|
Text |
Quellenangaben und Anmerkungen
|
|
Stadt-Recht ertheilen,
Lat. Jus
dandae civitatis, oder Jus municipia
conserendi, oder das
Recht eine
Stadt aufzurichten, und einem
Orte
das Stadt-Recht oder die Stadt-Freyheit zu geben, mithin selbigen mit
Weichfried zu begnadigen, und ihm gleichsam
Seele und Belebung zu
geben. |
|
|
So viel aber zuförderst den
Ursprung und die Bedeutung des erst bemeldeten
Wortes Weichfried anbelanget; so handeln davon mit mehrerm
|
|
|
- Schottel de antiqu. in Germ.
|
|
|
{Sp. 830} |
|
|
|
Jur. cap. 10. vom Weichfried-Recht, |
|
|
|
- Speidel
in Specul. Jur. voc. Handschuh und
voc. Weichfried-Recht,
- desgleichen
Besold
in Thes. Pract. ead. voce,
- und Dietherr
ibid.
- wie nicht weniger Ritthershus de Jure … ibi:
|
|
|
„Man soll ein Creutz setzen auf den Marckt, daß man sehe, daß
Weichfried da sey. Und kurtz darauf: Wo man merckt, daß man ein Creutz setze auf
den Marckt, da des Königs Handschuh anhangt, dabey ist zu vernehmen, daß man da
Weichfried habe, der bestätiget sey mit des Königes Vollwortung:" |
|
|
Woraus zu sehen, daß Weichfried nichts anders, denn Stadtfried und
Stadt-Recht sey, so die alten
Könige
vor diesem, mit Zusendung eines Handschuhes oder Handzeichens,
verliehen. |
|
|
Denn also ist deshalber im
Sächsischen Land-Recht art.
69 versehen: |
|
|
„Niemand mag eine Märck oder Müntz erheben, ohne des Richters, das
ist, des Fürstens Willen, in des Gericht es leyt, auch soll der König durch
Recht sein Handzeichen darzu senden, zu einer Beweisung, daß es sein Wille sey.“ |
|
|
dieses Recht soll nun, nach der
Meynung vieler bewährter
Rechts-Lehrer, in
dem Deutschen Reiche einem Römischen
Kayser allein zu kommen. |
- Wehner voc. Stadt-Recht,
- Just Sinolt Schütz de S.R.I. …
- Stammler
de Reservat. …
- Böcler. in Notit. …
- Fritsch in Diss. … vom Vorstädt-Rechte,
- Knipschild de Civ. …
- Mevius ad Jus …
- Hertius Dissert. …
|
[1] |
HIS-Data: vergleiche:
Reservat |
|
|
|
Und zwar dergestalt, daß, wenn jemand ohne
Kayserliche Bewilligung (es mag
hernach selbige mit ausdrücklichen
Worten, oder stillschweigend ertheilet worden
seyn) eine Stadt erbauet und aufgerichtet, selbige weder vor eine Stadt
gehalten, noch auch der denen Städten zu kommenden
Rechten sich gebrauchen kan; |
Natta Cons. … |
|
Wie denn aus denen Historien erweißlich, daß nicht allein die Römischen
Kayser mehrmahlen das Stadt-Recht verliehen, ja, wenn darwider gehandelt worden,
selbige zuweilen gar wieder zernichtet haben. Besiehe hierbei vornehmlich das
vom Kayser Carl IV der Stadt Nürnberg im Jahre 1378.
ertheilte
Privilegium beym
Goldast in Reichs-Satzungen
Part. II. pag. 66. Spangenberg in Chron.
Schauenburg. … ibi: „Henricus Leo erlaubte denen Bürgern
zu Lübeck wieder zu
bauen, und gab ihnen viele Privilegia darzu, und versahe sie
mit Müntz-Zöllen und Stadt-Recht“ |
|
|
Und also sind auch Eßlingen, Reutlingen und Heilbronn vom Kayser
Rudolph zu Städten gemachet, und mit der Stadt-Recht begnadiget worden
nach dem Zeugniß Schottels de Antiqu. … |
|
|
Welchergestalt
Kayser Rudolph
der andre, auf Ansuchen
Hertzogs Julii zu Braunschweig und Lüneburg, die Confirmation
über die vor der Vestung Wolffenbüttel neu-erbaute Heinrich-Stadt,
und die derselben ertheilten
Privilegien, im Jahr 1578 erhalten, ist bey mehr
er- |
|
|
{Sp. 831|S. 429} |
|
|
meldetem Schottel c.l. §. 13. nachzulesen. |
|
|
Desgleichen, was Kayser Leopold, glorwürdigsten Andenckens,
zu Conservierung dieses
Kayserlichen
Reservats an einen andern vornehmen
Potentaten, vor einen gewissen
Befehl 1664 abgehen lassen, darinnen er
behauptet, daß das Stadt Recht zu
verleihen, Ihme, als Römischen Kayser, allein
zukomme, ist bey eben diesem Schottel in obberührter Stelle,
vers. Welchergestalt etc. anzutreffen, ibi:
„Wann nun unsere Kayserliche Hoheit und Reservat auch in dem bestehet, daß, ohne
unserer Verwilligung, kein Stand einen Ort zur Stadt machen, und derselben das
Stadt-Recht geben kan,“ u.s.w. |
|
|
Welches auch schon vorher dessen Vorfahre am Kayserthum,
Kayser
Maximilian I gethan, und zu dem Ende dem
Grafen von Mansfeld,
Albrechten, als selbiger einem gewissen
Flecken bey Eißleben
das Stadt Recht geben wollen, solches in einem ernstlichen
Befehle vom 6
Februar. 1514 mit nach folgenden
Worten niedergeleget hat: „Wann nun dir, noch
jemand anders, nicht geziemet, Stadt-Recht, oder anders, das der hohen Obrigkeit
anhänget, ohne sondere Erlaubniß aufzurichten, so befehlen wir etc. etc.“ |
- Schottel c.l. §. 8. in fin.
