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Zedler: Teutsche [2] HIS-Data
5028-42-1680-3-02
Titel: Teutsche [2]
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 42 Sp. 1684
Jahr: 1744
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 42 S. 855
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Hinweise:
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Stichworte Text Quellenangaben und Anmerkungen
  Nahmen.  
  Es hatten aber die Teutschen unterschiedene Nahmen, indem sie bald Germani, bald Alemannier bald Teutoner genennet wurden. Teutschland an sich selber war vormahls in vielerley Völcker abgetheilet, von denen wir bald mehrers handeln werden. Alle diese Völcker aber, (etliche wenige ausgenommen)[1], waren von einander, nicht zwar der Sprache und denen Sitten, sondern bloß den Nahmen, denen Gräntzen und der Regierungs-Art nach unterschieden, daher sie auch mit keinen allgemeinen Nahmen benennet worden.
  • Tacitus de Mor. Germ. Cap. 2.
  • Procopius l. 4. p. 467.
[1] HIS-Data: schließende Klammer ergänzt
  Jedoch haben sie bereits vor des Julius Cäsars Zeiten selbigen gehabt.
  • Fasti Capitol. ad an. 531.
  • Freinsheimius in Supplem. Lin. l. 20. cap. 55.
  Woher aber solcher entstanden, darüber finden sich verschiedene Meynungen.
  • Hadr. Junius Bat. V. cap. 21.
  • Berneger in Tacit. Germ. 9. 7.
  • Rhenanus l. 1. Sect. 2.
  • Waldenfels Sel. Antiq. l. 7. c. 14.
  • Vorburg Hist Germ. T. 1.
  • Pontanus Orig. Franc. l. 2. cap. 1.
  • Bruckner in Prog. Inaug. an Just. Imp. recte usurpaverit Titulos Germanici et Alemannici Jen. 1709.
Germanen Kriegsmann leitet in Conject. de Germ. Gent. Orig. cap. 29. Das Wort Germanus von dem Hebräischen [ein Wort in hebräischer Schrift], welches so viel heißt, als peregrinus, ein Fremder; Mannos aber soll so viel seyn, als sämtliche Teutsche. Diesemnach solten Germani soviel heissen, als Leute, die von ihrem ersten Sitz anders wohin gezogen.  
  Er fährt fort und spricht, diese Abstammung komme mit des Tacitus Worten sehr wohl überein, wenn er sagt, diejenigen Völcker, die aus Teutschland mit Gewalt in Gallien eingedrungen, während bald Tungrer, bald Germanier genennet worden. Hierzu komme noch, daß Tacitus bezeuge, es sey das Wort Germanus wegen Furcht vor selbigen entstanden, indem das Stamm-Wort [ein Wort in hebräischer Schrift] so wohl wandern, als auch fürchten bedeute.  
  Man findet aber gantz keine Ursach, warum die Teutschen oder Germani ihren Namen von dem Ebräischen empfangen haben solten, angesehen Tacitus bezeuget, daß selbiger eine neue, und ihnen nur neulich aufgelegte Benennung sey, daher sie sich schwerlich von den ersten Zeiten ihrer  
  {Sp. 1685|S. 856}  
  Wanderung herschreiben kan. Und um deswillen findet auch das Vorgeben dererjenigen keine Statt, die Germanus aus dem Hebräischen Germani, welches arme Fremdlinge bedeutet, herleiten. Bernegger l.c.
  Das Chron. Carion. stimmt mit sich selber nicht überein. Siehe l. 1. p. 140. und l. 2. p. 127. auch l. 4. p. 6. 9.
  Oder weil Hadrianus Junius in Batavia c. 21. p. 355. den Thogarina zum Uranherrn macht, welchen Pontanus Orig. Franc. l. 2. cap. 1. billig widerleget.  
  Noch weniger darff man denen glauben, die von denen Carmaniern, einem Asiatischen Volcke, die Teutschen und das Wort Germanus herleiten, oder wie die Glossatores Juris träumen, daß er von Gigno und immania, oder von gerendo und immania herkomme.  
  Man kan auch dem P. Diaconus de Gest. Longobard. l. 1. cap. 1. und dem Aeneas Sylvius in Germ. cap. 2. keinen Beyfall geben, die es von germinando herführen; auch nicht dem Goropius Becanus, dem es von Geren, das ist, Soldaten werben, entstanden seyn soll.  
