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Zedler: Teutsche [1] HIS-Data
5028-42-1680-3-01
Titel: Teutsche [1]
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 42 Sp. 1680
Jahr: 1744
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 42 S. 853
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Hinweise:
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Stichworte Text Quellenangaben
  Teutsche, Lat. Alemanni, Teutones, ein grosses, und so wohl seines Alterthums, als seiner besondern Tapfferkeit wegen ein berühmtes Volck, welches viel andere Völcker unter sich begreifft.  
  Ehe wir von ihren Gewohnheiten und Lebens-Art reden können, so wird es nöthig seyn, von ihrem Ursprunge, ihren verschiedenen Namen, und den Ursachen dieser Benennung, desgleichen auch von den verschiedenen Gattungen derselben, etwas im Voraus zu erinnern. Anlangend erstlich den  
  Ursprung der Teutschen  
  so lehret uns, daß der allerältesten Völcker ihr Ursprung uns gantz unbekannt, in so weit die Beschaffenheit der Sache selbst, indem man in den damahligen Zeiten wenig aufzeichnete, daher auch alles, was man von diesen Dingen weiß, zweiffelhafft und ungewiß ist.  
  Zu den ältesten Zeiten glaubte man, daß die Menschen nicht anders, als wie die Schwämme aus der Erden gewachsen. Nachdem aber die Völcker sich äusserst angelegen seyn lassen, ihren Vorzug eines vor dem andern zu behaupten, so sind einige gewesen, welche, um sich ein desto grösseres Ansehen zu machen, nicht selten einen Gott zum Stamm-Vater eines Volcks gemacht, welches aber eben so viel hieß, als daß man nicht eigentlich wüste, wo des Volcks sein rechter Ursprung herzuleiten sey. Diodor. Sicul. lib. 1. p. 7. conf. Strauch Diss. in Taciti de Moribus Germ. Cap. prior. IV. diss. 1. §. 1. 2.
  Also gaben die Römer vor, ob hätten sie ihre Ankunfft der Venus, die Egyptier der Isis, die Thüringer dem Thor, oder dem Jupiter, die Gothen dem Godan, oder den Mercurius, zu dancken. Dergleichen falsche Ableitungen aber Bodinus Meth. Hist. Cap. 9. pag. 345. billig verlachet.  
  Eben dergleichen erzehlet auch Tacitus de Mor. Germ. Cap. 2. von denen Teutschen, daß sie nemlich in ihren alten Reim-Gesängen des Tuisto erwehnten, der ein von der Erde gezeugter Gott, und ein Sohn des Mannus wäre, von welchem das Volck seinen Ursprung empfangen, dem Mannus aber legten sie drey Söhne zu. Allhier hält man insgemein dafür, der Tuisto sey der Mercurius, den die Celten Theut nannten, worunter Kriegsmann de Germ. Gent. orig. c. 8. und Bochart Chanaa I. cap. 23. p. 505. niemanden anders als den Chanaan, einen Sohn des Chams verstanden haben wollen. Cluver. Germ. Antiqu. l. 1. cap. 9. pag. 81.
  Weil aber nirgends gemeldet wird, daß der Mercurius von der Erden gezeuget worden wäre, oder er einen Sohn gehabt, der Mannus  
  {Sp. 1681|S. 854}  
  geheissen, so kan man ihm auch nicht beypflichten. Es fehlet auch nicht an denen, die durch den Berosus verleitet, vorgeben, es sey der Tuisto ein Riese und erster König der Teutschen gewesen, der gleich nach der Sündfluth, und als die Menschen von dem Thurm-Bau zu Babel zerstreuet worden, aus Armenien nach Europa zu, und über die Don gegangen seyn, allwo er sowohl der Sarmaten, als auch der Teutschen Stamm-Vater geworden. Nachdem er nun diese Erd-Gegenden durchzogen, habe er selbige in gewisse Reiche, Herrschafften und Fürstenthümer eingetheilet, allenthalben Einwohner eingesetzet, mithin diese Länder mit Menschen versehen. Jedoch, daß dieses eitele, der Schrifft und gesunden Vernunfft zuwider lauffende Träume sind, kan ein ieder leicht finden, vornehmlich da sattsam bekannt ist, daß des Berosus Vorgeben auf lauterm Ungrunde beruhe.  
