Stichworte |
Text |
Quellenangaben
|
Erinnerungen der Grafen |
Allein der allzu frühzeitige Todes-Fall Ihro
Allerhöchst-erwehnten
Kayserl. Majestät,
Herrn Carls VII. verursachte auch diesem wichtigen
Geschäffte schon wiederum neue Hindernisse;
währender
Zeit nun, da die wegen einer neuen und
in Ihro jetzt glorwürdigsten
regierenden
Römisch-Kayserl. Majestät Herrn Frantz. I.
Allerhöchsten Person beglückt zu
Stande
gebrachten Wahl zu
Franckfurt angelangten
Churfürstl. Wahl-Gesandten ihre Deliberationen
fortsetzten, haben auch die
Fürstl. Gesandten
besondere Conferentzen in den Saltzburgischen
Qvartiere angestellet, in welchen die perpetuirliche
Wahl-Capitulation der vornehmste Gegenstand
ihrer Berathschlagungen war. Bey einer der
letzterem ward auch ein Aufsatz privat dictiret, in
welchem die hohen
Gräfl.
Collegia in
Schwaben,
Francken und Westphalen wieder verschiedene
der letztern
Wahl-Capitulation über oder wider den
Inhalt der perpetuirlichen eingeschalteten Puncte
folgende Erinnerungen gemacht haben:¶ |
|
|
„Ex parte derer hohen Gräfl.
Collegiorum in
Schwaben, Francken und Westphalen tritt man
förderst demjenigen bey, was bey letzterm
Interregno ab Seiten derer Alt-Fürstl. zu Offenbach
versammleten Häuser so standhafft und zur
Aufrechterhaltung derer Besorgnissen des
gesammten Fürstl. Collegii ausgearbeitet, und
gehörigen Orts übergeben worden, mit dem
ohnmaßgeblichen Davorhalten, daß nach dem
General-Inhalt dessen nicht alleine alles, was in
der neuen Capitulation ultra vel contra tenorem
perpetuae, wie sie inter Electores et Status
verglichen, hisce invitis vel inconsultis
eingeschaltet worden, auf keinerley Art zu
agnosciren, sondern in dem Fall, da ein oder
andere Fürst oder Stand, nach solchen neuerlichen
Artickuln oder Clausuln beschweret, oder wider ihn
verfahren werden wolte, sofort von gesammten
Fürstl. Collegii wegen, causa communis auf alle
den Reichs-Satz- und Ordnungen gemässe Art zu
machen sey.¶ |
|
|
Die disseitige besondere Monita et respective
gravamina und ad seriem der neuesten
Wahl-Capitulation betreffend; so ist eine der
Grund-Verfassung des Fürstl. Collegii zuwider
lauffende und dem hohen Reichs-Grafen-Stand
wohl selbstig hochvernünfftiger Einsicht und
Überlegung nicht einst zuzumuthende Sache, daß
in neuern Zeiten bey Recipirung neuer Fürsten in
das Fürstl. Collegium solches jedesmahlen denen
Hochgräf- |
|
|
{Sp. 748} |
|
|
lichen Collegiis vorgesetzet worden, wie in
denen dieserhalb distribuirten kurtz-gefaßten
Rationibus mit mehrern ausgeführet ist. Da nun in
der neuesten Wahl-Capitulation |
|
|
Art. I. §. 5. |
|
|
Wegen sothaner Aufnahme neuer Fürsten in
den Fürsten-Rath überhaupt Vorsehung
geschehen, so hofft man dahin unterstützet zu
werden, damit ad finem dicti §. hiernächst
angefüget werde, daß künftighin keinen in dem
Fürsten-Rath bereits vorhandenen Mitglied durch
dergleichen Aufnahme an seinen bereits habenden
und lang hergebrachten Voto und dessen
Ordnungs auf einigerley Art präjudiciret werde.