  Am wenigstem dem Erasmus von Roterdam, der behaupten wollen, Germann wäre eben so viel, als das Lateinische Wort Germanus, ein leiblicher Bruder, weil nehmlich die alten Teutschen nicht nur wie Brüder mit einander umgegangen wären, sondern auch, wie ietzo noch geschiehet, einander öffters Brüder geheissen hätten.  
  Vorburg Hist. Germ. T. 1. p. 41. meynet, Germanus wäre eben so viel, als Garmeinos, weil sie sich durch ihre Waffen alles zu eigen machten, sey also aus den Wörtern Gar und Min zusammen gesetzt.  
  Am allerwahrscheinlichsten könnte deren ihre Meynung seyn, die dieses Wort von dem alten Gallischen Worte Werra oder Guerra, welches Krieg heisset, ableiten; daß demnach Germanus so viel bedeute, als einen Heer oder Kriegsmann, welchen Nahmen sie von den Galliern ihrer Tapfferkeit wegen darvon getragen.
  • Cluver G.A. l. 1. c. 8.
  • Had. Junius in Gloss.
  • Bochart Chanaan
  • Hertius Not. Vet. …
  • Werlhof Not. Enucl. …
  • Leibniz Script. Brunsu. …
  Jedoch, da das Wort Guerra Gallischer Ankunfft, so kan man selbigen nicht beypflichten, daher auch andere Herrmann, zum Stamm-Wort machen, welches einen Krieger bemercket.  
  Hubertus Thomas de Tung. et Eburonibus und Bernegger ad Tac. Germ. p. 7. wollen es aus Ger zusammen gesetzt wissen, welches vormahls Gar ausgesprochen worden, und dem Worte Mann, daß es also so viel als Allemann, oder ein vollkommener Mann seyn solle.
  • Willich in Tac. Germ. cap. 4.
  • Bucelinus in Top. Germ. Not. p. 1.
  Anton Schonhov de Orig. Francor. p. 70. folgt dem Cäsar, und hält davor, daß die von den Cimbrern und Teutonen entsprossene Aduaticer sich zuerst in Gallien aus den Teutschen niedergelassen, und daselbst zuerst diesen Nahmen erfunden. Immassen die Gallier genöthiget  
  {Sp. 1686}  
  worden, gedachte Aduaticer, nachdem sie über den Rhein gegangen, und von ihnen nicht zurück gehalten werden können, in ihre eigene Sitze aufzunehmen. Diese wären zuerst von den ihrigen Wermanni, und hernach von den Gallis und Italis Germani genennet worden.  
  Es weiset sich aber gleich, wie gezwungen alle diese Ableitungen heraus kommen. Vor nicht gar langer Zeit hat ein gelehrter Mann vorgeben wollen, das Wort Germanus sey von dem Flusse Gera in Thüringen herzuleiten, welchem auch Juncker in Geogr. Med. aeui pag. 1. cap. 1 p. 95. beyfällt. Es ist aber etwas gantz ungewöhnliches, von einem geringen Flusse, dergleichen diese Gera, ein gantzes Volck zu benennen, ja es findet sich in gantz Teutschland kein eintziges Exempel, daß man von Flüssen, ob es schon grosse Ströhme, die Donaumänner, Rheinmänner, Elbmänner solte genennet haben.  
  Es meynet auch dieser Gelehrte, diejenigen, welche am ersten über den Rhein gesetzet, und von dem Tacitus Tungri genennet worden, wären keine andere, als die an der Gera wohnende Thüringer gewesen; allein, wie hätte es doch immer möglich seyn können, daß die an der Gera wohnenden Thüringer so viele und weit mächtigere Völcker ohne Hinderniß solten durchwandert, und also bis über den Rhein durchgedrungen haben. Zu dem, wenn die Teutschen von denen Thüringern ihren Nahmen empfangen, warum haben denn diese sich nicht vielmehr Saalmänner, oder Unstrut-Männer genennet, weil ja die Saale und Unstrut zwey ansehnliche Flüsse in Thüringen, die Gera hingegen nur ein geringes Flüßgen ist. Ja, welches das vornehmste, so versichert Cäsar, ein unverwerflicher Zeuge, de B.G. lib. 2. c. 29. daß die Atuatier am ersten über den Rhein gegangen wären.  
