Stichworte |
Text |
Quellenangaben |
Billardiren |
Billardiren heist auf dem Bi!lard-Spiel, wenn man die Kugel mit einen Stosse zweymal berühret, und
geschieht gemeiniglich, wenn der Anfang des Stosses zu schwach oder zu
furchtsam ist, der Stoß aber ist
verlohren. |
|
|
|
|
Billard-Spiel |
Billard-Spiel ist das bekannte
Spiel, so auf der Billard-Taffel mit
helffenbeinernen Kugeln
verrichtet wird. |
|
|
Die Taffel, worauf solches geschiehet, hat die Figur eines Rectanguli oblongi und in jeder Ecke,
desgleichen auch in der Mitte derer beyden längsten Seiten des Billards ein Loch, so mit einem
gestrickten Beutel
verwahret wird; daß sich also
überhaupt 6 Löcher an der Taffel befinden. Die Taffel selbst wird mit feinem Tuche auf das glätteste
überzogen, damit die Kugeln in ihrer
Bewegung dadurch nicht so
sehr wegen der Friction und Ungleichheiten gehindert werden. |
|
|
An denen Seiten wird die Taffel mit Wänden von 4 bis 5 Zoll in der Höhe versehen, und gleichfalls
mit Tuch überzogen; die Höhle aber zwischen dem Tuche und der Wand wird mit Haaren oder auch
ebenfals mit Tuche ausgestopffet, damit diese Wände, so man Banden
nennet, gleichsam einen Bauch vor sich
bekommen, welcher sehr
elastisch ist, und daher die
Kugeln, so sie an ihn angetrieben werden, zurück prellet. Es geschiehet daher, wenn man eine Kugel
schieff gegen eine solche Bande antreibet, daß dieselbige unter eben dem Winckel zurück springet,
unter welchen sie gegen die Bande war gestoßen worden; daß also bey dem Billard-Spiel vor erst der
mechanische Lehr-Satz zu mercken, daß der angulus reflexionis auf einem plano elastico, wie die
Bande ist, dem angulo incidentiae gleich sey; auf eben eine solche Art, wie ein
Licht-Strahl von einem platten Spiegel
reflectiret wird. |
|
|
Die Taffel muß auf das genaueste horizontal gerichtet seyn; denn, wenn sie nur auf einer Seiten
etwas weniges abhängig, so lauffen die Kugeln nach derselbi- |
|
|
{Sp. 1843|S. 933} |
|
|
gen
Gegend zu; und saget man alsdenn:
dieses oder jenes Loch ziehet. |
|
|
Auf einer solchen Taffel nun wird das Billard-Spiel mit helffenbeinern Kugeln, so Billen heissen,
angestellet; und werden die Kugeln mit langen Stäben, welche nach Beschaffenheit der Figur, so sie
forne an dem Ende, womit die Kugel gestossen wird, haben, bald Massen, bald Queves genennet
werden, gegen einander angetrieben. |
|
|
Das Spiel geschiehet gemeiniglich von zwey
Personen, davon sich die eine
aussetzet, das ist, seine Bille gegen die eine von denen kleinern Banden stellet; die andere aber treibet
in der Gegend von der andern kleinern Bande seine Bille gegen jene an. Verfehlet dieser und trifft des
andern seine Bille nicht; so
zehlet der andere ein Auge; und dieses
geschiehet von einer jeden Part so offt, so offt die Contrepart fehlet. |
|
|
Der Haupt-Zweck des Spieles ist, des
Contre-Parts Kugel in ein Loch der Taffel zu treiben, oder auch dieselbige in
gewissen Fällen über die Taffel
hinauszusprengen. In beyden Fällen, so man solches praestirt, bekommt man zwey Augen vor dem
Contrepart voraus und hat das
Recht seine Bille auszusetzen.
