Titel: |
Regiments-Form |
Quelle: |
Zedler Universal-Lexicon |
Band: |
30 Sp. 1838 |
Jahr: |
1741 |
Originaltext: |
Digitalisat BSB
Bd. 30 S. 928 |
Vorheriger Artikel: |
Regiments-Feldscherer |
Folgender Artikel: |
Regiments-Form der Kirche |
Siehe auch: |
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Hinweise: |
- Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe
Hauptartikel
- Für die Auflösung der Quellenangaben siehe:
Personen
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Stichworte |
Text |
Quellenangaben |
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Regiments-Form, |
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- Regiments-Art,
- Regierungs-Art,
- Regierungs-Form,
- Forma Regiminis,
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ist die Art und Weise, wie
das Haupt der Republic
mit den
Unterthanen vereiniget ist, und die
höchste
Gewalt ausgeübet wird. |
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Es kan dieses auf
verschiedene Art geschehen, daher die verschiedene
Regiments-Formen entstehen. Es sind dieselbe entweder
ordentliche, oder
unordentliche. Eine ordentliche Republic
ist, wo die
höchste
Gewalt in einer
Person, oder
Collegio also vereiniget ist, daß sich solche
unzertheilt und
unzerrüttet von einem
Willen durch alle
Geschäfte der Republic ausbreitet; wo
sich aber dieses nicht findet, ist es eine unordentliche Republic. |
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In der ordentlichen Republik giebts dreyerley
Formen. Denn entweder ist die
Regierung einer
Person aufgetragen, welche ein
Monarch,
souverainer
Regent, und
die Republic eine
Monarchie
genennet wird. |
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Dieser wird entgegen gesetzt die
Tyranney, da der Regent
Land und Leute nicht so wohl zu erhalten, als vielmehr offenbahr zu ruiniren
suchet. |
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Oder es
regieren einige von den
Vornehmsten des
Volcks, welches die
Aristocratie heisset, und dieser wird entgegen gesetzet die
Oligarchie, wenn wenige Leute ohne
Grund sich vor andern etwas heraus
nehmen, und die übri- |
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{Sp. 1839|S. 929} |
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gen beherrschen
wollen. |
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Oder die
Regierung besteht aus allen
Haus-Vätern, oder aus dem
Volck, so
eine
Democratie genennet wird, der die
Ochlocratie
entgegen stehet. |
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Solchemnach sind: |
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drey gute |
oder |
drey schlimme: |
Monarchie |
= = = |
Tyranney. |
Aristocratie |
= = = |
Oligarchie. |
Politie |
= = = |
Democratie. |
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Die beyden letztern
Arten werden zum öfftern auch Frey-Republiquen
in engerm
Verstand genennet. |
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Einige haben die
Monarchie für die beste Regiments-Form gehalten, weil man
darinnen öffentlichen Geschäffte geschwinder ausrichten könne. |
Siehe Henninges ad Grotium de jure belli
et pacis lib. I. cap. 3. §. 8. p. 192. |
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Andere halten es mit der Aristocratie, weil darinnen die freyste
Regierung,
worinnen keine Tyranney und Verwirrung zu
befürchten, als Huberus;
und noch andere
reden vor die
Democratie wegen der
Freyheit
und Gleichheit, |
siehe Clasens Polit. lib. 2. cap. 2. §. 2.3. |
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Jede Regiments-Form hat ihre
Mängel, so wohl in Ansehen der
Menschen selbst,
als auch des
Staats, welche Fehler wohl von einander zu
unterscheiden. Denn offt
ist ein Mangel allein in denen
Personen, und nicht im
Staate; vielmahl allein im
Staate und nicht in den Personen; vielmahl sind bey beyden Fehler anzutreffen.