  Man könnte wohl einem, dem ersten Anblick nach, gar scheinbaren Beweis-Grund beybringen. Denn Gregorius Turonensis Hist. Franc. l.c. cap. 9. sagt:  
  Viele geben auch für, es wären diese Völcker (die Francken) aus Pannonien hergekommen. Und zwar anfänglich hätten sie an dem Rhein gewohnet: Hierauf wären sie über selbigen, und nach Thüringen zugegangen, allwo, oder in deren Gegenden, sie sich ihre mit langen Haaren prangende Könige erwählet“.  
  Gleich darauf fähret er fort:  
  „Man berichtet auch, daß damahls der Chlogio, ein bey seinen Landsleuten sehr angesehener und nützlicher Mann, der Francken König gewesen, der auf dem Schlosse Dispargum wohnete, welches an der Thüringer ihren Gräntzen lieget.“  
  Hieraus erhellet, daß die Thüringer sich bis an den Rhein hin erstrecket. Zwar stehen viele, auch die besten Geschichtschreiber in den Gedancken, es sey diese Stelle des Turonensis verfälschet, und müste man an statt Thuringorum, Thongrarum lesen.
  • Vignier de Orig. Vet. Franc. bey dem du Chesne T. 1. pag. 155.
  • Chiflet Lum. 1. ad Vind. Hisp. Op. p. 322.
  • Pontanus Orig. Franc. l. 5. c. 12.
  {Sp. 1687|S. 857}  
   
  • und Laurentii in Monum. Rom. in Thuring. p. 2. cap. 2.
  Allein Theodoricus Ruinard, derselben sehr wohl verbessert heraus gegeben, beruffet sich auf die Glaubwürdigkeit der geschriebenen Codicum, die alle Thoringorum hätten, welches zugleich so viele Fränckische Scribenten behaupteten, die alle mit einander in des Clodions seinen Geschichten der Thüringer Meldung thäten.
  • Aimonius l. 1. cap. 4. Hist. Franc. Epit. cap. 9.
  • Roricons Gesta Franc. beym du Chesne app. ad T. 1 p. 801.
  • Chron. Moissac. bey eben demselben T. 3. pag. 131.
  • Siger. Gembl. ad an. 431.
  • Trithemius an. Franc. 434.
  • Gervasius Otia Imp. in Leibnit. T. 1. p. 913.
  Jac. Eyndius Chron. Zel. l. 1. cap. 18. p. 116. macht Dordrecht daraus, welchem Matthäi de Nobilit. l. 1. cap. 22. beyfällt. Ja in eben selbigen sondert der Aimonius l. 1. cap. 4. und 6. die Thüringer sehr genau von der Tungrer ihrem Gebiete ab. Also muß dieses Wort stehen bleiben, und ist es an dem, daß der Clodio die Thüringer bezwungen gehabt. Jedoch will man deswegen auch nicht mit dem Bucherius in Belg. Rom. l. 1. 5. cap. 10. dreyerley Thüringische Völcker machen. Siehe auch Sagittarius Antiq. Reg. Thuring. l. 2. cap. 2. pag. 122.
  Sondern die Sache verhält sich also: Anfänglich liessen sich die Francken an denen Ufern des Rheins nieder, ungeachtet der Turonensis sie aus Pannonien herhohlet, und solchergestalt gräntzeten sie an die Thüringer, welche der Clodio bezwang. Hierauf schlug er sein Hof-Lager in ihren Gräntzen zu Dispargum auf, dessen er sich bemächtiget hatte. Dieses aber lag nicht in Braband, noch im Clevischen, war auch nicht das Asciburgum, sondern daß es vielmehr disseit des Rheins befindlich gewesen, erhellet hieraus, weil die Fränckischen Geschichtschreiber melden, es habe der Clodio, der die engen Gräntzen seines Reichs gerne erweitern wollen, von Dispargum aus Kundschaffter jenseit des Rheins gesendet, denen er darauf selbst mit der Armee gefolget, und sich der Stadt Cambray bemächtiget.
  • Aimonius l. 1. cap. 5.
  • Chron. Moiss.
  • Gregorius Turonens. l. 2. cap. 9.
