Titel: |
Academici |
Quelle: |
Zedler Universal-Lexicon |
Band: |
1 Sp. 239 |
Jahr: |
1732 |
Originaltext: |
Digitalisat BSB Bd. 1 S. 160 |
Vorheriger Artikel: |
Academia Bruxellensis |
Folgender Artikel: |
Academie |
Siehe auch: |
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Hinweise: |
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Hauptartikel
- Für die Auflösung der Quellenangaben siehe:
Personen
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Text |
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Academici, unter diesem
Namen werden die
ältesten Secten derer Platonicorum
verstanden,
welche sich in drey Classen
getheilet, und zum
Unterscheide die alte, mittlere und neue Academie
genennet werden. |
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Die alte Academie, welche Plato gestifftet,
nahm die meisten Lehr-Sätze von Heraclito,
Pythagora und Socrate an, wie sie
Plato hin und
wieder selbst vermehret. Sie wurde von
Speusippo, Xenocrate, Polemone, Crate und
Crantore, des Arcesilai Lehrmeister,
fortgepflantzet. |
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Dieser Arcesilaus fieng eine neue Secte an
aufzurichten, welche die mittlere Academie genen-
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{Sp. 240} |
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net wird. Denn als Zeno in unterschiedenen
von Platone abgieng, und sonderlich, desselben
Meynung von zweyerley
Welten, so er die
wahre
und
wahrscheinliche
nennte, verwarff, indem er nur
jene, nemlich diejenige, welche wir vor uns sehen,
statuirte, so nahm Arcesilaus daher Anlaß zu
behaupten, daß nichts in der Welt
gewiß
wäre. |
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welche weder er selbst, noch nach ihm die
Lacydes und Carneades würden vertheidigt
haben, wenn sie sich nicht mit denen Stoicis in
einen Streit mehr genöthigt als freywillig
eingelassen hätten; weil diese denen
Cörpern so
viele Kräffte beylegten. |
Aldob. ad Laert.
… |
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Dieser Lehr-Satz wurde von Telodo, Evandro,
Hegesippo (oder wie ihn Clemens Alexandrinus
nennet: Hegesilao) eyffrig fortgesetzt, bis
Lacydes, wie Laërtius …
schreibet, oder nach
Augustini Meynung, Carneades von Cyrene, von
Arcesilao abgieng, und behauptete, daß es
allerdings
Sachen in der Welt gäbe, welche wir als
wahr zu
erkennen, das
Vermögen hätten, welcher
dahero die neue Academie stifftete, welche aber
mit Clitimacho, Carneadis
Schüler, bald ein Ende
nahm. |
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Cicero in Lucullo statuirt gar keine
dritte
Academie, sondern giebt vor, daß Lacydes mit
Arcesilao gleicher Meynung gewesen sey. |
Aldob. ad Laërt.
… |
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Einige thun auch die vierte und fünffte dazu,
allein derselben Lehr-Sätze kommen mit der
dritten völlig überein. |
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Die Anhänger Platonis, so nach diesem
gelebet, haben sich lieber Platonicos, als
Academicos genennet. |
- Voss. de Sect. Philos.
- Hornius Hist. Philos.
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Im übrigen bleibet dieses
gewiß, daß die
gelehrte Gesellschafften in dem Platonischen Hof
es so weit gebracht, daß sie endlich alles in
Zweifel gezogen, und vermeynet: daß denen
Menschen nichts, als ein
Schatten-Spiel von
Wissenschafften übrig bliebe. Je tiefer in
Erkäntniß der
natürlichen und übernatürlichen
Wissenschafften iemand gekommen, ie mehr wird
er sich academisch finden. Der Klügste unter
denselben aber ist dieser, der des Menschen
Unvermögenheit und den Spruch des Heylandes
bey sich kräftig werden lässet, der Wind wehet,
wo er will, u.s.w. |
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Wer aber ist schuld an solcher
Unvermögenheit? Der Mensch durch den
Fall?
oder
GOtt, der dem menschlichen Wissen,
wie
allen andern Geschöpffen, ihr Maaß und Ziel
gesetzet? Auch Tullius wundert sich, warum der
Mensch eine
Begierde hege, mehr zu wissen, als
ihm möglich, zu erreichen. Er
glaubet, daß also
mit dem Menschen eine
Veränderung und
Verkehrung vorgegangen seyn müsse. So weit
kommet ein
Heyde in dieser
Ursache des
Adamischen Falles. |
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Andere
meynen: daß GOtt iedem Geschöpffe
im
Wissen seine
Grentzen gesetzet. Und die
Allwissenheit sich allein vorbehalten.
Solchemnach, da mit diesen Grentzen der
Kräfte
des
Verstandes
Lucifer nicht zufrieden seyn
wollen, sondern ein mehreres gesuchet oder
gebeten, diesen Greuel der Schöpfer nicht anders,
als mit Verstossung desselben,
bestrafen mögen.
Und selbsten des Adams sein Fall bestunde in
gleicher Versuchung, im Wissen oder Bitten, GOtt
gleich zu werden. Weil aber dieser von andern
verführet, so war seiner Verdammniß der Mittler
Christus gesetzet. Mithin bleibet es dabey: daß, im
Stand der Unschuld das Gebet die einige
Ursache
des Falles und der grösseste Greuel in den Augen
des Schöpfers sey, wenn ein Geschöpf, das nur
den Schöpfer zu loben, erschaffen, von
demselben etwas höheres bittet, was ihm nicht
durch den Schö- |
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pfer gegeben. Denn das heisset: das
Werck
schilt oder widerspricht seinem
Meister. |
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In den Hallischen Anzeigen
an. 1729. … ist
davon Erwehnung geschehen. Darein aber einige
Theologi, welche sich an Schein-Gründen vergnügen, sich nicht finden können. Weil der
Urheber von solcher Lehre den
Satz gemachet:
das Gebet wäre also die Ursache der Erbsünde.
Das ist, wäre Adam, wie andere Geschöpfe, mit
seinen Kräften des Verstandes zufrieden
gewesen, so würde er zu keinem Wunsch, Gebet
und Versuchung eines
Mittels zu höhern
Sachen,
als ihn der Schöpffer gegeben, verfallen seyn. Da
nun dieser Verfall denselben gestürtzet, so mag
man, bewandten
Umständen nach, gar wohl
sagen: daß das Gebet oder der Wunsch des
Adams, mehrwissend zu werden, die rechte
Ursache der Erbsünde gewesen. |
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Paradoxa klingen in ihrem ersten Antrag hart
und haben eine
Erklärung
nöthig. Welche man
hierdurch, den Schriftgelehrten zu gefallen,
ertheilen wollen. Da nun aber, durch den neuen
Adam wir eine andere Creatur oder Geschöpffe
worden; so glauben einige M., daß nun alles neu
und dem
Stand der Unschuld gemäß sey. Folglich
ein neuer Adamite nicht nöthig habe zu bitten:
sondern nur
GOtt, gleich den Engeln und andern
Geschöpfen, zu loben und zu preisen. Wie sie
denn das Vater Unser etc. von Christo den
ungläubigen Jüngern vorgeschrieben zu seyn
vorgeben, welches ein Gläubiger, zu dem das
Reich kommen etc. nicht ohne Anstossen
nachbeten möge. Dieses sind Einfälle, die ieder
zu prüfen. v.L. |
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