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Zedler: Ritterschlag HIS-Data
5028-31-1820-2
Titel: Ritterschlag
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 31 Sp. 1820
Jahr: 1742
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 31 S. 923
Vorheriger Artikel: Ritterschaffts-Consulenten
Folgender Artikel: Ritter-Schule
Siehe auch:
Hinweise:
  • Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe Hauptartikel
  • Für die Auflösung der Quellenangaben siehe: Personen

  Text Quellenangaben
  Ritterschlag. Wenn und woher das Ritterschlagen, so wohl als die Ritterliche Orden, ihren Anfang genommen haben, davon seynd die Geschicht-Schreiber nicht einerley Meynung.  
  Der Trojanischen Helden nicht zu gedencken, welche aus dem Himmel zu Rittern sollen creiret worden seyn, nach deren Meynung, welche den Ursprung derer Ritter von denen Ägyptiern wollen herleiten, weilen Pharao dem Joseph einen Ring an dessen Finger gestecket, und um desselben Hals eine güldene Kette gehänget habe, (1 Buch Mos. am XLI v. 29) so wird gemeiniglich dafür gehalten, daß das Ritterschlagen von der Römer Gewohnheit, die Knechte vermittelst eines Schlags in Freyheit zu stellen, hergenommen seyn. Honore de Sainte Marie in Diss. Hist. ...
  Wie dann unter andern Gewohnheiten der Römer, ihre Knechte zu erlassen, selbige vor die Obrigkeit geführet, und von deren Bedienten mit einer Ruthen auf den Hals geschlagen, darauf in einen Kreyß herum gedrehet, und, nach gegebenem Backenstreich, mit diesen Worten: Hunc hominem Liberum esse volo, das ist, dieser Knechte soll frey seyn; loßgelassen worden. Von welcher Gewohnheit mit mehrerm nachzusehen Pet. Faber in Commentat. ...
  Die Ruthe wurde Vindicta genannt, von einem Knecht Vindicio, welcher der Brutorum Conspiration entdecket, und deswegen die Freyheit erlanget hatte. Liv. Lib. II. 5.
  Wie aber mit solcher Gewohnheit das annoch an Fürstlichen Höfen gebräuchliche Wehrhafftmachen der Edel-Knaben, und derselben Erlassung aus Herrschafftlichen Diensten, vermittelst eines Backenstreichs, einigermassen übereinkommt, so ist hingegen das Ritterschlagen davon gäntzlich unterschieden, und wird dahero solcher Ursprung desselben von andern billig verworffen. S. George Beyer Spec. Juris. ... und die von ihm angeführte Autores.
  Sehr wahrscheinlich aber ists, daß das Ritterschlagen entsprossen sey, von der alten Deutschen Männlichen Einkleidung, wovon Tacitus in seinem Buch de Morib. Germ. C. XIII. folgende Nachricht gegeben:  
  „Bey allen ihren, es sey öffentlichen oder besonderen Handlungen finden Sie sich mit der Wehr ein. Doch darff niemand das Gewehr anlegen, bis er von der Gemeine vor wehrhafft erkennet worden. Alsdenn wird ein solcher junger Mensch in öffentlicher Gemeine von der Fürsten einem, oder von dem Vater, oder von einem Anverwandten mit einem Schild und Spieß angethan. Dieses gilt bey ihnen so  
  {Sp. 1821|S. 924}  
  viel, als bey uns die Männliche Einkleidung, und ist der erste Ehren-Stand der Jugend, bis dahin waren sie nur ihres Hauses Genossen, forthin gehören sie auch zur Gemeine.„  
  Ob nun wohl auch bey denen Römern insonderheit der Fürstlichen Jugend Einkleidung durch Übergebung Schild und Spiesses zu geschehen pflegte, wie solches von des Kaysers Augusts Printzen Lucio und Cajo, Dio Caßius Lib. LV. bezeuget, und eine Medaille bey dem Jacobo de Bie in seinen Numism. Aur. Tab. II. bekräfftiget, so ist doch nicht zu vermuthen, daß die Deutschen ihre Gewohnheit von selbigen entlehnet haben, wie denn vielmehr Tacitus solche der Römer Einkleidung entgegen setzet; von denen Deutschen aber ist sothane männliche Einkleidung mit Waffen durch der Francken, Sachsen, Gothen, und anderer Deutschen Völcker Einbruch in die Römische Provintzien ausgebreitet, und bey denen Spaniern, Frantzosen, Engelländern und andern Völckern in Übung gebracht worden.  
  Mit der Zeit haben sich die Umstände sothaner Einkleidung sehr vermehret, und wurden an denen, welche zu der Ritterlichen Würde gelangen wolten, erfordert  
 