  • Autor Hist. Landgr. Thur. cap. 4.
  • Suffrid Presbyter l. 1. p. 682.
  Was aber dieses Dispergum vor ein Ort gewesen, ist schwer zu sagen, gnug, daß es disseit des Rheins gelegen gewesen.
  • Sagittarius l. c.
  • Chiflet. Lum. 1.
  • Wendelin Not. Sol. Leg. Sal. cap. 14.
  • Henschen. de tribus Dagob. l. 4. cap. 8.
  • Bucherius l.c.
  • Horn. Diss. Hist. 7.
  • Pontanus lib. 4. cap. 12.
  • Brower Antiq. Fuld. l. 1. cap. 2.
  Burc. Gotth. Struvens Meynung gehet dahin, offtgedachtes Dispargium sey das Schloß Dilsberg, ohnfern Heidelberg gewesen. Siehe Vollst. Teutsche Reichs-Hist. cap. 1. …
  Was nun aber das Wort Germanus anbelanget, so hält man vielmehr dafür, daß solches aus dem Lateinischen herkomme, mithin so viel, als Bruder heisse. Zu dieser Meynung führet uns Strabo Lib. 7. im Anfange, wenn er saget, die Teutschen kämen den Galliern in Kleidung und Lebens-Art gantz gleich, daher die Römer, um zu zeigen, wie selbige der Gallier Brüder wären, sie gantz recht Germanos genennet haben.  
  Worzu kömmt, daß die Teutschen bey  
  {Sp. 1688}  
  ihren Wanderungen sich untereinander Brüder genennet, welches aus dem Plutarch in Mario pag. 419. erhellet, der, wenn er von den Cimbrern redet, saget, wie sie eine Gesandschafft an den Marius geschicket, und selben ersuchen lassen, er möchte ihren Brüdern, wodurch sie die Teutones verstanden, ein Stücke Land zu bewohnen, einräumen, welchem auch Picardus de Prisca Celtopaedia … und Pontanus Orig. Franc. … beyfallen. Dieses hat ausser allen Streit denen Römern Gelegenheit gegeben, ihnen den Nahmen der Germanorum beyzulegen.  
  Doch wir wollen sehen, wie dieses mit des Tacitus Worten bestehen könne, wenn er de M.G. cap. 2. spricht: Caeterorum Germaniae vocabulum recens, et nuper auditum etc. Zwar suchet Cluver G. A. l. 2. cap. 20. seiner Gewohnheit nach, zu behaupten, ob müste diese Stelle anders gelesen werden; allein dieses ist nicht nöthig, weil des Tacitus Worte gantz füglich aus dem Plutarch erkläret werden können: nehmlich, daß der Nahme Germanus, in Betrachtung anderer älterer Benennung, neu sey, ist bereits oben erwehnet worden. Diejenigen also, die von den Cimbrern und Teutonen am ersten über den Rhein gegangen, werden anfänglich mit dem allgemeinen Nahmen der Tungrer beleget, nachher aber sind sie auch Germani genennet worden. Der Herr von Leibnitz erkläret diese Stelle T. 1. Scrip. Bruns. p. 9. n. 8. etwas anders.  
  Warum sie aber Tungrer geheissen, davon ist noch ein Zweifel übrig. Hubert Thomas de Tungris et Eburonibus beym Schardius T. 1. p. 338. giebt vor, es hätten viele Völcker zugleich übern Rhein gesetzet, unter welchen die Tungri die vornehmsten gewesen wären, denen zu Gefallen die andern sich also genennet; iedoch, als nur eines eintzigen Volcks Nahme, denen übrigen nachhero nicht mehr angestanden, hätten sie einen andern ausgesonnen. Daß aber Cäsar derer Tungerer nicht gedencke, wäre dieses die Ursache, daß die Eburones, die sich ihres Landes bemächtiget, auch deren Nahmen eine Zeit lang unterdruckt gehabt.  