Trifft man des andern seine Bille nicht, und verläufft sich, das ist, die angestoßene Kugel gehet vor des
Contreparts seiner vorbey und läufft in ein Loch; so zehlet der Contrepart 3 Augen; und so ferner. Dieses
Spiel wird nun solchergestalt von beyden Personen Stoß um Stoß fortgesetzet, biß einer zwölff Augen
zusammen gebracht hat, da er alsdenn die Partie
gewonnen. |
|
|
Es ist noch vielerley in besondern Fällen zu mercken, wie aus denen
Gesetzen, so meistentheils
bey einer Billard-Taffel ausgehenget sind, zu ersehen. Es gehöret eine starcke
Übung darzu, wer eine Fertigkeit in diesem
Spiel erlangen
will; doch kan derjenige
darinnen
glücklicher reussiren, welcher die
Mechanic und hauptsächlich die regulas motus und regulas compositionis et decompositionis motuum
verstehet, Denn, welcher das Spiel
versuchet hat, der wird
erfahren haben, daß man
gar öffters des andern seine Kugel schneiden, das ist, nicht directe, sondern von der Seite anstossen
müsse, wenn selbige in ein verlangtes Loch lauffen
soll. |
|
|
Wer nun die regulas compositionis motus verstehet, der wird den
Ort genau zu
determiniren
wissen, an welchen die
Bille von der andern anzustossen, daß sie in dieses oder jenes Loch lauffet; eben derselbige ist
geschickt zu sagen, ob
es
möglich sey, in vorgegebenen Fällen
eine Bille durchschneiden zu machen. Wer die Gleichheit des anguli incidentiae et reflexionis, wie oben
schon gedacht,
erkannt, und ein gutes
Augen-Maaß hat, demselbigen wird gar leicht seyn, eine Bille par Bricole zu treffen. |
|
|
Geometrice gehet dieses gar leicht an, den Ort an der Bande zu determiniren, an welchen die Bille
anzustossen, wenn sie die andere treffen soll. Denn weil die
Örter beyder Billen auf
der Taffel gegeben sind; so sind auch die Weiten beyder Billen von einer Bande, ingleichen die Weite
beyder Billen von einander, so an der Länge der Bande abgemessen wird, gegeben. |
|
|
Es sey die Weite der einen Bille von der Bande, das ist die Perpendicular-Linie, so von dem Orte
der Bille auf die Bande gerichtet wird, = a, die Weite der andern Bille von eben der Bande = b, die
genommene Weite zwischen beyden Billen = c,und die Länge der noch unbekannten Linie, welche
andeuten soll, wie weit der Punct des Anstossens an der Bande von |
|
|
{Sp. 1844} |
|
|
dem Puncte, wo die aus dem gegeben Orte einer Bille auf die Bande aufgerichtete Perpendicular-
Linie antrifft, entfernet sey = x; so ist aus der Gleichheit derer Triangel, welche die vor beschriebenen
Linien formiren |
|
|
[Grafik] |
|
|
folglich |
|
|
[mathematische Formeln] |
|
|
daß man also durch diese Gleichung den Ort, wo die Bllle par Bricole angestossen werden
muß, finden kan. |
|
|
Eben dergleichen Aequation kan vor ein doublé, triplé etc. das ist, wenn die Bille an zwey oder drey
Banden anstossen und die andere Bille treffen soll, finden. |
|
|
Viel allgemeiner hat dergleichen problema, wie es von dem Manfredio aufgegeben werden,
aufgelöset Zanottus in Commentariis Academ. Bononiensis, |
wovon die Acta Erud. 1732. p. 268. nachzusehen. |
|
Aus allen diesen erkennet man, daß eine gute
Erkäntniß der Mechanic
einem den Weg bahne, kürtzer und mit mehrerer Accuratesse das Billard-Spiel zu erlernen. |
|
|
Es ist dieses sonst ein sehr honettes
Spiel, und wird starck an
Höffen, ingleichen auch in grossen
Städten gespielet. Vermöge des den
7 Aug. 1716 ergangenen
Rescripti Regii soll in
Chur-Sachsen |
|
|
1) niemand diese
Profession treiben, dem es nicht
besonders
vergönnet
worden, |
|
|
2) sollen diejenigen, welche sich in dergleichen
Häusern einfinden, durch
Manns-
Personen bedienet werden, |
|
|
3) sind alle übrige
Glücksspiele ausser dem Billard
verboten, |
|
|
4) darff niemand in diesen Häusern im
Sommer über 10 und im
Winter über 9 Uhr bey Vermeidung 20
Thlr.
Straffe geduldet
werden, |
|
|
5) soll man die
Kauffmanns-Diener nicht
spielen lassen, |
|
|
6) soll die Summe, darum gespielet wird, nach eines jeden
Stande eingerichtet
werden, |
|
|
7) soll sich niemand an denen Sonn- und Fest-Tagen
Zeit währenden Gottesdienstes in
diesen Häusern finden lassen. |
|
|
Kömmet der Wirth diesem allen nicht nach, so ist derselbe das erste mal um 10 Thlr. das andremal
um 20 Thlr. das drittemal mit
Verlust seiner
Profession zu bestraffen. |
|