Hiernächst und obgleich |
|
|
Art. I. §. 9. |
|
|
Fürsten und Ständen in Ansehung ihrer
hergebrachten und erworbenen Privilegien,
Verträgen, Unionen, Conceßionen etc. bereits
generaliter prospiciret ist; so stellet man doch zu
Collegialischem Überlegen anheim, ob nicht in
Betracht besonderer Umstände rathsam, und
mehrern hohen Ständen daran gelegen sey, den
gemeldten Artculum besonders auf diejenigen
Conceßionen, Privilegien, Confirmationen etc.
nahmentlich zu verlassen, welche unter dem letzt
verstorbenen Kayser erhalten worden. |
|
|
Art. III. §. 25. |
|
|
Es ist zwar an und vor sich schon billig und der
Reichs-Ständischen Dignität gemäß, daß
würckliche regierende Reichs-Grafen, welche
durch ihre Vota curiata sowohl, als durch so
nahmhaffte praestationes in publicis an allen
Reichs-Vorfallenheiten so namhafften Vortheil
haben, den Rang und Vorgang vor denenjenigen,
welche nicht anders, als blosse Ministri angesehen
werden können, mithin vor Kayserl. und andern
Räthen haben und behalten; so ist auch diese
Befugniß in dicto Articulo virtualiter und dadurch
gegründet, da es heisset: Und zwar gleich nach
dem Fürsten-Stand vor allen andern etc. Damit
aber dieser Vorzug, wie manchesmahl
mißbräuchlich geschehen, um so weniger
geschmählert, oder in Contestation gezogen
werden könne, so wäre dicto loco derer Kays. Geh.
Räthe hiernächst nahmentlich Meldung zu thun.
Dem hohen Reichs-Fürsten-Stand ist hieran um
deswillen gelegen, weilen widrigenfalls die Kays.
Ministri sofort nach dem hohen
Reichs-Fürsten-Stand, so zu sagen, die nächste
und immediate Classe ausmachen. |
|
|
ad Art. XI. §. 7. |
|
|
Daß bey letzterm Interregno das damahlig
gemeinschafftliche Chur-Bayerische und
Chur-Pfältzische Vicariats-Gericht, die
Reichs-Grafschafften und ihre Lehen um deswillen,
weilen sie in neuern Zeiten nicht coram Throno empfangen, in die Ihme competirende Investituren
zu ziehen, so mit selbige promiscue und
eigenmächtig unter die Feuda minora herunter zu
setzen gesuchet, solches ist Reichs-kundig, an
sich aber dem hohen Reichs-Grafen-Stand um so
präjudicirlicher, als nach der distribuirten Deduction
solches |
|
|
a) |
denen bewährtesten
Nachrichten zuwider lauffet; |
|
|
|
b) |
zwischen Fahnen-Lehnen
und Thron-Lehen ein mercklicher Unterschied
obwaltet, und eines ohne das andere
bestehen; |
|
|
|
c) |
die äusserliche
Solennitäten aber die innerliche und |
|
|
|
{Sp. 749|S. 388} |
|
|
|
eigentliche naturam feudi nicht immutiren; auch |
|
|
|
d) |
da man disseits aller Reichs-Gräflichen Lehen vor
Fahnen-Lehen auszugeben niemahlen gedencket, eben so wenig doch auf der andern
Seiten, daß alle Grafschafften keine Fahnen-Lehen seyn, behauptet werden mag. |
|
|
|
Da nun benebst diesen allen zum wenigsten dieses ausser allem
Zweiffel ist, daß es darunter auf interpretationem Aureae Bullae
ankomme, welche sich das Hochlöbl. Churfürstl. Collegium allein nicht anmassen
kan. So wird darauf angetragen, daß diese Clausul
speciatim aus der hiernächstigen
Wahl-Capitulation weg und bey der perpetua es
gelassen werde, und verspricht man sich die
durchgehende Aßistentz des gesammten Fürstl.
