HIS-Data
Home | Suche
Zedler: Manufacturen HIS-Data
5028-19-1135-14
Titel: Manufacturen
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 19 Sp. 1135
Jahr: 1739
Originaltext: Digitalisat BSB Bd.19 S. 601
Vorheriger Artikel: MANUFACTA
Folgender Artikel: Manuhoth
Siehe auch:
Hinweise:
  • Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe Hauptartikel
  • Für die Auflösung der Quellenangaben siehe: Personen

  Text Quellenangaben
  Manufacturen, in weitläufftigen Verstand könte man alle mit Händen gemachete Wercke, aus was vor Materien sie bestehen mögen, Manufacturen nennen; man verstehet aber dadurch  
 
  • eigentliche Waaren, die man aus den Materialien verfertiget, als aus Metallen, Steinen, Holtz, Seiden, Wollen, und andern dergleichen Materialien;
  • oder Manufactu-
 
  {Sp. 1136}  
 
  ren sind gewisse Örter, wo viele Arbeiter zu finden sind, welche allesamt eine Arbeit verfertigen, z.E. Zeuge, Strümpffe, Hüte.
 
  Solche Manufacturen bereichern ein Land. Denn damit kan man nicht nur verhindern, daß nicht so viel Geld aus dem Lande geschleppet wird, sondern auch machen, daß noch welches von den Fremden hinein gebracht werde. Ein Land ist reicher das Manufacturen hat, als das bloß rohe Land-Gewächse hat und verkaufft, welches wir von den Italiänern und Holländern sehen. Denn in Italien nimmt man die Seide aus Spanien, machet Taffet und andere Seiden-Waare daraus, verhandelt sie wieder nach Spanien, und verdienet damit mehr, als mit den eigenen Land-Gewächsen, Getraid, Öl und Citronen. Die Holländer machen aus der Spanischen Wolle Sargen und das schönste Tuch; und bringen wieder davon viel nach Spanien.  
  Wenn man die Manufacturen ins Aufnehmen bringen will, so hat man dabey auf zwey Stücke zu sehen, als auf die Mittel, durch welche die Manufacturen können befördert werden, und auf die Application derselbigen in Ansehung dieses und jenen Ortes.  
  Was erstlich die Mittel an sich betrifft, durch welche man die Manufacturen in die höhe bringen kan, so sind selbige folgende:  
 
1) muß man um gute Materialien bekümmert seyn, daß, wenn man dieselbigen selber im Lande hat, muß man solche nicht hinausführen lassen und damit dieses unterbleibe, schwere Imposten und Zölle darauf legen, hingegen was man an Materialien von Fremden noch brauchet, ohne Imposten hereinkommen lassen.
 
 
2) Müssen die Handwercks-Leute und Künstler, es koste auch was es wolle, in der Menge verschrieben, und herbey geschafft werden, und damit sie zu uns Lust bekommen, ihnen auf alle Weise fort helffen, den nöthigen Verlag, bis sie sich selbst verlegen können, schaffen, und andere Privilegia widerfahren lassen. Diese müssen nicht nur die Manufacturen anlegen, sondern auch unseren Landes-Kindern lernen, von denen man auch wohl die geschicktesten in fremde Länder schicken könte. Vor allen Dingen sind die geschlossenen Zünffte abzuschaffen, und die wunderlichen und abgeschmackten Gewohnheiten einzustellen, auch Anstalt zu machen, daß die Handwercker nicht in einer so grossen Verachtung leben dürffen.
 
 
3) Hat man ein Manufactur-Collegium anzulegen, und die erfahrensten Meister aus allen Zünfften mit herbey zu ziehen, damit sie den Mangel, woran es fehlet, am besten sagen können, auch dadurch zu einigen Ehren-Stellen gelangen. Ein solches Collegium führt die Aufsicht über die Handwercker, die sich alle bey demselben einschreiben lassen, und die Freyheit, das Handwerck zu treiben, erlangen müssen. Da man denn zu gewissen Zeiten eine Untersuchung, in was vor einem Zustand sich die Manufacturen befänden, anzustellen, und darüber den vornehmsten, der über iedes Handwerck müste gesetzet werden, zu befragen habe. Man hält ein richtig Manufactur-Inventarium, und merckt fleißig an, wie viel Meister iedes Handwercks in dem Lande sind? wie viel Gesellen, Jungen und Handlanger vorhanden? was sie vor einen Aufwand haben? wie viel sie gewinnen?
 
 
4) hat man auf die Waaren selbst zu sehen, daß sie gut abgehen, welcher Abgang die Manufacturen befördert. Es geschicht solches, wenn sie wohlfeil können verkauffet
 
  {Sp. 1137|S. 602}  
 
werden, darzu viel beyträgt, wenn die Victualien in einen leidlichem Preiß stehen, die Handwercks-Leute nicht so sehr mitgenommen werden, auch derselben viel in einem Lande sind. Doch muß auch die Waare ihre Güte haben, wenn sich viele Käuffer finden sollen, dazu Wissenschafft und Ehrlichkeit nöthig ist. Man muß Leute haben, die die Sache verstehen, und was tüchtiges arbeiten können, und damit sie keinen Betrug vornehmen mögen, müssen alle Manufacturen auf die Probe gemacht, und durch ein Zeichen deren Güte angedeutet werden; diejenigen aber, die nichts taugten, könte man auch mit einem verkehrten notiren, daß man sähe, es sey Stimpler- oder Pfuscher-Waare, auch den Handwercker nach Befinden deswegen straffen.
 
 
5) Muß das Post-Wesen in einem Lande, wo Manufacturen floriren sollen, in gutem Stande seyn, indem man auch auswärtige Käuffer haben muß, daß dabey die Commercien getrieben werden.
 
  Diese und dergleichen Mittel lassen sich wohl in der Theorie gut vorschlagen, und anhören, sind aber deswegen nicht an allen Orten practicable, daher man nun auch vors andere auf deren Application zu sehen.  
  Denn es finden sich wohl Fälle, da es rathsamer ist, die Materialien zu verhandeln, als die daraus verfertigte Waaren, woran vornemlich des Landes Beschaffenheit schuld ist. Zuweilen sind gewisse Materien in solcher Menge vorhanden, daß sie nicht alle können verarbeitet werden, bisweilen verlangt man von solchen Arten keine Waaren; man kan auch zuweilen entweder die Leute nicht haben, oder nicht versorgen, welche was tüchtiges arbeiten könten. Man hat daher alles nach den sich ereignenden Umständen vorher wohl zu überlegen, ehe man einen Schluß fasset, daß man die Materialien im Lande selbst will verarbeiten, oder auswärtig verhandeln lassen. Man lese hier
  • Marpergers neu-eröffnetes Manufactur-Haus, welches in dem dritten Theil des eröffneten Ritter-Platzes stehet,
  • ingleichen das Bedencken von Manufacturen in Teutschland durch rechten Grund und würckliche Proben vorgestellet, Jen. 1683
  • und eines Cavaliers Gedancken, wie ein Fürst sich und sein Land könne mächtig machen, Cap. 5. welche sich bey der Klugheit zu leben und zu herrschen, die Rüdiger herausgegeben, befinden.
    Walchs Philosophisches Lexicon.  
  Siehe auch Fabric im IX. Bande p. 35.  
     

HIS-Data 5028-19-1135-14: Zedler: Manufacturen HIS-Data Home
Stand: 11. Januar 2013 © Hans-Walter Pries