|
Text |
Quellenangaben und Anmerkungen
|
|
Richter-Amt, Richterliches
Amt,
Officium Judicis, Partes Judicis,
begreiffet überhaupt alles dasjenige unter sich, welches ihm als einen
Richter
zu
thun oblieget. |
|
|
Es wird aber das richterliche Amt in einem sehr weitläufftigen
Verstande
genommen, so, daß es sich auf alle und jede
Handlungen und
Geschäffte, worüber
nur jemahls einiger Streit entstehen kan, bezühet. |
L. 1. de Jurisd.
|
|
Und hat solches eigentlich aus der natürlichen
Billigkeit
seinen
Ursprung, ohngeachtet dabey keine
Obligation oder
Verpflichtung vorhanden ist. Diesemnach ist solches nichts anders, als eine
in denen bürgerlichen Gesetzen gegründete Billigkeit. Dannenhero entstehet auch
aus der blossen Benennung des richterlichen Amtes (officii Judicis) nicht so gleich eine Actio, wie
dieses Gometz ad §. superest. Inst. de Act.
gezeiget, weil eines theils das
Recht und
die Billigkeit von einander unterschieden, andern theils, weil das officium
Judicis ein
ausserordentliches Rechts-Mittel ist, welches mit einer Action, als einem
ordentlichen Rechts-Mittel, nicht concurriren kan, es sey denn im weitläufftigen
und ausserordentlichen Verstande. |
|
|
Es ist
gesagt worden, daß das richterliche Amt keine Obligation voraus
setze, das ist, alles dasjenige, was ein Richter, vermöge seines richterlichen
Amts, zu thun pflichtig ist, setze dieses zum
Grunde, daß einer dem Rechte nach
nicht obligirt sey, |
L. 49. ...
|
|
z.E. ein
Vater wird zwar nicht durch das
strenge Recht, (stricto Jure) sondern nur aus einer blossen Billigkeit,
(aequitate) das ist, durch das richterliche Amt, (officio Judicis)
angehalten, seine
Töchter auszustatten, |
- L. 22. ...
- Lodov.
Gometz in §. omnium I. de Act.
|
|
allwo, daß solches nur
von denen persönlichen Actionen allein zu
verstehen sey, dargethan wird, und
zwar hauptsächlich daher, weil derjenige, welcher durch das richterliche Amt (officio
Judicis) zu etwas gehalten ist, realiter obligirt ist, massen sich
das richterliche Amt in der That nicht anders, als eine dingliche Klage (Actio
realis) verhält. |
|
|
Es bestehet aber überhaupt das richterliche Amt so wohl in causae
cognitione, das ist, in gehöriger
Erkänntniß
und Untersuchung, |
L. 9.
C. de Jud. |
|
als in
dijudicatione, oder Entscheidung der Streit-Sache, |
L. 74. de Judic.
|
|
welches aber alles nach gewissen vorgeschriebenen
Gesetzen
geschehen muß, |
Nov. 82. ... |
|
Ubrigens theilet man das richterliche Amt in |
|
|
- das gemeine,
da ein Richter so wohl in streitigen, als friedlichen Sachen auf Ersuchen
verrichtet, was sein Amt mit sich bringet,
- und das mildrichterliche,
da er auch ohne besonderes Anhalten und, wie man
sagt, blos aus richterlichen
Amte thun soll, was Recht und
Pflicht von ihm erfordern.
|
|
|
Seine und derjenigen
Pflichten, die einen Richter zu setzen haben, können am
besten aus den entgegen gesetzten Feh- |
|
|
{Sp. 1398} |
|
|
lern verstanden werden, wovon man insgemein folgende anführet: |
|
|
1) |
Wenn einer das Richterliche Amt verlanget, der
darzu nicht
geschickt ist, |
|
|
|
2) |
sich durch unrechte und ausserordentliche Wege
darein dringet, |
|
|
|
3) |
wenn man wissentlich untüchtige
Personen
dazu lässet, |
|
|
|
4) |
dieses Amt aus blosser Ehrgierde, und |
|
|
|
5) |
nicht zu
Gottes Ehren und zum Dienst des
gemeinen Wesens, |
|
|
|
6) |
ehe dergleichen Amt ledig, darnach strebet, |
|
|
|
7) |
Geschencke und Gabe darum gegeben, |
|
|
|
8) |
solches Amt erheyrathet, |
|
|
|
9) |
durch Verleumdung der Competenten erhalten wird, |
|
|
|
10) |
einer sich dessen eigenmächtiger Weise anmasset, |
|
|
|
11) |
wenn einer seine
Gerichtsbarkeit des andern
Nachtheil und
Schaden nur erweitern suchet, |
|
|
|
12) |
in seiner eigenen oder der Seinigen
Sachen
Richter seyn will, |
|
|
|
13) |
sich verdächtig machet und |
