Titel: |
Natur-Rechts (Grund-Satz des) [5] |
Quelle: |
Zedler Universal-Lexicon |
Band: |
23 Sp. 1222 |
Jahr: |
1740 |
Originaltext: |
Digitalisat BSB Bd. 23 S. 628 |
Vorheriger Artikel: |
Natur-Rechts
(Grund-Satz des) [4] |
Folgender Artikel: |
Natur-Reich, siehe Reich der Natur |
Hinweise: |
- Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe
Hauptartikel
- Für die Auflösung der Quellenangaben siehe:
Personen
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Stichworte |
Text |
Quellenangaben |
Anmerkungen |
Auf solche Weise haben wir bisher die
vornehmsten
Principia des |
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{Sp. 1223|S. 629} |
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natürlichen Rechts angeführet, dazu wir noch einige allgemeine Anmerckungen
fügen
wollen. Es ist keine vergebene
Mühe, wenn man sich um ein tüchtiges
Principium bekümmert, weil dieses die
Ordnung, Deutlichkeit und
Gründlichkeit
der
Erkänntniß des
wahren mit sich bringt, wenn man in der Kürtze zeigen kan,
wie eine
Wahrheit aus der andern, ein
Gesetz aus dem andern fliesset, und auf
diese Art allezeit seinen
Grund vor sich hat, warum man was bejahe oder
verneine. |
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Und weil die
Principia unserer wahren Erkänntniß entweder allgemeine oder
besondere sind, welche letztere einer besondern Disciplin eigen sind, so ists
weit besser, wenn man in einer ieden
Wissenschafft, folglich auch in der
Rechts-Gelehrsamkeit ein einiges
Principium haben kan, um dadurch vielen
Weitläufftigkeiten zu entgehen, mithin können wir die
Meynung derjenigen,
welche ausser der gesunden
Vernunfft, die nur das allgemeine theoretische
Principium ist, keinen andern besondern Grund-Satz annehmen wollen, nicht
billigen. |
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Man pflegt in den
Schulen noch einen Unterscheid zu machen, so fern die
Principia wären entweder incomplexa, welches hier die in der
Natur
selbst gegründete
Sache ist, oder complexa, wenn sie in formalen Sätzen
bestehen, die aus dem erstern, als dem
Grunde gezogen werden, welches um
deswegen zu mercken, damit man sich in denen unterschiedenen Vortrag der
Scribenten schicken möge. |
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viele Grundsätze |
Es trifft hier ein: So viel Lehr-Gebäude des Natur-Rechts, so viele Grund-Sätze
des Natur-Rechts, zu welcher Vielheit verschiedene
Ursachen Anlaß gegeben haben |
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Eine Ursach ist, daß man was neues hat
sagen wollen, und sich damit groß zu
machen gesucht, daß man ein neu
Principium des natürlichen Rechts erfunden,
unerachtet bey vielen, nicht sowol die
Sache, als vielmehr die
Worte und der
Titel neu gewesen, wodurch zwar Unverständige betrogen werden; Verständige
hingegen können die Masque bald vom Gesicht nehmen, und sagen, daß sie nichts
anders dargestellet, als was nicht schon
Pufendorf,
oder ein anderer vor ihm
gesagt. |
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Eine andere
Ursach ist die
Begierde zu widersprechen, man ist mit
Affecten
eingenommen, die
Wahrheit will man nicht
erkennen, und behauptet aus Haß solche
Dinge, die offt gantz ungereimt, wie es zu Zeiten
Pufendorfs
ergieng, daß, weil man einmal hefftig wieder ihn eingenommen war, so musten
allerhand
Principia herfürkommen, solten sie auch aus dem Paradies geholet
werden, um nur Pufendorfen zu widersprechen. |
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Drittens hat man sich keinen rechten Concept von einem
Principio des
Natur-Rechts gemacht, welche
Ursach unter andern die Streitigkeiten mit dem
Herrn
Coccejo unterhielt, wozu noch kam, daß man an einem Theil
die Grentzen der Natur und
Gnade nicht vor Augen gehabt: am andern Theil sich
einen ungleichen
Begriff von dem natürlichen Recht gemacht, und dasselbige bald
in engern, bald in weiterm
Verstand genommen, welchen letztern Umstand man nicht
allezeit gesehen, und daher manchen Widerspruch vergebens gethan, so vielleicht
nicht geschehen wäre, wenn man |
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{Sp. 1224} |
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vorher gefragt: wie nimmts der
Herr? |
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Es haben einige erinnert, es liessen sich diese verschiedene Grund-Sätze unter
einander vereinigen, |
siehe
Kulpisium in Colleg. Grot. exerc.
1. §. 5. und
Buddeum in instit. theol. moral. part. 2.
cap. 2. §. 53. p. 575. |
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wie sich denn auch Pragemann
in Jurisprud. natural. exerc. 3. die Mühe gegeben, eine solche
Vereinigung anzustellen. |
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So viel ist gewiß, daß in den besondern
Materien und Conclusionen nicht so viel
Streitigkeiten sind, als in der Lehre von dem
Grunde des Natur-Rechts, und ist
daher kein Zweiffel, daß wenigstens viele können vereiniget werden, und wenn
noch ein Unterscheid vorhanden, so kömmts darauf an, daß man durch einen
kürtzern und deutlichern Weg zu seinem
Zweck gelangen könte. |
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alle nicht zu vereinigen |
Alle aber unter sich zu vereinigen, geht nicht ein, und wie ein tüchtiges
Principium nicht nur wahr, sondern auch nach seinem formalen Concept deutlich
und hinlänglich seyn muß, so läst sich zwischen einem wahren und falschen, einen
deutlichen und sehr dunckeln, einem zulänglichen und unzulänglichen nicht wohl
eine Vereinigung stifften, wenn man in Ansehung des letztern das natürliche
Recht in einerley
Verstand annimmt. |
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Wenn aber einige drey, andere hingegen nur ein
Principium haben, so ist dieser
Unterscheid leicht zu heben, massen man gar leicht eines finden kan, darunter
die drey Principia stehen, und kommt die
Sache darauf an, ob man in den
Demonstrationen auf das allererste hinausgehen will, oder nicht. |
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Grundsatz |
Man setze zum
Grunde: lebe deiner
Natur gemäß, wie
es dero Beschaffenheit und Absehen mit sich bringt, so wird daraus fliessen:
ehre
GOtt, lebe mäßig, lebe
gesellig. |
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Es verstossen sich diejenigen
billig, welche aus den
Disputen von dem Grundsatz
des natürlichen Rechts eine Ungewißheit des Rechts selber ziehen wollen, wie in
dubiis juris naturae, die zu Halle herauskommen sind, geschehen, weil
diese Uneinigkeit nicht die
Sache selbst, sondern diese
Lehr-Art betrifft, und
daher eigentlich zu der Vernunfft-Lehre gehöret. |
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