Also sind in der
Democratie und Aristocratie allezeit einige
nothwendige Fehler
des Staats; in der
Monarchie ist keines; desto gemeiner sind aber die Fehler der
Personen. |
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Von jeder
Form ist in einem besondern
Artickel gehandelt worden. |
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Eine unordentliche
Republic ist, in welcher die Vereinigung, darinnen das
Wesen einer Republic bestehet, nicht so
vollkommen gefunden wird, und solches
nicht in
Gestalt
einer Kranckheit, oder Mangels, so der Republic angehänget; sondern daß es durch
ein
öffentliches
Gesetz, oder
Gewohnheit, als ein
Recht
eingeführet ist. |
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Es können zwar deren unzählich seyn, doch einige von den vornehmsten, sind |
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- die
Dyarchie und Triarchie, wenn zwey oder
drey
Monarchen zugleich
regieren;
- die vermischte
Regiments-Form, wenn die
Rechte der
Majestät dergestalt
zertheilet sind, daß
einige der
Monarch, einige die Vornehmsten, und einige das
Volck allein und
eigenmächtig
verwaltet.
- Das Systema der vereinigten Republiquen, wenn verschiedene freye
Republiquen, durch ein gemeines
Band dergestalt vereiniget und
verknüpffet sind;
daß sie zwar eine Republic auszumachen scheinen, und dennoch eine jede die
höchste Gewalt über ihre
Unterthanen behält. Solches Systema kan entstehen,
erstlich durch ein ausdrückliches Bündniß, wodurch sich verschiedene Republiquen
vereinigen, hernach unvermerckt ohne vorhergehenden Vergleich, wenn verschiedene
Provintzen, so unter einem Haupt gestanden, sich dergestalt in die
Freyheit
setzen, daß sie alle, oder die meisten
Rechte der höchsten Gewalt erlangen, und
dennoch unter einem Oberhaupte vereiniget bleiben.
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Man lese
Pufendorf in
Dissertationibus
Academicis selectioribus p. 301. |
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Ist die
Republic
ohne Haupt, so entstehet entweder eine
völlige
Anarchie, wenn die Republick
gantz zu
Grunde geht, und entweder das
Volck gantz und gar ausgerottet, oder gefangen hinweg geführet wird, in welchem
Fall |
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{Sp. 1840} |
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die
Rechte der Republiquen gäntzlich aufhören; oder die Republic hänget noch
durch ein schwaches
Band zusammen, wenn sie nur das Haupt verlohren hat. |
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Wenn dasselbige ein
König gewesen, und das
Reich ein Wahl-Reich ist, oder
wenn es zwar ein Erb-Reich, aber keinen Erben hat, so entstehet ein solcher
Zustand, welcher Interregnum oder Zwischen-Reich
genennet wird. |
Es können hier überhaupt die
Scribenten des
natürlichen Rechts und der
Politic nachgelesen werden;
vornehmlich aber
Wolf vom
gesellschaftlichen Leben der Menschen. |
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Wenn nun von des
Römischen Reichs Verwaltung zu urtheilen, so behauptet man fast
durchgehends, daß das Römische Reich weder eine
Monarchie, noch eine
Aristocratie, noch eine
Democratie; gleichwohl aber auch kein Systema
vereinigter Bundsgenossen sey. Es ist da ein allgemeines Haupt, der
Kayser,
der jedoch |
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1) |
gewisse Dinge, als ein
Monarch, |
2) |
andere nebst den
Chur-Fürsten, und |
3) |
wieder andere mit denen gesammten
Ständen
verrichtet. |
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Daß die Stände in ihren
Landen frey
regieren, gehöret nicht hieher, sondern es ist nur auf den Zusammenhang mit dem
Reiche zu sehen. Daher man die absolute
Monarchie und die blosse Aristocratie
zwar läugnet, beyde aber in so weit einräumet, daß die erstere dennoch der
letztern vorgehet; angesehen die
Reichs-Gesetze im
Namen
des Kaysers
publiciret werden, und die gesammten
Stände entweder die
Lehn von
ihm suchen oder ihn doch als ihr Oberhaupt ansehen. |
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In Ansehung, daß es keine simple
Form,
sondern eine Mixtur, und diese wieder nicht gleich, sondern ungleich, kan auch
die Benennung einer irregularen Form
gedultet werden. Wovon unter dem
Artickel
Reich,
desgleichen
Republic und
Staat ein mehrers nachgesehen werden
kan. |
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