|
|
|
14) |
nachdem solchen Verdachts halber wider ihn
excipiret worden, dennoch in der Sache fortfähret, |
|
|
|
15) |
Fremden nicht eben so wohl als Einheimischen die
Justitz administrirt und
Recht spricht, |
|
|
|
16) |
ohne Religion und Gewissen sein Amt antritt, |
|
|
|
17) |
vorgefaßte
Meynungen heget, und sich davon nicht
abbringen lassen will, |
|
|
|
18) |
Privat-Schreiben mehr als den öffentlichen Acten
Glauben beymisset, |
|
|
|
19) |
in einerley Sachen zugleich Advocat und Richter
ist, |
|
|
|
|
|
|
21) |
trunckener Weise
Recht spricht, |
|
|
|
22) |
nicht zuvor die Güte versuchet, |
|
|
|
23) |
sich nicht finden lässet, oder gar Recht
verweigert, |
|
|
|
24) |
die Sache auf die lange Banck schiebet, |
|
|
|
25) |
sein Amt nachläßig verrichtet, |
|
|
|
26) |
zu sehr eilet, und die Sache nicht wohl erweget, |
|
|
|
27) |
bey Erörterung der Sache etwas nöthiges vorbey
lässet, |
|
|
|
28) |
bey Verstattung der Fristen allzuwillig oder
allzu hart ist, |
|
|
|
29) |
des Beklagten Bekänntniß unter dem Versprechen
einer Erlassung heraus locket, |
|
|
|
30) |
einen ohne
rechtmäßige und redliche Anzeigungen
martern lässet, |
|
|
|
31) |
in
peinlichen Sachen einen Beklagten nicht zur
Defension lässet, |
|
|
|
32) |
sich durch Drohungen oder Thränen bewegen und
durch Furcht vor Mächtigern oder das Flehen der Klagenden von dem
rechten Wege der Gerechtigkeit abschrecken und lencken lässet, |
|
|
|
33) |
was er weiß, zur Unzeit ausschwatzet, |
|
|
|
34) |
ausser den Acten etwas in facto
suppliret; |
|
|
|
35) |
nach den Acten und dem
Beweise einen
verurtheilet, von dessen Unschuld er doch sonst versichert ist, |
|
|
|
36) |
anders als nach den
Gesetzen und
Gewohnheit
richtet, |
|
|
|
37) |
den
Worten des Gesetzes allein anhanget, und auf
des Gesetzgebers Meynung nicht acht hat, |
|
|
|
38) |
das Gesetz auf einen andern von des Gesetzgebers
Meynung entfernten
Sinn und
Verstand zühet und verdrehet, |
|
|
|
39) |
ohne Ursache von der gemeinen Meynung abweichet, |
|
|
|
40) |
einer wahrscheinlichen Meynung folget, und eine
wahrscheinlichere fahren lässet, |
|
|
|
41) |
einem ein Freundstücke erweiset, und ihm zu
Gefallen zwischen zwo einander zuwiderlauffenden Meynungen, nach
Gefallen eine zu erwählen, sich anmasset, |
|
|
|
42) |
wenn er Beysitzer hat, die
Sache nicht nach den
meisten Stimmen, sondern nach seiner, und seiner Anhänger Meynung,
entscheidet, |
|
|
|
43) |
wenn ein Beysitzer sein Votum nicht frey und
aufrichtig von sich giebet, sondern seinen Vorgängern blindlings folget,
und von ihrer Meynung abzugehen sich scheuet, |
|
|
|
44) |
wenn ein Richter sein
Urthel nicht |
|
|
|
{Sp. 1399|S. 713} |
|
|
|
der Klage gemäß, noch über die gantze Sache
fället, |
|
|
|
45) |
ein ungerechtes
Urthel
spricht, |
|
|
|
46) |
auch ein
billiges und gerechtes Urthel aus bösem
Gemüthe fället, |
|
|
|
47) |
den Missethäter ungestrafft hingehen lässet, |
|
|
|
48) |
selbst sündiget, und wegen gleichmäßigen
Verbrechens einen andern verurtheilet, |
|
|
|
49) |
den ohne Ursach streitenden nicht in die Unkosten
verurtheilet, |
|
|
|
50) |
das zwischen den Partheyen
gesprochene
Urthel
widerrufet, oder ändert, |
|
|
|
51) |
wenn ein Unterrichter die eingewandte Appellation
verwirfft oder den Appellanten deshalber Ungemach zufüget, |
|
|
|
52) |
ein Ober-Richter ohne Unterscheid alle
Appellationen annimmet. |
|
|
|
Von dem richterlichen Amte wird das Oberkeitliche unterschieden, vor welches
letztere die Belehnung mit Allodial-Gütern zu Erlangung des
Eigenthums, |
Dec. 61. |
|
ingleichen die Ertheilung des Consenses in die Verpfändung der
Grundstücke
geschehen muß, |
C. 23. p. 2. Process-Ordnung
... |
|
Welche letztere auch bey Ceßion einer Hypotheck erfordert wird. |
E.P.O. ... |
|
Eine mehrers siehe unter dem
Artickel
Richter. |
|
|
|
|