Collegii um so mehr, als doch zwischen Alt-Fürstl.
und Gräfl. Fahnen-Lehen die merckliche
Distinction und Prärogativ allezeit bleibet, daß
jene auch per Mandatarios coram Throno empfangen werden, solches aber bey diesem nur
alsdann nachgesuchet und behauptet wird, weilen
ein Graf seine Grafschafft und Feuda Imperii in
Person empfängt. |
|
|
ad Art. XVI. |
|
|
Seynd zwar die Gebrechen des
Reichs-Hof-Raths aller Orten her schon erinnert
und so wohl inter monita als gravamina
angebracht. Nachdem aber neuerer Zeiten wider
verschiedene Reichs-Gräfl. Häuser solche
Proceduren zu Schulden gekommen, welche
nimmermehr zu justificiren seyn, worzu unter
andern das Verfahren in der Neuwieder
Brücken-Sache gehöret, und wovon vor der Hand
in Betracht auf den illegalen modum procedendi die
hierbey distribuirte Deduction das nähere ergiebet,
so wird wohl in diesem und andern hieher
gehörigen gravaminibus so lange und ehender
keine Remedur zu hoffen seyn, als bis ein monitum
commune daraus gemachet, und nachhero in
gemeinsamlichem Zusammenhang dahero
bestanden werde. |
|
|
ad Art. XXI. §. 1. |
|
|
Auf was Veranlassen dieser §. in der neuesten
Wahl-Capitulation mit einer sehr weit aussehenden
und mindermächtigen Reichs-Stände sub
praetextu einer Lehenherrlichen Jurisdiction einem
völligen Landsassiatui mit der Zeit exponirenden
Clausul vermehret worden, auch mit was harten
Proceduren ex parte einiger Chur-Fürstl.
Lehen-Höfen darauf hinwieder dergleichen
immediate Reichs-Vasallen de facto verfahren und
dieses Artickels a.n. zum Grunde geleget werden
wollen, solches ist Reichskundiger, als daß man
Ursache haben solte, die Exempel hier
umständlich anzuführen. |
|
|
Kommt es bey dieser anmaßlichen
Lehens-Jurisdiction auf das Jus in thesi an, so
müssen die Chur-Häuser, so dergleichen
prätendiren, solches auch von Seiten derer Stiffter
und Häuser, von denen sie Lehen haben, gegen
sie gelten lassen, da es aber, weilen solches
schwehrlich geschehen wird, mehr auf Macht
ankommen solte, so wird es auch, wenn dieser
Artickel nicht remediret wird, bey dem
Reichs-Grafen-Stand, welcher zeithero fast alleinig
der Gegenwurf der Sachen gewesen, nicht |
|
|
{Sp. 750} |
|
|
bleiben, sondern ohnfehlbar die Folge mit der
Zeit weiter treffen; Mithin ist nun so weniger zu
zweifeln, ob werde hieraus ein gravamen
commune gemachet, und diese Clausul unter
diejenigen, welche ein gesammtes Reichs-Fürstl.
