehe auch: |
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Hinweise: |
- Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe
Hauptartikel
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Text |
Quellenangaben und Anmerkungen |
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Würffel-Spiel, oder Würffel,
Lat.
Ludus Tesserarum[1],
ist ein blosses
Glücks-Spiel, ausser wenn es in dem Brete
gebrauchet wird, da
Glücke und
Kunst mit einander verbunden
sind. |
[1] |
HIS-Data: korrigiert aus: Lusus Tesserarum, siehe:
Ludus und Alea |
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Und weil es hierbey bloß auf den
Gewinn angesehen ist, demselben aber von
gewinnsüchtigen
Spielern auf mancherley Weise, als durch
falsche Würffel, oder durch das Kneipen der Würffel, und sonst, zu helffen getrachtet wird; so bleibt
dieses Spiel mehrentheils unter dem geringen
Volcke, oder unter Gaucklern, Glücks-Töpfern, und andern Land-
Stöhrern, die doch auch nicht überall gelitten oder zugelassen werden. |
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Einer, der falsche Würffel braucht, kan als ein Betrüger zur
Straffe gezogen werden,
und ist
schuldig, daß damit gewonnene
Geld wieder zu
erstatten. |
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Siehe |
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Eine merckwürdige Straffe ist diejenige, welche in denen
Statuten der
Stadt Königsberg in Preussen auf
die gesetzet ist, so falsche Würffel bey sich tragen. Denn |
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{Sp. 884} |
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so stehet im 125.
Artickel: Wer
begriffenn wird mit falschen Würfelnn den sall mann versäuffenn; |
wie George Theodor Schienemann in seiner Abhandlung de statutis Civitatis
Regiomontanae c. 6. bezeuget. |
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Von denen
alten
Deutschen ist absonderlich
bekannt, daß sie dem Würffel-Spiele so ergeben gewesen, daß sie auch wohl ihr Glück, Haab,
Gut und
Freyheit darauf gesetzet, |
wie Johann Peter von
Ludwig im I
Theile seiner Gelehrten Anzeigen p. 231 und
294 angemercket. |
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Heute zu
Tage aber braucht man dasselbe noch
zuweilen unter denen
Bauern und Land-Leuten zu
Entscheidung ihrer unter einander habenden
Streitigkeiten, |
wie
Besold in seinem Thesauro Pract. bey
dem
Worte Baurenschied,
bezeuget, |
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und so denn auch bey denen Soldaten, wenn ihrer viele zwar durch einerley
Verbrechen sich gleicher
Straffe würdig gemacht,
indessen aber doch nur einer oder die andere dieselbe erdulten, und die übrigen pardonniret werden
sollen; da es denn öffters geschiehet, daß
sie erst wohl unter dem Galgen mit einander würffeln, und derjenige, welcher alsdenn die wenigsten
Augen wirfft, hencken
muß, der andere aber so die meisten
geworffen, mit dem
Leben, wo auch nicht ohne alle
Bestraffung, davon kommt. Siehe Militarische Straffen, im XXI Bande, p. 206 u. ff. |
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Nur entstehet hierbey noch die
Frage, ob man wohl, ohne die
Gerechtigkeit zu verletzen, wenn
viel Soldaten verbrechen, und alle bis auf einen oder zwey begnadiget werden sollen, das Loos durch
Würffel oder Zettel darbey gebrauchen könne? Hier
glauben nun einige, daß man auf diesen
Unterschied mit zu sehen habe, ob
sie alle gleich gesündiget, oder nicht. |
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Wenn
z. E. ein
gantz Regiment, Escadron, oder eine
Compagnie, anstatt, daß sie gegen den Feind gehen und fechten sollen, dem Feinde den Rücken
zukehren, und durchgehen, oder da zu Friedens-Zeit, ohne jemands Anreitzung, viele und ohne einen
gewissen Rädels Führer oder
Urheber, der sie verführet, auf einmahl
und durch einhellige Verwilligung desertiren; so sey dieses gar
billig, wie solches die
Exempel der ältern und neuern
Zeiten bezeugen. |
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Wenn aber viele Delinquenten nicht in gleicher Übelthat stehen, sondern einer mehr als der andere,
dabey gesündiget haben; so sey es denen göttlichen und
weltlichen Rechten gar
nicht gemäß, daß man sie alle dem
Glücke des Looses oder Würffel-Spiels
unterwerffen
wolte, zumahl da ein jeder
nach seiner eigenen Übelthat dem Loose zu übergeben. |
Flemmings teutscher Soldat P. IV, c. 47. §. 2. |
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Einige
Vermuthungen im Würffel-Spiele
zu berechnen, findet man in einer
Schrifft: The doctrine
of Chances (London 1738
in 4), |
woraus ein Auszug ertheilet wird
in den
Zuverläßigen
Nachrichten, Th. 23, p. 793 u. ff. |
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Sonst ist noch eine Schrifft in
Druck vorhanden: Das Würffel-Spiel in
Fragen aus der Sitten-Lehre gezogen,
Nürnberg 1695 in 4. |
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Man sehe übrigens auch den Artickel: Würffel. |
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