Titel: |
Unehe |
Quelle: |
Zedler Universal-Lexicon |
Band: |
49 Sp. 1208 |
Jahr: |
1746 |
Originaltext: |
Digitalisat BSB
Bd.
49 S. 619 |
Vorheriger Artikel: |
UNEGLIA |
Folgender Artikel: |
Unehelich |
Siehe auch: |
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Hinweise: |
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Hauptartikel
- Für die Auflösung der Quellenangaben siehe:
Personen
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Text |
Quellenangaben |
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Unehe, oder Unehelicher Stand, heist der
Stand derer, welche ausser der
Ehe
leben,
Lat.
Caelibatus. Siehe
Caelebs, im V
Bande, p. 69
u.f. |
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Bey einigen aber heist die Unehe auch soviel,
als der Uneheliche Beyschlaff. Siehe diesen
Artickel. |
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Sonst ist hierbey noch zu gedencken, daß man
nicht allein schon lange vor den
Zeiten der
Reformation zu dem honnetten Leben der
Clerisey
den unehelichen Stand gerechnet hat, sondern
auch bis jetzo noch in der Römischen Kirche steiff
und feste darüber gehalten wird. Aber von diesem
wuste man in der erstern Kirche nichts. Ja nicht
allein Petrus, sondern auch die andern Apostel
selbst hatten
Weiber. |
Johann Friedrich Meyer in
Diss. de Petri Conjugio, und Schmidius in Diss. de
Apostolis uxoratis. |
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Denn obgleich Paulus den unehelichen Stand
dem ehelichen vorzog; so war dieses doch nicht ein
Gebot, sondern er
wolte nur zeigen, daß es besser
wäre, wenn einer die Gabe der
Keuschheit hätte, im
ledigen Stande zu bleiben, als zu
heyrathen. |
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Nachdem man aber das Meß-Opffer in der
Christlichen Kirche eingeführet; so suchte man zu
behaupten, daß, weil die Priester doch alle
Tage die
Messe halten, und also vor der fleischlichen
Vermischung sich in Acht nehmen
müsten, auch
ohnmöglich ihnen zu heyrathen
vergönnet seyn
könnte. Doch hatte man deswegen noch kein
Gesetze gemacht. Und obschon auch die Kirchen-Väter, wiewohl aus Unverstand, auf alle Weise vor
den unehelichen Stand eyferten; so würde doch
dieses alles wenig bey der
Geistlichkeit ausgerichtet
haben, wenn die Römischen Bischöffe, die in
grossem Ansehen stunden, sich der
Sache nicht
angenommen, und das Joch des unehelichen
Standes der Geistlichkeit bey der Occidentalischen
Kirche aufgeleget hätten. |
Marcus Anton de Dominis de
Republ. Eccles. ... |
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Jedoch findet man nicht, daß vor dem Pabste
Gregorio VII allen
Geistlichen der
Ehestand wäre
verboten gewesen. Aber dieser brachte die Sache
völ- |
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{Sp. 1209|S. 620} |
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lig in
Stand;
also, daß alle Geistlichen ausser der Ehe zu leben gezwungen waren. Jedoch
zeiget dessen geführtes Leben zur Gnüge, daß er aus Trieb einer allzu grossen
Keuschheit dieses wohl nicht
gethan
hat, sondern es mögen
wohl die Haupt-Ursachen
diese gewesen seyn: |
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1) |
Sahe er wohl, daß dieses die
Kirche auf das äusserste bereichern würde, indem
auf solche Art die Clerisey theils so viel nicht zu
ihrem Unterhalt brauchte, theils auch alles, was sie
ersparten, wiederum der Kirche zufallen
würde; |
2) |
Daß es nicht wenig zur
Erhaltung des Päbstlichen Stuhls würde beytragen,
indem die Clerisey bloß alleine vor dessen
Wachsthum Sorge tragen könnte, da sie sonsten
auf die Erhaltung der Weiber und
Kinder bedacht
seyn, auch grossen
Herren und andern wegen
Unterbringung ihrer Familie flattiren müsten,
welches gar leicht zu grossen
Schaden des
Römischen Stuhls ausschlagen
könnte. |
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Nun ist zwar
gewiß, daß dieses Verbot weder
dem
Rechte der Natur, noch der
H. Schrifft zuwider
ist, indem wir kein Gebot finden, daß alle
Menschen
heyrathen müsten. Und ist kein
Zweifel, daß ein
Fürst nicht auch bey uns die
Macht haben
solte,
gewisse
Ämter in seinem
Lande an niemand, als an
unverheyrathete
Personen, vergeben zu können. So
hat aber darinnen doch das Pabstthum
unrecht, daß
es einen zwinget, nicht nur ausser der Ehe, sondern
auch in dem geistlichen Stande zu verbleiben, wenn
er gleich die Gabe der Keuschheit nicht hat. Welche
nothwendig nach der
Natur derer allermeisten
Menschen zu einem ärgerlichen und deren
Wohlstande zuwider lauffenden Leben hat
Gelegenheit geben müssen. |
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Da hat man derowegen bey der Reformation
die Sache besser eingesehen; so hat man sehr
wohl gethan, daß man bey denen
Protestanten von
dergleichen Gesetzen abgegangen, und denen
Priestern, sich zu verehelichen, erlaubet hat. Ja
Luther hat weißlich gehandelt, daß er mit seinem
eigenen
Exempel darinnen vorgegangen ist. Wir
können also dieses in unsern Kirchen zu denen
Pflichten eines Predigers nicht
zehlen. |
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