  Gundling hält nach dem Ausspruch des Callimachus davor, daß bey den alten Völckern alle Riesen Titanes genennet worden, Söhne der Erden, oder, welches einerley ist, Tuistones. Die Celten aber hätten vor terra ditem und vor terra editum, Tuistonem gebraucht.  
  Es dürffte demnach der Wahrheit nicht entgegen lauffen, wenn diese Dinge verworffen, und hingegen dafür gehalten wird, daß durch den Tuiston der Adam zu verstehen, der allerdings aus der Erden seinen Ursprung her hatte, unter dem Mannus aber der Noah verborgen liege, dessen drey Söhne bekannt, sintemahl es an dem ist, daß der allererste Anfang der Welt denen Heyden zwar bekannt gewesen, nur daß sie dessen unter veränderten Nahmen erwehnet.
  • Gundlingiana §. 8. p. 202.
  • Vergestanus de primis Germ. Colon.
  • Aventinus Ann. Boiic. l. 1 cap. 5.
  • Bucelinus Geneal. Germ. Not. pag. 6.
  • Sheringam de Anglor. Gent. Orig. c. 5.
  • Cluver p. 83.
  • Joh. Fabricius de Cacozelia Gentilium.
  • Dickinson Delph. Phoenicizantibus.
  Da also dieses seine Richtigkeit hat, so wollen wir uns vielmehr zu dem eigentlichen Ursprunge der Teutschen wenden. Es wird durchgehends dafür gehalten, daß zwar die Teutschen ihre Ankunfft von dem Japhet her haben.
  • Josephus Antiqu. Judaic. l. 1. cap. 7.
  • Arias Montanus in Phaleg.
  • Bochart in Phaleg. l. 3.
  • Had. Junius in Batavia Cap. 21.
  Doch bleibet noch ein ziemlicher Zweifel zurück, welchem von dessen Sühne in man zum eigentlichen Stamm-Vater machen müsse. Cluver G.A.I.A. Cap. 4. führet die Teutschen von den Askenas, einem Enckel des Japhets, her. Siehe auch Bucelin. Geneal. Germ. Not. p. 6.
  Deswegen sie auch von den Jüden Askenakim, das ist, Nachkömmlinge des Askenas, genennet werden, wie also Cluver die Stelle des Josephus Antiqu. Jud. 1. cap. 7. erkläret; dem gleichwohl Jeremias 51. v. 27. entgegen zu stehen scheinet, welcher des Askenas Reich nicht weit von Babel setzet. Siehe auch Sheringam l.c. cap. 16. p. 406. dem entgegen ist
  • Voßius de Orig. Idol. 1. cap. 3.5.
  • M. Preherus Not. ad Pet. de Andlo in praef.
  • Rupertus ad Synops. Besold. Cap. 1. p 12.
  • Werlhof Not. Imp. enecl. l. 1. cap. 2. §. 9.
  Andere leiten die Teutschen von dem Thogarma, dem andern Enckel des Japhets ab 1. Buch Mos. X, 3.
  zu dessen Beweiß sie nicht nur die Gleichheit des Nahmens  
  {Sp. 1682}  
  beybringen, sondern auch, weil der Chaldäische Paraphrastes über den Ezechiel XXXVIII. 6. Thogarma von Teutschland erkläre.  
  Jedoch beyder Beweise ruhen auf einem sehr schwachen Grunde, vornehmlich weil der Nahme Germanien ein zu des Tacitus Zeiten gantz neuer Nahme war.  
  Die alten Jüdischen Lehrer geben vor, es wären die Teutschen von denen geflüchteten Chananitern entsprossen. Abneza beym Bochart in Chanaam 1. cap. 23. p. 505.
