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Text |
Quellenangaben |
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Aër,
Frantzösisch
Air, die
Lufft, ist ein
flüßiger, webender, dünner, durchsichtiger Cörper,
welcher die Erd-Kugel umgiebt, und durch seine
eigene Schwere allenthalben ein gleiches Gewicht
hält. |
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Daß die Lufft ein
Cörper sey, ist offenbar, weil
kein anderer Cörper eingehen kan, wo Lufft ist, bis
diese ausgetrieben worden. |
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Daß sie flüßig sey, zeigen die
Würckungen
des
Lichts, des Schalles und des Geruchs, so in
derselben vorgehen. |
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So muß sie auch webend seyn, weil sie in
den lebenden Cörpern den Oden erhält, welcher
nichts anders ist, als eine von der Lungen
Wechselsweise eingezogene, und wieder
ausgelassene Lufft. |
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Sie bestehet aus solchen subtilen
Theilen,
daß sie sich gar leicht durch alle Cörper schleicht,
dieselben annimmt, und sich davon wieder
losmachet. |
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Sie ist auch dünn, weil sie aus Theilen
bestehet, die zwar stramm und spreißig, aber
nicht
gantz dicht an einander liegen, daß nicht
darzwischen noch ein kleiner
Raum übrigbleibe,
wie sie denn sich allezeit von selbst mehr
auszubreiten |
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{Sp. 674} |
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suchet, hingegen durch Gewalt in die Enge
getrieben werden
muß. |
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Aus der Dünne folgt die Durchsichtigkeit, weil
durch die darinne befindliche Klüffte (poros) das
Licht dringen kan. |
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Sie umgiebt den aus
Erd und
Wasser
bestehenden Erden-Ball, so, wie das Wasser die
Erde umgiebet, und erfüllet allen Raum, der von
andern Cörpern verlassen wird. Und dieses
allenthalben in gleicher Schwere, dieweil sie mit
allen ihren Theilen gleich nach dem Mittel-Punct
der Erden dringet, daher auch alles, was
dergestalt auf dem Erd-Boden ruhet, daß dessen
Mittel-Punct der Schwere sich zu dem Mittel-Punct
der Erden richtet, an demselben vest bleibet. |
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Die Wärme, Kälte, Feuchte und Trockne der
Lufft sind nach der heutigen Natur-Kündiger
Sätzen solche
Eigenschafften, die sich nur
zufälliger Weise in derselben befinden, obgleich
die
Alten eine und andere davon als
wesentliche
Stücke der Lufft angesehen. |
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Die Lufft wird zuforderst
unterschieden nach
ihrer Reinigkeit, oder Vermischung. Die reine Lufft
ist, die weit in der Höhe von dem Erdboden
schwebet, Dieselbe wird Aether, die Himmels-
Lufft,
genennet. Die vermischte ist zunächst an
der Erden, mit Dämpffen und Dünsten vermengt,
und Atmosphera, die Wetter-Lufft,
genennet. |
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Daß in allen vermischten Cörpern Lufft
vorhanden sey, bekennen die alten und neuen
Natur-Kündiger, doch nicht auf einerley Weise.
