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Zedler: Reichthum [1] HIS-Data
5028-31-198-2-01
Titel: Reichthum [1]
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 31 Sp. 198
Jahr: 1742
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 31 S. 112
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Übersicht
Geld-Kunst
  Arten
 
  moralische
 
  ohne Bedenken reiche Menschen

Stichworte Text  
  Reichthum, Lateinisch Divitiae, Opes, ist ein solcher Vorrath von zeitlichen Gütern, daß man mehr hat, als man brauchet.  
  Man braucht Vermögen zu seiner Nothdurfft, Bequemlichkeit und zum Wohlstande, so wohl auf die gegenwärtige, als künfftige Zeit. Wer nun mehr hat, als er wahrscheinlich braucht, der ist reich, folglich bestehet der Reichthum in einem Uberflusse. Der Uberfluß, wenn er zu nichts angewendet wird, ist vergeblich; mithin ist der Reichthum in solchem Fall was unnützes. Wer sich um etwas unnützes bemühet, begehet eine Thorheit, und daher sind Geitzige Thoren und Narren.  
Geld-Kunst Es giebt in der Welt dreyerley Leute, denen der Reichthum nütze ist, und das sind der König, der Kauffmann und der Wohltäter. Dieses solte eigentlich in einem besondern Artickel: Geld-Kunst, weitläufftiger seyn ausgeführet worden; weil aber dieser Artickel hieher verwiesen worden ist; so müssen wir zuförderst diese Materie hier nachhohlen, ehe wir von dem Reichthum weiter reden.  
Arten Durch die Geld-Kunst aber verstehen wir überhaupt die Geschicklichkeit, sich in Ansehung des Gelds vernünfftig aufzuführen, und theilen sie in eine Moralische in engerm Verstand, und in eine Politische.  
moralische Jene sucht das Gemüth vor die unvernünfftigen Neigungen, welche bey Gelegenheit des Gelds zum Schaden der Menschen zu entstehen pflegen, zu verwahren, in Ansehung daß sich hier zwey gefährliche Abwege, die Verschwendung und der Geld-Geitz zeigen.  
  Bey jenem thut man der Sache zu wenig, wenn man das erworbene vor der Zeit liederlich durchbringt, und wie man dasjenige, so man gegenwärtig hat, nicht erhält, sich auch also, etwas zu erwerben, nicht bekümmert, wodurch man nicht nur wider die Regeln der Gerechtigkeit; sondern auch Klugheit handelt.  
  Bey dem Geitz thut man der Sache zu viel, wenn man das Geld als einen Endzweck ansiehet, da es doch nur ein Mittel seyn soll, und einen solchen Uberfluß zusammen zu bringen suchet, den man zwar nach der Möglichkeit, nicht aber nach der Wahrscheinlichkeit brauchen könnte. Es hat der Herr Rüdiger in der Anweisung der Zufriedenheit der menschlichen Seele ... einen sehr artigen Discurs von dieser Materie. Er machte einen Unterscheid unter viel Geld haben und reich seyn, indem das letztere einen Uberfluß bedeute, und derjenige reich genennet werde, der mehr besitze, als er wahrscheinlich zu seiner und der Seinigen vernünfftigen Zufriedenheit bedürffe, welches wider die Göttliche Absicht.  
ohne Bedenken reiche Menschen Unter denjenigen Dingen, welche den Reichthum ausmachten, wäre das vornehmste das Geld, und da machte ebenfalls der Uberfluß, der keinen Nutzen habe, den Reichthum und nicht die Summe, darum könnte man Tonnen Goldes und Millionen mit gutem Gewissen besitzen, wenn man dadurch nicht reich werde. Es wären drey Arten der Menschen, die ohne Bedencken Geld oder Vermögen haben könnten, so viel ihnen zu erhalten möglich,  
   
König Denn der König sey niemahls, der Kauffmann und Wohlthäter selten reich. Nemlich ein König sey nicht ehe vor reich zu schätzen, bis er von allem Vermögen, das auf Erden sey, ein ansehnliches über die Hälffte habe. Denn wenn er nur so viel hätte, so könnte ihn die andere Hälfte der Könige bekriegen, wäre auch wahrscheinlich, daß sie es thun würden, und er hingegen sey nicht sicher, sie zu überwinden, es habe aber niemahls ein König die Hälffte der Erde besessen. Weil nun alles, was ein König haben könnte, zum Nutzen des gemeinen Wesens dienlich sey, so dürfte kein König oder einige hohe Obrigkeit sich ein Gewissen machen, Geld beyzulegen, so viel dessen zu haben sey, jedoch müste er sich bey dem Gebrauch als ein Statthalter Gottes aufführen.  
Kaufmann Setze man zum voraus, daß die Kauffmannschafft einem Lande nützlich sey, so könne der Kauffmann, je mehr er Geld habe, je mehr die Handlung der Stadt, worinnen er lebe, befördern, und wo er dieses thäte, so habe das Geld, welches er besitze, ob es auch schon sehr groß, seinen öffentlichen Nutzen, folglich mache es keinen Uberfluß, und sey daher, so lang er handle, nicht reich.  
Wohltäter Weil ein Wohlthäter allezeit bereit sey, andern Leuten, so es verdienen, von denen, was er vor sich und die Seinigen nicht gebraucht, beyzustehen, so habe sein Vermögen einen Gott wohlgefälligen Nutzen, und also sey er nicht leicht reich, wenn er auch gleich eine ziemliche Summe besitzen solte. Denn wäre gleich vor ihn, die Seinigen und alle würdige Arme, so er kenne, voritzo zu viel Vermögen da, so könne er doch nicht wissen, wie viel Nothdürfftige sich zu andern Zeiten finden möchten.  
weitere Hierauf weiset er ferner  
 
1) daß einige andere sehr viel Geld haben mögen, ohne daß sie sündigen, doch nicht allezeit so viel, als sie haben könnten, nemlich diejenigen, die zu ihrem hohen Stande viel brauchen, um das Ansehen desselben zu behaupten, und der Welt dadurch zu dienen, wie hohe Ministri. Denn daß man nach Unterscheid des Standes mehr aufgehen lassen müsse, weil es ein Mittel sey, sich vor der Verachtung der Unwissenden zu bewahren, bey welcher man ihnen nicht dienen könne, sey nicht unter die Eitelkeit zu zählen, und darum mögen auch andere, jedweder nach seinem Stande, wenn er mit demselben der Welt dienen könne, so viel haben, als sie brauchen, indem so lange das Vermögen seinen vernünfftigen Nutzen habe, es kein Reichthum sey:
 
 
2) daß einige auch reich seyn mögen, jedoch nur auf eine gewisse Zeit, und dahin gehörten alle unverheyrathete, so lange sie Lust zu heyrathen hätten, weil sie nicht wissen könnten, wie starck die Familie werden möchte; auch die Verheyratheten, die noch im Stand sind der Welt zu dienen, als in dem vorigen. Auf solche Weise könne man, bey einerley Summe reich und nicht reich seyn.
 
     

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Stand: 25. März 2013 © Hans-Walter Pries