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Zedler: Ungleichheit HIS-Data
5028-49-1532-9
Titel: Ungleichheit
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 49 Sp. 1532
Jahr: 1746
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 49 S. 781
Vorheriger Artikel: Ungleichförmige Theile
Folgender Artikel: Ungleichheit, (accidentelle oder zufällige)
Siehe auch:
Hinweise:
  • Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe Hauptartikel

  Text Quellenangaben
  Ungleichheit, wird in der Ontologie erkläret, da man zwey Dinge, oder Entia gegen einander hält, und dero Ungleichheit erweget, welche auf die Accidentien ankommt, weil wir von den Substantzen keine Erkänntniß haben.  
  Richtet man hier seine Gedancken auf GOtt und auf die Creaturen zugleich, so muß man die Ungleichheit eintheilen in eine gäntzliche, und auf gewisse Masse beschaffene Ungleichheit.  
  Jene hat zwischen dem Schöpffer und den Geschöpffen statt, weil der Schöpffer seinem Wesen nach unendlich ist, zwischen den Geschöpffen aber findet man dergleichen gäntzliche Ungleichheit nicht, da alle erschaffenen Dinge gewisser massen einige Gleichheit unter sich haben.  
  Wenn man dahero von der Ungleichheit der Creaturen unter einander redet, so ist nur die Ungleichheit auf gewisse Masse zu verstehen. Diese kan man erstlich theilen in eine wesentliche und eine zufällige. Jene oder die wesentliche ist, wenn zwey Dinge in einen wesentlichen Begriff nicht übereinkommen, da denn dieser wesentliche Begriff entweder die differentiam specificam oder das Genus ausmachen kan, wie auf solche Weise eine Ungleichheit zwischen dem Menschen und dem Hunde ist in Ansehung, daß die Menschen vernünfftig, ingleichen zwischen dem Menschen und einem Steine, weil der Mensch ein lebendiges Geschöpffe.  
  Diese, oder die zufällige Ungleichheit ist, wenn zwey Sachen in einem zufälligen Begriffe, der nicht zum Wesen gehöret, einander ungleich sind, z.E. die Ungleichheit zwischen einem langen und kurtzen, einem gelehrten und ungelehrten Menschen.  
  Hernach kan man das Ungleiche auch theilen in das dissimile in specie und in das inæquale; jenes ist, wenn zwey Dinge in der Qualität nicht mit einander überein kommen, welches man auch das Philosophische nennen kan; Dieses aber, wenn die Ungleichheit zweyer Dinge auf die Quantität ankommt, so das Mathematische ist. In  
  {Sp. 1533|S. 782}  
  Ansehung der erstern Gleichheit wollen wir hier die Ursache anführen, welche Fleschier in Serm. de la Morale T. II. p. 11 u.f. giebet, warum wir einander im Guten nicht alle gleich sind:  
  Erstlich, weil wir uns auf solche Art in mehr Christlichen Tugenden üben können. Denn wenn wir an unsern Brüdern nichts zu hoch zu achten hätten, wo wäre unsere Demuth? Hätten wir nichts an ihnen zu entschuldigen, wo wäre unsere Sanftmuth? Hätten wir nichts zu erdulden, wo bliebe unser Mitleiden? Hätten wir von ihnen nichts auszustehen, wo wäre unsere Gedult? Wären alle Menschen vollkommen, so könnte keiner zu des andern Seligkeit etwas beytragen: Wären alle Menschen böse, so würde unter ihnen weder Einigkeit noch Verständniß seyn?  
  Die andere Ursache ist, damit er die Menschen in einer Gleichheit halte, daß sich nicht einer dem andern vorziehe, und ihnen zu erkennen gebe, daß, weil sie eben dergleichen Fehler, als andere an sich haben, sie auch eben dergleichen Gnade vonnöthen haben etc.  
  Die dritte ist, daß einer gleichsam des andern Spiegel seyn soll, und wir bey anderer ihren Fehlern uns unsere eigene vorstellen etc.
  • Rüdiger in Ontolog. c. 8. p. 392. instit. Erudition.
  • Donati Metaphysic. usual. c. 16. §. 15 u ff.
  • Walchs Philosophisches Lexicon.
 
  Von denen Ungleichheiten, welche eine unglückselige Ehe machen, als da sind die Ungleichheit  
   
  handelt weitläuftig Fritsch in Theolog. Jurist. Medicin. und Physicalischen Geschichten, Th. I. p. 410 u. ff.  

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Stand: 17. November 2016 © Hans-Walter Pries