Collegii nicht erkennen können, gesetzet
werden. |
|
|
ad Art. XXII. |
|
|
Obschon dieser Artickel Kays. Maj. in Ihrem
Reservato conferendi dignitates, einige
Einschränckung nicht giebet, als daß solcherley
Standes-Erhöhungen, nur wohl meritirten und
sonst qualificirten Subjectis angedeyhen, und dem
Juri territoriali Statuum unnachtheilig seyn sollen,
so verdienen doch die in neuern Zeiten fast allzu
freqvent gewordener Erhebungen in den
Reichs-Grafen-Stand allerdings pro futuro um so
mehr den abhelflichen Betracht, als Chur- und
Fürsten selbst daran gelegen, daß die Ihnen am
nächsten kommende dignitas eigentlicher
Comitum Imperii durch die so allgemein werdende
Comitiven nicht vilescire, und Leuten, welche kaum
vor Kurtzem den Adel-Stand erworben, nicht
Gelegenheit gegeben werde, sich durch
dergleichen Standes-Erhebungen denen höhern
Statibus Imperii auf einmahl zu nähern. |
|
|
ad Art. XXIV. |
|
|
In diesem ist gantz deutlich enthalten, daß
diejenigen Grafen und Herren, so in denen
Reichs-Collegiis keine Seßion oder Stimme haben,
oder von solchen entschlossen und gebohren
seyn, mit andern auf der sogenannten
Herren-Banck in Consilio Aulico nach Ordnung der
eingetretenen Raths-Dienste rouliren sollen. Da
nun per argumentum a contrario hieraus folget,
daß diejenigen Grafen und Herren, welche in
denen Reichs-Collegiis Seßion und Stimme haben,
oder von solchen Reichs-Seßion habenden
Häusern entsprossen und gebohren sind, mit
andern auf der Herren-Banck sitzenden
Reichs-Hof-Räthen sich nicht nach der Ordnung
ihrer angetretenen Raths-Dienste zu achten,
sondern indistincte den Rang und Sitz vor andern,
wann solche auch gleich die Gräfl. Würde erlanget,
zu nehmen haben, womit auch die
Reichs-Hof-Raths-Ordnung, Tit. I. §. 9
übereinstimmet, so wird dahin angetragen, auf
Festhaltung dieses Puncts communiter zu
bestehen. Ausser diesen inhäriret man, hiemit in
specie demjenigen, was ab Seiten Costantz so
wohl ad generalia, als insbesondere ad Art. IV. …
Wie nicht weniger ad Art. XI. … moniret worden,
und behält sich übrigens ulteriora, so ferne noch
etwas in tempore beyzubringen, bevor.„ |
|
|
Dem Vernehmen nach solte auf Seiten der
Fürstl. Häuser nächstens etwas schrifftliches wider
diesen Aufsatz heraus kommen, weil man nicht
gesonnen ist, den Gräfl. Collegiis die angemaßte
Parification mit den Fürsten des Reichs
einzugestehen; Welches jedoch unsers Wissens
zur
Zeit noch nicht geschehen. |
|
|
Dieses indessen bey Seite gesetzt; so sind
auch Ihro jetzt
regierende |
|
|
{Sp. 751|S. 389} |
|
|
Kayserliche Majestät des in dero
Wahl-Capitulation Art. XXX. §. 2. Allerhöchst
geschehenen Versprechens die perpetuirliche
Wahl-Capitulation dergestalt Allerhöchst
eingedenck, daß dieselben bereits am 18 Octob.
1745. dieser hochwichtigen
Sache halber
nachstehendes Kayserliches Commissions-Decret
an den gesammten
Reichs-Tag gelangen zu
lassen Allergnädigst geruhet haben: |
|
|
„Von der Römisch-Kayserlichen Majestät,
Francisci, unsers allergnädigsten Herrn wegen,
zu gegenwärtiger Reichs-Versammlung
höchstansehnlicher Principal-Commissarius, Herr
Joseph Wilhelm Ernst, gefürsteter Landgraf zu
Fürstenberg etc. soll der Churfürsten, Fürsten und
Stände des Heil. Röm. Reichs allhier anwesenden
vortrefflichen Räthen, Bothschafften und
Gesandten zu vernehmen geben: Es hätten Ihro
Kayserl. Majestät unter andern höchst wichtigen
Angelegenheiten dero Kayserl. allerhöchsten
Amts-Verwaltung auch dasjenige in vorzüglichen
Bedacht zu nehmen sich allermildest gefallen
lassen, was in Dero Kayserl. Wahl-Capitulation Art.