  Eine andere Ursache bringet Peter Diväus Antiq. Gall. Bel. beym Schardius T. 1. p. 358. und Rer. Brabant. l. 2. bey, es wären die Tungri in verschiedene andere Völckerschafften eingetheilet gewesen, deren Cäsar de B.G. l. 2. cap. 4. gedencket, wenn er saget, die Condrusier, Eburoner, Cäräser, Pämaner, hätten daselbst gewohnet, welche mit einem allgemeinen Nahmen, Germani wären genennet worden, darunter verstehe er eben diejenigen Völcker, die über den Rhein gegangen, und anfänglich Tungri, nachhero aber Germaner geheissen. Dieses bestärcket zugleich Plutarch in Mario p. 411. wenn er schreibt: Es hätten diejenigen, welche über den Rhein gegangen, und die Gallier veriaget, viele verschiedene Nahmen gehabt.  
  Den grösten Theil aber der Tungrer haben ohne Zweifel die Atuatier ausgemachet, welche Cäsar de B.G. l. 2. cap. 29. aus denen Cimbrern und Teutonen entsprossen zu seyn vorgiebet, und die, als sie nach Italien gegangen, alle die Bagage, die sie nicht mit sich nehmen und fortbrigen können, an dem Rhein, und zur Sicherheit 6000. Mann dabey gelassen hätten. Diese, als sie nach jener ihrer Nieder-  
  {Sp. 1689|S. 858}  
  lage von denen Benachbarten allerley ausstehen musten, und die sie bald angriffen, bald sich gegen ihnen wehren musten, haben endlich nach geschlossenen Frieden, mit deren Einwilligung, diese Gegend zur Wohnung behalten. Solches kan man vornehmlich daraus bestärcken, weil Ptolomäus l. 3. c.9. der Tungrer Hauptstadt Atuaticum nennet.
  • Wendelinus Nat. Sol. ...
  • Cellarius Not. orb. ant. ...
  • Eggeling Misc. Germ. antiq. diss. 7.
  Ja, weil Cäsar de B.G. l. 7. cap. 31. 34. wenn er von den Gräntzen der Eburoner redet, des Aduaticus auch erwehnet, und die Eburoner Condrusier, Cäreser, Pämaner unter dem gemeinen Nahmen der Teutschen begreiffet, so scheinet der Tungrer Nahme allen diesen Völckern gemein gewesen zu seyn, welcher nachhero abgeleget, und an dessen statt der Nahme Germanus beygeleget worden, als welcher auch vom Cäsar denen Teutschen gegeben wird.  
  Auf diese Art wurde derjenige Nahme, welchen vorher nur eine eintzige Völckerschafft führete, allen denen Völckern beygeleget , die zuerst über den Rhein gegangen, und sich Brüder zusammen nenneten, auch diesen Nahmen in denen Treffen einander öffters zurufften, damit sie dadurch dem Feinde eine Furcht einjagten, weil sie einander wie Brüder beystehen wolten.  
  Von denen Ambronibus bezeuget solches Plutarchus in Mario pag. 416, daß sie sich einander bey ihren Nahmen zugeruffen, entweder, sich unter einander dadurch einen Muth zu machen, oder aber, daß sie durch Nennung ihres Namens dem Feinde ein Schrecken einjagten. Dieses haben die Römer in ihrer Sprache geben wollen, weswegen sie die Teutschen Germanos genennt, um dadurch anzuzeigen, daß selbige rechte Brüder zusammen wären.  
  Denn es lässet sich, wie auch Conring in Not. ad L. I. Taciti pag. 41. beweiset, mit keinem einzigen Zeugnisse der Alten darthun, daß die Teutschen in ihrer Sprache das Wort Germanus gebraucht haben solten. Dieses nun, was Strabo und Plutarchus melden, wird zugleich aus anderen Autoren mit anderen Gründen bestärcket. Also hält Cicero Philipp. 11. cap. 16. einen leiblichen Bruder und Germanum, oder einen Teutschen von Geburt vor einerley. Bey des L. Munatius Plaucus, und M. Aemilius Lepidus, (als welche ihre leibliche Brüder verjagt hätten)[1], über die Gallier gehaltenen Triumph wurde unter andern Schertzweise gesungen: De Germaneis, non de Galleis duo triumphant Consules.
Vellej. Paterculus l. 2. cap. 68.
[1] HIS-Data: schließende Klammer fehlt in der Vorlage
  allwo unter dem zweydeutigen Worte Germaneis der Nahme eines Volcks angezeiget werden solte, welches man einem andern Volcke entgegen setzte, da doch in der That die vertriebenen Brüder darunter verstanden werden. Böcler in Indice Vellei.