  Welchen auch Lazius Chron Vienn. 1. cap. 1. beypflichtet, der solches aus einigen alten, ohnfern Wien ausgegrabenen Hebräischen Urkunden zu beweisen, sich bemühet, womit zugleich Sheringam Cap. 4. übereinstimmet, ohngeachtet es dieser nur von einigen Colonien verstanden haben will, deren zugleich auch einige seiner Muthmassung nach, aus Africa und Egypten könnten seyn geführet worden. Doch Bochartus siehet dieses billig vor Rabbinische Träume an, der aber dafür halten will, ob habe der Egyptier ihr Hercules von dar einige Colonien nach Teutschland gebracht, womit Nicolaus Gürtler übereinstimmet, Hist. Univ. 1. cap. 3. §. 8. und zum Beweiß dieses anführet,  
 
  • daß der Teutschen ihr Tuisto kein anderer, als der Egyptier ihr Theut sey:
 
 
  • Hiernechst, daß die Deutschen selber des Hercules gedächten, den sie als einen insonderheit tapffern Held denen ins Treffen gehenden vorgestellet:
Tacitus de M.G. Cap. 2
 
  • dann, daß die Schwaben dem Isis Opffer gebracht,
Tacitus c. 9.
 
  • und endlich, daß die Deutschen von denen Egyptiern das Bierbrauen aus Gerste und anderm Getrayde gelernt gehabt.
 
  Andere wollen behaupten, es wären die ersten Einwohner Deutschlandes durch Sarmatien in Schweden gekommen, welches sie aus Übereinstimmung der Sprachen zu beweisen suchen.
  • Grotius Proleg. in Hist. Goth. p. 22.
  • Scheffer Upsalia Antiq. Cap. 6. p. 62.
  • Sheringam §. 15.
  Ob man aber wohl nicht in Abrede seyn will, daß die Gothen, nebst denen alten Inwohnern Schwedens einerley Gottheiten und Gebräuche mit denen Teutschen gehabt; so beweiset doch Conring de Antiquissimo Statu Helmstad. p. 54. ff. vielmehr das Gegentheil, daß nehmlich die Gothen entweder aus Noth, oder mit Gewalt aus Teutschland nach Mitternacht zu weichen wären gezwungen worden. Ja wir wollen auch gestehen, daß weder die Teutschen von denen Gothen, noch diese von denen Teutschen entsprungen, wohl aber, daß beyde, obschon durch verschiedene Wanderungen, eines gemeinschafftlichen Ursprungs seyn.  
  Es haben sich auch unter denen älteren Geschichtschreibern einige gefunden, die dem Hunibaldus gefolget, mithin die Teutschen von denen Francken abgeleitet, diesen aber ihren Ursprung aus dem Trojanischen Pferde gegeben, welche erstliche die Alaner an dem Mäotischen Sumpffe vertrieben, sich daselbst niedergelassen, nachdem sie aber von dem Kayser Valentinian wären überwunden und verjagt worden, hätten sie sich in Teutschland niedergelassen. Pontanus Orig. Francic. 2. cap. 5. und aus demselben, Kirchmayer in Tacit. Cap. 2. p. 27.
  Unter den alten hegen diese Meynung Conrad Urspergensis, und Ado Viennensis;  
  {Sp. 1683|S. 855}  
  unter dem neuern Franc de Rosieres Stemmat. Lothar. Praef.  
  Allein wie wenig Glauben dem Hunibaldus beyzumessen hat Burcard Gotth. Struv in Diss. de Doct. Impost. §. 6. gewiesen, dahero allen denjenigen, die selbigem folgen, gar wenig zu trauen ist. Dem Hunibaldus widerspricht zwar Johann Bodinus Meth. Hist. cap. 9. p. 363. 369. als welcher denen Teutschen sonst nicht gar zu günstig; er fällt aber auf einen andern Irrthum, wenn die Celten, wodurch er seine Gallier verstehet, wegen Volck-Menge, gantz Europa mit Einwohnern erfüllet haben sollen. Jedoch daß dieser Mann mehr seinen Einfällen, als der Wahrheit der Sachen nachgegangen sey, weiset Cluver Germ. Antiq. 1. cap. 3. welches auch Hertius Not. Vet. Germ. Pop. cap. 1. §. 1. da denn Cluver zugleich dessen vermeynte Gründe zur Genüge widerleget, absonderlich aber, da er behauptet, daß unter dem alten Wort Celten alles dasjenige begriffen gewesen, was man Illyricum, Hispanien, Gallien, Teutschland, Engelland, Schottland und Irrland zu nennen pflege.
