|
Text |
Quellenangaben |
|
Ritterschlag. Wenn und woher das Ritterschlagen, so wohl
als die Ritterliche Orden, ihren Anfang genommen haben, davon seynd die
Geschicht-Schreiber nicht einerley
Meynung. |
|
|
Der Trojanischen Helden nicht zu gedencken, welche aus dem Himmel zu
Rittern
sollen creiret worden seyn, nach deren Meynung, welche den
Ursprung derer Ritter
von denen Ägyptiern wollen herleiten, weilen Pharao dem Joseph einen Ring an
dessen Finger gestecket, und um desselben Hals eine güldene Kette gehänget habe,
(1 Buch Mos. am
XLI v. 29) so wird gemeiniglich dafür gehalten, daß das
Ritterschlagen von der Römer
Gewohnheit, die
Knechte vermittelst eines Schlags
in Freyheit
zu stellen, hergenommen seyn. |
Honore de Sainte Marie in Diss. Hist. ...
|
|
Wie dann unter andern
Gewohnheiten der Römer, ihre
Knechte zu erlassen,
selbige vor die Obrigkeit geführet, und von deren
Bedienten mit einer Ruthen auf
den Hals geschlagen, darauf in einen Kreyß herum gedrehet, und, nach gegebenem
Backenstreich, mit diesen
Worten: Hunc hominem Liberum esse volo, das
ist, dieser Knechte soll frey seyn; loßgelassen worden. |
Von welcher
Gewohnheit mit mehrerm nachzusehen Pet.
Faber in Commentat. ... |
|
Die Ruthe wurde Vindicta genannt, von einem Knecht
Vindicio, welcher der Brutorum Conspiration entdecket, und
deswegen die
Freyheit
erlanget hatte. |
Liv. Lib. II. 5. |
|
Wie aber mit solcher
Gewohnheit das annoch an Fürstlichen Höfen
gebräuchliche Wehrhafftmachen der
Edel-Knaben, und derselben Erlassung aus
Herrschafftlichen
Diensten, vermittelst eines Backenstreichs, einigermassen
übereinkommt, so ist hingegen das Ritterschlagen davon gäntzlich unterschieden,
und wird dahero solcher
Ursprung desselben von andern
billig verworffen. |
S. George Beyer Spec. Juris. ... und
die von ihm angeführte Autores. |
|
Sehr wahrscheinlich aber ists, daß das Ritterschlagen entsprossen sey, von
der alten Deutschen Männlichen Einkleidung, wovon Tacitus in
seinem Buch de Morib. Germ. C. XIII. folgende Nachricht gegeben:
|
|
|
„Bey allen ihren, es sey öffentlichen oder
besonderen Handlungen finden Sie sich mit der Wehr ein. Doch darff niemand das
Gewehr anlegen, bis er von der Gemeine vor wehrhafft erkennet worden. Alsdenn
wird ein solcher junger
Mensch in öffentlicher Gemeine von der Fürsten einem,
oder von dem
Vater, oder von einem Anverwandten mit einem Schild und Spieß
angethan. Dieses gilt bey ihnen so |
|
|
{Sp. 1821|S. 924} |
|
|
viel, als bey uns die Männliche Einkleidung, und ist der erste
Ehren-Stand
der Jugend, bis dahin waren sie nur ihres Hauses Genossen, forthin gehören sie
auch zur Gemeine.„ |
|
|
Ob nun wohl auch bey denen Römern insonderheit der
Fürstlichen
Jugend Einkleidung durch Übergebung Schild und Spiesses zu geschehen pflegte,
wie solches von des
Kaysers Augusts Printzen Lucio
und Cajo, Dio Caßius Lib. LV. bezeuget, und eine
Medaille bey dem Jacobo de Bie in seinen Numism. Aur. Tab.