  Ja, es stimmet dieses mit der Teutschen ihrer Gewohnheit selber überein, indem sie sich noch ietzo im Treffen Brüder zu nennen pflegen.  
  Man kan auch nicht zugestehen, daß das Mann, ein teutsches Wort sein solte. Denn wenn man die Worte ansiehet, die von Mann Herkommen, so werden sie alle mit einem zweyfachen n geschrieben, als  
  {Sp. 1690}  
  Marcomanni, Nordmanni, Alemanni. Ja, wenn selbiges Teutscher Ankunfft seyn solte, warum wird es denn stets mit einer Lateinischen Endung ausgesprochen, da wir doch im Teutschen nicht anders, als Teutschland sagen, ausser, daß man in denen neuern Zeiten Germanien zu sagen, angefangen hat. Tschudi in Epist. ad Rhenan. beym Schard T. I. p. 303.
Alemannen So werden die Teutschen auch Alemanni genennet. Man sehe davon Alemanni, im I. Bande p. 1118. u.f. ingleichen folgende Auctores:  
 
  • Hadr. Valesius in Not. Gall.
  • Otto Frisingensis de Gest. Frid. ...
  • Günther Ligurino ...
  • Persona Cosmodr. ...
  • Isidorus Etym. l. 9.
  • Gundling Hist. Austr. beym Lambecius Bibl. Vindob. ...
 
  Ob aber wohl die Alemannier nur einen Theil von Teutschland besassen, so, daß sie sowohl von denen Teutschen, als auch in der Kayser ihren Titeln, von jenen allemahl unterschieden worden, so wurden sie doch öffters auch Teutsche genennet, oder waren unter selbigen mit begriffen, welches absonderlich von denen Ausländern, zumahl von denen Italiänern geschehen, die, weil es ein vor andern mächtiges Volck war, unter solchen Nahmen, alle übrige Teutsche begriffen.
  • Orasius ...
  • Guil. Brito Philipp. ...
  • Ammian. Marcellin. ...
  • Spartianus in Carac. ...
  • Vopiscus in Vita Proc. ...
  • Ammianus ...
  • Chron. Hierosol. ...
  • Arnobius Hist. Landr. Thur. ...
  Jedoch, daß dieses aus Irrthum geschehen sey, beweiset der Otto Frisingensis de Gest. Frid. Barbar. ... indem vielmehr bloß die Sueui unter den Alemanniern begriffen waren.
  • Gregor Turonens. ...
  • Walafrid Strabo in vita B. Gal. ...
  Daher wurden sie auch nebenst denen Francken, Bayern, Sachsen und Lothringern mit unter die 5. Teutschen Völcker gerechnet: Syntagm. Jur. publ. c. 3.
  Und als ihr Land hernach sich in ein Fürstenthum veränderte, war die Haupt-Stadt Straßburg. Ditmar l. 5.
Teutonen Die dritte Benennung der Teutschen ist Teutonas oder Teutoni, wovon wir einen besondern Artickel beygefüget haben. Dieser Nahme war zwar anfänglich nur einer gewissen Dänischen Nation gegeben, nach und nach aber wurde er allen Einwohnern des gantzen Teutschlandes beygelegt. Es bleibet derselbe auch bis ietzo noch, dergestalt, daß die Teutschen mittlerer Zeiten Teutonici oder Theotisci genennet werden, woraus endlich das Wort Teutschen entstanden ist.  
  Woher sie aber also genennet worden, davon finden sich verschiedene Meynungen.  
  Joh. Freinshemius Supplem. Livian. ... hält dafür, ob hätten vielleicht die Mitternächtischen Völcker von denen ihnen nahe wohnenden Teutonen, die andern Germanier mit diesem Nahmen beleget.  
  Joh. Aventinus in Nomenclat. Ann. Boli will ihn von dem Tuiston, dem Stamm-Vater des Volcks herführen, siehe auch Pontanus Orig. Franc. ... Es ist aber dieses Vorgeben nicht glaubwürdig.  
  Cluver G.A. ... bemühet sich mit vie-  
  {Sp. 1691|S. 859}  
  len Umständen zu erweisen, Theotiscus komme von Mercurius her, den die Abendländer Theut oder Göttlich genennet haben, und den, nach Ausspruch des Tacitus de M. G. cap. 9. die Teutschen insonderheit verehret.  