- Schweder
in Introduct. …
|
|
Und ob gleich einige unter denen
Publicisten oder Staats Rechts-Lehrern in
der
Meynung stehen, daß heut Zutage dieses
Recht auch denen
Churfürsten und
Ständen des Reichs, in
Krafft der ihnen competirenden
hohen Landes-Obrigkeit,
zukomme, auch zu dem Ende verschiedene Exempel, daß solches ohne Einhohlung des
Kayserlichen Consenses geschehen sey, beybringen, als zum Beyspiel, |
|
|
- bey Chur-Pfaltz, von Franckenthal und Manheim;
- bey Würtenberg, von Freudenstadt;
- bey den Herren
Grafen von Hanau;
- bey den Herrn
Marggrafen zu
Brandenburg, von
Berlin und Birnau;
- bey Marggrafen Otto von Meissen, von Freyberg u.s.w.
|
|
|
Bes. Hertius in Diss. … wo noch mehr dergleichen
Exempel, und zwar so wohl vor, als wider diese
Meynung, zu befinden sind, mit
der noch weiter angehängten Erläuterung, daß dieses umso leichter geschehen
könne, wenn ein
Fürst oder
Stand des Reichs aus einem
Dorffe oder
Flecken eine
Stadt machen, und denenselben das Stadt-Recht schencken
will, mithin keine neue
Stadt zu
bauen gedencket, als welches denen Ständen, in
Krafft des
Westphälischen Friedens-Instruments, art. 8. §. gaudeant,
um so weniger könnte
disputiret werden, weil ihnen daselbst das Recht Vestungen
und Fortificationen in ihren
Territoriis und
Gebieten
aufzubauen, und die
alten
noch weiter zu befestigen mit ausdrücklichen Worten erlaubet worden; |
womit auch
übereinstimmen: |
|
So sind doch nicht allein
verschiedene gegenseitige Exempel, wie schon
erwehnet worden, vorhanden; sondern es ist auch an dem, daß solches mit
stillschweigender Bewilligung derer
Kayser geschehen, mithin die Römischen
Kayser |
|
|
{Sp. 832} |
|
|
ihre Einwilligung stillschweigend darzu ertheilet haben, welches aber ihnen
bey andern dergleichen Begebenheiten nichts präjudiciren kan. Dahero es weit
sicherer ist, wenn hierzu der
Kayserliche Consens eingehohlet und bey gebracht wird. |
Wie insonderheit davor hält
Speidel in Spec. Jur. voc.
Stadt-Stadt-Recht, vers. notandum hic.
und Besold in Thes. Pract. ead. voc. |
|
Gantz andere
Gedancken aber heget hiervon Herr Lange in
seiner Einleitung zu denen Geschichten und daraus fliessendem Jure Publico
… in folgenden
Worten: |
|
|
„Hierbey fragt sichs nun, wer denn in Deutschland das Jus
dandae civitatis, oder das Recht habe, einem
Ort die Stadt-Freyheiten zu ertheilen? Zum Voraus muß man wissen, daß dieses
Jus dandae civitatis, oder die Stadt Berechtigung, mit dem Jure
Civitatis,
oder dem Bürgerrechte, nicht müsse confundiret werden; welches letztere der
Magistrat jedweden Ortes denen Fremden erteilen kan. |
|
|
Was aber die Frage an sich selbsten betrifft; so ist die gemeine Lehre, daß
solches unter die Kayserlichen Reservata zu zählen sey eben nicht die
Gegründeste. Man beruffet sich zwar hierbei auf die Exempel derer Grafen von
Mansfeld, welchen vom Kaiser Maximiliano I eine neue Stadt bei Eißleben
aufzuführen untersaget worden, und derer Grafen von Wertheim, welche die
Stadt-Berechtigungen vor etliche ihnen zugehörige
Örter zu verschiedenen mahlen
gesuchet, aber nicht erlanget haben. |
- Schweder
in Jur. Publ.
- Arnis. de Jur. Maj.
-
Arum.
in Jur. Publ.
|
|
Allermassen aber dieses Recht mit dem Jure belli et pacis sehr
genau verknüpffet ist, hiernächst auch unzählich viel Exempel vorhanden sind, da
die
Reichs-Stände in denen letztern Seculis nach eigenem Gefallen
Städte aufgeführet und befestiget haben; und endlich in dergleichen Sachen, wo
kein Verbot und kein Vergleich vorhanden, die Praescriptio den besten
Ausschlag geben muß: so wird es wohl von Nöthen seyn, die Regel ein wenig anders
zu fassen; Wer das Jus superioritatis territorialis oder die
Hohe
Landes-Obrigkeit hat, dem kömmet auch das Recht zu,
Städte aufzuführen und zu
befestigen. |
|
|
Wie im übrigen gar öffters ein
König den andern, und eine freye Republick
die andere hindert, nach Beschaffenheit derer dabey mit vorkommenden Umstände
neue Städte und Vestungen zu erbauen: So können sich auch wohl in
Deutschland
Fälle ereignen, daß ein Reichs-Stand nicht an allen Orten und zu allen Zeiten
dieses Jus dandae civitatis ausüben darff, wodurch aber der Regel an
und vor sich selbst nichts entgehet.“ |
|
|
Übrigens siehe
Stadt und
Stadt-Recht. |
|
|
|
|