  • Cluver l. 1. c. 2.
  • Picardus de Prise Celtopaedia l. 3. p. 92 ff.
  Tacitus nennet die Teutschen Indigenas, das ist, im Lande gebohren, die also durch andre Völcker nicht wären vermischt worden, und giebet desfalls diese Ursache an, weil diejenigen, welche ehemahls ihre Sitze hätten ändern wollen, nicht zu Lande, sondern zu Wasser nach Teutschland gekommen wären, wie denn das jenseit dem Ocean gelegene Land, selten von unsern Welt-Gegenden zu Schiffe besuchet würde. Allein wie der Bodinus de M.G. Cap. 2. bereits angemercket hat, so war dieses bey den alten Völckern vormahls also der Brauch, wenn sie ihren Ursprung nicht wusten, oder aber andern Völckern aus Haß nicht eröffneten, daß sie sich aus der Erde entsprossen nannten, das ist autochthonas et gēgeneis, welcher Gewohnheit die Teutschen auch nachgefolget. Man hält aber nicht dafür, daß des Tacitus sein Vorgeben viel Grund habe. Hertius Not. Vet. Germ. Pop. c. 1. §. 2.
  Denn in der alten Welt wuste man nicht viel von Schif-Flotten, und die verschiedenen zu Lande angestellten Wanderungen, besonders derer Jüden, besagen ganz und gar das Widerspiel.
  • Versteganus de Prim. Germ. Colon.
  • Rhenanus Rer. Germ. 1. et 2.
  • Werlhof 1. c. 2. §. 15.
  • Vorburg T. 1. p. 41.
  Ob nun wohl die meisten, vornehmlich Johann Strauch in Tacit. Cap. 4. priora Diss. 1. dem Tacitus Beyfall geben, so zeigen doch ältere Beweise, daß auch zu denen Teutschen andere Völcker gekommen. Ja, der Tacitus widerspricht sich selbst cap. 43. wenn er die Marsigner, Burier, Gothiner, Osier wegen Ungleichheit der Sprachen, anderer Ankunfft zu sein, vorgiebet. Denn von denen Aestiern saget er, cap. 45. ihre Kleidung und Sitten kommen mit der Schwaben ihrer überein, die Sprache aber mit der Britannischen. Cäsar VI. cap. 24. stehet in den Gedancken, die Volscer und Tectosager hätten aus Gallien ihre Colonien über den Rhein gesendet.  
  Am sichersten fällt man denenjenigen bei, welche die Teutschen aus Asien durch Scythien in diese Länder führen, daß sie also von de-  
  {Sp. 1684}  
  nen Scythen ihre Ankunfft haben.
  • Schedius de Diis Germ. Cap. 1. p. 4.
  • Kirchmayer in Tacit. Germ. p. 13.
  • Carions Chronicke l. 4. p. 625.
  Die Gründe dieser Meynung sind, daß auch die Griechen Teutschland Scythien genennet.
  • Strabo l. 7. ...
  • Plutarch in Vita Marii p. 411.
  • Aventinus l. 1. cap. 5.
  Wewegen denn, wie Grotius Proleg. ad Script. Goth. p. 81. angemercket hat, noch viele Scythische Wörter in unserer Sprache, ja, das Wort Scyth selber, welches einen Schützen bedeutet, mit dem Teutschen überein kommet. Hiernechst treffen die rauhen und ungeschlachten Sitten der alten Teutschen mit der Scythen ihren überein. Und endlich fand sich vormals unter denen Persianern ein Volck, welches Germani genennet ward. Herodotus l. 1. p. 60.
     

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Stand: 17. Februar 2013 © Hans-Walter Pries