30. §. 2 vorgesehen und zugesaget worden, des
Inhalts: Daß Allerhöchst-Dieselbe gleich nach
angetretener Dero Regierung das Negotium
Capitulationis perpetuae bey dem Reichs-Tage
vornehmen und selbiges, sobald möglich, zu seiner
Perfection bringen lassen wollten.¶ |
|
|
Ihro Kayserl. Majest. hätten sich zu
unaufheblicher Vollziehung dieser gethanen
Zusage um so lieber allergnädigst entschlossen,
als wohl ausser allen Zweifel gestellet wäre, daß,
gleichwie die sorgsame und treuliche Erhaltung
des Bands zwischen Haupt und Gliedern des
Römischen Reichs zu dessen Wohlfahrt
unumgänglich nöthig sey, also auch nicht weniger
die gute Verständniß, Einigkeit und das Vertrauen
unter den Gliedern selbst, zu des Reichs Ansehen,
wie auch zu desselben und eines jeden Mitglieds
Erhaltung und Beschützung hauptsächlich
beyzutragen habe.¶ |
|
|
Wie zumahlen aber nichts billigers und
heilsamers seyn könne, als daß ein jeder bey
seinen Würden und Gerechtsamen gelassen und
gehandhabet, auch alles dasjenige in materia
capitulationis perpetuae, was annoch differenten
Meynungen unterworffen seyn möchte, abgethan,
und sich darüber vereiniget werde; also verhoffen
Ihro Kayserl. Majestät daß durch die
Reassumirung dieses eine geraume Zeit erlegenen
und unausgemacht gebliebenen Negotii
obangezogener heilsamer Endzweck am füglich-
und baldigsten werde zu erreichen seyn.¶ |
|
|
Nun sey aus denen Reichs-Tags-Actis
bekannt, welcher massen mehr bemeldete materia
Capitulationis perpetuae bald nach Anfang des
letztern Reichs-Tages vorgenommen, und darüber
viele und langwierige Handlungen gepflogen, auch
darinnen ziemlich weit gekommen, doch aber
nichts endliches beschlossen, auch nach der Hand
gar ruhend gelassen worden; dahero denn von
weyl. Ihro Kays. Majest. Josepho I glorwürdigsten
Andenckens mittels eines erlassenen Kayserlichen
Commißions-Decrets sub signato den 5 Sept. |
|
|
{Sp. 752} |
|
|
1707. der Antrag beschehen, berührtes
Geschäffte zu mehrerm und nöthigerm Vertrauen
zwischen des Heil. Röm. Reichs Churfürsten,
Fürsten und Ständen zu reassumiren, und dem
Westphälischen Friedens-Schluß gemäß zum
Abschluß zu bringen.¶ |
|
|
Wiewohl nun hierauf zu weitern
Berathschlagungen und Handlungen geschritten,
und einige Zeit hindurch nicht ohne Frucht an
diesem Wercke beförderliche Hand angeleget
worden; so ist doch mehrmahlen nichts schlüßiges
zu Stande gekommen, und sind hernach weyl. Ihro
Kayserl. Majestät Carl VI glorreichster Gedächtniß
nach Anleitung Dero Wahl-Capitulation veranlasset
worden, vermöge eines an das Hochlöbliche
Chur-Mayntzische Reichs-Directorium unterm 25
Mart. 1712 ergangenen, und unterm 27. ej. ad
dictaturam publicam gediehenen Kayserl.