II. bekräfftiget, so ist doch nicht zu vermuthen, daß die
Deutschen ihre
Gewohnheit von selbigen entlehnet haben, wie denn vielmehr Tacitus
solche der Römer Einkleidung entgegen setzet; von denen Deutschen aber ist
sothane männliche Einkleidung mit Waffen durch der Francken,
Sachsen, Gothen,
und anderer
Deutschen
Völcker Einbruch in die Römische
Provintzien ausgebreitet,
und bey denen Spaniern, Frantzosen, Engelländern und andern Völckern in Übung
gebracht worden. |
|
|
Mit der Zeit haben sich die Umstände sothaner Einkleidung sehr vermehret,
und wurden an denen, welche zu der
Ritterlichen
Würde gelangen wolten, erfordert |
|
|
1) |
eine
Ritter-mäßige Geburt, und daß sie nicht nur aus einem alten
Adelichen
Geschlecht
herkommen, wie denn, als der
Kayser
Friedrich Barbarossa auch Unadeliche zu Rittern gemacht,
solches der Poet Guntherus in seinem Ligurinischen
Gedicht, als eine ungewöhnliche
Sache anmercket, und davon Lib. II.
v. 151 also
schreibet: |
|
Utque suis omnem depellere finibus hostem
Possit et armorum patriam virtute tueri,
Quoslibet ex humili vulgo, quod Gallia foedum
Judicat, accingi gladio concedit equestri. |
|
sondern auch, einiger Völcker
Gewohnheit zu Folge, daß sie von einem
Ritter gezeuget wären. |
2) |
Ein rechtmäßiges Alter, nemlich 21 Jahr, wiewol solches bey
Fürstlichen und andern vornehmen
Personen nicht alle mahl beobachtet,
sondern dieselbige zum öfftern frühzeitiger in den Ritter-Stand
aufgenommen worden. |
3) |
Gewisse Züge gegen den Feind, welche in dem Diplomate der
Ritterlichen
Würde und bey andern Gelegenheiten pflegten erwehnet zu
werden, wie denn Lipsius in seinem Lovanio lib. II.
... die Grab-Schrifft eines Ritters Wilhelm de Rode
angeführet, worinnen dessen gethane Züge mit gezählet werden |
4) |
Besitzung gewisser
Güter, insonderheit nach
Gewohnheit der
Engelländer, wovon Matth. Paris vom Jahr 1256 also
schreibet: Exiit Edictum
Regium, praeceptumque est, et acclamatum per totum Regnum, ut, qui
haberet XV. Libras terrae et supra, armis redimitus tyrocinio donaretur. |
|
|
|
Es haben sich auch die Ceremonien sothaner Ritterl. Einkleidung nach und
nach verändert, und ist zu Carls des Grossen Zeiten denen Ritterlichen
Candidaten, nebst angelegtem Wehr-Gehänge mit dem Degen ein Schlag (welches
Alapa militaris genannt wurde) auf die Schultern gegeben worden, welches
auch, zu Folge eines von den Friesen vorgegebenen Freyheits-Brieffs bey dem
Goldasto in dem I Theil der Reichs-Satzungen pag.
2 und 3, schon vorhero muß üblich gewesen seyn, wie dann der selbige unter
andern alle so lautet: Insuper statuimus, ut si qui ex ipsis |
|
|
{Sp. 1822} |
|
|
sustentationem habuerint vel militare voluerint, dicta potestas (Princeps,
quem Frisii sibi constituerint) eis gladium
circumcingat, et dato, eisdem, prout consuetudinis
est, manu Colapho, sic Milites faciat, eisdem
firmiter injungendo praecipiat, ut deinceps more militum Sacri Imperii aut Regni
Francici armati incedant. |
|
|
Ob nun wohl dieser Brieff erdichtet ist, wie
Goldastus und
Conringius de Orig. Juris ... gründlich erwiesen
haben, so kan doch die angeführte
Gewohnheit bey dem Ritterschlagen deswegen so
viel weniger in Zweiffel gezogen werden, weil auch andere Geschicht-Schreiber
solche bekräfftigen. |
Siehe
Du Fresne in Gloss. voc.