1) eine Ritter-mäßige Geburt, und daß sie nicht nur aus einem alten Adelichen Geschlecht herkommen, wie denn, als der Kayser Friedrich Barbarossa auch Unadeliche zu Rittern gemacht, solches der Poet Guntherus in seinem Ligurinischen Gedicht, als eine ungewöhnliche Sache anmercket, und davon Lib. II. v. 151 also schreibet:
  Utque suis omnem depellere finibus hostem
Possit et armorum patriam virtute tueri,
Quoslibet ex humili vulgo, quod Gallia foedum
Judicat, accingi gladio concedit equestri.
  sondern auch, einiger Völcker Gewohnheit zu Folge, daß sie von einem Ritter gezeuget wären.
2) Ein rechtmäßiges Alter, nemlich 21 Jahr, wiewol solches bey Fürstlichen und andern vornehmen Personen nicht alle mahl beobachtet, sondern dieselbige zum öfftern frühzeitiger in den Ritter-Stand aufgenommen worden.
3) Gewisse Züge gegen den Feind, welche in dem Diplomate der Ritterlichen Würde und bey andern Gelegenheiten pflegten erwehnet zu werden, wie denn Lipsius in seinem Lovanio lib. II. ... die Grab-Schrifft eines Ritters Wilhelm de Rode angeführet, worinnen dessen gethane Züge mit gezählet werden
4) Besitzung gewisser Güter, insonderheit nach Gewohnheit der Engelländer, wovon Matth. Paris vom Jahr 1256 also schreibet: Exiit Edictum Regium, praeceptumque est, et acclamatum per totum Regnum, ut, qui haberet XV. Libras terrae et supra, armis redimitus tyrocinio donaretur.
 