Commißions-Decrets den weitern Fortgang dieser
Sache, woran auch während des kurtzen vorher
gegangenen Interregni vielfältig gearbeitet worden,
und dessen endliche Ausmachung nachdrücklich
anzuverlangen.¶ |
|
|
Obwohlen aber zu Erreichung der dabey
geführten Reichs-Väterlichen Intention ab Seiten
der allgemeinen Reichs-Versammlung vieler Fleiß
angewendet, und sich grosse Bemühung gegeben
gegeben worden, das Project der gewissen und
beständigen Kayserlichen Wahl-Capitulation
vollends zu Stande zu bringen; so haben sich zwar
die weitere Handlungen bis ins 1716. Jahr
erstrecket, doch aber seit selbiger Zeit sind dieselbe
mehrmahlen in das Stecken gerathen; und beruhet
es dermahlen an dem, dasjenige, was bereits mit
Nutzen und löblichem Eifer abgeordnet und
beschlossen worden, mit Vermeidung aller
obseitigen Schwürigkeiten in seine behörige
Reichs-Satzungsmäßige Form und Krafft zu
bringen.¶ |
|
|
Ihro Kayserl. Majestät seynd des festen und
allergnädigsten Vertrauens, daß dieses zu
Bestärckung gemeinsamer guter Verständniß und
Einmüthigkeit abzielende Negotium je eher je
lieber Reichsgemeinig zur Hand genommen und zu
einem dem werthesten Vaterlande ohnzweifentlich
heilsamen Schluß werde gefördert werden.¶ |
|
|
Allerhöchst-Dieselbe werden auch
allergnädigst gerne sehen, wenn dem nächstens
von dem gewührigen Anfang und Fortgang die
gedeihliche Würckung sich wird mit vermercken
lassen.¶ |
|
|
Hierauf hat auch Saltzburg, nachdem selbiges
das würckliche Directorium im
Fürstl. Collegio mit
Österreich, alternirend übernommen, zu Folge
dieses
Kayserl. Commißions-Decrets de dictato 18
Oct. 1745. am 4 Febr. 1746. die perpetuirliche
Wahl-Capitulations-Angelegenheit in
Berathschlagung gestellet, zu solchem Ende auch
einen Aufsatz ad Protocollum verlesen, was man
vor allen
Dingen dieser
Sache halber an das
Churfürstl. Collegium gelangen zu lassen, belieben
wolte, worauf man das dießfalls gefertigte pro
Memoria noch bey selbiger Raths-Versammlung
durch das Saltzburgische Directorium gehörig
insinuiren lassen, dessen Inhalt dahin gehet: |
|
|
„Welcher gestalt Ihro Röm. Kays. Maj. |
|
|
{Sp. 753|S. 390} |
|
|
nach deutlicher Anleitung des Instrumenti
Pacis Art. VIII. §. 3. so wohl als der Ihro von dem
Churfürstl. Collegio selbst vorgelegt, und von
Allerhöchst-Deroselben in so weit zugesagten
Wahl-Capitulation zu Erhalt- und Befestigung guter
Verständniß und Einigkeit im Reich fürträglich, und
nöthig erachtet, daß das perpetuirliche
Capitulations-Geschäffte, worüber man bereits in
denen vorig- und neuern Zeiten mit so vieler Mühe
gearbeitet, endlich aber 1711. zwischen beyden
höhern Collegiis bis zur Re- und Correlation mit
dem Reichs-Städtischen zum Schluß gekommen
ist, in guter Eintracht und vertraulichen Vernehmen
reassumiret, und zu allerseits Vergnügen
dermahleinst zum Ende gebracht werden möchte,
wäre dem Churfürstl. Collegio aus dem am 18 Oct.
letztabgewichenen Jahres noch in Franckfurt
dictirten Kayserl. Commißions-Decret vorhin zur
Gnüge bekannt. |
|
|
Da nun in Conformität desselben das Fürstl.