Jene
zehlen die Lufft unter ihre vier
Elemente,
oder Urstuffen, und
wollen, daß sie zugleich mit
den andern das
Wesen der vermischten Cörper
bestelle. Diese gestehen nicht, daß die Lufft an
das schlechte Wesen (simplicitatem) eines
Elements reiche, und halten sie vor die Behältniß
derer von der Himmels-Lufft aufgelöseten,
irdischen und wässerichten Theile, doch geben sie
zu, daß sie in die andern Cörper eindringe, und
derselben Klüffte durchstreiche, in denselben,
wider ihre Eigenschafft, gleichsam gefangen
gehalten werde, und wenn sie durch stärckere
Wärme verdünnet, mehr Raum erfordert, offt mit
Gewalt und Getöse ausbreche, und die ihr
angebohrne Freyheit suche, welches sie mit
mancherley
Erfahrungen an dem Wasser, an den
irdischen, wachsthümlichen und thierischen
Cörpern
beweisen. |
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Die Würckung der Lufft, so sich in allen
Cörpern, welche sie berührt, verspüren lässet, und
wie dieselbe von ihr durchdrungen,
verändert, mit
neuen Eigenschafften angethan, oder ihrer
eigenen beraubet werden, und so ferner, ist durch
unzehlbare
Exempel am
Tage, so, daß die Lufft
wie vor eine allgemeine
Mutter der Erzeugung,
also auch vor eine allgemeine
Ursache der
Zernichtung
mag angegeben werden. Alle diese
Würckungen aber rühren einig her zum Theil von
ihrer Schwere, zum Theil von ihrer Flüßigkeit, zum
Theil von ihrer Spreißigkeit, (elasticitas) das ist,
einer solchen Eigenschafft, nach welcher sie kan
ausgedehnet und zusammengedrückt
werden. |
Chauv. |
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Die Lufft ist ein Theil des Himmels, ein
Schau-Platz der
Welt; das Sieb der Natur, durch
welches die
Kräffte und Einflüsse der andern
Cörper gereutert werden; die mittlere
Natur,
welche alle die andern weit auseinander
zerstreueten Naturen zusammenfasset; der
allersubtilste Dampff, der von dem himmlischen
Feuer zu einem unauslöschlichen Licht
angezündet worden; der Aufenthalt des Lichts und
des Schattens. |
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Sie ist das erste durchscheinende Wesen,
leidet nichts leeres, nimmt alle zufällige
Beschaffenheit leichtlich an, hat aber selbst keine
eigene, ist dem geistlichen Wesen nahe, und wird
daher in der geheimen
Arbeit der
Philosophen der
Geist genannt. Sie ist der schwebende Frie- |
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{Sp. 675|S. 378} |
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dehalter zwischen Feuer und Wasser, beyder
Eigenschafften fähig, und beyden zugethan, weil
ohne Lufft das Feuer nicht brennen kan, und das
Wasser, wenn es von dem Feuer gedränget, sich
in einen Dampf auflöset, von der Lufft
aufgenommen wird. |
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Die unterste Gegend derselben ist einem
Helm an einem Brenn-Kolben zu vergleichen, weil
darinn die Dämpffe aufsteigen, und wenn sie aufs
höchste gekommen, von der Kälte
zusammengedruckt, in Wasser-Tropffen wieder
herniederfallen. Um deßwillen ist diese uns am
nähesten gelegene Lufft unreiner und dicker, als
die höhern. |
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Ihr oberster Theil ist die Gegend, wo die
Wolcken sich zusammenziehen, und Blitz und
Donner erzeuget werden. Soweit reichet nach
gemeiner
Meynung die Atmosphaera, oder
Wetter-Lufft, wie wohl einige neue Observationes
hierunter einen
Zweifel erwecken. |
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Was darüber ist, wohin die wäßrige Natur
wegen ihrer Schwere aufsteigen kan, da fähet an
die mittlere Gegend der Lufft, in welche doch die
schwefelichten Dämpffe, wenn sie sich der
wäßrigen entlediget, sich erheben, aus welchen
mancherley feurige Lufft-Zeichen entstehen. Diese
Gegend ist stille, und von Winden nicht
verunruhiget. |
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Die oberste Gegend der Lufft reicht bis zum
Mond, und ist nicht mit Feuer erfüllet, wie die Alten
vorgegeben, sondern das reinste Theil derselben,
mit keinem Ruß der untern Cörper verunreiniget,
und der heitern Himmels-Lufft am nähesten. |
Brown. |
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In der Bilder-Kunst wird die Lufft
vorgestellet
als ein
Weib mit fliegenden Haaren, auf einer
Wolcken sitzend, zur rechten einen Pfau, auf der
lincken ein Chamaeleon haltend; |
Ripa. |
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Oder wie ein munterer Knabe mit fliegenden
Haaren, und lichtblauer Kleidung, über ihm ein
Regen-Bogen, neben ihm ein Pfau; in der einen
Hand eine Sprütze, in der andern einen Ballon
haltend. Dieses Bild siehet mehr auf die Lufft-Kunst, als auf die Lufft selbst. |
Harsd. |
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Von den
Medicis wird Aër, die Lufft, mit
diesem
Zeichen [grafisches Zeichen],
abgebildet. |
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