  Andere wollen es vom Teuton ableiten, der vor diesem ein tapfferer Mann oder König gewesen wäre.
  • Cluver ...
  • Grotius in proleg. ...
  Jedoch Juncker Geogr. med. aevi v. Scythae verwirfft diese Meynung gantz und gar, und muthmasset, es habe das Wort Teutsche vielleicht von Scythischen seinen Ursprung.  
  Der Herr von Leibnitz in Script. Rer. Bruns. ... will es von Theud ableiten, welches so viel, als gemeines Volck, und wovon Thüdde abstamme, welches so viel, als Leute heisse.  
  Doch, was das Wort Theotisci belangt, fallen wir theils dem Leibnitz, theils dem Goldast Praef. ad Tom. I. Rer. Brunsu. bey, die dafür halten, es komme dieses Wort von denen Italiänern her, als die dergleichen Endung im Gebrauch haben, und bey denen die Tusci, Herrusci, Volsci, und unter denen Teutschen Völckern die Taurisci, Narisi und Varisci sich fanden. Denn um die mittlere Zeiten ward der Teutschen ihre Sprache  
 
  • entweder die Germanische,
  • Suetonius Cal. ...
  • Sidonius Apollinaris ...
  • Servatus Lupus ...
 
  • oder aber die Teutsche, Teutonica,
  • Jac. Regiovillanus Chron lat. ...
  • Otto Frising de G. Frid. ...
  Lehmann Chron. Spir. ...
  So geschiehet auch der linguae Theotiscae Meldung in  
 
  • des Ludovici Pii Capitular Wormatiensi a 829. cap. 13. add.
  • Baluzius ...
  • Vadianus de Monast. Germ. ...
  • Goldast ...
Siehe Marquard Freher in quaest. qua proprie lingua prisci Francor. Reges usi.
  Und war dieses letztere, nehmlich die lingua Theotisca, die gemeinste Sprache.
  • Walafrid Strabo de Reb. eccl.l. 7.
  • Trithemius in Cat. rer. illustr. in Otfrido.
  • Sidonius Apollinaris ...
  • Walafrid Strabo de B. Gall. ... und de Vita Galli l. 1.
  • Poeta Anonymus de gestis Caroli M. ...
  • Eginhard in praefat. Hist. Caroli M. p. 8.
  Das Wort Theud, Thiod, Theudis aber bedeutet nichts anders, als ein Volck.
  • Glos. Grotii ...
  • Palthenius animad. in Tatianum ...
  Daß daher lingua Theotisca nichts anders heißt, als die gemeine Sprache, weswegen sie auch die Italiäner und Griechen die Barbarische nenneten. Trithem. Chron. Hirsaugiens. ad an. 863.
  Diejenigen Teutschen nun, die dieselbe Sprache redeten, wurden Theotisci geheissen. Vita Berwadi cap. 25.
  Welches die Teutschen nach ihrer Mund-Art die Teudischen oder Diudischen ausredeten. Rythmus d. S. Annone n. 7.
  Woraus endlich der Nahme der Teutschen geworden ist.  
  Wenn aber dieses geschehen, fällt etwas schwer zu sagen. Soviel lässet sich muthmassen, daß dieser Nahme um die Zeit erstlich aufgekommen, als  
  {Sp. 1692}  
  die Teutschen von denen Francken sich absonderten, und ein eigenes Reich angefangen. Dieses erhellet daraus, daß zu des Tacitus Zeiten alle und jede mit diesem allgemeinen Nahmen benennet worden. Als ein Theil derselben sich zusammen verband, um ihre Freyheit gegen die Römer zu vertheidigen, wurden solche die Francken genennt.
  • Annal. Francor. ad annum 887. u.f. desgleichen auch ad annum 840.
  • Regino ad ann. 920.
  • Otto Frisingensis ...
  • Albericus Stadensis ad ann. 888.
  Von dieser Zeit an hörte der Nahme der Germanorum zum Theil auf. In den Geschichten der mittlern Zeiten werden die Teutschen unter dem allgemeinen Nahmen der Francken, oder der Gallier begriffen, ja sie heißen auch Nomades, oder Nemedes.  
     

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Stand: 28. März 2013 © Hans-Walter Pries