Alapa,
Colaphus und Cingulum militare.
|
|
Denen, welche zu Pferd ihre Tapfferkeit erweisen wollen, wurden güldene
Sporen angeleget, und daher selbige eigentlich Equites Aurati genennet;
Es musten auch die
Ritter bey ihrer Einkleidung eydlich angeloben, daß sie
GOttes Ehre, das gemeine Wesen,
Kirchen,
Wittwen,
Jungfrauen und Waysen beschützen wolten, und zwar mit
folgenden
Worten, wie Olaus Magnus, Lib. 3. De variis condit. Aquil. Pop. erwehnet: |
|
|
Ego N. opto mihi ita Deum propitium et B. Virginem et S. Ericum, quod
volo juxta extremum meum posta per vitam et bona mea defendere fidem Catholicam
et S. Evangelium et tenere ac protegere Ecclesiam et ejus Ministros in sua
libertate et immunitate et stare contra omne, quod iniquum est, confortare pacem
et justitiam et defendere pupillos et orphanos, Virgines, Viduas, et Pauperes,
et fore fidelem meo Regi et Regno s. Patriae meae et juste exhibere et exercere
meum statum militarem ad honorem Dei secundum ultimum posta meum sicut me Deus
adjuvet et omnes Sancti ejus. |
|
|
Zu gedachter Einkleidung musten sie sich des vorigen Abends mit
Baden (wovon in Engelland ein besonderer Orden des Bads
benennet, und mit mehrerm gehandelt worden in Dithmars
Dissertat. de Ordine Equestri de Balneo) Wachen und
Beten vvorbereiten. Die Einkleidung geschahe von
Kaysern,
Königen und solchen
Fürsten,
welche sich einen grossen
Namen erworben hatten, wie dann des Gaufred
Toletans in seinem Anhang zu des
Roderich Toletans, und daraus von dem berühmten Schurtzfleisch
in seiner
Dissertation de Ordine Velleris Aurei §. 4. angeführtem
Zeugniß zu Folge, eine grosse Menge von
Adel zu dem
König von Castilien,
Alfonso X, um die
Ritter-Würde von selbigem zu erlangen, sich
begeben, und dergleichen Exempel mehr in der Historie der mittleren Zeiten
vorhanden seynd; Bes. Jean Savaron Traité de l'Epéc François;
ja es pflegte auch sothaner Einkleidung bey vorseyenden Krieges-Zügen,
Krönungen, auf hohem Fest-Tagen und zu andern
solennen Zeiten zu geschehen, |
Nicol. Uptonus de Stud. ... |
|
Die Ritterliche Würde wurde sehr hoch gehalten, und ohne selbige kein
Kayser,
König und
Fürst weder sich zu vermählen, noch zur Succeßion und
Regierung ihrer
Lande fähig geachtet, dahero selbige öffters noch bey Antretung
ihrer Regierung zum
Ritter pflegten creiret zu werden, wie denn der zum Kay- |
|
|
{Sp. 1823|S. 925} |
|
|
ser erwählte
Graf von Holland Wilhelm, ehe er zum Besitz
des Kayserthums gelangen konnte, vorhero die Ritterliche Würde erlangen muste,
auch niemand solche
Würde, es sey denn, daß er derselbigen vorhero selbst
theilhafftig worden, andern ertheilen konnte. |
|
|
Sonst genossen auch die
Ritter viel besondere
Ehre und Vorrechte, indem
selbigen der
Titel derer Herren von andern beygeleget, sich
selbst aber in öffentlichen Briefschafften in der mehreren Zahl Wir
zu benennen ihnen vergönnet wurde, ja sie erlangten durch sothane Würde das
Vorrecht |
|
|
- ein besonderes und eigenes Siegel zu führen, an statt sie vorhero ihrer
Eltern oder Verwandten Siegel gebrauchten musten,
- ingleichen güldene Sporn, und andere besondere Kleidung zu tragen,
- von ihren
Unterthanen Ritterliche
Steuern zu fordern,
- bey Ritterlicher Parole Versicherung zu thun,
- und andere Vorrechte mehr;
|
|
|
hingegen aber wurde es vor die höchste
Straffe gehalten, der Ritterlichen
Würde wiederum entsetzet und degradiret zu werden, dessen
Ursachen und
Ceremonien von dem angeführten Honore de Sainte Marie in seiner
7 und letztern Dissertation mit mehrerm beschrieben worden. |
Dithmars Geschichte der Ritterl. Johanniter-Orden, p.
1 u.ff. |
|
|
|