Collegium erbiethig ist, an dieses heilsame Werck,
ohne jedoch andere Materien dadurch aufzuhalten,
noch weniger aber solche gar hintan zu setzen,
gemeinschafftliche Hand zu legen; So wolle man
des Churfürstl. Collegii hierüber führende Meynung
vorläuffig vernehmen, und sich zu dem Ende einer
beliebigen Antwort und Erklärung versehen.„ |
|
|
Hierauf hat das
Churfürstl. Collegium,
besagtes ausgefallenen Fürsten-Raths-Protocoll
dem Fürstl. die Erklärung thun lassen: |
|
|
Wie sie, Electorales, beschlossen hätten,
solches Pro Memoria an allerseits Höchste
Principalen geziemend einzusenden, und so dann
dem Fürstl. Collegium die weitere Anzeige davon
zu thun. |
|
|
Und stehet also zu erwarten, was von
gesammten
Reichs wegen fernerhin gehandelt und
beschlossen werden möchte. |
|
|
Unterdessen ist doch der
Nutzen, welchen das
gantze Reich von dem
Capitulations-Wercke zu
erwarten hat, leicht zu errathen. Wer den Einwurff
machen will, daß gleichwohl viele
Dinge
geschehen, so der Capitulation entgegen sind, der
lasse sich mit dem Unterscheide zwischen dem,
was würcklich geschiehet, und was hingegen von
Rechtswegen geschehen solte, dienen. |
|
|
Es muß auch niemand mit
Monzambano
meynen, als ob man wegen dieser Capitulation
Kayserl. Maj. alle
Gewalt absprechen, dieselbe mit
dem
Hertzoge von Venedig vergleichen,
Deutschland zu einer Versammlung vieler kleinen
Republiqven und den Kayser zum vornehmsten
Bundesgenossen darunter machen solle. Denn
das vornehmste Absehen der Capitulation gehet
nur dahin, daß er nichts, was zum
Reiche gehöret,
veräussern oder den
Reichs-Ständen ihre
hergebrachte
Hoheiten und
Rechte beschneiden
soll. Wenn auch ein Kayser vermöge dieses
Vergleiches die wichtigsten Reichsgeschäffte mit
den vornehmsten Ständen wohl überleget; so kan
er desto gewisser versichert seyn, daß man solche
nicht werde ins Stecken gerathen lassen, sondern
sie ihm auf alle Weise ausführen helffen. |
|
|
Ihrer vielen bedienen sich hier eines
Gleichnisses, und sagen: Wie ein Licht, welches in
der Laternen stecket, dadurch keine Verfinsterung
zu befürchten, sondern vielmehr einen Schutz
wieder die Winde zu hoffen habe; So werde auch
einem Kayser durch die
Capitulation mehr
geholffen, als geschadet. Zum wenigsten folget
nicht, daß der- |
|
|
{Sp. 754} |
|
|
jenige, welcher keine unumschränckte
Gewalt
hat, auch keine
höchste Gewalt haben müsse. Der
Hertzog von Venedig hatte keine höchste Gewalt,
sondern nur die höchste
Würde; also lässet sich
sein
Zustand mit dem Deutschen Kayser sehr übel
vergleichen. |
|
|
Man muß auch endlich bedencken, daß unter
einem Vergleiche, dahin die Capitulation gehöret,
und unter einem
Gesetze ein grosser Unterscheid
zu machen sey. Kömmt jemanden ein solcher
Vergleich, dadurch der sonst gewöhnlichen
Freyheit
Eintrag geschiehet, nicht viel anders, als
ein Gesetze, vor, so muß er zugleich bedencken,
daß ein Gesetze, dem ich mich freywillig
unterwerffe, mit einem andern Gesetze, welches
mir von dem Obern ohne meine Bewilligung ist
vorgeschrieben worden, nicht dürffe vermenget
werden. Einem grossen
Herren, welcher seinen
Unterthanen etwas verkaufft, und in sechs Wochen
die Zahlung davor verspricht, wird durch diesen
Vergleich auch ein Gesetze vorgeschrieben, daß
er nach verflossener
Zeit bezahlen muß. Wer wolte
aber sagen, daß er sich dessentwegen seinen
Unterthanen unterwürffig gemachet hätte? Und
was dergleichen mehr ist. |
Besiehe
- Langens Jus Publ. …
- Elect. Jus Publ. …
- Ludovici
in dem Eröffneten Schau-Platze der Allgemeinen Welt-Geschichte des XVIIIten
Jahrhunderts, Th. III. …
- Europ. Staats-Secret. …
|
|
|
|