Titel: |
Galantismus |
Quelle: |
Zedler Universal-Lexicon |
Band: |
10 Sp. 79 |
Jahr: |
1735 |
Originaltext: |
Digitalisat BSB
Bd. 10 S. 53 |
Vorheriger Artikel: |
Galanthis |
Folgender Artikel: |
Galanus, (Clemens) |
Siehe auch: |
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Hinweise: |
- Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe
Hauptartikel
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Text |
Quellenangaben |
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Galantismus, ist ein neugemachtes Wort, welches von
den
Frantzösischen
Galant, und einer
Lateinischen Endung zusammen gesetzet ist. |
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Die Worte die sich auf ismus endigen, haben gemeiniglich eine schlimme
Bedeutung, und pflegt
man sonderlich denen Secten und Ketzereyen dergleichen
Namen zu geben,
wie etwa Atheismus, Tritheismus, Naturalismus, Spinocismus, Machiauellismus, und
dergleichen bekannt sind. |
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Dieses trifft auch bey diesem Wort ein, als welches man heute zu
Tage vor den Mißbrauch
der galanten
Gelehrsamkeit, die sich auf die Mode galanter Leute, so fern sie sich
durch
Wissenschafften distinguiren,
gründet,
annimmt. |
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Als man zu unsrer
Väter
Zeiten die
alten Moden alle
abschaffete, und alles galant haben
wollte, wollte
vielen auch die alte Art zu
studiren
nicht mehr schmecken, sondern es
sollte und und
muste galant studiret
seyn; diejenigen hingegen, die nach der alten Art studirten, und
Griechisch und
Lateinisch lerneten, wurden vor Schul-Füchse und Pedanten gehalten.
Dahero man das Lateinische und Griechische gar hindan setzte, und nur die
Teutsche,
Frantzösische, und andere lebendige
Sprachen
lernete. |
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Man war mit der alten Lehr-Art nicht mehr zufrieden, sondern jeder Schul-Meister
wollte eine neue einführen. Unter andern hatte einer eine Methodum Practicum
ausgedacht, da er nur mit der
That
selbst leh- |
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{Sp. 80} |
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ren wollte. Also wenn die
Schüler
z. E. sollten: Lingo
coniugiren lernen, so setzte er ihnen einen neuen Brey hin, und der erste muste davon
essen, und
sagen, Ego
lingo, der andere
fragte: Tu lingis? und der
dritte sagte: Ille lingit; Darauf fuhren sie alle zu, und sagten: Lingimus, u. s. w.
Da er aber einsmahls Remigo mit seinen Schülern coniugiren wollte, und es auf das
Remigamus kamen, ruderten sie alle, und es fehlte nicht viel, daß sie, nicht in die
andere
Welt
geschiffet wären |
Pipping. de curioso nouitatis studio. |
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Da man in den
Schulen keine
Orbilios mehr leiden wollte, fiel man auf das andere extremum, und setzte alle
Zucht und
Ordnung bey
Seite. Stat der Grammatic und anderer in denen Schulen üblicher
Disciplinen; ward
nunmehr die
Politic gelehret, und
überhaupt wurde alles nach den neuen und öffters abgeschmackten Erfindungen derer
Schul-Meister eingerichtet. Diesen Mißbrauch
nennet man
Galantismum, |
Hübner de Pedantismo et Galantismo in Miscellaneis Lipsiens. P.
IV. p. 79. seq. |
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Aber es gibt auch einen Galantismum unter denen
Gelehrten, der
sonderlich die Aufschrifften ihrer
Bücher betrifft, wenn
nemlich dieselben nur nach der Mode eingerichtet sind. Die haben sich vielfältig
belustiget, wenn sie mit ihren Memoires, wie deren Menge aus Mencken.
Diss. de
commentariis, quos Galli Memoires vocant, zu ersehen. Remarques, melanges,
reflexions, pensees iudicieux, mit
Schrifften, deren
Titel sich
auf Ana endigen, die Welt haben erfüllen können. |
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Die
Teutschen
hatten vor kurtzen noch die
Gewohnheit,
Geschichts-Calender zu
schreiben, und
unter solchen Titeln alles
vorzutragen, was etwa merckwürdig seyn mogte, und nach der
Zeit
einzutheilen.
Heute zu Tage mögte man auch die
monathlich heraus
kommenden Iournaux dahin
zählen, als welche über
die maassen geng und gebe, also, daß derjenige kaum vor einen Gelehrten gehalten
wird, der nicht ein Iournal schreibet. |
Auserlesene Anmerckungen II. 8 p. 57. |