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Reichthum,
Lateinisch Divitiae,
Opes, ist ein solcher Vorrath von zeitlichen
Gütern, daß man mehr hat, als man brauchet. |
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Man braucht
Vermögen zu seiner
Nothdurfft,
Bequemlichkeit und zum
Wohlstande, so wohl auf die
gegenwärtige, als
künfftige Zeit. Wer nun mehr hat,
als er
wahrscheinlich braucht, der ist
reich, folglich bestehet der Reichthum in
einem Uberflusse. Der Uberfluß, wenn er zu nichts angewendet wird, ist
vergeblich; mithin ist der Reichthum in solchem Fall was unnützes. Wer sich um
etwas unnützes bemühet, begehet eine Thorheit, und daher sind
Geitzige Thoren
und Narren. |
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Geld-Kunst |
Es giebt in der
Welt dreyerley Leute, denen der Reichthum nütze ist, und das
sind der König, der
Kauffmann und der Wohltäter. Dieses solte eigentlich in
einem besondern
Artickel: Geld-Kunst, weitläufftiger seyn
ausgeführet worden; weil aber dieser Artickel hieher verwiesen worden ist; so
müssen wir zuförderst diese
Materie hier nachhohlen, ehe wir von dem Reichthum
weiter
reden. |
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Arten |
Durch die Geld-Kunst aber
verstehen wir überhaupt die
Geschicklichkeit, sich in Ansehung des
Gelds
vernünfftig aufzuführen, und
theilen sie in eine
Moralische in engerm
Verstand, und in eine
Politische. |
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moralische |
Jene sucht das
Gemüth vor die unvernünfftigen Neigungen, welche bey
Gelegenheit des Gelds zum
Schaden der
Menschen zu entstehen pflegen, zu
verwahren, in Ansehung daß sich hier zwey gefährliche Abwege, die Verschwendung
und der Geld-Geitz zeigen. |
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Bey jenem thut man der
Sache zu wenig, wenn man das erworbene vor der
Zeit
liederlich durchbringt, und wie man dasjenige, so man gegenwärtig hat, nicht
erhält, sich auch also, etwas zu erwerben, nicht bekümmert, wodurch man nicht
nur wider die
Regeln der Gerechtigkeit; sondern auch
Klugheit handelt. |
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Bey dem Geitz thut man der Sache zu viel, wenn man das
Geld als einen
Endzweck ansiehet, da es doch nur ein Mittel seyn soll, und einen solchen
Uberfluß zusammen zu bringen suchet, den man zwar nach der Möglichkeit, nicht
aber nach der Wahrscheinlichkeit brauchen könnte. Es hat der Herr
Rüdiger in der Anweisung der Zufriedenheit der menschlichen
Seele ...
einen sehr artigen Discurs von dieser
Materie. Er machte einen Unterscheid unter
viel Geld haben und reich seyn, indem das
letztere einen Uberfluß bedeute, und derjenige
reich genennet werde, der mehr
besitze, als er wahrscheinlich zu seiner und der Seinigen vernünfftigen
Zufriedenheit bedürffe, welches wider die
Göttliche Absicht. |
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ohne Bedenken reiche Menschen |
Unter denjenigen
Dingen, welche den Reichthum ausmachten, wäre das
vornehmste das
Geld, und da machte ebenfalls der Uberfluß, der keinen
Nutzen
habe, den Reichthum und nicht die Summe, darum könnte man Tonnen Goldes und
Millionen mit gutem Gewissen besitzen, wenn man dadurch nicht
reich werde. Es
wären drey
Arten der
Menschen, die ohne Bedencken Geld oder
Vermögen haben
könnten, so viel ihnen zu erhalten möglich, |
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König |
Denn der
König sey niemahls, der Kauffmann und Wohlthäter selten
reich.
Nemlich ein König sey nicht ehe vor reich zu schätzen, bis er von allem
Vermögen, das auf
Erden sey, ein
ansehnliches über die Hälffte habe. Denn wenn
er nur so viel hätte, so könnte ihn die andere Hälfte der Könige bekriegen, wäre
auch wahrscheinlich, daß sie es thun würden, und er hingegen sey nicht sicher,
sie zu überwinden, es habe aber niemahls ein König die Hälffte der Erde
besessen. Weil nun alles, was ein König haben könnte, zum
Nutzen des
gemeinen Wesens dienlich sey, so dürfte kein König oder einige
hohe Obrigkeit sich ein
Gewissen machen, Geld beyzulegen, so viel dessen zu haben sey, jedoch müste er
sich bey dem Gebrauch als ein Statthalter
Gottes aufführen. |
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Kaufmann |
Setze man zum voraus, daß die
Kauffmannschafft einem
Lande nützlich sey, so
könne der
Kauffmann, je mehr er
Geld habe, je mehr die Handlung der
Stadt,
worinnen er lebe, befördern, und wo er dieses thäte, so habe das Geld, welches
er besitze, ob es auch schon sehr groß, seinen
öffentlichen Nutzen, folglich
mache es keinen Uberfluß, und sey daher, so lang er handle, nicht
reich. |
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Wohltäter |
Weil ein Wohlthäter allezeit bereit sey, andern Leuten, so es
verdienen, von
denen, was er vor sich und die Seinigen nicht gebraucht, beyzustehen, so habe
sein
Vermögen einen
Gott wohlgefälligen
Nutzen, und also sey er nicht leicht
reich, wenn er auch gleich eine ziemliche Summe besitzen solte. Denn wäre gleich
vor ihn, die Seinigen und alle
würdige
Arme, so er kenne, voritzo zu viel
Vermögen da, so könne er doch nicht wissen, wie viel Nothdürfftige sich zu
andern Zeiten finden möchten. |
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weitere |
Hierauf weiset er ferner |
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1) |
daß einige andere sehr viel
Geld haben mögen,
ohne daß sie sündigen, doch nicht allezeit so viel, als sie haben
könnten, nemlich diejenigen, die zu ihrem hohen
Stande viel brauchen, um
das Ansehen desselben zu behaupten, und der
Welt dadurch zu dienen, wie
hohe Ministri. Denn daß man nach Unterscheid des Standes mehr aufgehen
lassen müsse, weil es ein Mittel sey, sich vor der Verachtung der
Unwissenden zu bewahren, bey welcher man ihnen nicht dienen könne, sey
nicht unter die Eitelkeit zu zählen, und darum mögen auch andere,
jedweder nach seinem Stande, wenn er mit demselben der Welt dienen
könne, so viel haben, als sie brauchen, indem so lange das
Vermögen
seinen
vernünfftigen
Nutzen habe, es kein Reichthum sey: |
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2) |
daß einige auch
reich seyn mögen, jedoch nur auf
eine
gewisse Zeit, und dahin gehörten alle
unverheyrathete, so lange sie
Lust zu
heyrathen hätten, weil sie nicht wissen könnten, wie starck die
Familie werden möchte; auch die
Verheyratheten, die noch im
Stand sind
der
Welt zu dienen, als in dem vorigen. Auf solche Weise könne man, bey
einerley Summe reich und nicht reich seyn. |
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