  Es haben sich auch die Ceremonien sothaner Ritterl. Einkleidung nach und nach verändert, und ist zu Carls des Grossen Zeiten denen Ritterlichen Candidaten, nebst angelegtem Wehr-Gehänge mit dem Degen ein Schlag (welches Alapa militaris genannt wurde) auf die Schultern gegeben worden, welches auch, zu Folge eines von den Friesen vorgegebenen Freyheits-Brieffs bey dem Goldasto in dem I Theil der Reichs-Satzungen pag. 2 und 3, schon vorhero muß üblich gewesen seyn, wie dann der selbige unter andern alle so lautet: Insuper statuimus, ut si qui ex ipsis  
  {Sp. 1822}  
  sustentationem habuerint vel militare voluerint, dicta potestas (Princeps, quem Frisii sibi constituerint) eis gladium circumcingat, et dato, eisdem, prout consuetudinis est, manu Colapho, sic Milites faciat, eisdem firmiter injungendo praecipiat, ut deinceps more militum Sacri Imperii aut Regni Francici armati incedant.  
  Ob nun wohl dieser Brieff erdichtet ist, wie Goldastus und Conringius de Orig. Juris ... gründlich erwiesen haben, so kan doch die angeführte Gewohnheit bey dem Ritterschlagen deswegen so viel weniger in Zweiffel gezogen werden, weil auch andere Geschicht-Schreiber solche bekräfftigen. Siehe Du Fresne in Gloss. voc. Alapa, Colaphus und Cingulum militare.
  Denen, welche zu Pferd ihre Tapfferkeit erweisen wollen, wurden güldene Sporen angeleget, und daher selbige eigentlich Equites Aurati genennet; Es musten auch die Ritter bey ihrer Einkleidung eydlich angeloben, daß sie GOttes Ehre, das gemeine Wesen, Kirchen, Wittwen, Jungfrauen und Waysen beschützen wolten, und zwar mit folgenden Worten, wie Olaus Magnus, Lib. 3. De variis condit. Aquil. Pop. erwehnet:  
  Ego N. opto mihi ita Deum propitium et B. Virginem et S. Ericum, quod volo juxta extremum meum posta per vitam et bona mea defendere fidem Catholicam et S. Evangelium et tenere ac protegere Ecclesiam et ejus Ministros in sua libertate et immunitate et stare contra omne, quod iniquum est, confortare pacem et justitiam et defendere pupillos et orphanos, Virgines, Viduas, et Pauperes, et fore fidelem meo Regi et Regno s. Patriae meae et juste exhibere et exercere meum statum militarem ad honorem Dei secundum ultimum posta meum sicut me Deus adjuvet et omnes Sancti ejus.  
  Zu gedachter Einkleidung musten sie sich des vorigen Abends mit Baden (wovon in Engelland ein besonderer Orden des Bads benennet, und mit mehrerm gehandelt worden in Dithmars Dissertat. de Ordine Equestri de Balneo) Wachen und Beten vvorbereiten. Die Einkleidung geschahe von Kaysern, Königen und solchen Fürsten, welche sich einen grossen Namen erworben hatten, wie dann des Gaufred Toletans in seinem Anhang zu des Roderich Toletans, und daraus von dem berühmten Schurtzfleisch in seiner Dissertation de Ordine Velleris Aurei §. 4. angeführtem Zeugniß zu Folge, eine grosse Menge von Adel zu dem König von Castilien, Alfonso X, um die Ritter-Würde von selbigem zu erlangen, sich begeben, und dergleichen Exempel mehr in der Historie der mittleren Zeiten vorhanden seynd; Bes. Jean Savaron Traité de l'Epéc François; ja es pflegte auch sothaner Einkleidung bey vorseyenden Krieges-Zügen, Krönungen, auf hohem Fest-Tagen und zu andern solennen Zeiten zu geschehen, Nicol. Uptonus de Stud. ...
  Die Ritterliche Würde wurde sehr hoch gehalten, und ohne selbige kein Kayser, König und Fürst weder sich zu vermählen, noch zur Succeßion und Regierung ihrer Lande fähig geachtet, dahero selbige öffters noch bey Antretung ihrer Regierung zum Ritter pflegten creiret zu werden, wie denn der zum Kay-  
  {Sp. 1823|S. 925}  
  ser erwählte Graf von Holland Wilhelm, ehe er zum Besitz des Kayserthums gelangen konnte, vorhero die Ritterliche Würde erlangen muste, auch niemand solche Würde, es sey denn, daß er derselbigen vorhero selbst theilhafftig worden, andern ertheilen konnte.  
  Sonst genossen auch die Ritter viel besondere Ehre und Vorrechte, indem selbigen der Titel derer Herren von andern beygeleget, sich selbst aber in öffentlichen Briefschafften in der mehreren Zahl Wir zu benennen ihnen vergönnet wurde, ja sie erlangten durch sothane Würde das Vorrecht  
 
  • ein besonderes und eigenes Siegel zu führen, an statt sie vorhero ihrer Eltern oder Verwandten Siegel gebrauchten musten,
  • ingleichen güldene Sporn, und andere besondere Kleidung zu tragen,
  • von ihren Unterthanen Ritterliche Steuern zu fordern,
  • bey Ritterlicher Parole Versicherung zu thun,
  • und andere Vorrechte mehr;
 
  hingegen aber wurde es vor die höchste Straffe gehalten, der Ritterlichen Würde wiederum entsetzet und degradiret zu werden, dessen Ursachen und Ceremonien von dem angeführten Honore de Sainte Marie in seiner 7 und letztern Dissertation mit mehrerm beschrieben worden. Dithmars Geschichte der Ritterl. Johanniter-Orden, p. 1 u.ff.
     

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Stand: 21. Januar 2013 © Hans-Walter Pries